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Tausend und eine Nacht. Max GeißlerЧитать онлайн книгу.

Tausend und eine Nacht - Max Geißler


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mit durs­ti­gen Lip­pen leer und ward von dem un­ge­wohn­ten Ge­trän­ke so ver­gnügt, dass er sich nicht mehr auf den Schul­tern Sind­bads hal­ten konn­te: als die­ser ei­ni­ge Sprün­ge mach­te, ku­gel­te der trun­ke­ne Rei­ter von sei­nem Röß­lein und fiel einen schwe­ren Fall ins Gras.

      Nun war das La­chen an Sind­bad. »Ich könn­te dich mit ei­nem Bau­mast er­schla­gen«, sag­te er, »um dich für die Übel­tat zu stra­fen; aber ich sehe da eben, dass du in dei­nen schmut­zi­gen Haa­ren ei­ni­ge sehr wert­vol­le Per­len trägst, so groß wie Ha­selnüs­se. Wenn du mir die gibst, will ich dir dein Le­ben schen­ken.«

      »So, so«, mach­te der Greis. »Sol­che Din­ger kann ich mir sehr leicht wie­der ver­schaf­fen, die ha­ben gar kei­nen Wert für mich und sind in mein Haar ge­kom­men, ich weiß nicht wie.«

      Da lös­te Sind­bad drei wei­ße und eine köst­li­che schwar­ze Per­le aus den strup­pi­gen Haa­ren und schätz­te, dass die Klein­odi­en einen Wert von vier Sch­lös­sern ha­ben möch­ten. »Da­mit hast du dei­ne Schuld be­zahlt«, sag­te er, »und nun wün­sch’ ich dir einen gu­ten Tag.«

      Der Alte schau­te ihm mit sau­ren Bli­cken nach, aber Sind­bad eil­te so schnell er konn­te zum Stran­de; denn er sah ge­ra­de ein Schiff vor­über­se­geln, dem er sich be­merk­bar mach­te, so­dass es lan­de­te und ihn auf­nahm.

      Als er den Schiffs­leu­ten sein Aben­teu­er er­zähl­te, staun­ten sie sehr und sag­ten: »Du bist ein Glückspilz, Sind­bad; denn du bist kei­nem an­de­ren in die Hän­de ge­fal­len, als dem Meer­greis; und die­ser grau­sa­me Ge­sel­le hat noch kei­nen aus sei­nen Kral­len ge­las­sen.«

      Nach ei­ni­ger Zeit lan­de­te das Schiff im Ha­fen ei­ner großen Stadt; Sind­bad schloss sich dort ei­ni­gen Kauf­leu­ten an, die mit Sä­cken aus­zo­gen, Ko­kos­nüs­se zu sam­meln.

      Als­bald ge­lang­ten sie in einen großen Wald, der aus sehr ho­hen, sehr glat­ten Bäu­men be­stand, so­dass es un­mög­lich war, ohne Lei­tern bis in die Kro­nen der Bäu­me em­por­zu­klet­tern.

      Als die Män­ner in den Wald tra­ten, sa­hen sie eine große Men­ge wü­ten­der Af­fen, die sich mit er­staun­li­cher Be­hän­dig­keit von Wip­fel zu Wip­fel schwan­gen.

      Die Kauf­leu­te sam­mel­ten Stei­ne und war­fen dann nach den Af­fen, die aber setz­ten sich in Ver­tei­di­gung, und weil sie kei­ne Stei­ne hat­ten, so ris­sen sie die schwe­ren Nüs­se von den Bäu­men und schleu­der­ten sie ge­gen ihre Fein­de. Auf die­se Wei­se füll­ten sich die Sä­cke der Samm­ler rasch, und als sie die Nüs­se ver­kauf­ten, lös­ten sie eine Men­ge Geld.

      Sind­bad ver­wen­de­te das sei­ne auf eine sehr merk­wür­di­ge Wei­se: er ding­te sich ei­ni­ge Schwar­ze, die er zur Per­len­fi­sche­rei ver­wen­de­te, bis ein Schiff un­ter Se­gel ging, das ihn zur Hei­mat führ­te. Die Per­len aber brach­ten ihm beim Ver­kauf un­er­mess­li­che Reich­tü­mer.

      Nach Ver­lauf ei­nes Jah­res litt es ihn aber­mals nicht mehr da­heim. Das Schiff, das er im per­si­schen Meer­bu­sen be­stieg, hat­te eine so un­glück­li­che Fahrt, dass Ka­pi­tän und Steu­er­mann den Weg ganz und gar ver­lo­ren; denn zu da­ma­li­ger Zeit wa­ren die Schif­fe noch nicht mit den Hilfs­mit­teln von heu­te aus­ge­rüs­tet. Ei­nes Ta­ges ge­bär­de­te sich der Ka­pi­tän wie ein Ra­sen­der, warf sich auf das Deck und riss sich den Bart aus; dann schrie er: »Wir be­fin­den uns an der ge­fähr­lichs­ten Stel­le des Ozeans; eine rei­ßen­de Strö­mung treibt das Schiff, in ei­ner Vier­tel­stun­de sind wir alle des To­des!«

