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Kleine Novellen. Уилки КоллинзЧитать онлайн книгу.

Kleine Novellen - Уилки Коллинз


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wünschte, wir wären in ein anderes Haus gegangen« sagte Stein. »Merke dir, was ich sage, diese Frau will uns betrügen.«

      Cosway äußerte seine abweichende Meinung in der freundlichsten Weise. Er füllte das Glas seines Freundes und bat ihn, doch von Frau Pounce nicht solche böse Dinge zu reden.

      Aber das gewöhnlich so sanfte Gemüt Steins schien nun einmal erregt zu sein; er beharrte auf seiner Ansicht. »Sie ist unverschämt und neugierig, wenn sie nicht geradezu unredlich ist« sagte er. »Was für ein Recht hat sie, dich zu fragen, wo wir zu Hause wohnten; und welches unsere Vornamen seien; und wer von uns der ältere sei, du oder ich? O ja — das ist alles ganz schön gesagt, dass sie nur ein schmeichelhaftes Interesse für uns zeige! Ich vermute, sie zeigte ein schmeichelhaftes Interesse für meine Geschäfte, als ich ein wenig früher wie gewöhnlich aufwachte und sie in meinem Schlafzimmer mit meiner Brieftasche in der Hand erwischte.«

      »Glaubst du, dass sie im Begriffe war, die Brieftasche der Sicherheit wegen einzuschließen? Sie weiß ebensogut, wie viel Geld wir bekommen haben, als wir selbst. Jeder Pfennig, den wir besitzen, wird morgen in ihrer Tasche sein. Aber es hat auch sein Gutes — wir werden genötigt sein, das Haus zu verlassen.«

      Selbst dieser zwingende Grund vermochte nicht, Cosway zu einer Erwiderung zu bringen. Er nahm Steins Hut und überreichte ihn seinem prophetischen Freunde mit der äußersten Höflichkeit.

      »Es gibt nur ein Mittel für eine solche Gemütsverfassung wie die deinige« sagte er. »Komm mit mir ins Theater.«

      Am nächsten Morgen um zehn Uhr befand sich Cosway allein am Frühstückstische. Es wurde ihm gesagt, dass Herr Stein ausgegangen sei, um einen kleinen Spaziergang zu machen, und bald wieder zurück sein werde. Als er sich zu Tische setzte, bemerkte er auf seinem Teller ein Kuvert, das augenscheinlich die Rechnung enthielt. Er ergriff es, überlegte einen Augenblick und warf es dann uneröffnet wieder hin. In demselben Augenblick stürzte Stein in großer Aufregung ins Zimmer.

      »Nachrichten, welche dich wundern werden« rief er. »Der Kapitän ist gestern abend angekommen. Die Ärzte sagen, dass die Seereise seine vollständige Wiederherstellung bewirken werde. Das Schiff segelt heute noch ab — und wir haben den Befehl, uns innerhalb einer Stunde an Bord zu melden. Wo ist die Rechnung?«

      Cosway zeigte auf sie. Stein nahm sie aus dem Kuvert. Sie bedeckte zwei Seiten eines ungeheuer langen Streifens Papier. Die Gesamtsumme war mit Linien in roter Tinte schön verziert. Sten sah nach ihr und gab dann Cosway schweigend die Rechnung. Diesmal war selbst Cosway in Bestürzung. In unheimlicher Stille zogen die beiden jungen Männer ihre Brieftaschen hervor, rechneten ihr bares Geld zusammen und verglichen das Ergebnis mit der Rechnung. Ihre gesamten Mittel betrugen etwas mehr als ein Drittel der Forderung der Wirtin.

      Der einzige Weg, der sich darbot, war nach Frau Pounce zu schicken, um ihr die Verhältnisse auseinanderzusetzen und ihr auf der noblen Geschäftsbasis des Kredits einen Vergleich vorzuschlagen.

      Frau Pounce erschien und war prächtig in ein Promenadenkostüm gekleidet. War sie im Begriffe auszugehen oder war sie gerade nach dem Gasthofe zurückgekehrt? Nicht ein Wort entschlüpfte ihr, sie wartete mit ernster Miene, um zu hören, was die Herren wünschten.

      Cosway, darauf vertrauend, dass Frau Pounce ihm bisher ihre Gunst zugewendet hatte, bot ihr den Inhalt ihrer beiden Brieftaschen an und teilte ihr die traurige Wahrheit mit. »Das ist alles Geld, was wir haben« sagte er zuletzt. »Wir hoffen, dass Sie damit einverstanden sind, den Rest Ihres Guthabens in einem Wechsel auf drei Monate in Empfang zu nehmen.«

      Frau Pounce antwortete mit einem Ernst in Wort und Miene, der für Cosway und Stein ganz neu war.

