Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry RhodanЧитать онлайн книгу.
»Ich verstehe nicht.«
»Wir hatten einen Fluchtversuch für die nächsten Stunden geplant. Ich bin bereits länger an Bord und kenne die POD-2202 mittlerweile gut genug. Ich habe den Weg zu einem Beiboot ausgekundschaftet. Ich ...«
»Du willst einen ladhonischen Kleinraumer lenken? Du weißt, wie du dich vom Mutterschiff lösen kannst und beherrschst eine fremde Positronik? Du kennst dich mit den Waffensystemen aus, du könntest im Kampf im freien Raum mit ausgebildeten Einsatzkräften bestehen?«
»Wir hätten sie überrascht«, sagte Onigboia starrköpfig. »Wir hätten einige von ihnen als Geiseln genommen, um die Flucht zu erzwingen.«
Es war naiver Unsinn, den die Olubfanerin da von sich gab, und vermutlich wusste sie es auch. Die Ladhonen hatten auf Ollfa bewiesen, wie kompromisslos sie vorgingen. Sie würden ihren Gefangenen niemals die Flucht erlauben.
Ein ohrenbetäubender Krach ertönte, eine Bö fauchte durch den Raum und fegte einige Olubfaner von den Beinen. Stimmen wurden laut, Rauch war auf einmal überall.
Tengas SERUN kämpfte selbstständig gegen die Druckwolke der Explosion an. Ein Wärmebild zeigte ihm unzählige Gestalten, die ins Innere des Saals stürmten. Sie arbeiteten mit Prallfeldern, die die Olubfaner vor sich herschoben. Sie schrien Kommandos, sie paralysierten da und dort Gefangene, sie schufen ein gehöriges Durcheinander.
»Du warst das!«, rief Onigboia zornig. »Verräter!« Sie stürmte davon, hinein in den Saal, wohl, um sich ins Getümmel zu stürzen
»Ich habe damit nichts zu tun!«, wollte Tenga ihr hinterherrufen, ließ es aber bleiben. Er unterdrückte einen Fluch und konzentrierte sich auf die Auseinandersetzungen.
Die Olubfaner waren völlig überrascht. Einige von ihnen zückten klobige Messer und wollten damit auf ihre Gegner losgehen. Auf in Schutzanzüge gehüllte Kämpfer, die ihnen in Sachen Ausrüstung grenzenlos überlegen waren.
Onostaio wurde getroffen. Blassgelbe Lähmstrahlen strichen über seine Beine, er fiel im Zeitlupentempo zu Boden.
Tenga landete im Schutz des Deflektorschirms neben ihm und stellte erleichtert fest, dass es dem Olubfaner den Umständen entsprechend gut ging. Schmerzen, die ein Paralysator auslöste, waren höchst unangenehm. Sie wirkten unmittelbar auf das Nervensystem – aber sie töteten nicht.
Tenga musste verhindern, dass Schlimmeres geschah. Andere Olubfaner mochten ebenso falsch wie Onigboia reagieren und sich auf die überlegenen Ladhonen stürzen. Wenn die Piraten mit jener Kompromisslosigkeit vorgingen, die sie auf Ollfa gezeigt hatten, würden sie bei weiterer Widerwehr zu töten beginnen. Er musste intervenieren, musste aus dem Schutz des Deflektors heraus helfen.
Fieberhaft überlegte er, wie er die Olubfaner vor den Nachstellungen der Ladhonen bewahren konnte. Tengas Spezial-SERUN bot Möglichkeiten, die andere Schutzanzüge nicht besaßen.
»KORN, du ziehst dich in den Müllbereich zurück. Du wartest auf weitere Anweisungen. Ohne Widerrede. Verstanden?«
Die Positronik bestätigte den Befehl, die SCHOTE setzte sich in Bewegung. Tenga kümmerte sich nicht weiter um das Schiff. Er zog seine Waffe, aktivierte den Nadler-Modus und schwebte in Bodennähe aus dem Küchenbereich.
Zwischen unzähligen Beinen glitt er dahin, ging an der Breitseite der Halle höher, verschaffte sich einen Überblick. Es waren etwa zwanzig gut ausgerüstete Ladhonen in den Raum vorgedrungen. Es waren Maate. Sie brachten einen Olubfaner nach dem anderen zum Schweigen. Keiner fiel aus der Rolle. Auch nicht, wenn sie von den tonnenförmigen Riesen angegriffen wurden.
Die militärische Präzision dieses Einsatzes rang Tenga so etwas wie Respekt ab. Sie wollten nicht töten, sie wollten eine Situation unter Kontrolle bringen. Die Olubfaner würden mit brummenden Schädeln für ihre Aufmüpfigkeit bezahlen, mehr würde ihnen nicht geschehen.
Vorerst.
