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Der Elefanten-Tempel. Катя БрандисЧитать онлайн книгу.

Der Elefanten-Tempel - Катя Брандис


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...“

      Ricarda versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie enttäuscht sie war. Klar, Lilly konnte nicht weg – sie hatte Erik in Namibia kennengelernt und schrieb ihm seither täglich verliebte E-Mails. Wenn er um die halbe Erde reiste, um sie zu sehen, dann hatte es anscheinend auch ihn schwer erwischt.

      Sofia sagte nichts, ihr Blick war nach innen gewandt. Ricarda wartete schweigend und hütete sich, sie zu stören. Solange sie nachdachte, gab es Hoffnung!

      „Wie lange hilft man denn da mit?“, fragte Sofia schließlich zögernd. „Ich glaube, meine Eltern haben schon ein Ferienhaus an der Nordsee gebucht.“

      Immerhin, sie hatte nicht gleich Nein gesagt! „Man kann so lange hinfahren, wie man möchte, aber ich glaube, zwei Wochen wären mir am liebsten. Oder so.“

      Abwesend händigte Sofia Lilly ihr Physikheft aus. „Muss mal meine Eltern fragen. Lust hätte ich schon. Bis wann brauchst du Bescheid?“

      „Ruf mich einfach an – irgendwann demnächst“, murmelte Ricarda. O je, ihre Eltern. Die wussten auch von nichts. Außer Severin hatte gepetzt. Nein, eher nicht, für den waren Eltern gerade Der Feind. Und dem Feind gab man freiwillig keine Informationen preis.

      Vielleicht hatte er ohnehin gedacht, seine große Schwester würde nur herumspinnen.

      Und vielleicht hatte er damit recht.

      Am Abend rief Fabian an. Er hatte irgendwie den Trick raus, sich immer zur ungünstigsten Zeit zu melden. Ricarda war gerade dabei, den Abendbrottisch abzuräumen – das war in dieser Woche ihr Job –, und ihre Mutter warf ihr einen düsteren Blick zu, als sie die gestapelten Teller im Stich ließ.

      „Wie läuft´s?“, fragte Fabian. „Stör ich?“

      „Nein, nein, geht schon“, log Ricarda, sie wusste selbst nicht genau, warum.

      Fabian fing an, etwas von dem Indie-Konzert zu erzählen, auf dem er gestern gewesen war. „Übermorgen treten die Magic Bicycles auf, magst du mitkommen?“

      Ricarda musste lächeln. Magische Fahrräder, o Mann! Fabian schien grundsätzlich zu Bands zu gehen, die einen bescheuerten Namen hatten. „Äh, keine Ahnung, was machen die denn für Musik?“

      „Ich brenn dir eine CD, dann kannst du ja mal reinhören. Und, was gibt´s bei dir Neues?“

      Ricarda warf einen schnellen Blick auf ihre Mutter, die in Hörweite herumwerkelte. Nein, so sollte sie es nicht erfahren, das würde unter Garantie nicht gut ankommen. „Ach, nicht so viel. Sag mal, wie findest du eigentlich Elefanten?“

      „Elefanten? Wie soll ich die finden? Na ja, sie sind halt groß und grau.“

      Ricarda versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. „Was Elefanten wohl über Menschen sagen würden? Sie sind klein und rosa?“

      Fabian lachte. „Wahrscheinlich. Aber wenn sie sprechen könnten, würden sie wahrscheinlich erst mal andere Sachen sagen. Zum Beispiel He, wie wär´s mit einem größeren Gehege? oder: Wann gibt´s endlich Futter?“

      Sie verabredeten sich zum Eisessen und Ricarda eilte zu den Tellern zurück. Es würde bestimmt wieder lustig werden, mit Fabian war es immer lustig. Sie fragte sich, ob sie in ihn verliebt war. Aber so was war manchmal schwer zu sagen. Verdammt schwer.

      Gerade als sie den Tellerstapel wieder hochnehmen wollte, klingelte das Telefon noch einmal. Ricarda schnappte sich den Hörer.

