Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband). Uwe AntonЧитать онлайн книгу.
hielten. Einen Augenblick lang hatte es den Anschein, als wollten sie gleich aufeinander losgehen, doch dann rissen sie sich zusammen und wandten sich den Zuschauern zu. Es war Sitte bei den Forrils, dass die Kämpfer vom Publikum akzeptiert werden mussten.
Raye war davon überzeugt, dass die Zuschauer kaum etwas über die Forrils wussten. Im Gegensatz zu ihr: Sie hatte auf dem Flug von Cyrdan hierher nach Rakusa alles über diese Wesen gelesen, was sie auftreiben konnte. Nein, für die meisten anderen waren die Forrils nur eine Realität gewordene, von Geheimnissen umgebene Legende, die unbedeutende Fußnote einer schrecklichen Vergangenheit, die es aber zu einer gewissen Berühmtheit gebracht hatte.
Sie alle wollten nur Blut sehen. Blut, dessen Fluss Raye gegebenenfalls stillen musste.
Beide Finalisten waren von den Ausscheidungskämpfen schwer gezeichnet. Ihr gelbes Fell war an einigen Stellen rostrot gesprenkelt – Blutflecken, die man nicht entfernt hatte, ein billiger Schaueffekt, der seine Wirkung jedoch nicht verfehlte.
Selbstverständlich besaßen die beiden Kämpfer dichtes gelbes Fell. Sie waren Ganzväter; nur die hatten als Sippenbeherrscher von Alters her das Recht, um die traditionelle Wazala-Ehre kämpfen zu dürfen.
Die beiden Kontrahenten brachten jeweils etwa zwei Zentner auf die Waage. Der eine setzte zu einem schnellen Lauf entlang des Arenenrands an, um ja keinen Zuschauer bei seiner Begrüßung auszuschließen. Anfangs spreizte er lediglich die vier kurzen Beine in alle Richtungen ab und schob sich auf ihnen voran, dann senkte er auch die beiden kräftigen Arme bis auf den Boden, um an Schnelligkeit zu gewinnen. Dabei kam es zu einer unbeholfen wirkenden Schlängelbewegung seines Hinterteils, doch Raye wusste, dass es nur diesen Anschein hatte. Der Ganzvater war nicht nur wendig, sondern auch unglaublich muskulös und jedem Tefroder kräftemäßig weit überlegen.
Der Forril bremste ab, als wäre ihm klar geworden, dass er den Zuschauern nicht zuwinken konnte, wenn er auf allen Sechsen lief, und hob die kräftigen Arme wieder.
Vor dem Gehege der rot bepelzten Mütter blieb er stehen und ließ sich von ihnen ausgiebig bejubeln. Die Halbväter hingegen ignorierte er. Ganzväter duldeten das dritte Geschlecht lediglich, akzeptierten es aber nicht. Die violett Bepelzten hatten weitestgehende Narrenfreiheit, konnten ihr – in den Augen der Sippenführer – possenhaftes Getue aufführen und den Müttern den Kopf verdrehen. Sie verrichteten ansonsten keinerlei Arbeiten, waren faule Nichtstuer und so feige, dass sie bei den Auseinandersetzungen, für die die Ganzväter lebten, völlig nutzlos waren.
Sie waren Neutren, ohne die beim Geschlechtsverkehr eine Befruchtung allerdings nicht möglich war. Deshalb kamen sie bei den streng hierarchisch organisierten Forrils in der Rangfolge der Geschlechter an zweiter Stelle. Obwohl die weiblichen Forrils, die Mütter, fleißig und arbeitsam waren, die Sippen mit Nahrung versorgten und bei Bedarf auch als tapfere Kämpfer eingesetzt werden konnten, standen sie auf der untersten Stufe und hatten keinerlei Rechte.
Wahrscheinlich waren die Halbväter nur anwesend, weil die Sieger der Ausscheidungsrunden – und natürlich der Tourniersieger – als zusätzlichen Anreiz die freie Auswahl unter den Müttern hatten und eine Paarung ohne sie ausgeschlossen war. Während die Mütter es als Ehre ansahen, sich mit den Siegern zu vereinigen, waren die Halbväter auf die Gnade und Gunst der Ganzväter angewiesen. Deshalb produzierten sie sich unablässig, um ja aufzufallen und auserwählt zu werden.
Der andere Finalteilnehmer blieb in der Mitte der Arena stehen, drehte sich langsam um die eigene Achse und winkte dem Publikum ebenfalls zu. Vielleicht bedauerte er, nicht zuerst zu einem Spurt angesetzt zu haben, vielleicht wollte er auch nur seine Kräfte schonen. Raye konnte es nicht genau sagen, doch zumindest bei den Müttern schien seine Zurückhaltung keine nachteilige Wirkung zu haben. Ihr Jubel war mindestens genauso laut wie der, mit dem sie seinen Konkurrenten angefeuert hatten, wenn nicht sogar noch lauter.
