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Sauerland Live. Reiner HänschЧитать онлайн книгу.

Sauerland Live - Reiner Hänsch


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aufstehen, mich bedanken, schnell wieder gehen und den Rest meines Lebens genießen. Unheilbar entlassen. Aber sie zuppelt noch ein wenig weiter und sagt dann: „Okay, da machen wir hier ‘n bisken wat wech und dann könn‘ we da wat stufen und hier wat Struktur und da wat Volumen, hier könnt ich wat slicen … lassense mich ma machen.“

      Also doch. Machen lassen.

      Mir ist nicht ganz wohl. Eigentlich wollte ich ja während der gesamten Prozedur ganz entspannt mein Buch lesen, das ich mir mitgebracht habe, und dann nach ein, zwei spannenden Kapiteln aufblicken und mich positiv überraschen lassen. Aber daraus wird wohl nichts werden. Ich darf nicht unaufmerksam werden. Keine Sekunde.

      „Ja, un Strähnchen, oder, Herr Knippschild?“

      Steffis Macht reicht also tatsächlich bis in diesen Stuhl. Ich bin nur noch zu einem Stöhnen und einen fast nicht sichtbaren Kopfnicken fähig. Hilflos ausgeliefert und einer unsicheren Zukunft entgegen gehend. Sitzend.

      Ja gut, Strähnchen. Von mir aus. Ist alles so grau! Los jetzt, Kimbärli, wir wollen es hinter uns bringen.

      Doch damit ist ja noch nicht alles geklärt. Ich werde keine Sekunde geschont, denn da steht schon die nächste Entscheidung für mein späteres Leben an. Kimbärli hält mir jetzt eine Pappe mit unzähligen fröhlichen farbigen Löckchen vor die Nase.

      Was soll das denn jetzt?

      „Ich fänd dat ja schön für Sie“, sagt sie nur und dreht eine der Löckchen spielerisch um ihre lila genagelten Finger.

      „Wie? Schön? Was meinen Sie denn?“

      „Na, für de Strähnchen!“

      „Das ist ja rot!“, entgegne ich entsetzt.

      „Neeiiin, dat is‘ Dark Copper“, entrüstet sie sich.

      Das ist rot. Nein.

      „Un wie isset damit?“

      Wieder spielt sie verführerisch mit einer der Löckchen. Diesmal schimmert das künstliche Haar geradezu bläulich. Wie bei ‘ner Omma! Ich sehe sie angewidert an und wir entscheiden uns dann nach einer ganzen Weile und etwas hartnäckiger Diskussion und einiger immer kraftloser werdender Beratungsversuche ihrerseits für ein Dark Brown, also fast schwarz. Auch wenn man es nicht glaubt, aber so waren meine Haare früher mal.

      „Gut, dann nehm’ we ehm dat“, sagt meine arme Kimbärli fast schon enttäuscht und irgendwie beleidigt. Sie hätte sicher zu gerne mal was gewagt mit mir. Vielleicht erscheine ich ihr als der geeignete Proband für eine Feldstudie neuer Farbexperimente mit dem Haupthaar. Vielleicht hätte ich Teil einer psychologischen Studie werden können. Wie reagieren unvorbereitete, ganz nor­male Menschen, wenn ein Mann mit blauem längerem Haar in Leckede an der Wursttheke bei Edeka ein Viertel Fleischwurst kauft. Könnte interessant sein. Aber nein, nein, daraus wird nix, Kimbärli! Braun. Ich muss das Ruder in der Hand behalten.

      „Milara-Joline, machse mir ma die Drei-Null klar?“, kräht sie dann nach weiter hinten in den Laden und ich hoffe, Milara-Jo­line hat ver­standen.

      „Wollnse ‘n Kaffee, Herr Knippschild?“, fragt Kimbärli jetzt und beugt sich wieder so Pflegerinnen-like zu mir runter. Fast mitleidig.

      „Och jo“, sage ich ganz dankbar für die kleine Gefechtspause, während die Drei-Null klargemacht wird.

      „Latte, Cappu oder Exprässo?“

      Exprässo!

      „Einfach nur Kaffee, bitte!“

      Sie nickt, schmeißt die exklusive Kapselmaschine an und fährt dann erst mal einen mächtigen schwarzen Werkstattwagen heran, der mit allerlei Haarwerkzeugen wie Kämmen, Bürsten, Pinseln, Scheren, Drehmomentschlüssel, Handschellen und Daumenschrauben vollgestopft ist und versperrt mir damit endgültig den Fluchtweg.

      Dann kommen der Kaffee und die Drei-Null gleichzeitig. In beiden Tiegeln sehe ich zähe schwarze Pampe und mir wird etwas unwohl.

      „Zucker?“ Ja unbedingt.

      „Sooo, ärs ma bisken schneiden un dann machen we de Strähnchen, woll“, beschließt Kimbärli und dann kämmt sie mir erst mal eine richtige Frisur.

