DER SMARAGD-BUDDHA (Drake Ramsey 2). Russell BlakeЧитать онлайн книгу.
trachteten. Der Mord an Hamal Qureschi würde einen Aufschrei zur Folge haben und hoffentlich das Interesse an Verschwörungstheorien dämpfen. Ob das klappen würde, lag nicht in Jacks Ermessen. Er war nur der Handlanger, der die Drecksarbeit machen musste. Und seinen Job machte er wirklich gut.
»Alles klar. Lasst uns Funkstille halten, bis wir losschlagen. Es kann nicht mehr lange dauern. Bleibt wachsam!«
Jack beendete das Gespräch und sah zu, wie der demolierte Nissan davonrollte, wobei er eine schwarze Rauchwolke zurückließ. Schon seit drei Tagen waren Jack und seine Leute in diesem Kaff, um alles vorzubereiten – und nun war endlich ihre große Stunde gekommen. Das Warten war wirklich der härteste Teil an dem Job. Aus seiner Erfahrung wusste er, sobald die ersten Schüsse fielen, würde alles in Windeseile vorbei sein. Etwa zwei Minuten, für deren Vorbereitung hunderttausende Dollar in die Beschaffung von Informationen, Waffen, falschen Papieren und Bestechungsgeldern geflossen waren. Zwei Minuten, um den großen Qureschi und seine Wachen ins Jenseits zu befördern.
Die vier Kartenspieler waren bereits in seinem Plan vermerkt. Wenn sie es wagen sollten, Gegenwehr zu leisten, würde er sie ausschalten, ohne mit der Wimper zu zucken. Kollateralschäden waren schließlich bei so einer Mission nicht zu vermeiden. Berufsrisiko, dachte Jack und wünschte den Männern insgeheim, dass sie einfach beim ersten Anzeichen von Gefahr in Deckung gehen würden, statt dem Geistlichen zur Seite zu springen.
Das Satellitentelefon auf dem Tisch begann zu blinken, womit es einen eingehenden Anruf anzeigte. Es gab nur eine Person, die diese Nummer kannte, und Jack nahm blitzschnell ab.
»Abbruch. Ich wiederhole, Abbruch!«, tönte es aus der Leitung.
Jacks Augen verengten sich. »Warum?«
»Ihr seid aufgeflogen!«
»Aufgeflogen? Wie das denn?«
»Haut einfach ab! Es ist vorbei! Jemand hat vor einer Stunde alle Details ins Internet gestellt – wir haben es gerade erfahren. Die Uhr läuft! Du kannst davon ausgehen, dass die Pakistanis alles daran setzen werden, euch zu schnappen! Ihr müsst euer Bestes geben, um das zu verhindern!«
»Könnt ihr sie nicht ablenken?«
»Das machen wir schon, sonst wärt ihr längst tot! Aber wir können sie nicht mehr lange aufhalten. Verschwindet! Jetzt sofort!«
»Alles klar. Ich melde mich, wenn die Luft rein ist.«
Jack legte auf und dachte kurz nach, dann steckte er sich den Ohrstöpsel wieder ein und gab die Informationen an sein Team weiter. Am Ende des Häuserblocks sprang der Motor eines Autos an und der Wagen verschwand in die Nacht. Mehr musste Jack nicht wissen. Seine Jungs waren alle schon groß. Den Fluchtplan kannten sie auswendig und jeder von ihnen würde seine eigene Route nehmen, um das Land zu verlassen.
Ein Glück, dass er jede Mission genauestens durchplante und dabei höchst argwöhnisch war. Viele seiner Kollegen würden sich einfach an die Standardprozeduren halten, statt Geld und Zeit in einen Plan zu investieren, den nur sie selbst kannten. Aber Jack gehörte nicht dazu. Die Narben, die Kugeln und Schrapnelle an seinem Körper hinterlassen hatten, erinnerten ihn bei jeder Dusche daran, wie gefährlich sein Beruf war.
Er zerlegte in Windeseile das Barrett-Gewehr, das er extra auf schnelle Demontage optimiert hatte, und ließ es zusammen mit der AKM und den Magazinen in einem schwarzen Nylon-Seesack verschwinden. Als Letztes warf er das Nachtsichtgerät und die Sturmhaube hinein.
Zwanzig Sekunden später war er die Treppe hinuntergeeilt und näherte sich gerade dem Eingangstor, als er auch schon das unverkennbare Geräusch eines schweren Helikopters vernahm, der sich schnell näherte. So viel zu den Hinhaltetaktiken. Es würde eine verdammt knappe Nummer werden.
Er öffnete das Tor und hetzte den zerbröselnden Gehweg hinunter – der Anspruch, sich unauffällig zu benehmen, war dahin. Er musste die Gegend verlassen, bevor ein besonders gewissenhafter pakistanischer Polizeibeamter auf die Idee kam, das ganze Gebiet abriegeln zu lassen.
