Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans KneifelЧитать онлайн книгу.
ohnehin nicht lange überleben werde. Wozu also mir eine Waffe geben, mit der ich mich verteidigen könnte? Sie wäre ja doch sehr bald verloren.«
»Oder du würdest sie blindwütig und ohne Verstand abfeuern, wenn du glaubst, in Gefahr zu sein«, antwortete der Techniker kühl.
»Doyrirkhra hat gesagt, dass wir zusammenstehen müssen«, empörte sich Troatä. »Was ihr jetzt macht, hat mit Solidarität nichts zu tun. Dann kann ich mir ja gleich die Kehle durchschneiden.«
»Lass dich nicht aufhalten«, sagte Mrothyr.
Troatä blickte ihn entsetzt an.
»Ist das dein Ernst?«
»Mit Selbstmitleid kommst du nicht weiter. Entweder du fügst dich ohne weitere Kritik in die Gruppe ein, oder du bleibst allein zurück. Von mir aus kannst du dich in den Gleiter setzen. Ich bin überzeugt, früher oder später werden Naldrynnen oder Kaytaber auftauchen, die Maschine orten und dich abholen.«
Troatä ließ die Arme hängen. Niedergeschlagen wandte er sich ab, während Mrothyr, Doyrirkhra und Kreymor weiterhin versuchten, verwendbare Teile aus dem Gleiter auszubauen.
»Ich war egoistisch«, erklärte er, als er sich einige Minuten später zu ihnen gesellte. »Und ich sehe ein, dass es so nicht geht. Ich bin mit allem einverstanden, was die Gruppe beschließt.«
»Ausgezeichnet«, lobte Mrothyr. »Kreymor hat das Notaggregat ausgebaut. Es ist schwach, aber es kann uns vier tragen. Wir bringen es in einer Seitentür unter. Ebenso die Steuerung dafür. Wenn wir uns an der Tür festhalten, kommen wir vielleicht ganz gut aus den Sümpfen heraus.«
Kreymor brauchte noch etwa eine Stunde, dann schwebte die mit dem Antigravaggregat versehene Tür aus den Sumpf hinaus. Die vier Männer hielten sich an ihren Kanten fest. Sie hingen darunter wie unter einem Schirm.
»Bequem ist das nicht gerade«, sagte Doyrirkhra, »aber immer noch besser, als sich zu Fuß durch diesen Morast schlagen zu müssen.«
Sie waren etwa einen Kilometer weit geflogen, als sich plötzlich ein etwa zwei Meter langer Fisch aus dem Wasser emporschnellte und nach ihnen schnappte. Er prallte mit seinem Oberkiefer gegen die Füße Mrothyrs. Der Schlag war so heftig, dass der Freiheitskämpfer beinahe den Halt verloren und hinabgestürzt wäre. Erschrocken blickte er nach unten. Er sah, wie der Fisch ins Wasser zurückfiel und dann mit kräftigem Flossenschlag durch die Fluten jagte, um zu einem erneuten Angriff anzusetzen.
»Höher«, rief Troatä dem Techniker zu. »Wir müssen höher fliegen.«
Doch Kreymor lenkte die Tür in eine andere Richtung und über einen mit Schilf bewachsenen Damm hinweg, so dass ihnen der Fisch nicht länger folgen konnte.
»Nur keine Panik«, sagte er gelassen zu dem Künstler. »Von einem Tod wie diesem kann man doch nur träumen.«
»Ich glaube, das meinst du wirklich ernst«, stammelte Troatä. »Du bist ein Traother, nicht wahr?«
»Das ist kein Geheimnis«, erwiderte der Techniker. Er lächelte. Er hielt sich nur noch mit einer Hand an der Tür, um sich mit der anderen das Regenwasser aus dem Gesicht zu wischen. Das rote Haar klebte eng an seinem Schädel. Es wies bereits beträchtliche Lücken auf. Ein deutliches Zeichen dafür, dass er nicht mehr ganz jung war.
»Wir Traother glauben an ein Leben nach dem Tode. Dieses Leben ist das eigentliche Ziel unserer Existenz. Es ist ein schöneres Leben als das, dem wir jetzt ausgesetzt sind. Ich freue mich darauf.«
»Du freust dich auf den Tod?«, fragte Troatä.
»Der dunkle Durchgang ist bedeutungslos, sofern ich ihn nicht aus freiem Willen und mit voller Absicht suche. Bei einem Freitod würde sich der Durchgang für mich verschließen.«
»Ihr Traother seid seltsam. Ich habe gehört, dass ihr Freudenfeste feiert, wenn jemand gestorben ist.«
Kreymor lächelte nachsichtig.
