Verstrickung des Herzens. Heather GrahamЧитать онлайн книгу.
Im Tod erschien sie ihm immer noch wunderschön. Die Fieberkrankheit hatte keine Spuren hinterlassen. Die Särge waren im Schatten der Bäume zurückgeblieben, zusammen mit Naomis und Saras Habseligkeiten, mit Töpfen und Pfannen, Kleidern und Schmuck.
Aber während er jetzt in der Finsternis stand, sah er nicht Naomi im Sarg liegen, sondern sie. Über dem Zypressenholz hing dunkelrotes Haar. Sie trug ein besticktes weißes Kleid aus Baumwolle und Spitze, und ihre Wangen waren geisterhaft bleich, die Hände gefaltet. Als sie die Augen aufschlug, begegnete sie seinem Blick. Dann erkannte sie, daß sie in einem Sarg voller Blut lag und begann zu schreien, streckte die Arme nach ihm aus, rief seinen Namen ...
Schweißgebadet fuhr er aus dem Traum hoch und starrte in die Nacht hinaus. Am Himmel verblaßten die Sterne. James sank stöhnend ins Kissen zurück und schlief wieder ein. Diesmal wurde seine Ruhe nicht mehr von grausigen Visionen gestört.
Es klopfte an der Tür, und eine Stimme weckte ihn. »Master James! Master James! Kaffee, Sir!«
»Bringen Sie ihn herein!« rief er, ohne die Lider zu heben. Das mußte Dolly sein, die dicke Küchenhilfe von den Bahamas, in deren Adern Indianerblut floß.
»Sahne, Sir?« Offenbar stand sie neben dem Bett. Warum ließ sie ihn nicht in Frieden?
»Das mache ich schon, danke.«
Die Stimme nahm einen honigsüßen Klang an. »Soll ich den Kaffee in Ihr Gesicht schütten, Master James?«
Abrupt öffnete er die Augen und setzte sich auf. Eine Tasse in der Hand, stand Miss Teela Warren an seiner Seite, frisch wie der junge Morgen, in einem gelben Musselinkleid. »Falls Sie das wirklich vorhaben, Ma’am – tun Sie’s lieber nicht.« Unbehaglich zog er das Laken zu seiner Brust hinauf. Darunter war er nackt, was diese verdammte Frau zweifellos wußte. Aber es schien sie nicht im mindesten zu stören. Er nahm ihr die Tasse aus der Hand. »Gehört es zu Ihren Gepflogenheiten, Männern Kaffee ans Bett zu bringen?«
»Eigentlich nicht. Bis jetzt hatte ich keine Gelegenheit dazu.«
»Und es schickt sich wohl kaum für eine junge Dame von Ihrer Herkunft.«
»Sicher nicht.«
»Dann werden Sie vermutlich in der Hölle schmoren müssen, Miss Warren.«
»Mag sein, weil ich schon viele Sünden begangen habe. Aber nicht wegen des Kaffees.«
Er nippte an seiner Tasse und musterte Teela. In schimmernden Wellen fiel ihr das rote Haar auf die Schultern. Und obwohl sie ein züchtiges Tageskleid trug – es konnte ihre reizvolle Figur nicht verbergen, und James verspürte wieder einmal ein unwillkommenes Verlangen.
Zu allem Überfluß setzte sie sich auch noch ans Fußende des Betts. »Miss Warren, was machen Sie da?«
»Ich versuche Frieden mit Ihnen zu schließen.«
»Aber dies ist nicht der richtige Ort ...«
»Mr. McKenzie ...«
Seufzend stellte er die Kaffeetasse auf den Nachttisch, beugte sich vor, wobei das Laken fast hinabrutschte und umklammerte Teelas Handgelenke. »Kommen wir doch zum Kern der Sache. Ich bin der erste Indianer Ihres Lebens, ich spreche englisch, mein Vater war ein Weißer. Deshalb habe ich Ihre Neugier geweckt. Sie sind fasziniert, vielleicht sogar ein bißchen aufgewühlt. Also gut, fassen Sie mich an!« Trotz ihrer heftigen Gegenwehr rieb er mit ihren Fingern über seine Brust. »Sehen Sie? Die Farbe geht nicht ab. Und wissen Sie was, Miss Warren? Ansonsten gibt es keine Unterschiede. Ich habe zwei Arme und zwei Beine und ... Wollen Sie noch andere Körperteile sehen?«
»Nicht nötig!« Ihre Augen verengten sich. »Oh, Sie sind abscheulich!«
»Was erwarten Sie denn, nachdem Sie freiwillig in mein Schlafzimmer gekommen sind? Da fällt mir ein – was würde eigentlich Ihr Verlobter dazu sagen?«
»Ich bin nicht verlobt.«
