Perry Rhodan 16: Die Posbis (Silberband). Clark DarltonЧитать онлайн книгу.
Bild auf dem Schirm blieb ein paar Sekunden lang, dann erlosch es. Ron wäre jetzt gern hinunter in die Funkkabine gegangen, hätte dem Empfänger die Bandaufzeichnungen entnommen und sie von der Positronik auswerten lassen. Aber im Funkraum waren die Unsichtbaren, und an der Positronik hatte niemand mehr Dienst. Wenn Ron überhaupt an das Band herangekommen wäre, hätte er die Rechenmaschine selbst bedienen müssen. Und dazu hatte er im Augenblick keine Zeit.
Er verließ sich auf Eric, dass es wirklich der gleiche Spruch war.
Warum fragten sie noch einmal? Sie hatten die Antwort schon ein paar Mal bekommen: Ja, wir sind wahres Leben.
Ron kam ein Gedanke.
»Haben Sie irgendeine Vorstellung«, fragte er Eric, »ob das Wellenmuster diesmal deutlicher war als beim letzten Empfang – oder undeutlicher?«
Eric antwortete, ohne zu zögern. Das zeigte, wie sicher er seiner Sache war.
»Eben war es viel deutlicher als beim letzten Mal«, erklärte er.
Rons Spannung wuchs. Hyperstrahlung war eines der Wunderdinge der modernen Technik. Aber so wunderbar war sie nun auch wieder nicht, dass sie nicht den grundlegenden Naturgesetzen gehorcht hätte. Eine Strahlungsquelle, die in geringer Entfernung stand, empfing man deutlicher als eine, die weit entfernt war.
Die erste Sendung, die die BOB-XXI empfangen hatte, war aus einer Entfernung von rund vierhundert Lichtjahren gekommen. Dieser letzte Empfang war viel deutlicher. Die Entfernung hatte sich also verringert.
Da war noch jemand auf dem Weg zur BOB-XXI.
Ron wies Eric an, die Anfrage im gleichen Sinn zu beantworten, wie sie es bisher getan hatten. Eric kontrollierte das kleine Stellpult, von dem aus er die Geräte im Senderaum bedienen konnte, und drückte ein paar Knöpfe. Dabei lächelte er schwach.
»Ich hoffe, dass es noch funktioniert«, murmelte er. »Wer weiß, was die Kerle da unten inzwischen angerichtet haben.«
Sekunden später registrierte das Oszilloskop das Wellenmuster der auslaufenden Sendung. Sie war in der gleichen Weise kodifiziert wie die Frage der Fremden. Niemand konnte vom Oszillographenbild ablesen, was der Inhalt der Sendung war. Aber Eric behauptete, es gäbe in diesem Sender nur eine einzige Schablone. Es musste die richtige sein.
Ron Landry bezwang seine Spannung. Er brauchte Ruhe, um klar zu denken. Er überlegte, ob er noch einen Versuch unternehmen sollte, mit den Unsichtbaren in Verbindung zu treten. Er verwarf die Idee ohne langes Nachdenken. Eric und seine Männer hatten mehrere Stunden daran verschwendet und hatten nicht den geringsten Erfolg erzielt.
Ron glaubte fest daran, dass das zweite fremde Schiff, dessen Sendung die Station eben empfangen hatte, in ein paar Minuten auftauchen würde. Er war fast ebenso sicher, dass dieses zweite Schiff den Feinden der Unsichtbaren gehörte, die in die BOB-XXI eingedrungen waren. Denn das Modulationsmuster der empfangenen Sendung war von dem der Sendung, die die Unsichtbaren vor ein paar Stunden von der BOB-XXI ausgestrahlt hatten, gründlich verschieden. Es gab daher zwei Gruppen von Fremden hier draußen im intergalaktischen Raum: die Unsichtbaren – und deren Feinde.
Ron untersuchte diesen Gedankengang immer wieder von neuem. Er gab sich Mühe, einen Fehler zu finden. Eine Stelle, an der er einem der beiden Fremden seine eigene Denkweise untergeschoben hatte. Aber er fand keinen Fehler. Die Gedanken fügten sich ineinander. Es musste so gewesen sein, wie er vermutete – oder sie hatten etwas übersehen.
Dann war auch klar, warum die Unsichtbaren versuchten, die Feldschirme der Station zu verstärken. Auf irgendeine Weise hatten sie von der bevorstehenden Ankunft ihrer Gegner erfahren. Wahrscheinlich trauten sie den Feldschirmen, so wie sie jetzt waren, keine ausreichende Abwehrkraft zu. Deshalb verstärkten sie sie.
Vielleicht hatten sie aus dem gleichen Grund nicht auf Erics Annäherungsversuche geantwortet. Sie hatten keine Zeit. Sie brauchten jede Sekunde, um sich auf die Ankunft des Feindes vorzubereiten.
