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Fettnäpfchenführer Thailand. Daniel MullerЧитать онлайн книгу.

Fettnäpfchenführer Thailand - Daniel  Muller


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scheint nichts unmöglich zu sein. Probleme, die einem Verkaufsabschluss im Wege stehen könnten, werden von der Verkäuferin vorsorglich bestritten. So langsam wird Susanne fuchsig. Sie nimmt Reißaus. Aber immer, wenn sie glaubt, sich erfolgreich vor der Verkäuferin versteckt zu haben, taucht diese genau dort auf, wohin Susanne sich geflüchtet hat. Sie scheint über hellseherische Fähigkeiten zu verfügen!

      Okay, das reicht. Man kann es nicht anders sagen: Susanne ist sauer, bedient, hat die Faxen dicke. Sie verliert die Contenance, vergisst alle guten Vorsätze, von wegen immer entspannt sein und so weiter, und knöpft sich die Angestellte vor und sagt im Tonfall einer strengen Lehrerin und mit lauter Stimme: »Ich möchte Sie wirklich bitten, mich nicht mehr länger zu belästigen!«

      »Kao tott (Entschuldigung), ich habe gedacht, Sie bräuchten Hilfe. Bitte vielmals um Verzeihung«, sagt die Angestellte betreten.

      Mit einem schiefen Lächeln schaut die Verkäuferin schnell nach links und rechts, wohl um zu sehen, wie weit die akustischen Bugwellen dieser Schelte reichen. Zu ihrer Bestürzung muss Susanne feststellen, dass der gesamte Laden wie in einem Standbild eingefroren ist und alle, wirklich alle gebannt auf sie schauen. Aber immerhin, sie lächeln. Auch die Verkäuferin. Susanne lächelt zurück. Daraufhin jedoch scheint die Angestellte einen jähen Schwächeanfall zu erleiden. Sie wankt, als wären ihre Beine aus Gelee, und einen Moment später ergreift sie Hals über Kopf die Flucht. Susanne ist nun endlich allein. Glücklich ist sie trotzdem nicht.

       Was ist da schiefgelaufen?

      Autsch, das war nicht sehr charmant! Man kann auch sagen: ziemlich unangemessen und deplatziert. Bloß warum sind die Thais bei einer Bitte, nun gut, bei ein bisschen Kritik gleich dermaßen derangiert? Und weshalb, verflixt und zugenäht, lächeln sie auch dann in einem fort, wenn sie eigentlich zutiefst betrübt sind? Dieses Verhalten verwirrend zu nennen, wäre eine Untertreibung. Aber versuchen wir, das Rätsel zu lösen und dem Thai-Wesen ein wenig auf die Spur zu kommen.

      Thais sind in ihrer übergroßen Mehrzahl sehr zurückhaltende Menschen. Konflikte sind ihnen ein Gräuel, ein harmonisches Miteinander steht für sie an oberster Stelle. Und eines fürchten sie noch mehr als der Teufel das Weihwasser: ihr »Gesicht zu verlieren« (sia naa). Was hat es damit genau auf sich? Im Prinzip ist unter diesem bildhaften Ausdruck die persönliche Würde eines jeden Einzelnen zu verstehen. Wobei hier zwischen Würde und Selbstachtung zu unterscheiden ist. Selbstachtung ist etwas, was man sich selbst zugutehalten kann. Würde wird einem hingegen von der Umwelt bescheinigt oder auch abgesprochen. Bei der Gesichtsproblematik in Thailand spielt vor allem der zweite Punkt eine zentrale Rolle.

      Dabei ist zu bedenken, dass sich ein Thai (wie auch viele andere Asiaten) weniger als Individuum, sondern vielmehr als Teil eines größeren Kollektivs betrachtet. Innerhalb dieses Kollektivs hat ein jeder seine feste Position, die mit bestimmten Aufgaben und Verhaltensvorschriften verbunden ist. Dieses Eingebundensein in einen größeren Kontext gibt dem Thai Orientierung und Halt im Leben. Aus dieser kulturellen Ordnung folgt, dass der Fehltritt einer Person nicht nur auf diese selbst zurückfällt (was schon schlimm genug wäre), sondern auch ein schlechtes Licht auf sein Kollektiv wirft. Das wiederum ist für den Thai doppelt problematisch. Zum einen weil er damit den wichtigsten Fixpunkt in seinem Leben abwertet, zum anderen weil die Gefahr besteht, dass er die emotionale Unterstützung seiner Gruppe verliert und womöglich aus ihr ausgeschlossen wird. Das wäre gleichbedeutend mit einem ewigen Exilanten-Dasein.

      Der Verlust des Gesichts ist für Thais deshalb keine Kleinigkeit, sondern ungefähr so gravierend wie der Verlust eines realen Körperteils. Kein Wunder also, dass sie alles versuchen, um dieses beängstigende Szenario auszuschließen. Um ja nicht in ein kreuzgefährliches Fahrwasser zu gelangen, wird alles vermieden, was in irgendeiner Weise falsch verstanden werden oder Anlass für Beanstandungen geben könnte. Damit einem Thai bei diesem heroischen Ringen keine persönlichen Leidenschaften in die Quere kommen können, wird ihm schon von Kindesbeinen an ein jai yen (kühles Herz) anerzogen. Dies ist gewissermaßen eine Schutzmaske, mit der man mit stoischer Gelassenheit durchs Leben gehen kann. Und sollte es trotzdem einmal zu einem Missverständnis oder gar zu einer Konfrontation kommen, greift man zu einer altbewährten Kulturtechnik: dem Lächeln.

