Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans KneifelЧитать онлайн книгу.
ihm gesucht. Eine hatte am Baum gerüttelt und versucht, ihn auf diese Weise herunterzuholen.
Als der Morgen endlich heraufgezogen war, hatte er den Baum verlassen und war weitergegangen, bis er dieses Tal erreichte.
Eine eigenartige Nebelwolke lag in dem Tal. Sie war nicht rötlich wie der Nebel sonst auf diesem Planeten, sondern makellos weiß. Sie passte nicht zu ihrer Umgebung.
Es ist kein Nebel, durchfuhr es den Zyrpher. Es ist etwas ganz anderes.
Er verspürte einen inneren Zwang, der ihn zum Umkehren bewegen wollte, aber er unterwarf sich ihm nicht, sondern ging weiter.
In dieser weitgehend sumpfigen Landschaft hatte er kein so tief eingeschnittenes Tal erwartet. Hätte es nicht mit Wasser und Morast gefüllt sein müssen?
Er ging weiter, und je näher er der Nebelwolke kam, desto stärker wurde das Verlangen in ihm, umzukehren und wegzulaufen. Es war, als ob die Wolke ihm unsichtbare Arme entgegenstemmte und ihn zurückdrängen wollte.
Plötzlich glaubte er, einen Turm vor sich zu sehen, der sich aus dem Dschungel erhob, und an dem Millionen von ameisenähnlichen Wesen arbeiteten. Die winzigen Geschöpfe schleppten Baumaterial aller Art an dem Turm nach oben, um ihn höher und höher zu bauen. Der Turm war das mächtigste Bauwerk, das er je gesehen hatte, aber den Ameisen schien er noch immer nicht groß genug zu sein.
An einigen Stellen war das Bauwerk brüchig. Mrothyr sah, dass der Wind daran zerrte und Staubpartikel daraus hervorwirbelte, während die ameisenähnlichen Geschöpfe fieberhaft daran arbeiteten, die schadhaften Stellen zu reparieren. Sie stopften die Löcher, die sich bildeten, schienen ihm jedoch nicht schnell und erfolgreich genug zu sein, denn während sie das Bauwerk an einer Stelle in Ordnung brachten, löste es sich an anderer Stelle wieder auf.
Doch ihr Ehrgeiz trieb sie voran, ließ sie blind werden für das wahre Ausmaß der Schäden. Es war abzusehen, dass der Turm sich nicht halten würde.
Mrothyr fuhr sich mit den Händen über die Augen, und dann sah er nur noch den weißen Nebel. Der Turm war verschwunden.
Der Nebel lebte!
Der Freiheitskämpfer spürte es überaus deutlich, und er ahnte, wer sich hinter diesem Nebel verbarg.
Er glaubte Stimmen zu hören. Das Wesen, das sich ihm als Nebel zeigte, war nicht allein. Es gab andere, die von ihm abhängig waren, die kaum mehr als Ableger von ihm waren, und die mit ihm kommunizierten, ohne dass er sie verstehen konnte.
»Wer bist du?«, rief Mrothyr laut. »Ich will es von dir hören. Heraus damit!«
Er glaubte, ein spöttisches Lächeln zu vernehmen. Eine Stimme klang in ihm auf, die er auch jetzt nicht verstand, die aber so deutlich war, dass er sich unwillkürlich umsah, weil er glaubte, dass jemand hinter ihm oder sonst irgendwo in seiner unmittelbaren Nähe war. Ihm schien, als habe ihm jemand etwas zugerufen, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
Als er seine Blicke wieder ins Tal richtete, war die Nebelwolke verschwunden.
Obwohl es warm und stickig war, fröstelte Mrothyr. Etwas Großes, Ungewöhnliches war hier gewesen, aber er hatte es nicht greifen und sich mit ihm verständigen können.
Er ließ sich auf den Boden sinken und setzte sich auf den Stamm eines umgestürzten Baumes.
Bis jetzt hatte er sich frei und unabhängig gefühlt. Er war davon überzeugt gewesen, jeden einzelnen Schritt aus eigenem Entschluss getan zu haben. Doch nun zweifelte er an seiner geistigen Freiheit.
Fangen wir von vorn an, überlegte er. Warum bin ich von Kiart und Taleda entführt worden? Warum bin ich hier? Warum hat man mich zusammen mit den anderen Gefangenen eingesperrt? Worauf soll ich warten?
Irgend jemand steckte hinter diesem Geschehen. Kiart und Taleda konnten nicht aus eigenem Antrieb gehandelt haben. Sie mussten einen Auftrag dazu gehabt haben. Niemand entführte jemanden von einem Planeten und schaffte ihn unter hohem Aufwand über viele Lichtjahre hinweg zu einem anderen Sonnensystem, wenn er nicht eine ganz bestimmte Absicht damit verfolgte.
