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Morde am Fließband: Kriminalgeschichten. Alexis WillibaldЧитать онлайн книгу.

Morde am Fließband: Kriminalgeschichten - Alexis Willibald


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Name erhielt einen guten Klang; und da Kapitän Hind (wie er jetzt vom Volke genannt wurde) seine royalistischen Gesinnungen gegen niemand verbarg, so darf angenommen werden, daß es ihm nicht an heimlichen Freunden fehlte, welche selbst zwar nicht gegen die herrschende Gewalt ihr Haupt zu erheben wagten, ihm aber gern Winke gaben, wo Beute zu finden und Gefahr zu meiden war.

      Hughes Peters war ein bekannter Königsmörder. In Enfield-Chase begegnete ihm der Wegelagerer und forderte seine Börse. Peters verlor nicht die Geistesgegenwart; er glaubte den gefürchteten Räuber mit Worten entwaffnen zu können.

      »Steht nicht geschrieben in der Heiligen Schrift: Du sollst nicht stehlen?« rief er ihm zu. »Auch sagt Salomo der Weise: Beraubet nicht den Dürftigen, denn er ist dürftig,«

      Kapitän Hind ließ sich nicht verblüffen und wußte mit allerhand Waffen zu fechten. Aus dem Vaterhause waren ihm die Bibelstellen erinnerlich geblieben, und er antwortete ihm auf der Stelle: »So du selber die Vorschriften des Gesetzes bei dir behalten, dann hättest du auch die Worte des Propheten gewußt, wider die du gesündigt: Sie haben gefesselt ihre Könige und ihre Edlen in Eisen geschmiedet! Schändlicher Heuchler, du wagst die heilige Schrift zu zitieren, und aus der Schrift habt ihr verfluchten Republikaner euern königlichen Herrn und Gebieter gerichtet und ihn vor seinem eigenen Palast geopfert!«

      Peters ließ sich aber dadurch nicht stumm machen. Er verteidigte den Königsmord durch andere Bibelstellen und schloß damit, daß der Straßenraub eine sowohl vor göttlichen als menschlichen Gesetzen verdammungswürdige Handlung sei.

      »Still!« rief ihm Hind zu. »Keine Injurien gegen mein Handwerk! Denn sagt nicht auch Salomo ausdrücklich: Du sollst auch den Räuber nicht verachten! Aber wir sind nicht hier beieinander um theologischer Disputationen willen. Schließ deine Ohren auf und höre, was es gilt. Heraus auf der Stelle mit deinem Gelde, oder ich schicke dich zu deinem König und Herrn in die andere Welt, wo du mich anklagen magst.«

      Auf diese Anrede gingen dem alten Presbyterianer seine Gründe aus. Er griff seufzend in die Tasche und gab ihm seine Börse. Der Kapitän hätte billigermaßen mit dem Abenteuer zufrieden sein können, denn es hatte ihm dreißig Goldstücke ohne Kampf eingebracht; aber er überschlug, als der Beraubte schon seines Weges zog, daß er doch auch für die Mühe seines theologischen Unterrichts eine Erkenntlichkeit verdiene, und die Lust, den verhaßten Feind seiner loyalistischen Sache noch ein wenig zu quälen, kitzelte ihn. Er gab seinem Pferde die Sporen und holte den geängstigten Mann bald wieder ein.

      »Heda, Master!« rief er ihm zu. »Mir ist da eben ein Gedanke gekommen. Weißt du wohl, warum dir das Unglück begegnet ist? Ich weiß es. Weil du die Worte der Schrift vergessen hast. Steht es nicht geschrieben: So ihr auf Reisen seid, führet nicht mit euch Gold oder Silber, ja selber nicht Kupfergeld in eurem Sack!? – Und du, frommer Mann, hast dich so vergessen gegen das Gebot, daß du so vieles Gold in deinen Beutel stecktest! Siehst du nicht, daß ich die Macht habe, dir alles zu befehlen, was mir einfällt? Und ich sehe gar nicht ab, warum ich es nicht tun soll. Also bitte ich dich, gib mir auch deinen Mantel.«

      Der unglückliche Königsmörder fand keine Bibelstelle, um ihm die Bitte zu verweigern. Er gab ihm das Geforderte ohne Widerstreben.

      Der Räuber war aber auch damit noch nicht zufrieden: »Unser Herr und Heiland spricht: Wer dir den Mantel nimmt, dem wehre nicht den Rock. Nun kann ich mir nicht denken, daß du gegen das Gebot sündigen willst. Solltest du es aber vergessen haben, so siehst du doch, daß ich dich in Güte daran erinnere, und wärst mir Dank schuldig.«

      Auch seinen letzten Rock auszuziehen, wollte dem armen Puritaner doch zu hart dünken. Er machte verschiedene Gegenvorstellungen, diesmal aber nicht aus der Bibel, sondern aus allgemein menschlichen Gründen. Der Kapitän blickte ihn ernst an und erklärte, solche Gründe könnten ihn nicht bewegen, von einer Forderung abzustehen, welche durch die Heilige Schrift geboten sei.

      Peters mußte seufzend auch seinen Rock ausziehen und in Hemdsärmeln den Weg nach Hause antreten. Die Tat, mit allen Umständen, wurde ruchbar, denn der Kapitän Hind mochte selbst gern von seinen Abenteuern reden, und sie fand im Publikum großen Beifall.

