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Die verborgenen Geheimnisse. Marc LindnerЧитать онлайн книгу.

Die verborgenen Geheimnisse - Marc Lindner


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ins Kloster.

      „Lass uns noch eine gute Stunde weiter gehen. Solange wird es wohl noch regnen. Glaub mir, im Gehen ist der Regen weniger schlimm, als wenn wir rasten.“

      „Wenn sie das sagen“, lächelte Clara. Sie hatte jede Scheu vor ihm verloren und vertraute ihm.

      Sie wanderten noch geschlagene zwei Stunden bis, dass der Regen endlich abschwächte. Am späten Abend musste Hönnlin alle Register ziehen, um trotz des Regens ein Feuer zu entfachen. Für ihn war es nicht so wichtig, da es trotz des Regens noch recht mild war, aber er fürchtete, dass Clara krank würde, wenn sie sich nicht aufwärmen konnte.

      Mit dem trocken eingewickelten Reisig und Blättern, die er stets für den Folgetag einpackte, schaffte er es, ein kleines Feuer zu entzünden, dem er dann vorsichtig weitere Nahrung gab. Das Feuer knisterte wild während es sich des nassen Holzes annahm. Hönnlin baute ein kleines Überdach aus Ästen, Reisig und Blättern. Clara half ihm ebenso fleißig wie fasziniert.

      Erst als es dunkel wurde, hielt es ganz auf zu regnen und so gab Hönnlin Clara die Ersatzkutte, die er ihretwegen eingepackt hatte. Die nasse Kutte hängte er neben das Feuer.

      Hönnlin beugte sich nach vorne, um nach dem Feuer zu sehen. „Wir sind nicht allein! Denk an das, was ich dir gesagt habe. Sieh keinem in die Augen!“

      Clara war dabei sich die Hände vor dem Feuer zu reiben und hielt inne. Ihr Herz begann wild zu schlagen. Hönnlin hatte ihr so viel gesagt. Die Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Mit einiger Verzögerung merkte sie, dass sie so tun sollte, als wüsste sie von nichts und rieb sich weiter die Hände.

      „So“, richtete sich Hönnlin auf. „Jetzt können wir endlich etwas kochen. Ich vergehe gleich vor Hunger.“

      Clara wollte etwas antworten, doch ihr Mund brachte nichts hervor. All die Male, wo Hönnlin ihr erzählt hatte, dass so etwas passieren könnte, hatte es ihr nichts ausgemacht. Doch nun erfüllte sie Angst. All die Geschichten über die Abtrünnigen schossen ihr durch den Kopf. Einige erzählten gar sie würden andere bei lebendigem Leib essen. Schauer liefen ihr über den Rücken und lähmten sie. Fortwährend rieb sie sich die Hände und verspürte unablässig den Drang sich umdrehen zu müssen.

      „Ich finde das ist das Beste am Reisen“, versuchte Hönnlin ein unauffälliges Bild abzugeben.

      „Waldpilzsuppe.“ Hönnlin gab die Zutaten in den Topf mit dem noch kalten Wasser.

      „Findest du nicht auch, George?“

      Clara nickte stumm.

      „Ich hoffe nur, dass wir Morgen mehr Glück mit dem Wetter haben.“ Hönnlin rührte im Topf und begann die Suppe abzuschmecken, ohne sich daran zu stören, dass er keine Antwort erhielt. Mit sich und der Welt zufrieden, schien er voll und ganz damit beschäftigt, sich um die Suppe zu kümmern.

      Clara ärgerte sich über sich selbst und versuchte ihre Lähmung zu überwinden.

      „Ich habe das Gefühl als würde ich nie mehr warm werden.“

      „Nun“, lachte Hönnlin auf. „Dann bist du wohl nicht fürs Reisen geboren.“ Hönnlin gab weitere Kräuter hinzu. „Aber die Suppe wird helfen. Du wirst sehen, sie muss jetzt nur noch ziehen. Hohl schon mal die Schüsseln heraus.“

      Clara stand auf und suchte im Gepäck nach Schüsseln. Es half ihr zu wissen, was sie tun sollte.

      „Wie ich sehe, gibt es hier etwas zu essen?“ Der Fremde sprach französisch und sein Aussehen ließ keinen Zweifel daran, dass er ein Abtrünniger war. Seine Haare und sein Bart waren ungepflegt, seine Kleider schmutzig und verschlissen. Seine Stimme und sein Tonfall waren aber nicht unfreundlich, auch wenn seine Art eine gewisse Heimtücke nicht verstecken konnte.

