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Einführung Somatoforme Störungen, Somatische Belastungsstörungen. Annabel HerzogЧитать онлайн книгу.

Einführung Somatoforme Störungen, Somatische Belastungsstörungen - Annabel Herzog


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6 Behandlung

       6.1 Evidenzbasierte Leitlinien

       6.2 Versorgungsmodell und Indikationen

       6.3 Initiale Grundversorgung

       6.4 Erweiterte Grundversorgung I: Simultandiagnostik

       6.5 Erweiterte Grundversorgung II: Vom Erklärungsmodell zur Bewältigung

       6.6 Multimodale Behandlung, Psychotherapie, Rehabilitation: Einbeziehung weiterer Behandlungsformen

       6.7 Zusammenfassung

       6.8 Fragen zum 6. Kapitel

       Literatur

       Register

      Hinweise zur Benutzung dieses Lehrbuches

      Zur schnelleren Orientierung werden in den Randspalten Piktogramme benutzt, die folgende Bedeutung haben:

images Begriffserklärung, Definition
images (Fall-)Beispiel
images Literaturempfehlung
images Forschungen, Studien
images Merksatz
images Tipp
images Fragen zur Wiederholung am Ende des Kapitels

      1 Einführung in die Thematik und Überblick

      Herausforderungen in der Versorgung

      Nichtspezifische, funktionelle und somatoforme Körperbeschwerden sind in allen medizinischen Fachrichtungen und über alle Versorgungsstufen des Gesundheitssystems hinweg ein häufiges Phänomen. Für Behandlerinnen und Behandler stellen diese „unklaren“ oder „medizinisch unerklärten“ körperlichen Beschwerden oft eine besondere Herausforderung dar. Neben Schmerzen in verschiedenen Körperteilen (z. B. Rücken, Bauch, Kopf oder Gelenke) handelt es sich beispielsweise um Schwindel, Verdauungsbeschwerden oder Herz- und Atembeschwerden. Die Beschwerden verlaufen häufig chronisch, beeinträchtigen die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten erheblich und verursachen hohe Kosten im Gesundheitssystem.

      Da das Phänomen der somatoformen Störungen, der funktionellen Syndrome und der (medizinisch unerklärten) anhaltenden Körperbeschwerden so vielfältig ist wie die für diese Art von Beschwerden verwendeten Begrifflichkeiten selbst, soll dieses erste Kapitel zunächst zu einem besseren grundlegenden Verständnis der Thematik beitragen. Anhand eines Fallbeispiels wird ein erster Eindruck zur Symptomatik und klinischen Präsentation belastender Körperbeschwerden vermittelt, wobei auch für die begleitenden psychischen Belastungen und Bewältigungsprobleme betroffener Patientinnen und Patienten sensibilisiert werden soll.

      Im Anschluss geben wir, basierend auf dem aktuellen Wissensstand, einen Überblick zur klinischen Relevanz und Charakterisierung des heterogenen Störungsbildes, stellen zentrale Begriffe vor und erläutern historische und aktuelle diagnostische Konzepte in ihrem jeweiligen Kontext.