      »Meine Herren, ich habe für Ihre Pferde und Wagen bares Geld an Miete bezahlt« sagte sie; »hier sind die Quittungen der Mietspferdehalter, die dies nachweisen. Ich nehme niemals Wechsel an, wenn ich nicht im voraus ganz sicher bin, dass sie auch bezahlt werden. Ich bestreite, dass Sie eine Überforderung in der gestellten Rechnung nachweisen können und erwarte, dass Sie Zahlung leisten, ehe Sie mein Haus verlassen.«

      Stein sah nach seiner Uhr. »In dreiviertel Stunden« sagte er, »müssen wir an Bord sein.«

      Frau Pounce war ganz seiner Ansicht. »Und wenn Sie nicht an Bord sind« bemerkte sie, »so werden Sie vor ein Kriegsgericht gestellt und vom Dienste entfernt werden, und Ihr guter Ruf wird fürs ganze Leben zu Grunde gerichtet sein.«

      »Verehrteste Frau, wir haben keine Zeit nach Hause zu schicken, und kennen in der Stadt niemand« erklärte Cosway. »Nehmen Sie um Gottes willen unsere Uhren und Juwelen und unser Gepäck und lassen Sie uns gehen.«

      »Ich bin kein Pfandleiher« sagte die unbeugsame Dame. »Sie müssen entweder Ihre unbestreitbare Schuld mir in richtigem Gelde bezahlen oder —«

      Sie machte eine Pause und blickte nach Cosway. Ihr wohlgenährtes Gesicht heiterte sich auf — zum erstenmal zeigte sich ein anmutiges Lächeln auf demselben.

      Cosway starrte sie in unverhohlener Verwirrung an. Verwirrt wiederholte er ihre letzten Worte. »Wir müssen entweder die Rechnung bezahlen« sagte er, »oder was?«

      »Oder« antwortete Frau Pounce, »einer von Ihnen muss mich heiraten.« Scherzte sie? War sie berauscht? Oder war sie von Sinnen? Nichts von all dem. Sie war vollständig Herrin ihrer selbst, und ihre Erklärung war ein Muster von klarer und überzeugender Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse:

      »Meine Stellung hier hat ihre Unannehmlichkeiten« fing sie wieder an. »Ich bin eine alleinstehende Witwe; es ist bekannt, dass ich ein ausgezeichnetes Geschäft und erspartes Geld habe. Die Folge davon ist, dass ich von einer Schar geldgieriger Lumpen zu Tode gequält werde, die mich heiraten wollen. In dieser Lage bin ich Beleidigungen und Verleumdungen ausgesetzt. Selbst wenn ich nicht wüsste, dass die Männer es nur auf mein Geld abgesehen haben, wäre doch nicht einer unter ihnen, den ich zu heiraten wagen würde. Er möchte sich als Tyrann erweisen und mich schlagen, oder als Trunkenbold, und mich beschimpfen, oder als ein Spieler, der mich zu Grunde richtet. Wie Sie sehen, ist es zu meiner eigenen Sicherheit und Ruhe nötig, dass ich mich für verheiratet erklären und den Beweis dafür durch einen Heiratsschein erbringen kann. Ein Herr aus gebildeter Familie, der eine angesehene Stellung zu gewähren hat und an Jahren so viel jünger ist als ich selbst, dass er nicht daran denkt, mit mir zusammenzuleben — das wäre so ein Ehegatte, der mir passte! Meine Herren, ich bin eine vernünftige Frau. Ich würde darauf eingehen, mich von meinem Gemahl an der Kirchtür wieder zu trennen, und nachher niemals wieder versuchen, ihn zu sehen, oder ihm auch nur zu schreiben. Ich würde, wenn nötig, nur meinen Heiratsschein vorzeigen, ohne irgendwelche Erklärungen abzugeben. Ihr Geheimnis würde ganz sicher bei mir aufgehoben sein. Ich kümmere mich nicht im geringsten um Sie, so lange Sie meinem Zweck entsprechen.

      Was sagen Sie dazu, dass einer von Ihnen in dieser Weise meine Rechnung bezahlt? Ich bin bereits für den Altar gekleidet und der amtierende Geistliche hat Nachricht erhalten.

      Ich ziehe Herrn Cosway vor« fuhr das schreckliche Weib in grausamster Ironie fort, »weil er mich bisher mit Aufmerksamkeit behandelt hat. Die Heiratserlaubnis, die ich vor vierzehn Tagen in dieser Voraussetzung erwirkt habe, ist auf seinen Namen ausgestellt. So weit geht meine Vorliebe für Herrn Cosway. Aber das hat nichts zu sagen, falls Herr Stein seinen Platz einnehmen will. Er kann unter seines Freundes Namen aufgerufen werden. O ja, er kann es! Ich habe meinen Rechtsanwalt befragt. So lange als Braut und Bräutigam darin übereinstimmen, können sie unter einem beliebigen Namen getraut werden, und die Ehe ist rechtsgültig. Sehen Sie nochmals auf Ihre Uhr, Herr Stein. Die Kirche ist in der nächsten Straße. Nach meiner Berechnung haben Sie gerade noch fünf Minuten Zeit, sich zu entschließen. Ich bin eine pünktliche Frau, meine lieben Jungen, und werde auf die Minute wieder zurück sein.« Sie öffnete die Tür, zögerte einen Augenblick und kehrte in das Zimmer zurück.

      »Ich hätte sagen sollen« fing sie wieder an, »dass ich Ihnen am Schlusse der Feierlichkeit mit der quittierten Rechnung ein Geschenk machen werde. Ich werde Sie mit allem Gelde, das Sie in der Tasche haben, in meinem eigenen Boote auf das Schiff bringen lassen und Ihnen einen Korb mit guten Esswaren mitgeben. Danach habe ich mit Ihnen nichts mehr zu schaffen.


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