      „Du siehst richtig. Wenn du magst kannst du dich mit dazu setzen.“ Hönnlin ließ sich nichts anmerken. Nur Clara stand wie angewurzelt da und starrte den Mann an.

      Hönnlin bot dem Fremden neben sich einen Platz an und nickte in Claras Richtung, damit sie sich setzte.

      „Zu freundlich der Herr!“ Der Fremde setzte sich zu ihnen als wäre dies für ihn alltäglich.

      „Aber bekommt ihr dann nicht zu wenig?“, erkundigte sich der Neuankömmling. Das Mitgefühl in seiner Stimme war wohl geübt.

      „Es sollte reichen, zur Not habe ich noch einen Kanten Brot.“

      Der Mann nickte nachdenklich. „Würde es euch etwas ausmachen, wenn ich meine Frau dazu rufe. Wir haben seit einer Woche nichts Richtiges mehr gegessen.“

      „Nur zu, dann gebe ich noch einige Pilze hinzu.“

      „Zu gütig der Herr“, nickte der Mann eifrig. Dann stand er mühsam auf. Dabei griff er sich an den schmerzenden Rücken. Er atmete zweimal schwerfällig und griff sich mit zwei Fingern in den Mund.

      Ein gellender Pfiff ertönte und in einem weiten Umkreis erhoben sich die Vögel in den dunklen Himmel.

      Erleichtert setzte der Mann sich wieder hin.

      „Mit dem Pfiff kann man ja Tote erwecken“, scherzte Hönnlin anerkennend. Clara war nun starr vor Angst.

      „Meine Frau hat schlechte Ohren“, lachte der Mann und hielt den Topf im Auge.

      Hönnlin war dabei nachzufüllen. Er gab ihren ganzen Vorrat an Pilzen hinzu. „Ich möchte nicht, dass ihr nachher hungrig aufstehen müsst“, erklärte Hönnlin, als er seine weit geöffneten Augen sah. Der Topf war bis oben hin gefüllt und er musste beim Rühren Acht geben, damit er nichts verschüttete.

      „Zu gütig der Herr!“ Ihm lief förmlich das Wasser im Mund zusammen und er zog sich fortwährend die Lippen in den Mund.

      Eine Weile war außer dem Knistern des Feuers nichts zu hören. Dann aber hörte Hönnlin Schritte und kurze Zeit später trat eine Frau zwischen den Bäumen hervor. Aber nicht nur dort raschelte es. Auf der anderen Seite bewegten sich das Gestrüpp ebenfalls. Er hörte wie sie kurz innehielten, doch der Erste war schnell beruhigt und schritt selbstbewusst hervor. Gleich darauf traten zwei weitere Männer hervor.

      „Oh, da sind aber viele hungrig“, lachte Hönnlin erheitert auf und tat als würde er die bedrohliche Spannung nicht spüren. Die Umzinglung war taktischer Natur, falls sie Beide sich hätten zur Wehr setzen wollen.

      „Es sind harte Zeiten“, erklärte der Mann, der neben Hönnlin saß. Sein fixierter Blick auf den Topf verriet, dass er nicht Zeit mit Reden verlieren wollte.

      „Es wird aber knapp werden“, gab sich Hönnlin besorgt.

      „Keine Sorge, das wird schon reichen!“ Einer der neuangekommenen Männer trat näher und begutachtete den Topf. Seine Stimme war gebieterisch und hatte nichts für gespielte Freundlichkeit übrig. „Gib die Teller rüber. Ihr müsst nichts essen“, erklärte er, wie er es sich vorstellte.

      „Mein Herr ihr seid sehr grob“, entrüstete sich Hönnlin.

      „Ich bin hungrig und jetzt gib her, bevor ich mich vergesse!“

      „Mathias, sei nett zu unseren Gastgebern. Sie waren auch sehr freundlich zu mir“, mischte sich der sitzende Mann ein und verteidigte Hönnlin scheinheilig.

      „Dann sorg dafür, dass ich gleich was zu essen habe!“

      „Ihr werdet sicher Verständnis dafür haben“, entschuldigte sich Jules für das Benehmen seines Anführers. „Es sind harte Zeiten“, wiederholte er, als wäre damit alles gerechtfertigt.

      „Wohl wahr“, pflichtete Hönnlin ihm bei. „Der Herr hat mich zu euch geführt, also wird es sein Wille sein, dass ihr heute satt werdet“, nickte Hönnlin fromm und füllte eine der Schüsseln, um sie dem Mann zu reichen.

      „Worauf wartet er, ich habe Hunger“, protestierte Mathias.

      Hönnlin nahm Clara rasch die zweite Schüssel ab. „Verzeiht, George versteht kein Französisch.“ Er füllte die Schüssel.


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