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#3 MondZauber: VERBANNUNG. Mari MärzЧитать онлайн книгу.

#3 MondZauber: VERBANNUNG - Mari März


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besser für dich, wenn du damit abschließt.«

      »Warum?«, fragte Lyra. Sie kannte ihre Tante mittlerweile ein bisschen und wusste, dass ihre coole Art nur eine Oberflächlichkeit war, eine Art Schutzschild, wenn man so wollte. Im Grunde ihres Herzens war Miranda eine weise Frau, deren Gedanken und Gefühle weit tiefer gingen als ihre spitzen Kommentare.

      »Weil sie mit dir abgeschlossen hat, Kätzchen«, brachte Miranda es auf den Punkt. So war ihre Tante eben, sie empfand jede Menge Empathie, nur fehlte ihr diese bisweilen in der Kommunikation. Lyra schluckte, obwohl sie letztlich genau das wusste. Regina Hertzberg hatte sie als Missgeburt all die Jahre maximal toleriert und war jetzt wahrscheinlich froh darüber, diese Bürde nicht länger tragen zu müssen. Deshalb gab Lyra ihrer Tante im Stillen recht, auch wenn es wehtat.

      »Lasst uns anstoßen auf all das, was war, und all das, was noch kommt!«, gab Ian von sich und hielt seine Glühweintasse hoch. Lyra hatte Mühe, ihm in die Augen zu sehen. Diese wunderschönen Augen eines Wolfes, eines Fressfeindes, eines Mannes, der ihr ungewollt das Herz brach. Ihre Blicke trafen sich, das vertraute Kribbeln war wieder da. Lyra erhob nun ebenfalls ihre Tasse, stieß mit den anderen an und hoffte, ihre Trauer um die nicht-gelebte Liebe herunterspülen zu können.

      »Und jetzt lasst uns endlich nach draußen gehen und das Jul-Feuer entzünden! Wir sind nicht hier, um Trübsal zu blasen, sondern verdammt noch mal zu feiern!« Verblüfft schaute Lyra zu ihrer Mutter. Sie hatte das gerade gesagt, nicht ihre Schwester Miranda. Diese grinste zufrieden und war bereits dabei, ihre Jacke wieder anzuziehen. »Schwesterchen, ich bin sehr glücklich, dich endlich wiederzuhaben. Also Schluss mit dem Katzenjammer, jetzt feiern wir das Leben! Wer weiß, wie lange wir noch können.«

      Mirandas letzter Satz trübte ein weiteres Mal die Freude, wieder daheim zu sein. Aber sie hatte recht. Schon in zwei Tagen mussten sie in eine ungewisse Zukunft aufbrechen, also hatten sie allen Grund, das Leben zu feiern. Lyra aß den letzten Bissen Fleisch, schnappte sich eine Handvoll Kekse sowie ihre Jacke und folgte den anderen in den Garten. Sie würde die Ruhe vor dem Sturm genießen, denn niemand wusste, was das Schicksal für sie bereithielt.

      »Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich ... keine Streichhölzer brauche.« Miriam stand vor einem Haufen feinsäuberlich aufgeschichteter Holzscheite, um die Zweige und Tannengrün drapiert waren. Sie hob die Hände, verharrte dann aber in der Bewegung. »Kommt, Mädels, lasst es uns gemeinsam entfachen!« Sie drehte sich um und winkte ihre Schwester Miranda und auch Lyra zu sich. »Wir sind die Hexen der Feuerdynastie. Komm, meine Tochter, zeig uns, was du gelernt hast!«

      Nur zögerlich trat Lyra an die Seite ihrer Mutter. Sie mochte die neue Miriam Hertzberg, auch wenn ihr Verhalten sie verunsicherte. Zudem war sie alles andere als überzeugt davon, dass sie dieses Feuer einfach nur entfachen konnte. Erinnerungen an Irland mischten sich in ihre Gedanken, Lyra dachte mit einem miesen Gefühl im Bauch an den Geschichtenabend, als fünfzig Wölfe ihr kampfbereit gegenüberstanden, weil sie ihre magischen Fähigkeiten nicht unter Kontrolle hatte. Und dann war doch auch noch der versaute Abiball gewesen.

      »Kätzchen, das hier ist keine Turnhalle, nur ein kleines Wintersonnenwendfeuer, das du abfackeln kannst.« Miranda zwinkerte ihr zu. »Also entspann dich, wir sind bei dir.«

      Lyra atmete tief ein, nahm die Hand ihrer Tante und dann die ihrer Mutter. Plötzlich lag Magie in der Luft, Lyra konnte ihre Kraft deutlich spüren.

      »Mach dich frei von deinen dunklen Gedanken. Das Feuer ist unser Element, wir können es nutzen und beherrschen«, sprach Lyras Mutter ihr nun ebenfalls Mut zu und führte Lyra vor das aufgestapelte Holz. Miranda stand auf der anderen Seite ihr gegenüber und grinste. »Los, Kätzchen! Ich weiß, dass du heimlich geübt hast. Also zeig uns, was du kannst.«

      Woher Miranda wusste, dass Lyra in Venedig tatsächlich geübt hatte, obwohl sie es nicht sollte, war ihr schleierhaft. Mit klopfendem Herzen schaute sie zu Emily und dann zu Ian. Beide lächelten ihr aufmunternd zu und hatten offenbar keine Angst, dass sie auch noch den Garten und ihr Elternhaus abfackeln könnte. Woher nahmen sie nur diese Gewissheit – bei allem, was geschehen war?

