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Morde am Fließband: Kriminalgeschichten. Alexis WillibaldЧитать онлайн книгу.

Morde am Fließband: Kriminalgeschichten - Alexis Willibald


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starken Vergrößerungsglases ergab sich indessen die Adresse des Hauses Nr. 2108 in der Kastanienallee zu Saint Louis. Die Schrift schien von der Hand des Schreibers des »Jim-Cumming-Briefes« herzurühren.

      Unverzüglich begaben sich einige Detektivs in das betreffende Haus. Eine ältere Frau mit scharfgeschnittenen Zügen und klugen Augen öffnete die Tür und redete die Polizeibeamten, ohne ihre Fragen abzuwarten, mit den Worten an: »Ach, ich kann mir schon denken, was Sie wollen. Sie kommen, um sich nach zwei Männern zu erkundigen, die hier gewohnt haben. Mir waren sie gleich verdächtig.« Die Detektivs erwiderten, ihre Vermutung sei ganz richtig, und baten um eine genaue Personalbeschreibung. Mrs. Berry, die Hauswirtin, entsprach dieser Aufforderung sofort und erzählte: »Am 18. Oktober mieteten sich zwei Männer ein, am 22. Oktober reiste der eine ab mit der von Saint Louis nach San Francisco gehenden Eisenbahn, angeblich nach Kansas-City. Der andere, der sich Williams nannte, blieb noch da. Er sagte, er erwarte noch wichtige Briefe. In der Tat kam auch ein Brief, Williams las ihn und teilte mir mit, daß er sofort nach Kansas-City abfahren müsse. Am 25. Oktober – dem in Frage kommenden Tage – verließ er abends das Haus. Er führte einen Reisesack bei sich.«

      Nun wurde das Zimmer, in dem die beiden Männer gewohnt hatten, genau durchsucht. Es war leer, aber man fand eine leere Medizinflasche mit der Firma eines benachbarten Apothekers und die Visitenkarte eines bekannten Arztes in Saint Louis darin. Der Apotheker und der Arzt konnten sich des Mannes, dem die Arznei verschrieben worden war, noch genau erinnern, ihre Angaben über Größe, Kleidung und Aussehen des Fremden stimmten mit denen der Frau Berry überein.

      Ein Lokomotivführer der Saint-Louis- und San-Francisco -Eisenbahngesellschaft, Johnson, dessen Lokomotive am Abend des 25. Oktober vor der Abfahrt des Eilzuges in der Halle des Stationsgebäudes von Saint Louis gegenüber dem unter der Obhut Fotheringhams stehenden Postwagen auf einem Nebengleise gehalten hatte, meldete sich freiwillig zu einer Aussage. Er gab an: »Unmittelbar vor der Abfahrt des Eilzuges kam von der Seite her, auf der die Fahrgäste nicht einstiegen, ein Mann in größter Eile herbeigelaufen, warf einen Reisesack in den Postwagen der Erpreß-Company und schwang sich mit Hilfe des Postbeamten noch hinein, als der Zug sich schon in Bewegung gesetzt hatte. Ich hatte der Sache anfänglich keine weitere Bedeutung beigelegt und dachte erst dann wieder daran, als ich den Jim-Cummings-Brief in der Zeitung las. Ich hielt mich für verpflichtet, meine Wahrnehmung mitzuteilen, weil aus ihr hervorgeht, daß der Postbeamte bei der Abfahrt des Zuges nicht allein in seinem Wagen gewesen ist.«

      Johnson beschrieb den Reisesack des Fremden, und es ergab sich daraus, daß es der Reisesack gewesen war, den der Bewohner des Hauses Nr. 2108 bei sich getragen hatte, als er sich zur Eisenbahn begeben hatte.

      Die Detektivs nahmen nochmals eine gründliche Untersuchung des Zimmers vor, in dem Williams und sein Genosse gewohnt hatten.

      Als der Stubenteppich aufgehoben wurde, fand man unter ihm den abgerissenen Fetzen einer Begleitadresse für ein Eilfrachtstück, auf dem ein kleines Siegel auf grünem Lack aufgedrückt war, und dieses Siegel glich auf ein Haar dem Siegel, das den »Jim-Cummings-Brief« an den »Globe Democrat« verschlossen hatte. Eine sorgfältige Besichtigung des Adressenfragmentes bewies, daß es von einer Eilfrachtsendung herrührte, die wenige Tage vorher von Saint-Charles am Missouri über die Pazifik-Kreuzung nach Saint Louis abgegangen war.

      Die Bücher und Register der Expreß-Company wurden aufmerksam durchgesehen; sie bewiesen, daß die Begleitadresse an zwei Reisesäcken befestigt gewesen war, die offenbar von den in dem Hause der Kastanienallee zu Saint Louis wohnenden beiden Männern aufgegeben worden waren.

      Die Detektivs zogen aus diesen Tatsachen den Schluß, daß der eine von den beiden verdächtigen unbekannten Männern, der am 22. Oktober das Haus verlassen hatte, den Eilzug nach San Francisco nur ein StÜck habe begleiten wollen, um das Terrain zu sondieren, und seinen Genossen dann brieflich von seinen Beobachtungen und der Lage der Dinge in Kenntnis gesetzt habe, worauf dieser am 25. Oktober abgereist sei und den Überfall ausgeführt habe.