      1.1.1 „Die Schmerzen loswerden“: ein Fallbeispiel

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      Frau L. ist eine 36-jährige Lehrerin. Seit ungefähr einem Jahr leidet sie immer wieder unter Bauchschmerzen. Anfangs schenkte sie diesen nur wenig Beachtung. Da es aber im Laufe der Monate nicht besser, sondern eher immer schlimmer wurde, macht sich Frau L. jetzt Sorgen, ob nicht doch etwas Ernsteres hinter den Schmerzen stecken könnte. Mittlerweile treten die Schmerzen fast täglich auf, sie sind nur noch schwer zu ertragen und am liebsten würde Frau L. sich den ganzen Tag ins Bett zurückziehen, denn nur Ruhe kann die Schmerzen besänftigen. Auch nachts gibt es eine leichte Besserung. Anfangs dachte sie, es sei vielleicht eine Art Unverträglichkeit. Sie hat deshalb bereits versucht, ihre Ernährung zu ändern und auf Milchprodukte, Weizenprodukte und sogar auch auf Fleisch zu verzichten, aber nichts scheint zu helfen. Frau L. hat aufgehört, Alkohol und Koffein zu trinken, aber dennoch scheinen die Bauchschmerzen häufiger und stärker zu werden. Sie hat schon kaum noch Appetit. Zeitweise war es sogar so schlimm, dass Frau L. für einige Tage krankgeschrieben war. Auch einen geplanten Campingausflug mit ihrem Mann und seinen Freunden hat sie abgesagt. Sie hatte Angst, dort eine weitere „Bauchschmerzattacke“ erleiden zu müssen und sich dann nicht zurückziehen zu können. Außerdem ist sie in letzter Zeit auch leicht reizbar und reagiert oft etwas überempfindlich. Das will sie ihren Freunden dann auch nicht zumuten.

      Seit drei Monaten ist Frau L. jetzt bei ihrer neuen Hausärztin Frau K. in Behandlung, die ihr von einer Freundin empfohlen wurde. Frau L. fühlt sich dort gut versorgt, denn die Ärztin nimmt sich bisher immer viel Zeit. Zusammen haben sie zunächst detailliert den Beginn und Verlauf ihrer Bauchschmerzen besprochen. Frau K. hat sie auch nach anderen Beschwerden und Vorerkrankungen gefragt. Frau L. erinnerte sich, zu Zeiten ihres Studiums häufig unter Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen gelitten zu haben. Diese sind dann aber irgendwann zum Glück von selbst wieder verschwunden. In ihrer Familie gibt es keine bekannten schwerwiegenden Erkrankungen. Darüber ist sie sehr froh, vor allem, da die Mutter ihres Mannes vor einigen Monaten an Darmkrebs verstorben ist. Das war für die ganze Familie eine sehr belastende Zeit, die viel Kraft gekostet hat.

      Frau L. wurde von ihrer Hausärztin gründlich körperlich untersucht, um ihren allgemeinen Gesundheitszustand zu überprüfen und mögliche Ursachen für die Bauchschmerzen zu finden. Sie hat einige Labortests angeordnet (insbesondere auch Schilddrüsenwerte, Rheumafaktoren und Entzündungswerte) und Frau L. auch zu weiteren Fachärztinnen und Fachärzten überwiesen. Frau L. war in den letzten Wochen sowohl bei einem Gastroenterologen, als auch bei einem Orthopäden, einem Rheumatologen, einer Neurologin und einer Gynäkologin. Eine Ultraschalluntersuchung des Bauches blieb genau wie die Darmspiegelung und das MRT von Bauch, Halswirbelsäule und Kopf ohne auffällige Befunde. Frau K. hat ihr alle Untersuchungsergebnisse sorgfältig erklärt, sodass Frau L. sich beruhigt fühlt. Zum Glück ist es keine gefährliche oder lebensbedrohliche Krankheit.

      Die Hausärztin hat Frau L. schließlich gebeten, ein Protokoll ihrer Bauschmerzen zu führen und auch alles zu notieren, was damit zusammenhängen könnte. Einen Zusammenhang mit dem Essen konnte Frau L. nicht feststellen und auch keine anderen Hinweise für mögliche Auslöser. Bei Fencheltee hat sie manchmal das Gefühl, dass er helfen kann. Frau L. hat beim Protokollschreiben gemerkt, dass sie insgesamt sehr mit ihren Symptomen beschäftigt ist. Sie hat eigentlich ständig Angst, dass es bald wieder damit losgehen könnte und sie ihre Pläne für den Tag dann wieder mal vergessen kann. Mittlerweile fühlt sie sich deutlich belastet. Sie hat das Gefühl, gar nicht mehr die Alte zu sein. Und auch ihr Mann kann bestätigen, dass sie sich sehr


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