      »Dieser heiße Kerl hier ist der einzige Wolf weit und breit und kein fieses Rotkäppchen ist in Sicht«, kommentierte Miranda Lyras Zögern mit ihrer unvergleichlichen Art. »Also los, Kätzchen! Ian wird uns nicht fressen, falls du das Haus in Brand setzt. Bei deiner Mutter bin ich mir nicht so sicher, aber ...«

      »Halt die Klappe, Miranda, und lass meine Tochter mal machen!«, sagte Miriam und machte zwei Schritte nach links. »Du kannst das, mein Schatz.« Ihr ängstlicher Blick zum Haus entging Lyra nicht, trotzdem schöpfte sie Mut und hob beide Arme. Ja, sie hatte geübt und war stolz, dass sie dieses Feuer entfachen durfte. Glücklich schaute sie noch einmal in die Runde, konzentrierte sich auf die Hexe in ihr, fühlte die Kraft der Magie und ließ dann lächelnd eine Schar leuchtender Schmetterlinge im Dunkel der Nacht tanzen, die sich mit einem Ruck ihrer ausgestreckten Finger in kleine Flammen verwandelten, die nun auf das Holz niederfielen. Lyra schloss die Augen und hob schwungvoll beide Hände gen Himmel. Im selben Moment setzten die ersten Flammen das Holz in Brand. Tannengrün knisterte und Wärme breitete sich aus.

      Immer noch lächelnd öffnete Lyra die Augen und verbeugte sich theatralisch wie ein Zauberer auf der Bühne, als ihre Mutter, ihre Tante, Emily und sogar Ian Beifall klatschten.

      »Das ist meine Tochter!«, rief Miriam und griff nach Lyras Hand sowie der ihrer Schwester. Die drei Frauen liefen im Kreis um das Feuer und sangen die uralten Lieder ihrer Ahnen. Emily und Ian waren nicht länger stille Beobachter, Miranda gab ihnen einen Wink, sich in den Reigen einzufügen. Beide traten an Lyras Seite und fassten ihre Hände. Emilys Finger waren weich und unschuldig, Ians hingegen stark und warm. Glück durchströmte ihr Herz, verdrängte die düsteren Gedanken an die Zukunft, an die Ungewissheit und all das, was sie erwartete. Lyra genoss die Nähe dieser vier Wesen, die so unterschiedlich und doch ihr Liebstes waren.

      * * *

      »Ian, wie feiert ihr in Irland eigentlich die Wintersonnenwende?«, fragte Miriam später, als sie am Feuer saßen und Glühwein tranken.

      »Mit viel Whiskey«, brummte Ian und lachte. »Bei uns heißt es Yule, früher sagten wir auch Dubluachair. Wir verbrennen Zweige unseres heiligen Apfelbaums, die Kinder basteln Corn Maiden, also Strohpuppen, aus den letzten Garben der Herbsternte.«

      »Aber die Feuer zur Wintersonnenwende sind kein typisch keltischer Brauch, oder?«, fragte Miriam und verwandelte nun ihrerseits die in der Nacht tanzende Glut zu orangefarbenen Schmetterlingen.

      »Das ist richtig«, antwortete Ian auf Miriams Frage. »Der Kalender von Coligny sieht keine Tradition wie diese vor, dafür aber so einige sehr schöne Feste zur Wintersonnenwende. Beispielsweise Mapanos, das ist die Huldigung des gleichnamigen keltischen Gottes der Jagd und der Jugend. Er steht auch für die Fruchtbarkeit und das Licht.«

      »Das ist wirklich interessant«, kommentierte Lyras Mutter. »Miranda hat mir von eurem heiligen Apfelbaum erzählt. Auch hier ist es Tradition, Fruchthölzer zu verbrennen, um für eine reichliche Ernte im kommenden Jahr zu sorgen.«

      »Deine Tochter hat sich unter unserem Apfelbaum das erste Mal verwandelt«, fügte Ian hinzu. »Sie ist die schönste Katze, die ich je gesehen habe.«

      »Die einzige Katze!«, purzelten die Worte aus Lyras Mund. Sie spürte die Warmherzigkeit ihrer Mutter gegenüber Ian und hatte keine Ahnung, wie sie damit umgehen sollte; geschweige denn mit seinem wirklich süßen Kompliment.

      »Warum gehört Venedig eigentlich zum Reich der Luft, wenn es dort doch jede Menge Wasser gibt?«, plapperte sie los, um ihre Verlegenheit zu überspielen.

      »Vieles ist nicht so, wie es scheint, doch manches ist, was es ist. Der Norden ist das Reich des Wassers, der Süden das der Luft. Nimm das einfach mal so hin, Kätzchen!«, sagte Miranda, die gerade mit einem Tablett frisch gefüllter Tassen aus dem Haus kam, in denen der Glühwein dampfte.


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