      Andere Detektivs hatten inzwischen das Tun und Treiben des entlassenen Postbeamten Haight unablässig überwacht und ausgekundschaftet, daß es ihm recht schlecht gegangen war und er in den dürftigsten Verhältnissen gelebt hatte. Erst einen oder zwei Tage nach dem Raube hatte sich plötzlich seine Lage geändert. Er hatte einige dringende kleine Schulden bezahlt, war am 27. Oktober von Chikago nach dem Süden zu, wie er sagte, nach Florida, abgereist, und auch seine Frau hatte bald darauf die Stadt verlassen.

      Friedrich Witrock, der Kohlenhändler, befand sich während der Zeit, als diese Nachforschungen im Gange waren, nicht in der Stadt. Er war am 12. Oktober von Chikago abgereist und zugleich mit ihm sein Nachbar, der Wäscher Thomas Neaver, mit dem er befreundet war.

      Jeder von beiden hatte einen Reisesack und eine Jagdflinte mitgenommen, um, wie sie sagten, in Arkansas zu jagen.

      Weaver kehrte am 23. Oktober nach Chikago allein zurück. Man erkundigte sich nun nach Witrock. Sein Signalement machte es wahrscheinlich, daß er mit dem Mieter Williams in Saint Louis identisch sein könne.

      Die Detektivs verschafften sich Proben von Witrocks Handschrift, und die Redaktion des »Globe Democrat« stellte ihnen die ihr zugegangenen »Jim-Cummings-Briefe« zur Verfügung, und dieses Material wurde vereidigten Sachverständigen übergeben, die beauftragt wurden, eine Vergleichung der Handschriften vorzunehmen.

      In dem letzten jener Briefe, dessen Zweck wiederum war, Fotheringhams Unschuld nachzuweisen, prahlte der Schreiber damit, daß er über alle näheren Umstände des Raubes genau Bescheid wisse. Es hieß dann weiter, in dem im Wartesaal des Stationsgebäudes von Saint Louis versteckt gewesenen Paket befinde sich ein unbeschriebener Briefbogen mit der vorgedruckten Firma der Adams-Expreß-Company. Dieser Briefbogen müsse doch der Polizei die Augen öffnen, denn auf einen gleichen Bogen sei die gefälschte Ordre geschrieben gewesen, die der Räuber dem Postbeamten vorgezeigt habe, um Autritt zu dem Postwagen zu erhalten. Der Räuber habe sich nach vollbrachter Tat von der Pazifik-Kreuzung an die Ufer des Missouri begeben und sei in der Nähe von Saint-Charles in einem bereitgehaltenen Kahn stromaufwärts gerudert.

      Um die Richtigkeit dieser Angaben zu prüfen, verfügten sich die Detektivs nach Saint-Charles, und es gelang ihnen, folgende Tatsachen festzustellen:

      Am 14. Oktober waren in der genannten Stadt zwei unbekannte Männer eingetroffen, deren Signalement auf Witrock und Weaver paßte; sie hatten einen Nachen und einen Vorrat von Lebensmitteln für mehrere Tage eingekauft und waren sodann stromaufwärts wieder weggefahren. Bei der Ankunft in Saint-Charles hatten sie zwei Reisesäcke mit sich geführt, die sie nicht mit in den Kahn genommen, sondern durch die Bahn über die Pazifik-Kreuzung nach Saint Louis gesandt hatten. Der Nachen war etliche Wochen nach dem Raube, halb vergraben im Sande, in einem Abflußloch des Missouri wiedergefunden worden.

      Um diese verschiedenen Fäden zu verknüpfen und Klarheit zu gewinnen, wurden Thomas Weaver und die Kohlenniederlage Witrocks, die während seiner Abwesenheit sein Schwager Eduard Kinney verwaltete, von Detektivs beobachtet.

      Andere Detektivs begaben sich nach Leavenworth, um in der Heimat von William Haight und Friedrich Witrock Nachforschungen anzustellen. Die Mutter und die Schwester Witrocks lebten schon seit langer Zeit dort und erfreuten sich des besten Rufs. Vor kurzem hatte sich die Frau des Haight mit ihrem Kinde ebenfalls dort niedergelassen. Sie stand mit ihrem Manne in Briefwechsel. Man erfuhr dadurch seinen Aufenthalt und seine Adresse. Er lebte in Nashville im Staate Tennessee und betrieb dort das Gewerbe eines Dachdeckers. Auch Haight wurde nun unter die Aufsicht von Detektivs gestellt.

      Frau Berry in der Kastanienallee von Saint Louis, bei der die zwei Männer, vermutlich Witrock und Weaver, vom 18. bis 25. Oktober zur Miete gewohnt hatten, hatte einen Sohn und eine Tochter. Diese reisten in Begleitung von Detektiven nach Chikago und erhielten Gelegenheit, den Wäscher Thomas Weaver zu sehen. Sie erklärten beide mit völliger Bestimmtheit, daß er der eine von jenen beiden Männern wäre, und zwar derjenige, der zuerst, nämlich am 22. Oktober, mit dem nach San Francisco gehenden Zuge abgereist sei.

      Das war ein entscheidendes Zeugnis. Das Einverständnis zwischen Haight, Witrock, Weaoer und vielleicht auch Kinney und ihre Beteiligung an dem Verbrechen schien so ziemlich bewiesen zu sein.

      Dagegen


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