»Glauben Sie mir, Miss Warren, er ist ein guter Mann. Tun Sie ihm nicht weh. Sie hätten nicht zu mir kommen dürfen.«
Als er sie losließ, stand sie nicht auf. Unsicher senkte sie den Kopf. »Ich wollte wirklich Frieden schließen ...«
»Versuchen Sie’s erst gar nicht. Fahren Sie nach Charleston zurück. Das ist eine wunderschöne Stadt.«
»Dort wäre ich immer noch, wenn mein Stiefvater mich nicht in die Wildnis beordert hätte.«
»Hoffentlich schickt er Sie heim. Sonst wäre er ein Narr. Da er in dieser Gegend verhaßt ist, setzt er sie einer ernsthaften Gefahr aus.«
»Oh, er fühlt sich jeder Krise gewachsen, Mr. McKenzie. Ich würde gern hierbleiben, wenn nicht ... Doch das spielt keine Rolle. Was ich bis jetzt von Florida sehen konnte, gefällt mir sehr gut. Ich habe schon so viel darüber gelesen. Ich möchte St. Augustine, Jacksonville und Tallahassee kennenlernen, zu den Keys segeln, in den Flüssen schwimmen, alles besichtigen und fühlen und auskosten ...«
»Bald werden Sie ein Skalpiermesser am Kopf spüren, Miss Warren.«
»Vielleicht auch nicht.«
»Wenn Sie unbedingt hierbleiben wollen, heiraten Sie Harrington. Sein Herz gehört bereits Ihnen. Sicher wird er bereitwillig nach Ihrer Pfeife tanzen.«
»Niemand soll nach meiner Pfeife tanzen, Mr. McKenzie«, entgegnete sie. »Und so nett ich John auch finde, ich werde ihn nicht heiraten.«
»Oh? Dazu haben Sie sich schon entschlossen?«
»Ich liebe ihn nicht.«
Als er in Gelächter ausbrach, schien er sie zu beleidigen, denn sie versuchte ihn zu ohrfeigen. Aber er war schneller und hielt ihre Hände fest. »Sie lieben ihn nicht? Miss Warren, ich kenne Ihre Welt. Und wie wir beide wissen, heiratet man in Ihren Kreisen nur selten aus Liebe. Ihr Stiefvater hat ein Arrangement für Sie getroffen, das seinen Vorstellungen entspricht. Mit welchem Recht wollen Sie sich dagegen wehren?«
»Es ist nicht meine Entscheidung.«
»Lehnen Sie John ab, weil Ihr Vater ihn auserkoren hat?«
»Mein Stiefvater. Und ich lasse mich nicht zwingen, irgend jemanden zu heiraten.«
»Nicht irgend jemanden ... Vielleicht sollten Sie John erst mal besser kennenlernen.«
Teela starrte ihn an, und ihre Augen erschienen ihm wie funkelnde Smaragde. Plötzlich strich er mit ihrer Hand über seine Wange. Sie schreckte nicht zurück. Wie Seide fühlten sich ihre Fingerspitzen an. Er küßte ihre Handfläche, liebkoste sie mit seiner Zunge und hörte, daß sie den Atem anhielt. Als er sie wieder ansah, hatten sich ihre Lider gesenkt.
In diesem Moment hätte er sich abwenden und ihr zeigen sollen, daß er ihren verführerischen Reizen widerstehen konnte. Doch sein Verlangen, ein fast schmerzlicher. Hunger, war stärker. Er neigte sich zu ihr, berührte ihre Lippen mit seinen, nahm sie in die Arme und küßte sie voller Leidenschaft.
Auch jetzt schmeckte sie nach Minze und entfachte ein quälendes Feuer. Ungeduldig drückte er sie auf sein Bett hinab, ignorierte eine warnende innere Stimme und preßte ihre Hand an seine nackte Brust, ließ sie hinabgleiten, zum Zentrum seiner Erregung.
Da riß sie sich endlich los. »Nein!« flüsterte sie, und er rückte sofort von ihr weg. Doch sie rührte sich nicht. Wie betäubt lag sie da.
»Verdammt, Miss Warren, verschwinden Sie aus meinem Zimmer! Spielen Sie nicht mit mir! Ich bin kein Spielzeug, das man benutzen und dann einfach in die Ecke stellen kann!«
Wortlos sprang sie auf, rannte hinaus und warf die Tür zu. Er lauschte ihren Schritten, die sich hastig entfernten, und schüttelte dann lachend den Kopf.
Aber schon im nächsten Augenblick erstarb sein Gelächter. Teela Warren spielte mit dem Feuer. Und wer von ihnen beiden würde sich letzten Endes verbrennen?
Vielleicht wollte sie nur mit einem Seminolen flirten, um Warren zu ärgern. Er stieg aus dem Bett und fluchte lauthals. Sicher