Sophienlust Bestseller Box 2 – Familienroman. Marisa FrankЧитать онлайн книгу.
zu schmecken schien.
»Das tut gut«, sagte er und seufzte tief auf. Seine Wangen röteten sich sogar ein bißchen, und seine Augen schauten schon bedeutend lebhafter drein als vorher.
Von diesem Tag an ging es mit Klaus Meinradt langsam aber sicher aufwärts. Immer wieder fragte er nach Iris, seiner Frau, aber niemand sollte ihm die schreckliche Wahrheit mitteilen, solange es der Oberarzt noch für zu gefährlich hielt.
»Wir werden es ihm in absehbarer Zeit sagen müssen, Herr Doktor«, versuchte Mandy Dr. Schmoll zu beeinflussen. Sie konnte es nicht mehr länger mit ansehen, wie sich der Kranke vor Sorge um seine Frau verzehrte. Er muß sie sehr lieben, dachte die hübsche Frau, und ein seltsam bohrendes Gefühl schlich sich in ihr Herz. War es Eifersucht? Eifersucht auf eine Tote?
»Ja, Sie haben recht, Schwester«, antwortete Dr. Schmoll nachdenklich. »Aber wer soll diese schwere Aufgabe übernehmen? Ich wüßte niemanden, der dafür geeignet wäre, außer Ihnen.« Ein forschender Blick traf die junge Frau.
»Ich?« fragte sie erschrocken und wurde bleich. »Aber… aber das kann ich doch gar nicht. Was soll ich ihm denn sagen?«
»Die Wahrheit, Schwester Mandy, die Wahrheit. Er wird nicht eher Ruhe geben, bis wir ihm alles gesagt haben. Und einmal muß er es schließlich erfahren. Also übernehmen Sie das bitte, Schwester Mandy.« Sein Ton wurde plötzlich wieder dienstlich.
Die Krankenschwester nickte betreten. »Wie Sie es wünschen, Herr Oberarzt. Aber gern tue ich es nicht.«
»Das glaube ich Ihnen gern. Aber mir ist zu Ohren gekommen, daß Klaus Meinradt an Ihnen besonders hängt und auch ab und zu ein Wort mit Ihnen wechselt. Mit den anderen Schwestern spricht er überhaupt nicht.«
Er machte ein paar weit ausgreifende Schritte, drehte sich jedoch noch mal kurz um. »Also, Sie wissen, was Sie zu tun haben, Schwester. Ich verlasse mich ganz auf Sie und auf Ihr weibliches Feingefühl«, setzte er noch hinzu, bevor er seinen Weg fortsetzte.
»Wenn ich überhaupt eines habe«, murmelte Mandy bedrückt. Jetzt kam sie sich erst recht verlassen vor. Und sie fürchtete schon jetzt den Augenblick, wo er wieder nach seiner Familie fragen würde.
Der kam früher als gedacht.
»Was ist mit Ulli, meinem Sohn?« fragte Klaus Meinradt am nächsten Morgen, als sie ihm das Frühstück brachte. Er konnte ja noch nicht viel essen und nur leichte Sachen, aber selbst davon ließ er das meiste wieder zurückgehen.
»Sagen Sie mir bitte die Wahrheit. Warum kommt Ulli mich nicht besuchen? Ist etwas mit ihm nicht in Ordnung?« Sein Blick hing angstvoll an ihrem Gesicht, aber Mandy lächelte freundlich.
»Ulli geht es gut, sehr gut sogar. Er ist in Sophienlust, einem Kinderheim ganz hier in der Nähe.«
Zuerst schien er beruhigt zu sein, aber dann zuckte er erschrocken zusammen. »So schlecht geht es meiner Frau? Ist sie auch hier in diesem Krankenhaus?«
Betreten schaute Mandy zu Boden. Jetzt mußte sie ihm die Wahrheit sagen. Dr. Schmoll hatte sein Einverständnis dafür gegeben, daß er mit den Tatsachen konfrontiert werden konnte.
»Nein, sie ist nicht hier. Nicht in diesem Krankenhaus und auch in keinem anderen.« Die junge Frau schüttelte verzweifelt den Kopf. Es bereitete ihr fast körperliche Schmerzen, daß sie ihm so weh tun mußte. »Sie müssen jetzt sehr stark sein, Herr Meinradt.«
Mitfühlend griff sie nach seiner Hand, die unruhig über die Bettdecke glitt.
Zuerst schien er gar nicht begriffen zu haben, was sie meinte, aber dann kam die Erkenntnis ganz plötzlich. »Was… was sagen Sie? Meine Frau… sie ist… ist sie tot?« Sein gellender Ausruf hallte durch das Krankenzimmer.
Mandy zuckte zusammen, aber noch immer hielt sie tröstend seine Hand. Dann nickte sie, wobei sie ihn nicht anzusehen wagte.