»Das ist wahr, Troatä«, entgegnete er. »Es sind allerdings keine lauten und lärmenden Feste, sondern Feste der stillen Freude, bei denen wir an jene denken, denen der dunkle Durchgang vergönnt war.«
»Wir trauern, wenn jemand gestorben ist, weil uns der Verlust schmerzt.«
»Eure Trauer ist Selbstmitleid. Ihr weint um euch selbst und um euren Verlust, anstatt euch darüber zu freuen, dass jemand aus eurer Mitte in das ewige Leben eingetreten ist.«
Sie erreichten ein Gebiet, in dem mehrere Felsbrocken aus dem Sumpf emporragten. Zwischen ihnen stürzte plötzlich brüllend und schnaubend ein echsenähnliches Wesen hervor, das etwa zehn Meter hoch war und einen gewaltigen Kopf mit winzigen Augen und mächtigen Reißzähnen hatte. Es griff die vier Männer an und war dabei so schnell, dass Kreymor nicht mehr ausweichen konnte. Mrothyr zog den Energiestrahler aus dem Gürtel und feuerte ihn ab. Der gleißend helle Energiestrahl durchbrach die Regenwand und traf eine der Tatzen des Tieres. Es fuhr schreiend zurück und flüchtete ins Wasser, wo es seine Wunde kühlen konnte.
»Der dunkle Durchgang war uns allen verdammt nahe«, keuchte Troatä erschrocken. »Ich schwöre euch, wenn ich dies überleben sollte, werde ich ein Gemälde schaffen, das diese Gefahren eindrucksvoll schildert.«
»Hoffentlich zittern dir dabei die Hände nicht so wie jetzt«, grinste Kreymor, »sonst kann man nur aus zwanzig Metern Entfernung erkennen, was du überhaupt gepinselt hast.«
Abermals schoss etwas aus dem Sumpf empor. Mrothyr nahm eine schattenhafte Bewegung wahr und versuchte instinktiv auszuweichen. Doch das gelang ihm nicht. Er verspürte einen harten Schlag im Rücken. Sein Körper schwang herum, und er verlor den Halt. Aus einer Höhe von etwa fünf Metern stürzte er auf weichen, morastigen Boden. Irgend etwas bewegte sich in seiner Nähe. Er raffte sich auf, wälzte sich herum, befreite sich aus der Umklammerung des Bodens und flüchtete einige Schritte weiter auf einen Damm, den ein Tier aus abgestorbenen Geäst errichtet hatte. Er sah, dass ein tentakelähnliches Gebilde durch das Sumpfgras glitt, und er griff nach dem Energiestrahler. Doch er brauchte nicht zu schießen. Das Tier zog sich lautlos in den Sumpf zurück.
Doyrirkhra, Kreymor und Troatä waren verschwunden. Er richtete sich auf und hielt nach ihnen Ausschau, fand sie jedoch nicht, obwohl sie sich in der kurzen Zeit eigentlich nicht weit von ihm entfernt haben konnten.
Auf der anderen Seite eines rot schimmernden Sees erhob sich eine flache Insel. Auf ihr wuchs ein einzelner Baum, dessen untere Äste verdorrt waren. Neben ihm erhob sich eine nebelhafte Gestalt. Mrothyr konnte nicht erkennen, ob sie sich hinter Nebelschwaden verbarg oder gar selbst nur eine Nebelwolke war. Dennoch verschlug ihm der Anblick den Atem. Die Gestalt war humanoid. Wie mahnend streckte sie die beiden Arme aus, und ihre Augen glichen rot glühenden Kohlen.
Gedanken klangen in ihm auf, ohne dass er sie verstehen konnte. Sie machten jedoch deutlich, dass sich eine intelligente Entität in seiner Nähe aufhielt und sich mit ihm befasste. Sie beobachtete ihn.
Sie erwartet etwas von mir!, durchfuhr es Mrothyr.
Was immer auch das Wesen auf der Insel sein mochte, es war ihm nicht vollkommen fremd. Eine seltsame Vertrautheit bestand zwischen ihnen beiden.
Das kann nicht sein, wehrte der Zyrpher sich. Ich bin niemals zuvor auf diesem Planeten gewesen. Dieses Ding kann mich gar nicht kennen.
Eine Bö fiel ein. Sie war so heftig, dass sie die Nebelgebilde zerriss, und Mrothyr sah, dass zwei rote Blüten an langen Fäden von den Ästen des Baumes herabhingen. Er hatte sie für Augen gehalten.
Konnte er sich wirklich so getäuscht haben? Hatte er nicht Gedanken aufgefangen, telepathische Impulse?
4.
Ein tief eingeschnittenes Tal lag vor ihm, und die seltsam vertrauten Gedanken waren wieder in ihm.
Mrothyr hatte sich mehrere Stunden lang über den Damm vorangekämpft. Dann war die Nacht hereingebrochen, und er war auf einen Baum geklettert, um im Geäst zu schlafen. Die vielfältigen Rufe von unbekannten Tieren hatten die Nacht