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Der Elefanten-Tempel. Катя БрандисЧитать онлайн книгу.

Der Elefanten-Tempel - Катя Брандис


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nach hundert Prozent

       Wann ist es endlich richtig

       Wann macht es einen Sinn?

       Ich werde es erst wissen

       Wenn ich angekommen bin ...

      Etwa eine Stunde später öffnete sich die Tür ihres Zimmers. Diesmal war es ihre Mutter. Sie schrie ein paar Worte, merkte, dass sie nicht verstanden wurde, und ging zur Anlage, um die Musik leiser zu drehen.

      „Rica? Was genau hast du vor, kannst du mir das auch mal erklären?“

      Ricarda seufzte und erklärte es noch einmal. Es hörte sich noch ferner, noch unwirklicher an als zuvor. Und was viel schlimmer war – albern hörte es sich an. Elefanten retten, haha.

      Doch ihre Mutter lachte nicht. „Klingt toll“, sagte sie. „Und es ist eine Schande, dass wir meine günstigen Flugtickets nicht nutzen. Wir könnten uns so viele interessante Länder anschauen und fahren doch immer an die gleichen Orte. So ganz recht ist mir das auch nicht. Deshalb habe ich eben mal ernsthaft mit Pierre geredet.“

      Langsam setzte Ricarda sich auf, starrte ihre schmale, blonde Mutter an. Seit wann setzte sich ihre Mutter gegen Papas Regeln zur Wehr? Es geschahen doch noch Wunder!

      „Es hat eine Weile gedauert. Aber jetzt ist er einverstanden, dass du diesen Sommer mal etwas anderes machst. Es sind ja auch nur zwei Wochen. Wenn du magst, kannst du anschließend nachkommen nach Arles.“

      „Ich glaube nicht“, sagte Ricarda und einen herrlichen Moment lang lächelten sie und ihre Mutter sich an.

      Wilde Freude quoll in Ricarda hoch. Sie spürte, dass etwas in ihr sich entschieden hatte, Ja sagte zu Thailand und den Elefanten. Sie würde es schon irgendwie schaffen. Mit Sofia zusammen konnte sie alles schaffen! Sie kannten sich seit der Grundschule; Sofia hatte als Einzige zu ihr gehalten, als die anderen Kinder gemein zu ihr gewesen waren. Jahre danach hatte Ricarda zum ersten Mal den Begriff „Mobbing“ gehört und begriffen, was damals geschehen war. Später hatten sie zusammen Drachen steigen lassen, sich beim Einradfahren die Knie aufgeschrammt, nächtelang miteinander gechattet, im Auftrag des Direktors ein riesiges Wandgemälde an die Schulwand gepinselt, das heute noch bewundert wurde. Einmal hatten sie sogar eine Nacht wild gecampt, mitten im Odenwald. Und jetzt – Thailand. Das war eine Nummer größer. Nein, gleich ein paar Nummern.

      Toll wird es werden, entschied Ricarda. Und die Stimme in ihrem Inneren, die sonst immer zweifelte, kuschte und gab ausnahmsweise Ruhe.

      Die Türen ihres Kleiderschranks standen weit offen. T-Shirts. Tops. Fleece-Pullis. Shorts. Jeans. Rein damit in den Koffer. Wieso hatte sie eigentlich so verdammt viele schwarze Sachen? Die würden die Sonne aufsaugen, Schwitzgarantie. Außerdem passte es nicht zu dieser Reise, etwas in ihr sträubte sich dagegen. Hatte sie nicht auch irgendwo ein hellblaues T-Shirt und eins in orange? Ricarda wühlte sich tief in ihren Schrank hinein ... und ihre Finger stießen auf etwas Hartes, einen Lederkasten.

      Obwohl sie es geschafft hatte, ihn und seinen Inhalt zeitweise völlig zu vergessen, wusste sie sofort, was sie gefunden hatte. Ihre Finger zuckten zurück, als hätte sie sich verbrannt, und ihr Magen zog sich zusammen wie eine Faust. Wieso hatte sie das Ding noch nicht weggeschmissen? Besser, sie schmuggelte es in den Müll und wurde es endlich los. Nie wieder sollte es sie daran erinnern, was geschehen war, was sie getan hatte ... Weg damit, weg!

      Doch gerade als sie es hervorgezogen hatte, kam ihre Mutter herein. Angeklopft hatte sie eine Sekunde vorher, viel zu kurz, um darauf zu reagieren. Ricarda stand in der Bewegung erstarrt, sprachlos vor Schreck. Der lederne Halteriemen war noch um ihre Hand geschlungen.

      „Ach, dein Fernglas, das habe ich ja lange nicht mehr gesehen“, sagte ihre Mutter und lächelte. „Das nimmst du bestimmt mit, oder? Es gibt eine Menge Tiere zu beobachten in Thailand.“

      „Ja“, krächzte Ricarda und legte den Lederkasten in ihren Koffer. Doch als ihre Mutter weg war, nahm sie ihn wieder heraus und stellte ihn zurück in den Schrank.