Ron drehte sich um und sah Meech Hannigan auffordernd an. Meech verstand den Wink.
»Meine Analyse ist ...«, begann er, und dann zählte er genau die gleichen Argumente und Schlussfolgerungen auf, die Ron sich schon selber ausgedacht hatte.
Eric Furchtbar hörte mit großen Augen zu. Für ihn waren die vergangenen Stunden zu aufregend gewesen, als dass er sich jetzt noch über schwierige Dinge hätte den Kopf zerbrechen wollen. Der Schreck nach dem Auftauchen des ersten fremden Schiffes saß ihm noch in den Gliedern.
»Glauben Sie wirklich«, stieß er hervor, »dass noch ein anderes Schiff Kurs auf die Station genommen hat?«
Ron nickte. Er wollte etwas antworten.
Aber mit einem erstaunlichen Mangel an Disziplin kam Meech Hannigan ihm zuvor: »Da gibt es nicht mehr viel zu glauben. Da sind sie schon.«
6.
Das fremde Schiff sprang förmlich ins Bild hinein.
Vor einer halben Sekunde war es noch nicht dagewesen – jetzt füllte es mehr als drei Viertel des großen Bildschirms.
Es war völlig geräuschlos gekommen.
Rons Verstand registrierte blitzartig diese völlig neue Art der Transition. War es überhaupt eine solche? Er wollte sich darüber wundern. Aber alle Verwunderung über den Antrieb des fremden Schiffes wurde beiseitegefegt vom Entsetzen über die äußere Form des Fahrzeugs.
Ohne dass es ihm wirklich bewusst wurde, hörte Ron Eric neben sich stöhnen. Es mochte sein, dass er selbst auch stöhnte. Ein solches Schiff konnte es einfach nicht geben. Es war unmöglich, dass jemand so verrückt sein sollte, ein solches Schiff zu bauen.
Es sah so aus, als wäre es früher einmal würfelförmig gewesen. Aber das Gefüge hatte sich verschoben.
Was übrig blieb, war ein völlig unregelmäßiges geometrisches Gebilde mit achtkantiger Grundform. Im künstlichen Schwerefeld der BOB-XXI hatten die drei Beobachter ein sicheres Gefühl für oben und unten. Sie sahen eine senkrechte Wand geradewegs vor sich aufragen. Sie endete an einer schrägen Kante, und oberhalb der Kante lag eine der Deckflächen des Schiffes, eine trapezförmige schräge Ebene, die in mäßiger Steigung zum Rand der Hinterwand hinaufführte. Die linke Seitenwand stand in groteskem Winkel steil nach außen, von der rechten Seitenwand war auf dem Bildschirm der Station nichts zu erkennen. Wahrscheinlich war sie nach innen gedrückt.
Das war die Grundform des Schiffes. Die Seiten- und Deckwände waren in Wirklichkeit alles andere als eben. Es gab Erker und Türmchen, Kuppeln und Vorsprünge, Nischen und Furchen in verwirrender Zahl. Aus den Kuppeln ragten lange, mit starren Wedeln behangene Stangen hervor. In den Nischen und Furchen glänzten verschiedenfarbige Lichter. Aus den Erkern stachen plumpe, drei- oder vierzinkige Gabeln in den Raum, und auf den hügelartigen Vorsprüngen herrschte lebhafte Bewegung. Allerdings konnte nicht einmal Meech erkennen, woraus die Bewegung bestand und was sie verursachte.
Das brachte Ron auf einen Gedanken. Er war ziemlich unlogisch, deswegen konnte zum Beispiel Meech nicht drauf kommen. Aber Objekte, fand Ron, die sich an der Außenwand eines intergalaktischen Raumschiffs bewegten, sollten eine gewisse Mindestgröße haben. Das dort drüben waren weder Käfer noch Menschen. Es mussten Dinge in der Größe eines Beiboots oder eines Beobachtungsstands sein. Ron glaubte das einfach. Es gab keinen Anhaltspunkt für seine Vermutung.
Aber wenn er recht hatte, dann war das fremde Schiff ein Gigant. Er hatte bisher geglaubt, dass es nur ein paar Kilometer von der Station entfernt stünde. Aber schließlich war es vermutlich eben erst aus dem Hyperraum herausgekommen. Und kein Kommandant, nicht einmal ein extragalaktischer, würde eine Transition nur ein paar Kilometer von seinem Ziel beenden.
Das Ungetüm war also weiter entfernt. Und demnach war es größer, als Ron bisher angenommen hatte.
Die Würfelkanten mussten mindestens zwei Kilometer lang sein. Das war nichts weiter als eine grobe Schätzung, aber Ron erschrak trotzdem. Das fremde Ungeheuer war größer als selbst das mächtigste Superschlachtschiff, das die terranische Raumflotte