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WASTELAND - Schuld und Sühne. Russell BlakeЧитать онлайн книгу.

WASTELAND - Schuld und Sühne - Russell Blake


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befand. Er kniete sich hin und nutzte einen Baumstamm, um den Lauf der M4 ruhig zu halten. Sein Finger tastete nach dem Sicherungshebel. Es war die Einstellung für kurze Feuerstöße.

      Der Wind drehte und drückte das hohe Gras in der Nähe herunter. Die Brise trug den Gestank von saurem Schweiß und Verwesung von den bewaffneten Männern zu ihm. Typisch für die Leichenfledderer, die die Wüste unsicher machten. Ihr Interesse an Hygiene und regelmäßigen Bädern war minimal. Lucas verzog bei der Duftnote das Gesicht und nahm die erste Gestalt durch das Nachtzielgerät ins Visier. Das grünliche Abbild war taghell, dank wiederaufladbaren Akkus. Der Bewaffnete trug etwas, das wie eine doppelläufige Schrotflinte aussah. Das bestätigte Lucas' Einschätzung, dass es sich um Grenzratten handelte, die sein Lagerfeuer bemerkt hatten und ihm wie Motten zum Licht gefolgt waren – Opportunisten auf der Suche nach leichter Beute.

      Genau das sollte, wenn es nach ihm ging, ihr letzter Fehler gewesen sein.

      Sein Finger krümmte sich um den Abzug und sein Sturmgewehr bellte die erste Salve heraus, die den Mann mit der Flinte traf. Die Kugeln warfen ihn herum, bevor er ins Gras stürzte.

      Lucas hatte bereits den zweiten Mann im Visier, der sich herumwarf und in seine Richtung feuerte, ihn aber weit verfehlte. Lucas mähte ihn mit zwei gezielten Salven nieder. Das Gewehr fiel aus den Händen des Mannes, als er vornüber kippte.

      Lucas suchte das Gras durch sein Zielfernrohr ab, auf der Suche nach dem Dritten und fluchte im Stillen. Nichts.

      Der Kerl war im hohen Gras verschwunden und offensichtlich schlau genug, nicht wild drauflos zu ballern.

      Das brachte Lucas in eine Zwickmühle: Sollte er warten, bis der Kerl sich zeigte, in der Hoffnung, dass er der Schnellere war? Oder sollte er sich zurückziehen und eine erhöhte Position suchen, von der aus er den Schützen vielleicht ausmachen konnte, weil das Gras aus dieser Perspektive nur wenig Deckung bot?

      Er machte sich die Entscheidung nicht schwer. Lucas löste sich vom Baum und verschwand in den Schatten, um zur Rückseite der Lichtung und zu dem Felsvorsprung zurückzukehren.

      Als er dort eintraf, hoffte er insgeheim, dass der Leichenfledderer das Weite gesucht hatte, nachdem seine Kumpanen erledigt waren. Der Kerl konnte schließlich nicht ahnen, wie viele Männer das Lager verteidigten und er kämpfte jetzt allein. Das Element der Überraschung hatte er auch verloren, war also klar im Nachteil.

      Lucas nahm seinen Hut ab und legte ihn neben sich, bevor er durch den Spalt zwischen den Felsen spähte. Wie erwartet bot das Gras von hier oben aus keine Deckung, denn er konnte die toten Angreifer leicht ausmachen.

      Den dritten Mann aber entdeckte er nicht.

      Ein Wiehern unten am Fuß des Hügels bestätigte seinen ersten Verdacht. Der Mann hatte sich zurückgezogen, da er nicht wusste, woher die Schüsse kamen, und war zu den Pferden gelaufen.

      Lucas wartete ein paar Minuten und lief, als er keine Bewegung mehr entdecken konnte, geduckt den Pfad zu den Bäumen hinunter.

      Die Pferde waren verschwunden.

      Er nickte gedankenvoll. Tote Männer brauchten keine Pferde und ihr ganzer irdischer Besitz war vermutlich in den Satteltaschen gewesen. Also war der dritte Mann gerade deutlich wohlhabender geworden, dank der Besitztümer seiner Gefährten und dem Marktwert ihrer Pferde.

      Lucas lief zu Tango zurück, immer noch wachsam. Er blieb bei jeder der Leichen stehen, musste aber dabei die Luft anhalten. Er konnte über den schlechten Zustand ihrer Waffen und die dreckigen Lumpen, die sie am Leib trugen, nur den Kopf schütteln. Dass die Menschheit auf dieses Niveau herabgesunken war, machte ihn traurig, aber Gewissensbisse hatte er keine. Es ging um Leben und Tod in diesen Tagen und er konnte es sich nicht leisten, zu zögern oder zimperlich zu sein. Diese hässliche neue Welt kannte keine Gnade und er fragte sich bereits, ob es nicht eine schlechte Entscheidung gewesen war, den Plünderer entkommen zu lassen.