      Paläste und Piña Colada

      Das war also Bangkok! Auf der Straße knatterten Scharen von bunten Mopeds, Taxis, Bussen und Tuk-Tuks – motorisierten Rikschas – an Ricarda vorbei und hinterließen Qualmwolken. Das ständige Gehupe vermischte sich mit Musik aller Art, die aus Autoradios, Läden und tragbaren Anlagen drang. Ricarda rümpfte die Nase. Wenn es ausnahmsweise mal nicht nach Abgas stank, dann aus den Garküchen am Straßenrand nach heißem Öl und Fischsauce oder aus dem Rinnstein modrig. Immerhin war das Wasser, das vor einer Stunde die Straßen in Flüsse verwandelt hatte, schon wieder abgelaufen. Wahrscheinlich direkt in den Chao Praya oder die vielen kleinen Kanäle, die die Stadt durchzogen.

      „Das war keine besonders tolle Planung von uns, in der Regenzeit herzukommen“, stöhnte Sofia und wischte mit einem Taschentuch an ihrem Schuh herum.

      Ricarda atmete tief durch. Wie ging das nochmal mit dem positiven Denken? „Im Reiseführer stand, dass es nur einmal am Tag regnet und es dafür immerhin sechs Stunden Sonne am Tag gibt.“ Skeptisch kniff sie die Augen zusammen und musterte den Himmel. Grau sah der aus, die Luft war schwer und feucht und warm.

      „Okay, es regnet vielleicht nur einmal am Tag, dann aber richtig!“ Sofia seufzte. „Wenn wir draußen gewesen wären, wären wir wahrscheinlich einfach ersoffen.“

      Ricarda warf noch einmal einen kurzen Blick in ihren Reiseführer, zuckte dann die Schultern und verstaute ihn in ihrem Rucksack. „Wusstest du, dass Krung Thep, der thailändische Name von Bangkok, ´Stadt der Engel´ bedeutet? Dabei würden die Engel während der Regenzeit glatt vom Himmel gespült werden.“

      „Ich glaub auch.“ Sofia lachte. „Egal. Wir lassen uns den Tag in Bangkok nicht vermiesen, bevor wir nach Chiang Mai weiterfahren. Meinst du, wir finden hier irgendwo ein Internetcafé? Ich habe meinen Eltern versprochen, dass ich mich gleich melde, wenn wir angekommen sind.“

      „Meinen Eltern soll ich eine SMS schreiben.“ Ricarda tippte auf ihrem Handy herum und stellte fest, dass sie keinen Empfang bekam und außerdem der Akku leer war. „Aber ich glaube, sie bekommen auch eine Mail, ist eh besser, da kann man mehr reinschreiben.“

      Internetcafés gab es überall hier in Bangkok. Nachdem Sofia und Ricarda ihre Mails abgeschickt hatten, drängten sie sich unternehmungslustig durch das Touristengewimmel in der Khao San Road.

      „Komm, wir schauen uns mal an den Straßenständen um“, schlug Sofia vor. „Brauchst du nicht zufällig eine unechte Rolex?“

      Auch gefälschte Ausweise gab es an den vielen Ständen zu kaufen. Ricarda sah sogar Personalausweise aus Deutschland. Nein, so was brauchte sie nicht, und zum Glück gab es auch Dinge, die sie mehr interessierten, zum Beispiel CDs und DVDs, Schmuck, bunte Tücher und Flip-Flops. Alles enorm billig, ein T-Shirt kostete umgerechnet nur zwei Euro.

      Allmählich besserte sich Ricardas Stimmung. Wie schön, dass jeder ihr zulächelte. Die Menschen schienen hier viel freundlicher zu sein, nicht so verkniffen wie in Deutschland. Und es gefiel Ricarda auch, dass die Thais Buddhisten waren. Es war ein Glaube, der etwas tief in ihr zum Klingen brachte, weil er Gewalt ablehnte und für Toleranz und Weisheit stand.

      „Schade, ausgerechnet eine Buddha-Figur sehe ich nirgendwo – so eine hätte ich gerne gehabt“, meinte Ricarda.

      „Frag doch einfach!“

      Ricarda ging lieber weiter, so wichtig war es schließlich auch nicht. Aber Sofia hatte die Sache schon in die Hand genommen; mit einem strahlenden Lächeln wandte sie sich an einen der Verkäufer. „Do you have a Buddha statue?“

      „I´m very sorry“, sagte der junge Mann mit einem entschuldigenden Lächeln. „No Buddha.“

      „Why?“ Sofia ließ nicht locker.

      „No Buddha for Farang. Foreigners. They take Buddha home, maybe not respect him, maybe


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