»Bitte… bitte lassen Sie mich allein«, stöhnte Klaus Meinradt. »So gehen Sie doch endlich!« Seine Stimme schwankte, und seine Augen füllten sich mit Tränen.
»Ich… ich bin schuld. Ich habe sie… überredet zu dem Ausflug. Iris wollte… gar nicht. Aber ich… ich habe
sie dazu überredet. Ich bin ihr…
Mörder.« Seine Stimme streikte,
dann schlug er die Hände vors Gesicht.
»Gehen Sie, verdammt noch mal«, schrie er Mandy an, ohne die Hände vom Gesicht zu nehmen.
Langsam, mit gesenktem Kopf, schlich Amanda aus dem Zimmer. Sie hatte geahnt, daß er so reagieren würde. Darum hatte sie sich ja auch so davor gefürchtet.
Klaus Meinradt ging jetzt regelrecht durch die Hölle, und diese Qualen mußte er ganz allein durchstehen. Dabei konnte ihm niemand helfen.
»Ich bin ihr Mörder… Mörder«, hörte sie ihn noch anklagen, als sie die Tür öffnete. Rasch trat sie auf den Flur hinaus und ließ den Mann allein in dem Zimmer zurück.
Aufatmend blieb sie einen Augenblick stehen. Sie sehnte sich nach frischer, kühler Luft, die ihre aufgescheuchten Nerven wieder etwas beruhigen sollte. Aber die Zeit, jetzt in den Park hinunterzugehen, hatte sie nicht.
Müde stieß sie sich von der kühlen Wand ab, an der sie sich einen Moment angelehnt hatte, um auszuruhen. Mit gesenktem Kopf machte sie sich auf den Weg zu Dr. Schmolls Zimmer. Sie mußte ihm Bericht erstatten, daß sie ihre Mission erfüllt hatte.
»Hallo, Mandy. Erschrick bitte nicht. Ich bin es nur, dein Verflossener.« Die spöttische Stimme Gerd Schönaus holte die junge Frau wieder unsanft in die Wirklichkeit zurück.
»Ich habe jetzt wirklich keine Zeit, mit dir über vergangene Zeiten zu diskutieren«, sagte sie ironisch, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
»Das verlange ich auch nicht von dir, schönste aller Frauen.« Gerd Schönau zog alle Register seiner Verführungskunst, aber das wirkte bei Mandy nicht mehr. Früher wäre sie wie eine Verdurstende in seine Arme gesunken, aber jetzt stand immer das verhärmte Gesicht Klaus Meinradts vor ihrem geistigen Auge. Hatte sie sich etwa in ihn verliebt?
Wie ein Blitz traf sie diese Erkenntnis, und sie fühlte, wie sie bis zum Haaransatz errötete.
Gerd Schönau aber wertete es als Pluspunkt für seine Annäherungsversuche. Sein Grinsen fiel eine Spur zu siegessicher aus.
»Du kannst mich doch nicht so schnell vergessen haben, Liebling, das gibt es doch gar nicht. Einen Dr. Gerd Schönau kann keine Frau vergessen.« Fordernd faßte er nach ihrer Hand und preßte seine heißen Lippen darauf.
Mandy blieb teilnahmslos. Ein verächtlicher Blick traf den jungen Assistenzarzt, den er aber gar nicht registrierte.
»Jetzt willst du bestimmt deinen Ring wieder«, stellte er zufrieden fest. »Aber das ist gar nicht so einfach.« Er wollte die Krankenschwester mit sich ziehen. »Unsere Wiederverlobung muß natürlich gebührend gefeiert werden, zuerst in meinem Zimmer, und heute abend bei einer Flasche Sekt in einer Discothek, die du selbst bestimmen darfst.« Gerd Schönau kam sich ungeheuer großzügig vor.
Erst jetzt kam es Mandy so richtig zu Bewußtsein, daß er sie noch immer hinter sich herzog. Abrupt blieb sie stehen und entzog ihm ihre Hand.
»Wer hat denn gesagt, daß ich zu dir zurückkehren will? Ich doch nicht.« Ihre Augen blitzten vor Zorn.
Gerd Schönau überging den Einwand geflissentlich. Wieder faßte er nach ihrer Hand. »Laß doch diese Verzögerungstaktik, meine Süße. Ich will diese leidige Angelegenheit nicht hier auf dem Flur mit dir besprechen, weil hier die Wände Augen und Ohren haben, wie du selber weißt.« Sein Gesicht verzog sich ärgerlich, weil es nicht so klappte, wie er es sich vorgestellt hatte.
»Ich gedenke diese leidige Angelegenheit, wie du sie nennst, weder hier auf dem Flur noch sonstwo mit dir zu besprechen. Und jetzt lassen Sie mich bitte los, Herr Schönau, Sie tun mir nämlich weh.« Unvermittelt war Mandy wieder zu dem unpersönlichen Sie übergegangen. Sie straffte