Erwin Rosenberger: In indischen Liebesgassen - Prostitution in Bombay - Aus dem Tagebuch eines Schiffsarztes. Erwin RosenbergerЧитать онлайн книгу.
im Kämmerlein meines japanischen Mädchens: wer hier zu Gaste ist, der braucht nicht dem Bett mit gemischten Gefühlen, beschlichen von Unlustempfindungen, gegenüberzustehen, er braucht nicht zurückzuscheuen vor der Berührung mit einem Möbelstück, wenn er die Kleider ablegt.
Es wird gestrenge Richter geben, welche stirnrunzelnd erklären, dass Ajames Reinheit manches zu wünschen übrig lässt; indes, die Reinlichkeit Ajames ist über jeden Zweifel erhaben. Wohl gehört sie nicht zu den Unberührten, doch man darf sich getrost dazu verstehen, sie zu berühren.
Der Besucher ist begreiflicherweise einigermaßen gespannt, was für eine Art von Liebesglück ihm hier, im Kämmerlein der Japanerin, zuteilwerden soll.
Es ist klar, dass er in eine Freudenhütte, in eine japanische oder eine andersartige, nicht mit der naiven Hoffnung eintritt, er werde daselbst ein naives Magdtum antreffen; der Besucher ist demnach gar nicht verwundert, dass auch die Japanerin Ajame, bei der er jetzt weilt, kein unschuldsvoller ahnungsloser Engel ist. Nein, das ist sie keineswegs. Aus mancherlei Anzeichen ist klar zu ersehen, dass sie in ihrem Berufe Erfahrung hat. Sie ist kein Neuling im Umgang mit Besuchern, keine schüchterne Anfängerin.
Anderseits kann man jedoch konstatieren, dass sie durch die Erlebnisse ihres Berufes sicherlich nicht abgestumpft ist. Soweit der Besucher dermalen selber in der Verfassung ist, physiologische Beobachtungen anzustellen, gelangt er zur Überzeugung, dass die Japanerin ihre Erregbarkeit und Reaktionsfähigkeit bewahrt hat. Sie ist mit Freuden Freudenmädchen, zum mindesten im gegenwärtigen Augenblick.
Und der Gast dieser Japanerin wird durch ihr Betragen in die Meinung hineingeschmeichelt, dass in der Wärme seiner derzeitigen Gefährtin eine Regung ungeheuchelter Zärtlichkeit ist. Er nimmt die Fiktion gerne hin, ohne ihren Kern ernstlich zu prüfen.
Aber sind alle Erwartungen des Besuchers erfüllt? Vielleicht hat er gemeint, er werde in dieser Stube einem exotischen Abenteuer begegnen, einem Ereignis japanischen Kolorits, einem Erlebnis, das anders sein wird als frühere Liebeserlebnisse. Hat er gefunden, was er erwartet hat?
Nein und ja! Freilich, wenn der Besucher gefasst war auf „unerhörte“, außerordentliche Sensationen, wenn er gewähnt hat, die Liebesweise dieses japanischen Mädchens werde mit irgendwelchen unbekannten, fremdartigen Ornamenten ausgestattet sein, mit spezifisch-japanischen Eigenheiten: dann hat sich der Besucher ersichtlich verrechnet.
Nein! Ajame, die Japanerin, benimmt sich in der Liebe nicht anders als eine primitive Durchschnitts-Europäerin, sie äußert die natürlichen, „unverdorbenen“ Instinkte des Normal-Weibchens. Die Linie ihres erotischen Betragens weicht in nichts ab von dem geraden Pfad, den die Gelehrten und Laien als die vorschriftsmäßige, allgemein-gültige Norm betrachten.
Aber wir wollen uns wieder einmal des Sprichwortes erinnern: Wenn zwei das Gleiche tun, so ist es nicht das Gleiche. Wenn das eine Mal eine Europäerin auf einem natürlich-einfachen Pfad mit mir lustwandelt und das andere Mal auf demselben Pfad eine Japanerin, so ist das eben nicht der gleiche Spaziergang. Just dadurch, dass jetzt eine Tochter Japans meine Begleiterin gewesen, empfängt der Spaziergang sein japanisches Gepräge; weil meine Liebesgefährtin ein exotisches Menschenkind ist, wird dieses Liebesereignis von exotischem Zauber umsponnen.
Ja! Es ist ein außergewöhnliches Abenteuer! Blick auf das fremdartige Geschöpf, mit dem du da beisammen bist, und dich wird jäh die Erkenntnis überfallen, wie weit, weit jenseits des Alltags du jetzt weilst.
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Gemessen an anderen Japanerinnen, die ich hier in der indischen Liebesgasse gesehen habe, ist Ajame, meine derzeitige Gefährtin, wohlgebaut und hübsch.
Wenn von fremdländischem, fremdrassigem Schön und Hässlich die Rede ist, müsste immer zur Einschränkung gesagt werden: sie ist hübsch im Rahmen ihrer Rasse-Eigentümlichkeiten; hübsch, vom Standpunkt ihres vaterländischen Schönheit-Ideals betrachtet.