      Das war eine sehr üble Aus­sicht; und kaum wa­ren die Wor­te des Ka­pi­täns ver­hallt, so trieb das Schiff mit der Schnel­lig­keit ei­nes Stur­mes ge­gen einen sehr ho­hen und stei­len Berg, an dem es zer­schell­te. Zwar wur­den alle Per­so­nen und die meis­ten Wa­ren ge­ret­tet, aber der Schiffs­haupt­mann war un­tröst­lich und schrie: »Gr­abt euer Grab und lasst uns ein­an­der Le­be­wohl sa­gen; denn von die­sem Ort ist noch kein Mensch le­bend ge­kom­men.«

      Die Küs­te war ganz mit den Trüm­mern ge­schei­ter­ter Schif­fe be­deckt, un­er­mess­li­che Reich­tü­mer an Gold, Per­len und sel­te­nen Mu­scheln wa­ren am Strand auf­ge­häuft. Aber all die­se Din­ge dienten nur dazu, den Schmerz der Ge­stran­de­ten zu ver­meh­ren. Der Berg hielt je­den Wind von die­ser Stel­le ab, so­dass nie­mand auf den Trüm­mern der Schif­fe sich ret­ten konn­te; denn die rei­ßen­de Strö­mung wü­te­te mit gan­zer Kraft. Der Berg selbst war aber so steil, dass kein Mensch an dem über­hän­gen­den Ge­wän­de em­por­zu­klim­men ver­moch­te.

      Wie Leu­te, die ih­ren Ver­stand ver­lo­ren hat­ten, lag die Schiffs­mann­schaft ta­ge­lang in den Trüm­mern um­her. Die zu­erst star­ben, wur­den von den an­de­ren be­gra­ben. Zu­letzt war Sind­bad al­lein üb­rig­ge­blie­ben, weil er mit sei­nen Nah­rungs­mit­teln am bes­ten haus­ge­hal­ten hat­te; aber als er den letz­ten sei­ner Ge­nos­sen be­grub, blie­ben ihm nur noch so we­nig Le­bens­mit­tel, dass auch er sich sein ei­ge­nes Grab schau­fel­te.

      Nun mün­de­te nicht weit von je­ner Stel­le ein Fluss ins Meer; der brach aus ei­nem Fel­sen­to­re von köst­li­chen Edel­stei­nen; und wer in das Tor hin­ein­blick­te, schau­te nichts als gäh­nen­de Tie­fe und un­er­mess­li­che Nacht. Und wäh­rend Sind­bad das rät­sel­haf­te Fel­sen­tor be­trach­te­te, sag­te er zu sich: »Die­ser Fluss wird dich viel­leicht nur auf ei­nem Tei­le sei­nes Lau­fes un­ter der Erde ver­ber­gen. Wie, wenn ich mir ein Floß bau­te und auf sei­nen Wo­gen vor­wärts­drän­ge? Vi­el­leicht käme ich dann von die­sem Un­glück­sor­te fort und in ein schö­nes, hel­les Land!«

      Er be­gann also un­ge­säumt an sei­nem Flo­ße zu ar­bei­ten, be­lud es mit ei­ni­gen Bal­len Ru­bi­nen, Sma­rag­den, grau­em Am­bra und kost­ba­ren Stof­fen, die da um­her­la­gen, und setz­te es mit zwei Ru­dern in Be­we­gung.

      Nicht lan­ge, und das Floß fuhr in die Wöl­bung des Ber­ges hin­ein. Ei­ni­ge Tage trieb Sind­bad in tiefer Nacht, durch die nicht der kargs­te Licht­strahl schim­mer­te. Manch­mal war die Wöl­bung so nied­rig, dass er nur im Sit­zen ru­dern konn­te. Von den ta­ge­lan­gen Mü­hen aber war er so müde, dass er end­lich in einen tie­fen Schlaf sank, und er war so gleich­gül­tig ge­gen sein Schick­sal ge­wor­den, dass er nicht ein­mal dar­an dach­te: die Strö­mung wer­de ihn nun wie­der zur Stät­te sei­ner Qual zu­rück­trei­ben.

      Dem war aber nicht so; denn zum Glück ent­sch­lief er just an ei­ner Stel­le des Stro­mes, an wel­cher die­ser einen Arm aus­sand­te, des­sen Be­we­gung das Floß so­fort auf­nahm und vor­wärts­dräng­te.

      Und als er er­wach­te, be­fand er sich mit­ten in ei­ner wei­ten Land­schaft voll herr­li­cher Bäu­me; das Floß war am Ufer fest­ge­bun­den, und rings­um­her stand eine Men­ge Schwar­zer, die den An­kömm­ling neu­gie­rig be­trach­te­ten, der aus der Tie­fe des Ber­ges ih­nen zu­ge­trie­ben wor­den war.

      Die Schwar­zen wa­ren sehr freund­li­che Leu­te, lie­ßen sich Sind­bads Ge­schich­te er­zäh­len und ver­sorg­ten ihn reich­lich mit Spei­se und Trank. Der Kö­nig aber gab ihm Ge­schen­ke, ließ ein Schiff aus­rüs­ten, und da­mit er­reich­te er glück­lich die Hei­mat. So be­schwer­lich die Rei­se ge­we­sen war, er hat­te sein Be­sitz­tum da­bei doch wie­der der­ma­ßen ver­mehrt, dass man in al­len Län­dern die Ge­schich­te von Sind­bads des See­fah­rers un­er­mess­li­chen Reich­tü­mern


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