      Es war Sofia. „Ich komm mit!“, brüllte sie so laut, dass Ricarda Angst um ihr Trommelfell bekam. „Freunde meiner Eltern sind schon in Thailand gewesen und waren begeistert, das hat sehr geholfen. Ist ja auch wirklich ein praktisches Land. Schön warm, keine Haie, keine Malaria, Volksaufstände nur hin und wieder. Kannst du mir den Link zu dieser Organisation mal geben?“

      „Äh, ja, mach ich“, versprach Ricarda, und dann kroch auf einmal Panik in ihr hoch. Sie kam aus dem Nirgendwo und packte sie mit eisigen Klauen. Kalter Schweiß auf ihrem Körper. „Aber äh, ich weiß noch gar nicht, ob ich wirklich fahre ...“

      „Wie? Was? Wieso nicht?“

      „Du, ich muss auflegen, ich ruf dich später nochmal an.“

      Ricarda rannte die Treppe hoch, warf sich auf das grüne Cordsofa unter ihrem Hochbett. Sie fühlte sich den Puls, ihr Herz klang ganz stolperig, aber nach und nach beruhigte es sich. Atmen. Ganz tief atmen. Wo war diese Panik auf einmal hergekommen? Gerade jetzt, wo alles klappte?

      Jemand klopfte an die Tür ihres Zimmers.

      „Alles in Ordnung, mon bijou?“, fragte ihr Vater. „Darf ich mal kurz reinkommen?“

      „Okay“, sagte Ricarda und setzte sich langsam auf. Ihr Kreislauf schien wieder in Ordnung zu sein, ihr war nur ein bisschen schwindelig.

      Ihr Vater setzte sich auf eine Armlehne des Sofas. „Das eben war Sofia, oder? Was genau meinte sie mit ´Ich komme mit´? Will sie mit nach Arles? Das ist natürlich kein Problem, aber ich muss es rechtzeitig wissen, damit sich Jacques und Marie-Claire darauf einstellen können.“

      Jetzt war es also so weit. Vielleicht war es besser so. Wer wusste, wie lange sie sonst gebraucht hätte, um es ihren Eltern zu gestehen.

      „Ich würde in diesen Sommerferien lieber etwas anderes machen ...“

      „Sprich bitte nicht so leise, du weißt, dass das unhöflich ist.“

      Ricarda zwang sich lauter zu sprechen. „Es gibt da so ein Elefantenprojekt in Thailand, bei dem man als Helfer mitmachen kann ... ich würde gerne für zwei Wochen hinfahren ...“

      Auf der Stirn ihres Vaters bildete sich eine steile Falte. „Du willst nicht mit nach Arles? Warum denn das? Kannst du mir mal sagen, wie ich das Onkel Jacques beibringen soll?“

      „Papa, ich kenne Arles, Paris und den Rest von Frankreich schon in- und auswendig ... es gibt in der Welt noch viel mehr zu sehen!“ Ricarda war erstaunt über sich selbst. Es war in der Familie nicht üblich, Papas Gebote in Frage zu stellen.

      „Habe ich überhaupt richtig gehört, du willst irgendwas mit Elefanten machen?“

      „Ja. Ich finde sie toll. Und es ist so schade, dass man sie hier in Deutschland nicht richtig kennenlernen kann.“

      Sein Blick sagte klar und deutlich, dass er diese Idee für ausgemachten Blödsinn hielt. „Reichen dir nicht ein paar Pferde, so wie anderen Mädchen auch? Du könntest Reitstunden nehmen, wir geben dir ein bisschen Geld dazu.“

      „Das ist doch was ganz anderes.“ Ricarda stand auf; sie hielt es nicht mehr aus, neben ihrem Vater zu sitzen. Doch es fühlte sich auch seltsam an, jetzt mitten im Raum zu stehen. Sie wusste nicht, wohin mit ihren Händen, und es fiel ihr schwer, dem Blick ihres Vaters zu begegnen. Aber dann hob sie doch die Augen, sah ihm direkt ins Gesicht. „Ich will es gerne machen. Das mit den Elefanten. Warum geht das nicht? Es sind doch nur zwei Wochen und ich bezahle alles selber. Genug gespart habe ich.“

      „Du kommst mit nach Arles. Punkt.“ Ihr Vater erhob sich, ohne ein weiteres Wort verließ er das Zimmer.

      So schnell geht das, dachte Ricarda wütend. Man tritt auf den Traum drauf und dreht den Schuh ein paarmal, dann bleibt nur bunter Matsch übrig.

      Doch sie war nicht nur sauer und traurig, da war noch ein anderes Gefühl. Erleichterung? Es wäre schwierig geworden. Anstrengend. Teuer. Riskant. Vielleicht war es besser so. Aber sie würde es Sofia sagen müssen. Immerhin, jetzt hatte sie eine gute Entschuldigung für den Rückzieher. Vielleicht würde Sofia die Fahrt jetzt einfach allein durchziehen, sie hatte so begeistert geklungen am Telefon.

      Der Gedanke schmeckte gallenbitter.

      Ricarda legte ihre aktuelle Lieblings-CD – die von Ich + Ich – ein, drehte die Lautstärke auf und legte sich wieder auf die Couch.

       Ich warte schon so lange

      


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