Die fröhliche Wissenschaft. Friedrich Wilhelm NietzscheЧитать онлайн книгу.
ich des Suchens müde ward,
Erlernte ich das Finden.
Seit mir ein Wind hielt Widerpart,
Segl' ich mit allen Winden.
Unverzagt
Wo du stehst, grabtief hinein!
Drunten ist die Quelle!
Laß die dunklen Männer schrein:
»Stets ist drunten – Hölle!«
Zwiegespräch
War ich krank? Bin ich genesen?
Und wer ist mein Arzt gewesen?
Wie vergass ich alles Das!
Jetzt erst glaub ich dich genesen:
Denn gesund ist, wer vergass.
An die Tugendsamen
Unseren Tugenden auch soll'n leicht die Füsse sich heben:
Gleich den Versen Homer's müssen sie kommen und gehn!
Welt-Klugheit
Bleib nicht auf ebnem Feld!
Steig nicht zu hoch hinaus!
Am schönsten sieht die Welt
Von halber Höhe aus.
Vademecum-Vadetecum
Es lockt dich meine Art und Sprach,
Du folgest mir, du gehst mir nach?
Geh nur dir selber treulich nach: –
So folgst du mir – gemach! gemach!
Bei der dritten Häutung
Schon krümmt und bricht sich mir die Haut,
Schon giert mit neuem Drange,
So viel sie Erde schon verdaut,
Nach Erd' in mir die Schlange.
Schon kriech' ich zwischen Stein und Gras
Hungrig auf krummer Fährte,
Zu essen Das, was stets ich ass,
Dich, Schlangenkost, dich, Erde!
Meine Rosen
Ja! Mein Glück – es will beglücken –,
Alles Glück will ja beglücken!
Wollt ihr meine Rosen pflücken?
Müsst euch bücken und verstecken
Zwischen Fels und Dornenhecken,
Oft die Fingerchen euch lecken!
Denn mein Glück – es liebt das Necken!
Denn mein Glück – es liebt die Tücken! –
Wollt ihr meine Rosen pflücken?
Der Verächter
Vieles lass ich fall'n und rollen,
Und ihr nennt mich drum Verächter.
Wer da trinkt aus allzuvollen
Bechern, lässt viel fall'n und rollen –,
Denkt vom Weine drum nicht schlechter.
Das Sprüchwort spricht
Scharf und milde, grob und fein,
Vertraut und seltsam, schmutzig und rein,
Der Narren und Weisen Stelldichein:
Dies Alles bin ich, will ich sein,
Taube zugleich, Schlange und Schwein!
An einen Lichtfreund
Willst du nicht Aug' und Sinn ermatten,
Lauf' auch der Sonne nach im Schatten!
Für Tänzer
Glattes Eis
Ein Paradeis
Für Den, der gut zu tanzen weiss.
Der Brave
Lieber aus ganzem Holz eine Feindschaft,
Als eine geleimte Freundschaft!
Rost
Auch Rost tut not: Scharfsein ist nicht genung!
Sonst sagt man stets von dir: »er ist zu jung!«
Aufwärts
»Wie komm ich am besten den Berg hinan?« –
Steig nur hinauf und denk nicht dran!
Spruch des Gewaltmenschen
Bitte nie! Lass dies Gewimmer!
Nimm, ich bitte dich, nimm immer!
Schmale Seelen
Schmale Seelen sind mir verhasst;
Da steht nichts Gutes, nichts Böses fast.
Der unfreiwillige Verführer
Er schloss ein leeres Wort zum Zeitvertreib
In's Blaue – und doch fiel darob ein Weib.
Zur Erwägung
Zwiefacher Schmerz ist leichter zu tragen,
Als Ein Schmerz: willst du darauf es wagen?
Gegen die Hoffahrt
Blas dich nicht auf: sonst bringet dich
Zum Platzen schon ein kleiner Stich.
Mann und Weib
»Raub dir das Weib, für das dein Herze fühlt!« –
So denkt der Mann; das Weib raubt nicht, es stiehlt.
Interpretation
Leg ich mich aus, so leg ich mich hinein:
Ich kann nicht selbst mein Interprete sein.
Doch wer nur steigt auf seiner eignen Bahn,
Trägt auch mein Bild zu hellerm Licht hinan.
Pessimisten-Arznei
Du klagst, dass Nichts dir schmackhaft sei?
Noch immer, Freund, die alten Mucken?
Ich hör dich lästern, lärmen, spucken –
Geduld und Herz bricht mir dabei.
Folg mir, mein Freund! Entschliess dich frei,
Ein fettes Krötchen zu verschlucken,
Geschwind und ohne hinzugucken! –
Das hilft dir von der Dyspepsei!
Bitte
Ich