Flüchtig dachte Mrothyr daran, dass es seinen Gegnern nur darauf angekommen war, ihn von Aklard zu entfernen, doch er schob diese Erwägung gleich wieder zur Seite. Wenn es nur das Ziel gewesen war, ihn auszuschalten, hätte man ihn auf einen abgelegenen Kontinent verschleppen oder – einfacher noch – töten können. Aber das hatte man nicht getan. Man hatte ihn in ein Raumschiff gebracht, man hatte neue Technik eingesetzt und ihn auf eine andere Welt geflogen. Das war kein Aufwand für ein kleines Scharmützel mehr, sondern für etwas viel Wichtigeres.
Mrothyr ging noch einmal Schritt für Schritt durch, was geschehen war, und er versuchte, irgendwo einen Hinweis darauf zu finden, was dies alles zu bedeuten hatte.
Kiart und Taleda waren als Daila auf Aklard erschienen, und sie hatten einen außerordentlich positiven Eindruck nicht nur auf Chipol, sondern auch auf ihn gemacht. Aber dann hatte sich gezeigt, dass sie gar keine Daila waren. Es waren fremdartige Wesen, wie sie ihm noch nie zuvor begegnet waren.
Doch war das ihre wahre Gestalt?
Sie konnten ihr Äußeres offenbar verändern und mal als Daila, mal als völlig anders gestaltete Geschöpfe erscheinen.
Und das haben sie uns nicht nur vorgegaukelt. Sie haben ihr Äußeres wirklich verändert, denn sonst hätten sie Atlan nicht täuschen können, erkannte er.
Schon diese Aktion fiel aus dem Rahmen.
Warum hatten Kiart und Taleda sich in das Vertrauen Chipols geschlichen? Ihnen war es doch nur darauf angekommen, ihn – Mrothyr – zu entführen. Hätten sie es nicht einfacher haben können?
Nein, du Narr!, schalt er sich.
Einer von den beiden hatte sein Äußeres angenommen und dann eine Nachricht an die STERNSCHNUPPE abgestrahlt, um zu veranlassen, dass Atlan nicht weiter nach ihm suchte.
Es könnte sein, dass sie dich nach Aklard zurückbringen, wenn du eine bestimmte Aufgabe erledigt hast, überlegte er.
Doch dann klang eine andere Stimme in ihm auf. Sie mahnte ihn zu mehr Bescheidenheit.
Du bist nur ein kleines Rädchen im Geschehen, stellte sie fest. Je weniger du dich in den Vordergrund drängst, desto besser für dich.
Warum hatte man ihn zu den anderen Gefangenen gesteckt? Warum waren diese so lethargisch gewesen? Warum aber waren dann einige aus ihrer Lethargie erwacht? Um ihm bei der Flucht zu helfen? Warum war nur ein Kaytaber dort gewesen? Oder hatte sich nur einer gezeigt? Waren die anderen im Hintergrund geblieben, um seine Flucht nicht zu behindern?
Warum war der Gleiter ausgefallen? Wirklich nur eine Panne, oder Teil eines Planes?
Ganz sicher Teil eines Planes, schoss es ihm durch den Kopf. Wäre ich sonst diesem weißen Nebel begegnet? Ich wäre über ihn hinweggeflogen.
Mrothyr spürte, dass ihn jemand beobachtete. Er verharrte in der gleichen Stellung und hielt den Kopf leicht gesenkt, versuchte nun aber, denjenigen auszuspähen, der sich für ihn interessierte. Unter den Brauen hervor blickte er zu den steil aufsteigenden Flanken des Tales hinüber, und er entdeckte eine nebulöse Gestalt, die einer Spinne mit acht Beinen und einem gewaltig aufgeblähten Hinterkörper glich. Unwillkürlich spannte sich seine Hand um den Kombitraf, den er dem Kaytaber abgenommen hatte.
Er hatte die Waffe! Nicht Doyrirkhra, Kreymor oder Troatä. Zufall oder Absicht? Gab es einen Drahtzieher im Hintergrund, der dafür gesorgt hatte, dass diese Waffe in seinen Händen landete?
Er richtete sich auf, wobei er sich zur Seite drehte. Dann spähte er auf das Land hinaus. Er befand sich am Eingang des Tales an einer Bodenschwelle. Vor ihm dehnte sich eine schimmernde Wasserfläche, aus der sich der Holzdamm, vereinzelte Bäume und Grasinseln hervorhoben. In der Ferne zogen einige Tiere träge durch den Sumpf. Ihre Körper erinnerten ihn an die Saurier, die es in einer fernen Vergangenheit des Planeten Zyrph einmal gegeben haben sollte.
Einige rotgefiederte Vögel strichen dicht über die Wasserfläche hinweg, durchstießen