Rechts von Tenga erklang ein trötender Laut, ein Ton des Triumphs. Einem der Olubfaner war es gelungen, eine ladhonische Waffe zu erbeuten. Er wehrte sich im Nahkampf gegen einen Ladhonen, der seine Waffe zurückzuholen versuchte.
Der Riese fuchtelte wie wild damit herum und aktivierte sie. Die energetische Kennung an der Laufmündung veränderte ihre Farbe, das Gelb machte einem kräftigen Rot Platz. Dem Narren war es gelungen, vom Paralysator- in einen anderen, womöglich letalen Modus zu schalten! Er schleuderte seinen Gegner zu Boden und richtete die eroberte Waffe auf ihn.
Der Olubfaner wird eine Katastrophe auslösen, wenn er den Maat tötet.
Tenga visierte sein Ziel an und feuerte. Er achtete darauf, den Olubfaner möglichst nahe am ausgeprägten Nacken zu treffen. Dort, wo der Faltenwurf am stärksten war und mutmaßlich das Nervenzentrum lag.
Er feuerte und traf präzise. Die feine Nadel mit dem Nervengift drang zwischen speckigen Wülsten in die Haut ein. Die Außenkameras seines SERUN-DS lieferten exakte Bilder. Sie zeigten, wie sich der Körperflaum des Olubfaners aufstellte, wie sich eine Art Gänsehaut an seinen Armen bildete. Der tonnenförmige Riese hielt irritiert inne. Die ladhonische Waffe entglitt seinen mit Tolnoten versehenen Händen und fiel zu Boden.
Er torkelte. Er stolperte gegen einen seiner Kameraden, wollte sich an ihm abstützen, rutschte ab und plumpste nieder. Als er aufschlug, war er bereits bewusstlos.
»Was für einen Ertruser gut ist, reicht auch für einen Olubfaner«, sagte Tenga und atmete erleichtert durch.
Die Ladhonen brachen den Widerstand ihrer Gefangenen mit leidenschaftsloser Härte. Wer sich nicht augenblicklich ergab, wurde mit Paralysestrahlen niedergestreckt.
Tenga beobachtete den einseitigen Kampf mit zusammengebissenen Zähnen. Er konnte bloß hoffen, dass er das Richtige getan hatte, sich die Ladhonen konsequent an ihr sonderbares Ethos hielten und keine härtere Bestrafung als eine schmerzhafte Betäubung erwogen.
Nur zur gerne hätte er eine Praline gegessen, um seinen Ärger mit ein wenig Schokolade zu dämpfen. Bislang hatte er nicht sonderlich viel zur Rettung der Olubfaner beigetragen. Er musste darauf hoffen, dass sie bei einem zweiten Gespräch auf ihn hören würden.
Es wurde ruhig im Raum. Nur noch die kläffenden Kommentare der Ladhonen waren zu hören.
»Auftrag erledigt«, sagte einer von ihnen, offenbar der Anführer der Maatschaft. »Schafft sie auf ihre Liegen und lasst sie schlafen. Sie werden ihre Lektion gelernt haben.«
»Warum sie wohl derart unruhig geworden sind?«, fragte ein anderer.
»Es gibt seit Stunden Hinweise darauf, dass sie auszubrechen versuchten. Diese Naivlinge.«
Hustende Geräusche waren allerorts zu hören, vermutlich Gelächter.
»Was ist mit den Ausrüstungsgegenständen, die sie bei sich tragen? Sollen wir sie ihnen diesmal abnehmen? Die Messer, die Analysegeräte, die Chronometer ...«
»Nein. Sie können damit ohnedies nichts anfangen. Die Wachen vor den Toren werden allerdings verdoppelt. Los, los, an die Arbeit! Wenn ihr hier aufgeräumt habt, meldet euch an den zugeteilten Sammelpunkten. Ihr wisst, dass der Suchbefehl für diesen Robot-Eindringling immer noch gilt. Macht euch auch über die geplanten Flugmanöver des Schiffs schlau. Mag sein, dass es in den nächsten Stunden unangenehm wird. Bodh Aputhar hat einiges vor.«
Was der Ladhone wohl damit meint?, fragte sich Tenga. Kann ich diese Risikomanöver zu meinem Vorteil nutzen?
Er schwebte langsam zu Boden und steuerte vorsichtig einen der hinteren Bereiche des Raums an, vorbei an Ladhonen, die einen Olubfaner nach dem anderen auf den Liegen platzierten.
Er entdeckte Onigboia. So wie alle anderen Gefangenen war auch sie paralysiert worden und starrte blicklos hoch zur Decke.
Er würde sich weiterhin an sie halten. Er musste darauf vertrauen, dass sie beim zweiten Kontaktversuch besser zuhörte. Während die Wirkung der Paralysatorstrahlung nachließ, würde er ihr einiges ins Ohr flüstern.