Gedankenkraft im Geschäfts- und Alltagsleben. William Walker AtkinsonЧитать онлайн книгу.
durch unmittelbare Suggestion bei Anwendung der Stimme, von Manieren, Erscheinung und der Augen. Diese Methode schließt nicht nur freiwillige Suggestion von unserer Seite ein, sondern auch die unfreiwillig geäußerten Winke eines jeden ernsthaften Menschen;
2. durch Gedankenwellen, die der anderen Person mittelst einer freiwilligen Anstrengung unseres Verstandes zugesendet werden;
3. durch die Anziehungskraft des Gedankens, die aus dem Vorgang mit dem in der vorangegangenen Lektion beschriebenen beherrschenden Gedanken resultiert. Diese Kraft wirkt, wenn sie einmal erworben ist, selbständig weiter, und bildet in ihrer höchsten Ausbildung den „persönlichen Magnetismus“.
In dieser Lektion werde ich mich auf die unter 1 erwähnte Form beschränken, während die unter 2 und 3 aufgeführten Methoden in den folgenden Lektionen besprochen werden sollen.
Es ist wahrlich eine sehr schwierig zu lösende Aufgabe, auf engbegrenztem Raum eine wirklich verständliche Erklärung über Suggestion zu geben. Sollte sich der Leser aber bereits mit den Grundsätzen des Hypnotismus oder der hypnotischen Suggestion vertraut gemacht haben, so wird er wohl sofort verstehen, was ich mit dem Wort „Suggestion“ meine. Die dem Hypnotismus noch Fernstehenden mögen sich folgende Definition merken: „Suggestion ist der Eindruck, welchen wir, bewusst oder unbewusst, durch Vermittlung unserer Sinne erhalten.“ Wir nehmen ständig Suggestionen auf, oder weisen sie zurück, und hängt dies von dem Grad unserer eigenen Suggestibilität ab, welcher Grad eine Funktion der Ausbildung oder Entwicklung der nicht empfänglichen Eigenschaften des Verstandes ist. Wir können hier nicht eingehender den Gegentand, den man als den zweifachen Verstand im Menschen bezeichnet, und welcher von jeher das objektive und das subjektive Verständnis genannt wurde, behandeln: der freiwillige und der unfreiwillige Verstand; der bewusste und der unbewusste Verstand usw. Sollte der Leser es wünschenswert finden, sich vollständig mit diesem Gegenstand vertraut zu machen, so würde ich ihm raten, eines der Bücher über Hypnotismus oder hypnotische Suggestionen zu studieren.
Damit der Schüler den Gebrauch der Suggestion zur Beeinflussung anderer, die ich ihm beibringen möchte, leichter erfassen könne, gebe ich ihm hiermit zu verstehen, dass der Verstand im Allgemeinen zwei Funktionen ausführt, nämlich die aktive und passive Funktion. (Ich folge hier der von mir in anderen Werken gebrauchten Zusammenstellung.) Die aktive Funktion versieht das gewollte, wirklich betätigende Denken und tritt auch unter der Bezeichnung „Willenskraft“ auf. Es ist dies die Funktion, welche oftmals geschäftlich von dem aktiven, energischen, lebhaften und aufgeweckten Manne zur Anwendung gebracht wird. Die passive Funktion dagegen vollzieht das instinktive, automatische und nicht gerade gewollte Denken, wobei also Willenskraft nicht mit im Spiel ist und überhaupt im Gegensatz zur aktiven Funktion hervortritt. Die passive Funktion ist ein wertvoller Bediensteter des Menschen und vollführt tatsächlich den größeren Teil der geistigen Arbeit, da sie die schwierigen Aufgaben löst und das ihr zufallende Tagewerk, ohne Dank oder Lob zu ernten, vollziehen muss. Sie versieht die Arbeit ohne Murren und anscheinend auch ohne Anstrengung; auch ist sie stets unermüdlich. Die aktive Funktion hingegen arbeitet nur auf Verlangen des Willens, verbraucht aber einen größeren Aufwand von Nervenstärke als ihr passiver Bruder. Sie versieht die tatkräftige Verstandesarbeit, ermüdet nach großen Anstrengungen und verlangt nach Ruhe und Erholung. Derjenige, welcher die aktive Funktion anwendet, ist sich bald immer mehr oder weniger großer Anstrengungen bewusst, doch tritt dies bei ihm nicht ein, wenn er die leichtgängige, passive Funktion in seinen Dienst stellt. Sie haben hoffentlich die unterscheidenden Merkmale der beiden Funktionen nach dieser kurzen Erklärung wohl verstanden.
Manche Individuen verrichten alle ihre Denkarbeit der passiven Richtung gemäß. Diese Leute halten es für eine viel zu große Anstrengung, ihr eigenes Denkvermögen wirken zu lassen, und ziehen es vor, den bereits fertigen Gedanken anderer anzunehmen, statt selbst zu denken. Man könnte sich verleiten lassen, sie als menschliche Schafe zu bezeichnen. Sie sind außerordentlich vertrauensselig und nehmen fast alles als bare Münze hin, wenn es nur in ernster und positiver Weise vorgebracht wird. Diese Leute sind sehr empfänglich für Suggestionen und ergeben sich, streng genommen, vollständig den mit größerer Aktivität ausgestatteten Personen auf Gnade oder Ungnade. Für sie ist es schwer, jemand mit „nein“ zu antworten; sie sind stets geneigt, „ja“ zu sagen, wenn es ihnen leichter dünkt und weniger Nachdenken erfordert. Andere sind wieder für Suggestionen weniger empfänglich und noch andere zeitweise überhaupt nicht. Doch diese letzteren sind, wenn ihre geistigen Kräfte erlahmen oder in ihrer Aktivität ausruhen, wiederum viel zugänglicher als zu anderer Zeit.
