Эротические рассказы

Sauerland Live. Reiner HänschЧитать онлайн книгу.

Sauerland Live - Reiner Hänsch


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hätte ich vielleicht nicht sagen sollen, denn sie lacht kurz und laut auf, legt dann erst mal die Schere weg und sagt: „Ja, dann hätt‘n Se ja gar nich’ reinkomm‘ brauch‘n. Hier geht ja keiner widder so raus, wie er gekomm‘ is, woll. Dat is ja der Sinn der Sache. Herr Knippschild. Frisör, Styling, versteh’nse. Hier machen we ‘n anderen Mensch aus Ihnen.“

      Ja, ich weiß jetzt nicht, ob es sinnvoll ist, ihr klarzumachen, dass ich mich menschlich gar nicht unbedingt verändern will. Außerdem kennt sie mich ja gar nicht, so, wie ich jetzt bin. Vielleicht würde auch ihr das ja gefallen und genügen. Und in welche Richtung Mensch soll es denn wohl gehen? Das kann ja schnell auch danebengehen. Das muss sie doch mit mir besprechen.

      Irgendwie scheint sie meine Existenzängste zu spüren, denn sie sagt jetzt schnell: „Keine Sorge, Herr Knippschild, ich mach dat schon. Sie werd‘n sich wundern.“

      Das will ich aber nicht!

      Ich will mich auf keinen Fall wundern. Ich will so bleiben, wie ich bin, fällt mir da der Spruch aus der Werbung ein und belasse es bei einer letzten ernsten Ermahnung, die vielleicht etwas zu prollig ausfällt: „Kimberley, machen Sie ja keinen Scheiß!“

      „Na, hörnse ma, Herr Knippschild, ich weiß doch, wattich tu.“

      Und ewig klappert die Schere.

      Dann ist plötzlich Schluss mit dem Geklapper und Milara-Joline kommt missmutig und ziemlich perspektivlos mit einem Be­sen herangewatschelt und fegt einen riesigen Berg meiner schönen Haare auf dem Boden zusammen. Atemlos sehe ich in den Spiegel, kann aber wegen der völlig veränderten Frisurensituation nicht feststellen, ob da eventuell schon viel zu viel abgeschnippelt ist. Ab ist ab.

      Doch mir bleibt nicht viel Zeit zum Nachdenken. Kimbärli hat jetzt eine Rolle Alufolie in der Hand, wie wir sie auch zuhause benutzen, um Lebensmittel noch ein wenig länger am Leben zu halten und dass der Salat nicht sofort zusammenfällt.

      Dann zieht sie mir eine Strähne lang, dass es wehtut, hält die Alufolie darunter, pinselt ihre schwarze Pampe drauf und klebt alles auf der Alufolie fest. Dann wird die Folie eingeklappt und es geht an die nächste Strähne. Und die nächste und immer so weiter. In atemberaubender Geschwindigkeit. Faszinierend. Milara-Joline hält ergeben das Schälchen mit der Pampe und Kimbärli bedient sich daraus mit einer Art Kuchenpinsel. Alufolie? Kuchenpinsel? Kommt gleich auch noch der Bratenwender aus der eigenen Küche zum Einsatz?

      Bei der schwarzen Pampe muss ich an Salvador Dali denken, dem man ja nachgesagt hat, dass er seinen eindrucksvollen Schnäuzer mit echter Pantherkacke gestylt haben soll. Mir wird schon wieder etwas komisch.

      So komme ich auf jeden Fall nicht zum Lesen, ich muss jetzt schwer aufpassen. Aber Kimbärli redet nicht mehr mit mir. Das ist auch ganz gut so. Inzwischen ist sie schon auf der anderen Seite meines Kopfes angekommen und wenn ich mir all die silbernen Röllchen so ansehe, die mir jetzt am Kopf herumbammeln, dann fühle ich mich wie ein englischer Richter mit so einer langen lockigen, glänzenden, grauen Perücke. Ja, so sieht es aus, weil fast die ganze Alu-Küchen­rolle in kleine Kringel aufgeteilt ist und an mir dran hängt. Dazu die schwarze Robe. Ja, das passt.

      Kimbärli, ich verurteile dich hiermit zum Tode durch die Brennschere!

      „Na, läuft et bei dir, Herr Knippschild?“, fragt Meister Kaiser jetzt freundlicherweise im Vorbeigehen. Er hat mich tatsächlich wiedererkannt und wundert sich gar nicht über mein Aussehen. Er hat eben schon alles gesehen hier in einem Laden.

      „Kimbärli, mach doch dem Herrn Knippschild hier … und da … weißte?.“

      Kimbärli nickt und hat anscheinend verstanden. Ich aber nicht. Was haben sie jetzt schon wieder ausgeheckt? Wie können sie so einfach über meinen Kopf und mein Schicksal entscheiden, ohne mich zu fragen?

      „Oder wie wäret denn mit Kurzem Fassong, Herr Knippschild. Wär dat nix für dich?“, fragt Kaiser dann und da reicht es mir aber.