      Hughes Peters bekleidete eine Pfarre. Am nächsten Sonntage wollte er von der Kanzel herab gegen die Straßenräuber losdonnern und wählte zum Text seiner Predigt einen Vers aus den Psalmen. Ein Witzbold unter den Zuhörern bemerkte so laut, daß es alle hörten: »Wahrhaftig, wenn nicht etwa Kapitän Hind unter uns ist, so wüßte ich doch niemand, der respondieren könnte.« Ein allgemeines Gelächter brach unwillkürlich aus; die Andacht war gestört, und der Geistliche mußte die Kanzel verlassen.

      Eines Tages traf James Hind auf dem Wege von Sherbourn nach Shaftesbury in Yorkshire den viel verrufenen Sergeant Bradshaw, welcher der Kommission, die Karl I. zum Tode verurteilt hatte, als Präsident vorgesessen und das Todesurteil gegen den Monarchen ausgesprochen hatte. Bradshaw fuhr in einem Wagen. Hind ritt heran und forderte seine Börse. Der Mann des Schreckens glaubte, daß sein bloßer Name hinreiche, um den Räuber in einen heilsamen Schrecken zu versetzen. »Ich bin Bradshaw«, rief er mit feierlicher Stimme aus.

      Aber der Kapitän antwortete ihm mit Heftigkeit: »Ob du Bradshaw bist oder einer von den andern Hunden, die ihres Königs Blut gesoffen haben, ich fürchte dich nicht und könnte auch an dir tun, was du an deinem Herrn getan. Ich würde ein gutes Werk tun vor Gott und dem Lande; aber lebe nur fort, du Schuft, und laß dich von deinem Gewissen quälen, bis dich der Henker faßt, wie du es verdienst. Du verdienst nicht, von andern Händen zu sterben, und Tyburn, das ist der Ort, wo du hingehörst. Aber merke dir’s, ich schone nur darum dein Leben, weil du ein Königsmörder bist, aber als sonstiger Schuft erwürge ich dich augenblicklich, wenn du einen Augenblick zögerst, mir alles Geld, das du bei dir führst, auszuliefern.«

      Bradshaw zog seine Börse hervor, die nur vierzig Schillinge enthielt. Der Kapitän, sehr erbittert über den Bettel, den man ihm bot, setzte ihm die Pistole auf die Brust und drohte ihm ein Loch zu schießen, daß die Sterne durch seinen Leib scheinen sollten, wenn er nicht besseres Geld auffinde. Der Sergeant mußte sein Felleisen öffnen und reichte dem Räuber eine volle Börse mit Goldstücken.

      James Hind war damit keineswegs zufrieden. Goldes war es genug, er wollte aber auch noch sein Mütchen kühlen, sich seiner guten Tat bewußt werden, indem er den Charakter des schlechten Mannes recht ins Licht stellte und ihn auf alle mögliche Art quälte. Deshalb ritt er noch eine Weile neben dem Beraubten her und klingelte ihm dann und wann mit der geraubten Börse um die Ohren, indem er in Absätzen ein Loblied auf das Geld anstimmte.

      »Schau, Ehrenmann, das ist das Metall, das mein Herz erfreut! – O kostbares Gold, fast verehre ich dich, wie die Bradshaw, Pryn, und wie das andere gottlose Gesindel heißt, das seinen Herrn und Heiland auch darum verraten würde, so er noch einmal zur Erde herabkäme. Das ist die Universalmedizin der großen republikanischen Ärzte. Solche Wundertäter haben die Katholiken nicht; dagegen sind nichts die Künste der Jesuiten. Das ist ein Zauberer, dem alles ein Spiel ist. Die Gerechtigkeit macht es blind und taub. Es wäscht dir jeden Flecken ab, selbst den pechschwarzen Verrat. In zwei, drei Tagen ändert es so durchaus einen ganzen Menschen, als sieben volle Jahre sonst nicht tun. Wer noch gestern ein Rebell war, wenn es sein muß, das Geld macht ihn heute zu einem loyalen Mann. Ja einem Schuft, wie du, um Geld glauben sie dir, daß du eine ehrliche, unschuldige Seele bist. Das ist ein Lebenstropfen; eine Sache, die schon im Aussterben ist, für Geld erholt sie sich wieder und glaubt noch einmal an sich selbst. Und desgleichen kann ich damit Verschwörungen und Parteien, die sich dem Teufel verschworen, sprengen; Narren mache ich zu Weisen und aus Weisen Narren und aus beiden, wie’s mir gefällt, gerade solche Bösewichter, als du bist.«

      Kapitän Hind, nachdem er genug zum Lobe des Geldes gesprochen, zog seine Pistole heraus und spannte den Hahn. Bradshaw zitterte. Aber der Räuber sprach:

      »Du und deine höllische Bande, ihr seid nun lange genug, wie Jehu, auf eurer Laufbahn von Blut und Gottlosigkeit fortgerannt, und euer Vorwand war ein heiliger Eifer für den Herrn und seine Heerscharen. Wie lange ihr noch darauf fortlaufen werdet, das weiß Gott allein. Wie dem auch sei, ich meinesteils will alles tun, euch ein bißchen aufzuhalten.«

      Damit drückte er die Pistole los, aber nicht


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