      Sie zieht ihren Kamm von oben bis unten durch meine Haare, fummelt die paar Nester raus, die sich nach der Nachfettung gebildet haben und macht mir einen Seitenscheitel. Bäh. Ich hasse Scheitel. Plötzlich bin ich wieder der kleine verschüchterte Junge in Eugen Rapps Gewalt.

      Die Haare hängen jetzt glatt und strähnig rechts und links an mei­nem Kopf herunter, dass ich aussehe wie ein geisteskranker Frauen­mörder, und das könnte ich ja vielleicht auch werden. Das Neonlicht macht den unheimlichen Rest. Ras­putin trifft es auch ganz gut, weil ich ja auch etwas Bart habe und den schwarzen Priestertalar trage.

      Nicht eine Sekunde würde ich dieses Bild von mir freiwillig so stehen lassen. Aber hier ist ja nichts freiwillig. Ich bin machtlos. Ich will protestieren, doch ich weiß ja auch, dass das noch nicht Kimbärlis Idee für meine neue Superfrisur ist, sondern nur eine Zwischenstation zu meinem neuen Leben im hochaktuellen Look. Sie will ja jetzt schließlich erst mal schneiden und die Strähnchen machen, und dafür braucht sie glattes Haar. Verstehe.

      Auf dem Bürgersteig immer noch kein Menschauflauf. Es interessiert sich anscheinend keiner für Rasputins Hinrichtung.

      Aber wie das aussieht! Schlimm. Ich kann nicht mehr hinsehen und beschließe jetzt doch, mir lieber das Buch zu nehmen und mich darin zu vertiefen, so, als ob mir das alles ganz egal wäre und ja auch ganz normal, dass ich so entstellt erst mal die nächste Phase bis zur endgültigen Menschwerdung überstehen muss. „Sieht erst mal alles ganz scheiße aus, aber hinterher …“, hat auch Helmut, unser Klempner, gesagt, der letztens die Badewanne rausgestemmt hat, um die Lei­tungen zu erneuern und das Bad neu zu kacheln.

      Die Frau im linken Nachbargestühl sieht mich jetzt mit offenem Mund an. Sie versucht noch nicht einmal, so zu tun, als wäre nichts. Sowas hat sie dann wohl auch noch nicht gesehen.

      Ja, ich weiß, dass Rasputin eine enorme Wirkung auf Frauen hatte. Und das spüre ich jetzt auch. Doch sie hat Angst, ich sehe es. Sie will weg, und sie ist ja auch fast fertig. Doch im Moment ist sie immer noch gefangen unter einer mächtigen tief summenden Trockenhaube und kann also nicht flüchten. Auch nicht, als ich mich zu ihr hindrehe und kurz aber effektvoll die Zähne fletsche. Hab ich bei Hannibal Lector abgeguckt.

      „Warnse schon in Urlaub?“, fragt Kimbärli jetzt und fängt an zu schnippeln.

      Ach, du meine Güte, jetzt will sie auch noch Konversation machen. Dabei muss ich gerade jetzt höllisch aufpassen und mich konzentrieren. Es geht um jeden Millimeter. Ich meine, auf der einen Seite finde ich es natürlich nett, dass sie auch mit einem, der wie ich zurzeit am Rande der Menschlichkeit dahinvegetiert, reden will. Dass sie mich nicht ausgrenzt, wie ich es mit diesem Aussehen eigentlich verdient hätte. Obwohl sie selbst ja dafür verantwortlich ist. Aber ich will doch jetzt nicht … also sage ich „Nö“ und vertiefe mich dann störrisch in mein Buch.

      „Bisken höher, den Kopp, bitte!“ Ja, ja.

      Oder will sie mich nur ablenken, damit ich nicht merke, wie viel sie von meinem Gerne-etwas-länger-Haar ziemlich brutal und in Höchstgeschwindigkeit absemmelt? Zu meinen Füßen sehe ich schon so einige zentimeterlange angegraute Schnipsel liegen. Ich kann im Moment in dieser ungewissen Frisurenlage und in dieser Zwischenstation nicht beurteilen, ob es eventuell zu viel ist, und ich beschließe sicherheitshalber, kurz etwas zu sagen. Denn „ab ist ab“. Das weiß man ja.

      „Hören Sie, Kimberley, das soll aber nicht zu kurz, nä, Sie haben mich doch verstanden, oder? Etwas länger, bitte, auch im Nacken auf keinen Fall so kurz … gerne etwas wellig und ruhig ein bisschen zuppelig … ich will nicht aussehen, wie ein Finanzbeamter oder mein Steuerberater.“

      Damit müsste eigentlich alles klar sein und die Stoßrichtung der Frisurengebung eindeutig.

      „Ja, ja“, sagt sie und säbelt eifrig weiter. Mein sorgenvolles Gesicht übergeht


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