       DAS LÄCHELN DER THAIS

      Es gibt wohl kaum eine Bezeichnung, die in Bezug auf Thailand öfter strapaziert wird als »Das Land des Lächelns«. Das ist verständlich, drängt sie sich doch für farbenfrohe Werbezwecke geradezu auf. Und sicher ist da auch eine ganze Menge dran – die Thais sind im Durchschnitt tatsächlich wesentlich frohgemuter als viele andere Nationen. Allerdings ist es von hier nur ein kurzer Schritt bis zum kitschigen Klischee. Denn natürlich leben auch die Thais nicht in einem Garten Eden, in dem ewige Glückseligkeit herrscht. Die gibt es nur in Reiseprospekten. Genau wie alle anderen Erdenbürger haben auch sie mit vielen Problemen und Alltagsnöten zu kämpfen.

      Gegen die Annahme allzeit vergnügter Thais spricht schon die Beobachtung, dass sie auch dann lächeln, wenn ihnen etwas Schlechtes widerfährt und ihnen innerlich wohl eher zum Heulen zumute ist. Hieran kann man sehen, dass das Thai-Lächeln – zumindest in manchen Situationen – ein probates Mittel ist, die eigenen Gefühle nicht an die Oberfläche gelangen zu lassen. Dies wiederum ist ungemein hilfreich, wenn es darum geht, das Gesicht zu wahren und Konflikte nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Denn das sind die beiden außergewöhnlichen Stärken des Lächelns: Es wirkt deeskalierend, und es ist hochgradig ansteckend. Es bedarf insgesamt einiger Übung, die einzelnen Varianten des Thai-Lächelns trennscharf erkennen und zutreffend deuten zu können.

       Wie geht es entspannter?

      Lächeln, cool bleiben und – zur Sicherheit – noch mal lächeln. Am allerbesten ist es, wenn man in Thailand die Mundwinkel grundsätzlich ganz weit nach oben zieht und mit einem eingemeißelten Dauerlächeln durch die Gegend wandelt. Denn eine solche freundliche Gesichtsstellung hat einige nicht zu unterschätzende Vorzüge. So kann man elegant über Missgeschicke – die eigenen und die von anderen – hinweggehen und zudem auch einen wertvollen Beitrag zur Förderung des allgemeinen Wohlbefindens leisten.

      Zur harmonischen Stimmungsaufhellung trägt auch ein Verfahren bei, das man »Gesicht geben« (hai naa) nennt. Dahinter verbirgt sich eine Haltung, bei der man penibel darauf achtet, andere Menschen nicht in Situationen zu bringen, in denen ein Gesichtsverlust droht. Dies sollte angesichts der geschilderten Folgewirkungen eine pure Selbstverständlichkeit sein!

      Darüber hinaus ist mit »Gesicht geben« gemeint, jemand anderes aktiv in ein besonders positives Licht zu rücken, sodass dessen Prestige gemehrt und folglich seine Stellung im Kollektiv aufgewertet wird. Dies kann geschehen, indem man die Person lobt, ihr Komplimente macht, sie betont mit etwaigen Ehrentiteln anredet und ihr eine Vorzugsbehandlung gewährt. All dies kann zwischenmenschliche Beziehungen ungemein stärken und vertiefen. Jedoch sollte dies nicht zur künstlichen Lobhudelei ausarten, zumal die engen Hierarchiestufen der Thai-Gesellschaft hier ohnehin für relativ enge Grenzen sorgen (mehr dazu in Kapitel 3: »Hände gefaltet, nicht geschüttelt«). Ab einem gewissen Punkt wirken unangemessene Ehrbezeugungen bestenfalls nur noch komisch. Letztlich geht es im Kern darum, den Thais Respekt und Wertschätzung entgegenzubringen – und dies auch zu zeigen.

      Der Aspekt der gegenseitigen Rücksichtnahme spielt in Thailand eine so prominente Rolle, dass dafür eigens eine ausgeklügelte Lehre geschaffen wurde, die einen Ausgleich zwischen dem Recht des Einzelnen auf eine freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (sabai jai) und dem Bedürfnis der Gemeinschaft nach sozialer Harmonie (greng jai) ermöglicht. Letzteres wird vor allem dadurch erreicht, dass man sich mit Forderungen anderen gegenüber zurückhält. Und wenn alle sich ein wenig zurücknehmen, löst dies eine nette Kettenreaktion von Harmonie, Freude und Wohlbefinden aus. Bei einer Kaufhaussituation, wie sie Susanne erlebt hat, bleibt einem vorbildlichen Landesgast nicht viel mehr übrig, als gute Miene zum anstrengenden Spiel zu machen. Außer vielleicht, so lange heftig zu lächeln, bis die Verkäuferin irgendwann die eigentliche


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