Ein dritter Fanfarenstoß ließ mit seinen martialischen, blechernen Klängen die Halle erzittern, und das Dunkelfeld über der mittleren der fünf Arenen gab den Conferencier frei, einen geckenhaft herausgeputzten Tefroder, einen Harlekin mit rotem Gewand und blauem Federschmuck, der langsam tiefer sank. Die Musik der langen, einfachen Trompeten ohne Ventile schwoll zu einer mitreißenden, aber höchst oberflächlichen orchestralen Melodie an, die das Trompetensignal aus den Tönen des Dreiklangs immer wieder aufgriff und mit Naturnoten variierte.
Raye fühlte sich von der Einfallslosigkeit der Darbietung abgestoßen. Die Musik war zwar schmissig, sprach aber lediglich die niedrigsten Instinkte der Zuhörer an. Wer Lasky Baty kannte, würde sich niemals für so etwas begeistern können.
»Verehrtes Publikum!«, rief der Conferencier. Er kam Raye einfach nur schmierig vor. »Wir kommen nun zum Höhepunkt dieses Tourniers, dem Endkampf der Sieger, die die bisherigen sechs Runden überstanden haben. Von einhundertachtundzwanzig tapferen, furchtlosen Kämpfern sind das die mutigsten!« Er zeigte auf die beiden Forrils.
»Kraterhak Kan Deprok, Sippenältester mit einem berühmten Namen, der schon seit Hunderten Generationen vom Vater auf den Sohn weitergegeben wird.«
Der etwas massigere der beiden Forrils, der in der Mitte der Arena stehen geblieben war, riss erneut die Arme hoch. Raye bemerkte, dass es sich bei den Schichten unter seinem fettigen Pelz nur teilweise um Fett handelte. Unter einer dicken Speckschicht konnte sie das Spiel starker Muskeln sehen.
Das Publikum tobte.
»Und auf der anderen Seite Rank Han Orrak. Was Kraterhak ihm an Erfahrung voraus hat, macht er durch Kraft und Geschick wieder wett. Zwei absolute Favoriten! Wir freuen uns auf einen spannenden, fairen Kampf! Zu Ehren des Großen Waza!«
Diesmal fiel der Applaus etwas spärlicher aus.
Beide Forrils rülpsten laut und vernehmlich, wie es der Tradition entsprach, als der Name ihres ehemaligen Heiligtums fiel, und der Conferencier bemühte sich sichtlich, es ihnen gleich zu tun. Es dauerte eine Weile, bis es ihm gelang. Wahrscheinlich hatte er diesbezüglich sein Pulver schon bei den zahlreichen Ausscheidungskämpfen verschossen. Bei den Forrils war es Sitte, jedes Mal ehrfürchtig zu rülpsen, wenn der Name des Großen Waza fiel.
Zehn alte, in Ehren vergilbte Ganzväter, deren Felle schon längst jeden Glanz verloren hatten, marschierten in einen Graben um die Hauptarena. Es handelte sich um Wazala, die solche Tourniere allesamt schon mehrfach siegreich beendet hatten und nun als Kampfrichter fungierten. Für den Höhepunkt dieses Wochenendes waren die erfahrensten der Erfahrenen aufgeboten worden.
Während der Vorrunden hatten sie eine wichtige Rolle gespielt. Die Ausscheidungskämpfe hatten in allen fünf Kampfkreisen gleichzeitig stattgefunden und jeweils maximal eine halbe Stunde gedauert. Konnten sich danach noch beide Kontrahenten auf den Füßen halten, mussten die Kampfrichter einen Sieger nach Punkten ausrufen.
Für den letzten Kampf galt diese zeitliche Beschränkung nicht. Erst, wenn einer der beiden Gegner aufgab oder nicht mehr aufstehen konnte, war die endgültige Entscheidung gefallen. Eigentlich waren die Wazala hier beim entscheidenden Kampf also überflüssig. Sie hatten in erster Linie die Aufgabe, auf die Einhaltung der wenigen Regeln zu achten, der Sieger ergab sich aber von ganz allein.
Die beiden Forrils wandten sich einander zu.
Der Conferencier wurde von dem Traktorstrahl wieder sanft in die Höhe gezogen und klatschte in die Hände.
Der Kampf begann.
Deprok schien damit zu rechnen, dass sein Gegner genauso vor- und umsichtig reagierte wie er selbst, sah sich aber getäuscht. Orrak stürmte sofort vor, um seinen Gegner zu rammen.
Der ältere und etwas schwerere Forril versuchte ihm noch auszuweichen, schaffte es aber nicht ganz. Orrak erwischte ihn am Hinterteil. Etwas knirschte laut; das Geräusch wurde von Richtmikrofonen bis zu den hintersten Rängen der Halle übertragen.
Deprok schrie laut auf, fuhr dann aber so schnell und wendig herum, wie Raye es seinem massigen Körper niemals zugetraut hätte, krallte die Finger der einen Hand in den dichten Pelz seines Gegners und die der anderen in den dichten Bart auf dessen stumpfer, breiter Schnauze. Er zog Orraks Kopf mit einem so heftigen Ruck nach unten, dass Raye glaubte, dessen