Dass Ajame, die Japanerin, tiefdunklen Augen und rabenschwarzes Haar hat, das fasse ich geradezu als eine Selbstverständlichkeit auf. Wenn man im Orient reist, jenseits des Suezkanals, sieht man endlich dunkles Haar und dunkle Augen als eine gesetzmäßige Sache an; wie ein natürliches Bodenprodukt, das einem nicht mehr bemerkenswert, kaum mehr erwähnungswürdig erscheint.
Gleich all den Japanerinnen, die ich bisher gesehen, ist Ajame sorgfältig frisiert. Eine lichte Masche sitzt vorne an dem kunstvollen Bauwerk aus wohlgepflegtem schimmernd-schwarzem Haupthaar.
Meine kleine Freundin hat sehr ausgeprägten japanischen Gesichtstypus. Ihr Auge ist von höchst deutlich mongoloidem Charakter. Das obere Augenlid legt sich in ausgiebigem Maße auch über den inneren Augenwinkel und bildet solcherart den „Epikanthus“, die „Mongolenfalte“.
Während Ajame da im Bett auf dem Rücken liegt, bleibt zwischen ihrem oberen und ihrem unteren Augenlid nur ein sehr schmaler, langer Spalt, infolge ihrer eigentümlichen Augenform, obwohl sie die Lider nicht zusammenkneift; Ober- und Unterlid sind einander sehr genähert und in der engen, schlitzartigen Lidspalte ist von der dunklen Iris und überhaupt vom Augapfel nur wenig zu sehen.
Diese Japanerin empfindet wahrscheinlich das Auge des Europäers als etwas Fremdartiges; so wie dem Europäer – oder sagen wir: dem Angehörigen der „Mittelländischen Rasse“ – das Mongolen-Auge als etwas Fremdes erscheint oder unter Umständen als etwas Unschönes, Komisches, – oder als etwas Reizvolles, je nach der Geschmacksrichtung und Stimmung des Betrachters.
Was würden wir wohl fühlen, wenn wir uns für ein Weilchen eine japanische Anschauungsweise aneignen könnten und mit dem Blick eines Japaners griechische Frauen-Statuen betrachten würden, zum Beispiel die βοωπιζ Hera, die „farren-äugige“ Himmelskönigin! – Spaßhaft, was für Augen diese griechischen Frauen haben! Wie die Kühe … Ein sonderbares Schönheitsideal!
Ich betrachte das Gesicht der auf dem Rücken liegenden Ajame und ich sage mir: man könnte von einer Gesichtsfläche, von einem Flächengesicht sprechen. Stirn, Augengegend, die Wangenpartien unter den Augen, all dies liegt, dem Anschein nach, wie in einer Ebene. Die Stirn nicht über dem Auge vorgewölbt, nicht vorspringend, und keine aus der Ebene hinausstrebende, hinausragende Nasenwurzel. Fläche, Flachheit! Ja, es ist überhaupt keine Nasenwurzel, kein Nasenteil zwischen den Augen zu sehen. Anstatt der Nasenwurzel nur eine flache „leere“ Stelle. Und unterhalb dieses Nichts erhebt sich wie das Näschen eines Kindes, wie ein niedliches Fleischknöspchen, das Näschen dieser Japanerin.
– Wenn man die Einzelheiten des Gesichts, eine nach der anderen, hier niederschreibt, mag das vielleicht so klingen, als hätte man's nicht eben mit Schönheiten zu tun. Indes, wie gesagt, der Gesamteindruck von Ajames Gesicht ist sehr angenehm und mancher sonderbare Einzelzug wirkt als reizvolle physiognomische Pikanterie.
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Es wird vielleicht Leute geben, welche der Meinung huldigen: O, es genügt nicht, dass die Liebesgefährtin ein fremdartiges, exotisches Menschenkind ist; durch diesen Umstand allein wird das Liebesereignis noch nicht ungewöhnlich und wunderbar. Man muss viel höhere Anforderungen stellen. Soll das Erlebnis außerordentlich sein, so müssen, vor allem die Liebesgenüsse, welche die Frau spendet, von der gewöhnlichen Form und Norm abschweifen. Eine Frau, welche sich in der Liebe so regulär und einfach benimmt, wie irgendeine biedere schlichte Frau Meier oder Schulze, kann uns doch nicht ein seltsames Liebesabenteuer bieten, und wäre sie noch so sehr japanisch. –
Gewiss, für die Leute, welche unter einem besonderen, absonderlichen erotischen Erlebnis zunächst die außernormalen Gunsterweisungen und Liebkosungen verstehen, müsste die Japanerin Ajame allerdings eine Enttäuschung sein.
Meine gute simple Ajame! Ihre Liebesbezeugungen sind nicht angekränkelt von raffinierten und überraffinierten Regungen, sie könnten vielmehr, wie erwähnt, ebenso wohl die rührend einfachen, rechtschaffenen Zärtlichkeiten einer hausbackenen Europäerin sein; zudem einer Europäerin, der auch an dem Kussgebiet des Liebeslebens nicht viel gelegen ist.
Soweit aus der kurzen Bekanntschaft ein Urteil