Perry Rhodan Chronik, Band 2. Michael NagulaЧитать онлайн книгу.
waren und eine Mischung aus Fantasy und Abenteuer pur waren.
Man marschierte jetzt auf den zweiten großen Jubiläumsband zu, den man nach alter Tradition gebührend feiern wollte. »Ich kann den Band 200 übernehmen und rechtzeitig liefern«, meldete sich H. G. Ewers bereits am 3. Januar 1975 zu Wort. Aber dieser Roman war Chefsache. William Voltz ließ es sich nicht nehmen, ihn selber zu schreiben. Es sollte sein erster Beitrag für ATLAN seit ziemlich genau zwei Jahren werden.
Auch im Verlag liefen die Vorarbeiten an. In einer Aktennotiz von Cheflektor Kurt Bernhardt, die am 29. Januar 1975 in den redaktionellen Verteiler ging, wurde die Ausstattung des Romans festgehalten. Außerdem hieß es darin: »Für diesen Jubiläumsband wird mit Anzeigen geworben, und zwar bereits in den beiden davor liegenden Bänden aller SF-Reihen. Ebenso muß unbedingt auf den Leser-Kontaktseiten und in den Vorschautexten aller SF-Reihen das Erscheinen von ATLAN-Exklusiv 200 angekündigt werden.«
Als Voltz einige Monate später die LKS zusammenstellte, setzte er an den Anfang die ehrlich empfundenen Worte: »Mit dem vorliegenden Jubiläumsband möchten wir uns für die Treue bedanken, die Sie der ATLAN-Serie nun schon seit ein paar Jahren entgegenbringen. Wir hoffen, daß wir Ihnen mit dem erweiterten Umfang, dem umlaufenden Titelbild, vier Kontaktseiten und einer Rißzeichnung Freude bereiten können.«
Außerdem konnte er mit einer neuen Information aufwarten: »Etwa zur gleichen Zeit, da Sie diesen Jubiläumsband in den Händen halten, erscheint bei Ace Books in den USA die erste Übersetzung eines ATLAN-Romans, also ein Erfolg in doppelter Hinsicht.«
Der Service für diesen Band entsprach den Standards, die man von PERRY RHODAN gewohnt war. Das Titelbild von Johnny Bruck war enorm ausdrucksstark, und auf den vier Leserseiten fanden sich auch Schreiben von Klaus Mahn alias Kurt Mahr und Clark Darlton sowie eine köstliche Karikatur von Horst Hoffmann. Die Risszeichnung – ein ungewohntes Extra bei ATLAN – zeigte einen Aufriss der Vollprothese von Major Sinclair M. Kennon, gezeichnet von Rudolf Zengerle, und an den auf achtzig Seiten erweiterten Romanumfang schloss ein Bestellschein mit kompletter ATLAN-Titelliste an.
Voltz nutzte die Gelegenheit, die Unterschiede der Serie gegenüber PERRY RHODAN zu betonen. »Viele Leser, die uns schreiben, sind von den ATLAN-Romanen begeistert«, führte er auf der LKS aus, »aber es gibt auch Zuschriften, in denen kritisch gefragt wird, warum wir ATLAN nicht nach dem Prinzip der PERRY RHODAN-Serie aufbauen. Dazu wäre zu sagen, daß ATLAN ja kein zweiter PERRY RHODAN, sondern eine eigenständige Serie mit einer eigenen Aussage und einem völlig unterschiedlichen Anspruch sein soll.« Und auch das Autorenteam spiele eine Rolle. Es setze sich ja »zum größten Teil aus Autoren zusammen, die nicht für die PERRY RHODAN-Serie schreiben. Mit ATLAN wollen wir unsere Leser in möglichst spannender und phantasievoller Form unterhalten, wir laden sie mit jedem Band zu einer neuen abenteuerlichen Reise in die phantastischen Bereiche der Science Fiction ein.«
Selten wurde so deutlich gemacht, wodurch sich die beiden wöchentlichen Heftserien eigentlich unterschieden. PERRY RHODAN und ATLAN waren wie Brüder – aber der eine führte die Menschheit ihrer Bestimmung im All entgegen, während der andere knallharte Abenteuer in einer Umgebung erlebte, die möglichst phantastisch gehalten war.
Präastronautik und Science Fiction
Niemand ahnte, als im März 1968 das erste Buch Erich von Dänikens, »Erinnerungen an die Zukunft«, erschien, dass eine der Inspirationsquellen des Präastronautikers die SF-Romane Clark Darltons waren. Nur Darlton selbst fiel auf, dass der Titel des Buches verdächtig einer Formulierung glich, die er 1962 in einem PERRY RHODAN-Roman verwendet hatte. Er griff zum Telefonhörer – und lernte einen charismatischen Schweizer kennen, der aus seiner Begeisterung für Science Fiction im Allgemeinen und das Werk von Clark Darlton im Besonderen keinen Hehl machte.
Schon 1970 lag die Bibel der Präastronautiker unter dem Titel »Chariots of the Gods: Unsolved Mysteries of the Past« auf Englisch vor und sorgte auch in den USA für Furore. Der amerikanische Rechtsanwalt Dr. Gene M. Phillips war so begeistert von den Thesen, dass er drei Jahre später eine Gesellschaft gründete, die sich zum Ziel setzte, einen anerkannten Beweis für ehemalige Besuche von Außerirdischen auf der Erde zu erbringen.