Um sich über beide Funktionen ein richtiges Bild zu schaffen und zu dem Zweck die in diesem Buch dargelegten Instruktionen durchführen zu lernen, bitte ich den Leser, sich ein Zwillingspaar vorzustellen, das an einem Geschäftsunternehmen gemeinschaftlich beteiligt ist. Beide sehen sich sprechend ähnlich, haben aber ganz verschiedene Eigenschaften, und jeder von ihnen ist völlig für die ihm zukommenden Arbeiten geeignet. Sie teilen auf ganz gleiche Weise Gewinn und Verlust des Unternehmens. Der passive Bruder versieht den Dienst des Warenempfängers, des Auftragsschreiber, des Warenverpackers, des Ordnungshalters unter den Vorräten usw., während der aktive Bruder die Waren verkauft, die allgemeine Führung der Geschäfte überwacht, die Finanzierung versieht, alles in Bewegung setzt; kurz gesagt, er ist das Exekutivorgan des Geschäftes, dessen aktiver Geist. Wenn es sich aber darum handelt, Waren einzukaufen, hat jeder der Brüder seine Hand im Spiel.
Der passive Bruder ist ein gut gelaunter, leichtgängiger Geselle, ein mühselig, automatisch, maschinenartig arbeitender Mann. Er ist eher abergläubisch und bigott, aber sehr vertrauensselig und geneigt, alles zu glauben, was ihm vorgesagt wird, vorausgesetzt, dass die Äußerung nicht in direktem Widerspruch mit einer vorgefassten Meinung steht. Um in seinen Kopf eine vollständig neue Idee zu bringen, ist es notwendig, ihm dieselbe nach und nach „aufzudisputieren“. Er hat die Gewohnheit, den Meinungen seines Bruders beizupflichten, wenn er anwesend ist; bei seiner Abwesenheit gibt er aber dem Ansinnen anderer Leute nach. Er wird stets bereit sein, Ihnen jede Gunst zu erweisen, und Ihnen fast alles geben, was Sie von ihm verlangen, wenn Sie Ihre Anforderung in entschiedener und vertrauenerweckender Weise stellen. Es ist ihm durchaus nicht angenehm, Sie durch eine abschlägige Antwort zu verletzen, und er wird Ihnen alle möglichen Versprechungen machen, nur um Sie los zu werden, aber eine positive Verweigerung Ihrer Bitte ist nicht erfolgt. Sie können ihm alles verkaufen, solange ihn sein Bruder nicht beobachtet, wenn Sie es nur richtig anzustellen wissen. Sie haben einfach nur eine sichere, kecke Sprache zu führen und ein vertrauenerweckendes Wesen anzunehmen, als ob alles bewilligt sei. Sie kennen gewiss diese Sorte von Menschen.
Der aktive Bruder ist jedoch von einer ganz anderen Sorte. Er ist ein misstrauischer, aufgeweckter, nagelfester Mensch, der keinen Spaß versteht. Auf seinen passiven Bruder hat er ein wachsames Auge, damit die Interessen der Firma nicht geschädigt werden. Der passive Bruder wird fortgesetzt von irgendjemand ins Schlepptau genommen oder hängt einem gewissen Gegenstand nach; er bedarf wirklich eines Vormundes, und wenn der aktive Bruder zufällig einmal ein Schläfchen macht oder zu sehr von seinen Geschäften in Anspruch genommen ist, um seinen Bruder im Auge zu behalten, wird diesem letzteren gewiss irgendetwas zustoßen. Infolgedessen ist es dem aktiven Bruder darum zu tun, dass niemand geschäftlich bei dem passiven vorspreche, ehe er nicht die Überzeugung gewonnen hat, dass es nicht auf die Charakterschwäche desselben abgesehen sei. Er beobachtet den Besucher aufs Genaueste, fragt nach seinem Begehr, ehe er den Verkehr mit seinem Bruder gestattet. Sobald ein Verdacht, der Besucher hätte auf die Schwäche des passiven Bruders gerechnet, sich als begründet erweist, wird er unter dem Vorwand, der Bruder sei nicht da oder dergleichen, den Besuch zu hintertreiben suchen. Aber auch in dem Fall, wo er den Betreffenden zulassen sollte, bleibt er anwesend; er wird jede seiner Bewegungen, jedes Wort beobachten und, wenn er bemerkt, dass man mit dem Bruder ein loses Spiel treibt, wird er sofort Einspruch erheben, die Vorschläge zurückweisen und das Geschäft aufheben. Der aktive Bruder berücksichtigt natürlich jeden Antrag, nimmt ihn an, wenn derselbe vernünftigerweise Gewinn verspricht, verwirft aber jeden, der ihm nicht gefällt. Mit der Zeit wird ja sein Misstrauen schwinden, wenn er sich erst an die Gegenwart des Besuchers gewöhnt hat, und kann womöglich auch noch Vertrauen zu ihm fassen. Unterhält er sich gut und wird er gut gelaunt, dann dürfte auch manchmal die Wachsamkeit nachlassen und das Misstrauen geringer werden.