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Unbestreitbare Wahrheit. Mike TysonЧитать онлайн книгу.

Unbestreitbare Wahrheit - Mike  Tyson


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Hause darüber.

      „Hör zu, wir sind jetzt deine Familie, okay?“, sagte er zu mir. „Und du bist unser Junge. Und du wirst diese Familie mit großem Stolz erfüllen. Mit Stolz und Ruhm.“

      Wenn wir drei im Esszimmer am Tisch saßen, sagte Cus: „Camille, sieh dir deinen schwarzen Sohn an. Was hältst du von ihm?“

      Camille stand dann auf, ging um den Tisch herum und küsste mich.

      Aber einen Monat später zerbrach unsere Idylle. Ich war außer mir. Cus hatte Ärger mit meinem Trainer Teddy Atlas. Sie stritten sich über Geld. Teddy hatte vor Kurzem in eine Familie eingeheiratet, die Cus sehr zweifelhaft fand. Teddy brauchte also Geld, und Cus gab ihm nicht viel. Teddy wollte, dass ich ins Profilager überwechsle, sodass er einen Anteil an meinen Einnahmen bekäme, aber zu der Zeit passte dies noch nicht in Cus’ Pläne. Also wurde gemunkelt, dass Teddy Cus verlassen und versuchen werde, mich mitzunehmen.

      Cus zu verlassen, war undenkbar. Aber ich tat dann etwas, womit Cus Teddy loswerden konnte. Ich kannte Teddys Schwägerinnen schon vor ihm. Wir waren alle zusammen zur Schule gegangen und miteinander befreundet. Die Mädchen flirteten gerne mit mir, aber ich hatte keinen Sex mit ihnen. Eines Tages war ich mit seiner zwölfjährigen Schwägerin unterwegs und fasste ihr an den Arsch. Ich führte nichts Böses im Schild. Ich war 16, trieb meine Spielchen und kniff sie einfach in den Arsch, was ich natürlich nicht hätte tun sollen.

      Das war einfach blöd, und ich dachte mir nichts dabei. Ich hatte keine Ahnung, wie man Mädchen behandelte, weil Cus mich die ganze Zeit im Gym auf Trab hielt. Sobald ich die Gelegenheit dazu hatte, entschuldigte ich mich bei ihr. Sie antwortete nicht darauf, aber sie hatte sich wohl sehr unbehaglich gefühlt. Abends fuhr mich dann mein Sparringspartner zur Sporthalle, um dort mit Teddy zu trainieren. Als ich ausstieg, erwartete Teddy mich bereits und sah verärgert aus.

      „Mike, komm her, ich muss mit dir reden“, sagte er.

      Ich ging zu ihm. Er zog eine Waffe heraus und zielte damit auf meinen Kopf.

      „Du Dreckskerl, wenn du noch einmal meine Schwägerin anfasst, dann …“

      Er gab einen Warnschuss in die Luft ab und schoss dann knapp an meinem Ohr vorbei. Ich dachte, er hätte mir mein Ohr abgeschossen, aber dann rannte er weg. Und ich hinterher, weil sich das Gym direkt über einer Polizeiwache befand.

      Wenn Teddy heute über diesen Vorfall spricht, erweckt er stets den Eindruck, dass ich mich zu Tode erschreckt hätte. Es war aber nicht das erste Mal gewesen, dass mir jemand eine Waffe an den Kopf hielt. Nicht, dass ich ihn aufgefordert hätte: „Komm schon, schieß auf mich, du Dreckskerl.“ Ich war vielmehr nervös, und es dauerte eine Weile, bis ich wieder richtig hören konnte. Aber das war ein beschissenes Gefühl. Teddy bedeutete mir sehr viel. Ich war aber auch angepisst und hätte gerne einigen Leuten verklickert, dass ich ihn mir vorknöpfen würde. Aber ich hätte nie etwas unternommen, um Teddy zu schaden. Er hat mir beigebracht, wie man boxt, und war von Anfang an dabei.

      Camille war wütend auf Teddy. Sie wollte Cus bewegen, eine Anklage gegen ihn zu erwirken, damit er festgenommen würde, aber Cus brachte es nicht fertig. Er wusste, dass Teddy wegen einer anderen Sache Bewährung hatte und direkt ins Kittchen wandern würde. So zog Teddy schließlich mit seiner Familie zurück in die Stadt.

      All das war meine Schuld. Es tat mir so leid, dass dies alles so übel gelaufen war.

      Nachdem Teddy uns verlassen hatte, fing ich an, mit Kevin Rooney zu trainieren, einem Boxer, den Cus zum Trainer gemacht hatte. Rooney und Teddy waren von Kindesbeinen an befreundet, und Teddy hatte ihn Cus vorgestellt. Man kann sich also gut vorstellen, wie emotional diese ganze Geschichte war.