Die Ancient Astronauts Society war geboren, die noch heute, mehr als vierzig Jahre später, den gleichen Werten verpflichtet ist. Heute steht AAS allerdings für »Forschungsgesellschaft für Archäologie, Astronautik und SETI«, schließt den rechnergestützten Kontaktversuch mit außerirdischem Leben ein und hat ihren Sitz im schweizerischen Beatenberg.
Jazz, Dixie und wüster Boogie
Wenn er nicht gerade fleißig schrieb, amüsierte Darlton sich nach Kräften. Am 27. und 28. Februar traf er Däniken in Wien, wo der Besitzer des Szene-Lokals »Jazzland«, Axel Melhardt, einen Abend mit der Original Storyville Jazzband arrangiert hatte, in der Däniken mitspielte. Auch Peter Krassa war anwesend. Nach der Jam-Session hatten Däniken und Krassa Signierstunde, und als einige Jugendliche PERRY RHODAN-Hefte vorlegten und sie von Däniken signiert haben wollten, tat er ihnen grinsend den Gefallen.
Am 12. März fand in Wien ein Jazzball statt. Däniken war auch diesmal wieder dabei und spielte im Stil der Original Storyville Jazzband, also traditionell Jazz, Dixie und auf dem Klavier einen wüsten Boogie. Eine Zeitung bezeichnete ihn als SF-Autor. Der damalige Zeitgeist machte sichtlich keinen Unterschied zur Präastronautik.
Auch für Moewig-Verlagsleiter Winfried Blach und Cheflektor Kurt Bernhardt waren die »Götter aus dem All« wohl eher Science Fiction, aber von der lukrativen Art. Däniken hatte Briefe mit einer Einladung nach Zürich nicht nur an die Autoren von PERRY RHODAN geschickt, sondern auch an sie beide. Bernhardt lehnte die Teilnahme erst dankend ab, aber Blachs Geschäftssinn war geweckt, und so schickte er Bernhardt dennoch hin. Fast wäre eine Krankheit des Cheflektors dazwischengekommen, und auch William Voltz verspürte keine rechte Lust, aber schließlich flogen sie doch gemeinsam zu dem Kongress.
Darlton kam mit dem Auto aus dem heimischen Salzburg, zusammen mit Peter Krassa, der tags zuvor bei ihm eingetroffen war. Sie erreichten Zürich – wie Voltz und Bernhardt – am späten Nachmittag des 28. Mai, einen Tag vor dem offiziellen Beginn, weil am Abend ein gemütliches Abendessen und Treffen geplant war, eine Gelegenheit, in Ruhe zu reden, die sich sonst während der Tagung wohl nicht mehr ergeben würde. Die Veranstaltung selbst fand vom 29. bis 31. Mai im Mövenpick-Hotel Holiday Inn statt, direkt am Züricher Flugplatz – und wie erhofft begegnete Darlton dort vielen alten Bekannten aus Chicago.
Nach vollzogener Tagung, am 1. bis 4. Juni, folgte eine Exkursion mit fünf Autos nach Zürich und Umgebung, von Däniken organisiert, inklusive einer Übernachtung in einer Berghütte. Fünfzehn bis zwanzig Personen nahmen daran teil, lauter persönliche Freunde des Schweizers. Voltz war ausdrücklich eingeladen, konnte das Angebot aber aus Zeitgründen nicht wahrnehmen. Darlton ließ sich allerdings auch diesen Spaß nicht nehmen.
Das begeisterte Engagement Darltons für die AAS sollte noch lange anhalten. Sechs Jahre später kam es zu einem Kongress in Wien, an dem auch sein Freund Jürgen Grasmück alias Dan Shocker teilnahm, der in den Sechzigerjahren das Genre des Horrorheftromans begründet hatte, sowie dessen Frau Karin. Jürgen Grasmück erinnert sich im Juni 2004: »Ich war damals schon einige Jahre lang Mitglied in der AAS und hatte mich intensiv mit der Thematik beschäftigt. Aber ich engagierte mich nicht sonderlich. Das Interesse war eher aus Bekanntschaften und Freundschaften heraus entstanden. Wir hatten damals engen Kontakt mit Walter und seiner Frau Bibs, einer ganz, ganz süßen Frau, und genossen die wunderbaren Vorträge der international bekannten Autoren. Alles war richtig seriös, und schließlich gab es einen herrlichen Abschlussabend mit einem putzmunteren Walter.«
Das Thema Präastronautik war salonfähig geworden, auch und erst recht für den Moewig Verlag, der mittlerweile schon Bücher über diese Thematik herausgebracht hatte, vor allem »Die Manna-Maschine« von George Sassoon und Rodney Dale, einem Techniker und einem Linguisten, die 1979 am Beispiel der Kabbala aufzuzeigen versuchten, dass es auf der Erde Artefakte einer fremden Intelligenz gegeben haben muss.
Vorbei die Zeiten, als Dänikens Beitrag für das PERRY RHODAN JAHRBUCH 1976 an Cheflektor Bernhardt gescheitert war, auch wenn die Leser mit einem Artikel von Peter Krassa entschädigt wurden,