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Feierabend hab ich, wenn ich tot bin. Markus VäthЧитать онлайн книгу.

Feierabend hab ich, wenn ich tot bin - Markus Väth


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Basisforderungen einer menschlichen Gemeinschaft dar, die auch ein Pfeife rauchender, taz lesender Sartre-Fan bejahen dürfte. Selbst innerhalb der christlichen Kirchen gibt es Strömungen, die Jesus nicht als Gottes Sohn, sondern als genialen Menschen und Begründer einer durchschlagenden Soziallehre betrachten. In diesem Sinne bildet das Christentum auch für Nichtchristen im Konzentrat der Zehn Gebote einen derart grundlegenden Ethik- und Moralkodex ab, in dem sich wahrscheinlich sehr viele Menschen wiederfinden.

       Die Kirchen haben sich aus der öffentlichen Debatte zurückgezogen.

      Es ist daher geradezu ein PR-GAU, dass es beide großen christlichen Kirchen (die griechisch-orthodoxe nicht mitgerechnet, die in unseren Breiten keine nennenswerte Rolle spielt) nicht geschafft haben, trotz dieser konzeptionellen Steilvorlage wenigstens punktuell eine ethische Diskussion zu entfachen und so als wichtige Stichwortgeber und moralische Instanzen im Gespräch zu bleiben: Wo sind die Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz oder des Evangelischen Kirchenrats, wenn es um Integration geht, um die Sarrazin-Debatte? Wo ist die klare, intellektuelle Kirchenstimme, die sich des Themas »Arbeit und Glück« unter christlichen Vorzeichen annimmt? Durchweg Fehlanzeige. Dagegen ist die Gründung der ersten kirchlichen Unternehmensberatung schon ein positives Zeichen. Man wolle, auch als Gegenbewegung zur Gier der Finanzkrise, wieder Werte in die Wirtschaft einbringen und die »Sinnfrage« stellen, so der verantwortliche Generalvikar Clemens Stroppel.12 Man wünscht sich mehr solcher Alternativen der Verzahnung von Kirche mit Wirtschaft und Politik. Die Minimalerwartung wäre ein fruchtbarer Dialog, ein Sich-Reiben an gegensätzlichen Weltsichten und Prioritäten.

      Doch solche Initiativen sind selten. Die Kirchen haben mit ihrer halb altertümlichen, halb geheimen Kommunikationspolitik vor allem eines erreicht – den Rückzug vom Tisch der gesellschaftlichen Teilhabe. Die Kirchen haben sich aus der öffentlichen Debatte zurückgezogen. Und nicht nur das: Inzwischen verkaufen sie auch ihr ureigenstes Territorium an den Höchstbietenden, wie beispielsweise in Düsseldorf.13 Nur der Papst ruft manchmal hörbar, doch wenig dialogbereit aus Rom herüber. Ein Umstand, der mehr zum allgemeinen Verdruss beiträgt als diesen beseitigt.

       Die Politik

      Der Vertrauensindex der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) bringt das Trauerspiel an den Tag: Nur noch 13 Prozent der europäischen Bevölkerung vertrauen ihren Politikern.14 Vergleichbar schlechte Werte erreichen nur noch Werbeleute und Manager. Das ist umso besorgniserregender, als diese drei Gruppen – Politiker, Manager und Werber – jede auf ihre Art einen bedeutenden Einfluss auf die politische und gesellschaftliche Debatte haben.

      Politiker sollten die großen demokratischen Linien ziehen und Stichwortgeber sein in aktuellen Fragen, sei es zur Arbeit, zur Verteidigung oder zur Strategie für einen gesunden Haushalt. Politiker sind im besten Fall Staatsmänner oder -frauen mit sichtbaren Überzeugungen und einem ethischen Grundverständnis, das diesen Namen verdient. Einem Willy Brandt, einem Helmut Schmidt, sogar einem Helmut Kohl in Zeiten der Wiedervereinigung gelang es, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Der vielleicht letzte Politiker dieses Formats war der bayerische Landespolitiker Sepp Daxenberger, der Mitte 2010 im Alter von nur 48 Jahren an Krebs starb. Über alle politischen Lager hinweg wurde sein Tod betrauert. Daxenberger verkörperte wie kein Zweiter eine gelungene Mischung aus klarer Sprache, Prinzipien, Authentizität und rauem Charme.

      Doch die Zeiten der Personalisierung durch Profil neigen sich dem Ende zu. Politiker erhalten im günstigen Fall den Status eines Popstars, dessen Halbwertszeit abläuft, wenn die Druckerpressen kalt werden. Daran änderten auch die Fotos nichts, die Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg vor Dinosaurier-Kulisse aufnehmen ließ. Was will er nur damit sagen? Ich fress’ euch alle? Oder: Ich überleb’ euch alle, bis mich ein Meteorit oder die eigene Dissertation hinwegrafft? Immerhin waren zu Guttenbergs Fototermine, ob auf Fels mit Ehefrau oder in einer Militärmaschine – schneidig in der Mitte stehend, die Untergebenen in Tarnjacke zu ihm aufblickend –, heroische Versuche eines visuellen Statements der Stärke. Ihr seid das Meer, ich der Leuchtturm. Für die profillose Politikerlandschaft war Guttenberg damit zunächst ein Glücksfall, denn die Mehrheit seiner Arbeitskollegen atmet nur die dunkle Kellerluft des unsichtbaren politischen Betriebs. Doch leider hat auch er sich nun – wie weiland Ikarus – durch Überheblichkeit und Selbstüberschätzung ins Aus geschossen. Und wie so oft war nicht der eigentliche Fehler die Ursache für den Untergang, sondern der Umgang damit. Denn genau die wachsweiche Prinzipienlosigkeit und das scheibchenweise Herausrücken mit der Wahrheit haben die Bürger wieder einmal in ihrem Vorurteil von der »Arroganz der Mächtigen« überzeugt.