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      Ich war hocherfreut, wie sich alles entwickelte, als ich mit Rooney trainierte. Gewöhnlich werden Boxer, wenn sie Kämpfe gewonnen haben, wählerisch in Bezug auf ihre Gegner. Ich nicht. Mir war alles recht, ich trat gegen jeden Boxer an, ob in dessen Heimatstadt oder in seinem Hinterhof. „Du könntest auch in ihren Wohnzimmern gegen sie antreten, mit ihren Familien als Ringrichtern“, sagte Cus immer. Ich wollte einfach boxen und hatte vor niemandem Angst. Ich war bereit, in Chicago, Rhode Island, Boston oder sonst wo zu kämpfen. Und man würde sagen: „Das ist Tyson, der hat zweimal die Junior Olympiade gewonnen.“

      Im Dezember 1982 erlitt ich meine erste Niederlage bei einem Wettkampf. Ich trat bei der US-Amateur-Meisterschaft in Indianapolis an, und mein Gegner war Al Evans. Ich war 16 und er 27, ein harter Puncher und sehr erfahren.

      In der ersten Runde griff ich ihn an und versetzte ihm jede Menge Schläge. Das Gleiche tat ich in der zweiten Runde. Ich beutelte ihn mit meinen Schlägen durch. In der dritten Runde führte ich mich recht wild auf, und er konterte mit einem linken Haken und zwang mich in die Knie. Ich stand aber sogleich wieder auf und setzte ihm erneut zu. Dieses Mal zwang er mich mit einer Rechten in die Knie. Ich berappelte mich und fing sofort wieder an, ihn zu attackieren. Dabei rutschte ich aus. Und das war’s; der Ringrichter brach den Kampf ab. Ich war nicht wirklich verletzt und hätte weitermachen können. Cus brüllte den Ringrichter aus der Ecke an.

      Ich war am Boden zerstört, denn ich wollte jeden Kampf gewinnen. Es gefiel mir, wie der Champ nach dem Sieg behandelt wurde. Ich wollte das auch haben und war süchtig danach.

      Cus hatte wohl vermutet, die Niederlage nage an meinem Selbstbewusstsein, denn auf der Heimfahrt nach Catskill hielt er mir einen kleinen Vortrag.

      „Schau dir die Champs an, die dir in all den Büchern begegnet sind. Einige von ihnen erlitten irgendwann am Anfang ihrer Karriere Niederlagen durch Knockouts. Aber sie gaben nie auf und hielten durch. Deshalb kannst du all ihre Geschichten heute noch lesen. Jene, die verloren und aufgegeben haben, werden von ihren Dämonen bis ins Grab verfolgt, denn sie hatten die Chance, ihnen entgegenzutreten, und haben sie nicht genutzt. Mike, du musst deinen Dämonen entgegentreten, oder sie verfolgen dich für immer. Denk daran, dass du immer darauf achtest, wie du deine Kämpfe austrägst, denn genauso gestaltest du dein Leben.“

      Die nächsten sechs Kämpfe gewann ich alle. Dann trat ich bei der National Golden Gloves-Meisterschaft gegen einen Kerl namens Craig Payne an. Ich scheuchte Payne drei Runden lang quer durch den Ring, und er leistete wenig Widerstand. Also war ich recht zuversichtlich, als ein Funktionär mit der großen Trophäe hinter mir in den Ring stieg, um den Sieger zu küren. Craig und ich standen links und rechts vom Ringrichter, der jeweils eine Hand von uns hielt und die Entscheidung abwartete. Ich wollte schon meine andere Hand jubelnd in die Höhe halten, als ich bemerkte, wie der Funktionär in Richtung Craig den Daumen hochhielt.

      „Und der Gewinner im Superschwergewicht ist … Craig Paine!“

      Ich war wie vom Donner gerührt. Die Zuschauer buhten. Schauen Sie sich auf YouTube den Kampf an. Ich war um den Sieg gebracht worden. Nach dem Kampf hatte auch Emanuel Stewart, der große Trainer aus Detroit, der Payne unter Vertrag hatte, definitiv angenommen, ich hätte gewonnen. Cus ärgerte sich über die Entscheidung, aber er war glücklich, dass ich mich auch bei einem solchen Wettkampf im Griff hatte. Er wusste, dass wir den moralischen Sieg davongetragen hatten. Aber das vermittelte mir nicht unbedingt ein besseres Gefühl. Noch lange nach dem Kampf weinte ich mir die Augen aus.

      Ich hatte aber keine Zeit zu schmollen, sondern kehrte schnurstracks in die Sporthalle zurück und tobte mich bei anderen Wettkämpfen aus. Im August 1983 gewann ich die Goldmedaille beim U-19-CONCACAF-Turnier und wiederholte den Sieg 1984. Im selben Jahr bekam ich die Goldmedaille beim National Golden Gloves-Turnier, indem ich Jonathan Littles in der ersten Runde k.o. schlug. Ich hatte gegen Littles bereits 1982 bei den Ausscheidungskämpfen zur Olympiade der Junioren gekämpft, und er war der einzige Gegner gewesen, der gegen mich die zweite Runde erreicht hatte. Nun war es an der Zeit, mich auf die Ausscheidungskämpfe für die Olympischen Spiele vorzubereiten.

      Während ich für die Olympiade trainierte, kam der Boxkommentator Alex Wallau nach Catskill, um ein Feature über Cus und mich zu drehen. Einmal mussten wir im Wohnzimmer Platz nehmen und über uns sprechen. Cus trug einen konservativen grauen Anzug und ein kariertes Sporthemd und ich eine lange Hose, ein


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