      Tango wartete schon auf ihn, sichtlich aufgeregt wegen des Schusswechsels, hielt aber die Stellung. Die Frau war nach wie vor bewusstlos und ahnte nichts von dem Drama, das sich um sie herum abgespielt hatte. Lucas verschwendete keine Zeit damit, den kostbaren Stolperdraht wieder einzusammeln, sondern sattelte Tango, befestigte die Trage und war binnen Minuten von der Lichtung verschwunden. Er ritt durch die vom Sternenlicht schwach erleuchteten Hügel, während die letzten Ausläufer des Gewitters, das seinen Zorn in den Bergen losgelassen hatte, noch ein paar vereinzelte Blitze über die Gipfel zeichneten. Lucas hasste es, bei Nacht zu reisen, aber er wollte das Risiko nicht eingehen, dass der Leichenfledderer später mit Freunden zurückkehrte. Das Lager war entdeckt worden und somit nutzlos für ihn. Er würde es in Zukunft umgehen, wenn er wieder in der Gegend war. Aasfresser würden sich um die Leichen der Gefallenen kümmern und binnen eines Tages würden nicht viel mehr als blanke Knochen übrig sein, nachdem sich die Kojoten, die Geier und schließlich die Insekten bedient hatten. Hier im Niemandsland wurde nichts verschwendet. Nicht einmal menschlicher Abfall, der lieber seine eigene Spezies jagte, statt von ehrlicher Feldarbeit zu leben.

      »Wir haben noch einen langen Weg«, flüsterte Lucas Tango zu und klopfte ihm auf den Nacken. Nur allein sein Überlebenswille verbannte noch die Erschöpfung, die er bei sich selbst spürte.

      Kapitel 4

      Bei Tagesanbruch konnte Lucas den Handelsposten ausmachen. Nicht, dass es viel zu sehen gegeben hätte: Zwei Gebäude und ein überdachter Außenbereich auf einer Anhöhe nahe der Grenze zwischen Texas und New Mexico. Die Nähe zum Staudamm von Red Bluff und dem Pecos River machten ihn zu einem idealen Umschlagplatz für Waren, mit Carlsbad und Loving im Norden in New Mexico und Pecos, Texas im Süden.

      Lucas lebte auf einer 50 Hektar großen Ranch in der Umgebung von Loving, seit er nach dem Tod seiner Frau sein Haus in El Paso aufgegeben hatte. Bei gutem Wetter war der Handelsposten einen harten Tagesritt von der Ranch entfernt. Aber das Feuerwasser seines Großvaters, der White Lightning, und das eine oder andere Wildpferd, das Lucas einfangen konnte, brauchten einen Käufer, und das war der letzte Außenposten der Zivilisation bis runter nach Pecos. Das war zu einem Unterschlupf für Knast-Gangs heruntergekommen und dort gehörten Mord und Totschlag zum Tagesgeschäft.

      Lucas drehte sich im Sattel, um nach der Frau zu sehen. Ihr Gesicht war wachsbleich, ein schockierender Kontrast zur braunen Haut ihrer Unterarme. Dass sie so lange durchgehalten hatte, war schon ein kleines Wunder, doch er hatte getan, was er konnte. Er hatte keine Asse mehr im Ärmel. Seine einzige Hoffnung war Duke, der Halsabschneider, der den Handelsposten leitete. Vielleicht konnte er etwas für ihre Brustwunde tun. Er genoss den Ruf eines Universalgenies und war beim Militär gewesen, bevor er seinen Laden eröffnet hatte. Er kannte sich vermutlich besser als Lucas mit Schusswunden aus.

      Er brauchte noch eine weitere Stunde bis zum Handelsposten und als er näherkam, erkannte er anerkennend, dass die Felsen zu beiden Seiten erst mit roter, dann mit gelber und schließlich mit weißer Farbe markiert worden waren. Sie unterteilten das Areal in Zonen von jeweils einhundert Metern, sodass man die Entfernung leichter abschätzen konnte, wenn der Posten angegriffen wurde. Das war in der Vergangenheit schon mehrfach geschehen. Herumziehende Gangs hatten es mit einem leichten Ziel verwechselt, da sie nicht wussten, dass Dukes Männer alles Ex-Militärs waren, kampferprobt und tödlich wie Skorpione. In letzter Zeit war es relativ friedlich gewesen, nachdem Duke sich den Ruf erworben hatte, ein Mann zu sein, mit dem man sich besser nicht anlegte. Außerdem hörte man Geschichten, dass man hier eine Menge verbotener Dinge kaufen konnte, wenn man die Tauschware dafür hatte.

      Seit dem Kollaps basierte Handel wieder auf Tauschgeschäften. Duke verlangte fünf bis zehn Prozent vom Warenwert für die Geschäfte in einem sicheren Umfeld. Und er war die letzte Hoffnung für die Verkäufer, deren Waren keinen Interessenten fanden. Bei ihm konnte man Waren gegen Gold und Silber oder andere Wertgegenstände eintauschen. Zudem verfügte er über ein Waffenarsenal, das ein Bataillon Marines neidisch gemacht hätte, über Tanks mit gefiltertem Wasser und über Nahrungsmittel aus heimischem Anbau, kurz gesagt alles, was man nur begehrte.

      Das machte ihn allerdings auch zu einem Ziel für Überfälle. Lucas schmunzelte, als er sich den Eisentoren


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