      „Buffalo Bill!“, befehle ich und der Meister hat zwar nichts verstanden, aber er zieht sich augenblicklich zurück. Oh, was für ein Sensibelchen der Herr Knippschild heute wieder is‘!

      „Kimbärli, sie wissen doch …?“, frage ich etwas verunsichert meine Pflegerin.

      „Is‘ ja nich zu kurz, is‘ alles gut. Ja, ja, der Meister hat immer so kreative Ideen, wissen Se. Dat machen we schon. Genau so, wie Se gesacht haben, woll. Nich so kurz, bisken wellig, zuppelig … Baffalo Dingsda … Winnetou, ich weiß Bescheid.“

      Aus ihrem Munde hört sich das alles leider ganz anders an. Ich bin mir auch nicht mehr ganz sicher, was ich gesagt habe und ob sie mich überhaupt verstanden hat, aber ich kann ja jetzt nicht das ganze Thema noch mal neu aufrollen. Schließlich sind wir ja mittendrin und es ist ja sicher auch bald vorbei und ich darf wieder raus.

      „Milara-Joline, mach mir noch wat Drei-Null für de Augenbrauen, ja!?“, ruft Kimbärli nach hinten und Milara-Joline macht noch mehr Drei Null.

      Kimbärli schmiert mir dann dick und fett die neuerliche schwarze Pantherkacke jetzt auch auf die Augenbrauen, dass ich mich wirklich nicht mehr traue, in den Spiegel zu sehen. Nur ein ganz kurzer Blick vielleicht, aber der reicht. Räuber Hotzenplotz fällt mir da sofort ein oder auch Theo Weigel, der frühere Finanzminister.

      Die Frau links neben mir ist fertig, fix und fertig, und darf schon mal zur Kasse flüchten. Im Abgang wirft sie mir noch ein entsetztes, kaum sichtbares Kopfschütteln zu. Dann ist sie raus und somit vor mir in Sicherheit. Die dicke Frau rechts von mir bekommt nichts von meiner totalen Umarbeitung mit. Sie hat genug mit sich selbst zu tun und will ja auch persönlich immer noch ein anderer Mensch werden, und bei der versteh ich’s auch.

      „So“, sagt Kimbärli in recht beruhigendem Ton, wie zu einem Kind beim Zahnarzt, das es ja gleich überstanden hat. „Getz warten we ma so zwanzich Minuten und dann wasch‘n we alles raus, woll. Ich stell ma hier den Wecker, damit dat nich zu lange drauf bleibt, sonst kannze für de Farben nich mehr garantier‘n, woll.“

      Sehr beruhigend. Sie lächelt, dreht dann an einer Art Eieruhr und lässt mich sitzen. Und ich widme mich endlich meinem Buch.

      Bloß nicht in den Spiegel gucken. Ein kurzer Blick zum Schaufenster nur. Dort hat sich gerade ein langhaariger Straßenmusiker direkt vor dem Kaiserschnitt eingerichtet und plärrt ein selbstgemachtes lausiges Lied zu seiner verstimmten Gitarre. Meister Kaiser hält das wohl für keine gute Werbung für seinen Laden und jagt ihn weg.

      Mein Buch! Ich beschließe, nicht mehr aufzublicken, bis Kimbärli mich von dieser unwürdigen Maske erlöst.

      Inspektor Barbarotti hat es mal wieder nicht leicht, den Mörder zu finden. Er wühlt sich im westschwedischen Kymlinge durch Berge von Akten, stößt auf unheimliche Hintergründe und Verwicklungen … sehr spannend … noch ein Kapitel … er ist knapp vor der Auflösung des Falles und kurz bevor er den Mörder stellen kann …

      … schaue ich auf die Eieruhr. Sie ist längst abgelaufen, aber es hat nicht geklingelt. Das Dings ist wohl kaputt. Wo ist denn Kimbärli?

      Es ist eigentlich gar keiner mehr zu sehen. Die dicke Frau neben mir ist unter ihrer brummenden Raumfahrerhaube eingepennt, der Stuhl links neben mir ist leer. Vorne an der Kasse ist niemand. Der Meister selbst ist auch nicht zu sehen, nur Milara-Joline kommt gerade durch den schwarzen Vorhang aus dem hinteren Teil des Etablissements geschlurft.

      „Wo ist denn die Kimberley?“, frage ich etwas nervös, denn ich habe noch ihre Worte im Ohr, dass man die Pampe nicht zu lange drauf lassen sollte, weil sonst …

      „Isch kuck ma“, sind die ersten und einzigen Worte, die Milara-Joline bisher gesagt hat. Sie kann also reden und verschwindet wie­der hinter dem Vorhang, hinter dem ich eindeutig Kimbärlis Stimme hören kann. Sie lacht und es scheint ihr gut zu gehen.

      Schön.

      Milara-Joline erscheint wieder und macht mir mit abgespreiztem Daumen und kleinem Finger am Ohr das bekannte Zeichen für tele­fonieren. Ja, und? Ich muss hier befreit werden. Die Pampe muss runter.


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