       Quote ist King, auch in der Politik.

      In der Regel haftet der Politikerszene etwas Krämerhaftes an. Für einen Autobahnbau hier oder ein Milliönchen da scheinen Prinzipien oder Wahlversprechen schnell über Bord geworfen. Quote ist King, auch in der Politik. Darum wird der Politiker oft zum Häschen mit den großen Ohren, das angestrengt den neuesten Beliebtheitsumfragen wie der allwöchentlichen »Treppe« des Magazins SPIEGEL lauscht. Wittert es einen Abstieg, wird es Zeit, zum nächsten Mikrofon zu hoppeln und sich wieder ins Gespräch zu bringen.

      Insgesamt vermissen die Menschen in der Politik Persönlichkeiten, zu denen sie aufblicken können. Menschen, die stark sind auch gegen Widerstand. Die für etwas stehen und dadurch so glaubhaft sind, dass von ihnen Werte abgeschaut werden können: Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit, Ehre, Respekt. Eben das Gegenteil einer als rücksichtslos erlebten Arbeitswelt, in der jeder nur für sich kämpft, Intrigen spinnt und Kollegen oder Kunden über den Tisch zieht.

       Die Manager

      Als dritte Bevölkerungsgruppe, die ihrem gesellschaftlichen Auftrag nicht nachkommt, sind leider auch die Manager und Führungskräfte von Unternehmen zu nennen. Vom kleinen Mittelständler bis zum Weltkonzern. Zugegeben: Führungskräfte haben heute einen schwierigen Job. Immer komplexeren Anforderungen steht eine ungenügende Vorbereitung gegenüber. Auf der Grundlage einer »Wirtschaft mit menschlichem Antlitz« sollen sie Umsatz erzielen und gleichzeitig für ihre Mitarbeiter sorgen. Eine herausfordernde Mission, der sich einige Dinge in den Weg stellen.

       Manager haben heute oft nicht mehr das Gefühl, gestalten zu können.

      Manager haben heute oft nicht mehr das Gefühl, gestalten zu können. Sie werden zerrieben zwischen den Ansprüchen verschiedener Stakeholder: Mitarbeiter, der eigene Chef, das Topmanagement, Kunden, Lieferanten, Presse, Politiker und der ganz normale Nachbarsbürger, der ihn auf der Straße trifft. Sie alle haben Vorstellungen vom und Ansprüche an das Wirken eines Managers. Eben, wie er seinen Job zu erledigen hat. Und diese Ansprüche sind durch die Finanzkrise nochmals gesteigert worden. »Gierige« Manager stehen nun generell unter Beobachtung und Rechtfertigungszwang. Als unrühmliche Platzhalter sind hier Josef Ackermann, seines Zeichens der Chef der Deutschen Bank, mit seinem Victory-Zeichen und Klaus Zumwinkel, der uneinsichtige Post-Chef, mit seinem Schloss in Italien ins kollektive Gedächtnis eingegangen. So sehen sich Manager heute eingekeilt zwischen schlechter Presse, immer neuen gesetzlichen Regelungen, einem größer werdenden persönlichen Haftungsrisiko und erhöhten Ansprüchen von Mitarbeitern, Kunden und Öffentlichkeit. Dass hier manche Führungskraft zumindest innerlich hinschmeißt, ist verständlich. So wird man eben nicht zur Kreativkanone, sondern nur zum Zustandsverwalter, der die eigene Lähmung damit rechtfertigt, wenigstens nichts falsch zu machen.

      In einer eher untypischen Management-Literatur findet man hierzu einen interessanten »Business Case«: in der Bibel. Das Matthäus-Evangelium beschreibt das Gleichnis von den Talenten, einer damaligen Geldeinheit (Mt 25,14–30): Ein reicher Mann ging auf Reisen und gab seinem ersten Diener fünf, seinem zweiten Diener drei und dem letzten Diener ein Talent. Sie sollten das Beste aus diesen Geldbeträgen herausschlagen, während ihr Herr auf Reisen war. Die ersten beiden Diener wirtschafteten gut und verdoppelten ihre Geldsummen. Der dritte Diener jedoch vergrub das Geld aus Angst, es falsch einzusetzen und zu verlieren. Dementsprechend bestraft wird dieser Diener nach der Rückkehr des Herrn. Lieber hätte der Diener aktiv sein und etwas riskieren sollen – auch unter der Gefahr des Verlusts.

      Das biblische Gleichnis von


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