An der nächsten Ecke bog er in eine düstere Gasse ein, deren Straßenlaternen längst defekt waren, und joggte dann auf einen verbeulten Pick-up-Truck vom Typ Toyota Hilux zu. Er ließ sich hinter das Lenkrad gleiten und warf seine Tasche auf den Beifahrersitz. In der Fahrerkabine blieb es dunkel; die Glühlampe hatte er als Vorsichtsmaßnahme entfernt. Solche Kleinigkeiten konnten den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen, das wusste er genau.
Der Motor sprang mit einem Röcheln an und er legte den erste Gang ein. Nachdem er zwei Blocks hinter sich gelassen hatte, sah er im Rückspiegel zwei Hubschrauber mit gleißenden Suchscheinwerfern, die über die Dächer der Nachbarschaft tanzten, in der er sich eben noch aufgehalten hatte.
»Verdammt«, murmelte er und kämpfte gegen den Drang an, das Gaspedal durchzutreten. Wenn er Glück hatte, würde er es schaffen. Wenn nicht … tja. Er durfte jedenfalls nicht zulassen, dass er geschnappt wurde. Seine rechte Hand streifte über den Griff seiner Pistole und er verzog das Gesicht. Er hoffte wirklich, dass es nicht dazu kommen würde, aber es gab Schlimmeres als den Tod.
Sirenen heulten in der Ferne auf und er versuchte abzuschätzen, aus welcher Richtung sie kamen. Sobald die örtliche Polizei alarmiert war, würden seine Chancen immer weiter sinken. Jacks Gedanken kreisten um das Gespräch mit seinem Einsatzleiter. Jemand hatte Details von einer streng geheimen Operation ins Netz gestellt. Was hatte das zu bedeuten? Natürlich war ganz offensichtlich, dass sie infiltriert worden waren. Aber wie konnte das sein? Rein technisch war es absolut unmöglich.
Das Jaulen einer Sirene ganz in seiner Nähe bewies das Gegenteil. Ein Polizeitransporter bog um eine Ecke hinter ihm und raste auf ihn zu. Jack wog seine Optionen ab, während er das Fahrzeug im Außenspiegel näherkommen sah. Er war gerade im Begriff, eine Vollbremsung zu machen, als der Polizeiwagen mit quietschenden Reifen in eine Seitenstraße abbog.
»Ganz ruhig bleiben, Jack«, sagte er zu sich selbst. Auf einmal sehnte er sich nach einem Drink, obwohl er seit über zehn Jahren keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt hatte. Doch nun sah er ganz klar einen golden schimmernden Bourbon vor seinem geistigen Auge, roch das herrliche Aroma und spürte, wie die Flüssigkeit seine Kehle hinunterrann und sich ein wohlig-warmes Gefühl in seinem Körper ausbreitete. Alte Gewohnheit, dachte Jack und fuhr in gemäßigtem Tempo weiter, wobei er die Ohren spitzte, um weitere mögliche Verfolger rechtzeitig wahrzunehmen.
Als er den Stadtrand erreicht hatte, fiel sein Blick auf die Tankanzeige. Halbvoll, was bedeutete, dass er es noch locker nach Peshawar schaffen würde, wo er ein paar Tage untertauchen konnte, um sich dann nach Afghanistan abzusetzen. Es grenzte zwar an Selbstmord, hier in der Gegend nachts herumzufahren, aber er hatte keine Wahl.
So wenig Lust er auch dazu verspürte, als Nächstes musste er an einem Müllcontainer halten und seine Waffen wegwerfen. Denn die würden ihn verraten, und man musste es seinen Gegnern ja nicht zu leicht machen. Es war klar, dass sie auf ihn Jagd machen würden, aber die Waffen würden garantiert nie gefunden werden – denn auf dem Schwarzmarkt brachten sie einen stolzen Preis ein, der für einen Müllmann mehrere Monatslöhne bedeutete.
Mit einem letzten Kontrollblick auf die Straße hinter ihm kletterte er wieder in den Wagen und steuerte ihn nach Westen auf den Kyber-Pass zu. So würde ihm hoffentlich die Flucht gelingen.
Kapitel 2
24 Stunden später, Xishuangbanna, Yunnan-Provinz, China
Christine Whitfield schaute auf, als sich die Eingangstür der Wohnung ihres Freundes öffnete. Sie sah sofort, dass er aufgeregt war, und zwar nicht zu knapp. Seine normalerweise entspannten Gesichtszüge waren von Angst gezeichnet – eine Emotion, die auf dem faltenfreien Gesicht des Endzwanzigers deplatziert wirkte.
»Was ist los, Liu?«, fragte sie. »Ich dachte, du bist bis morgen in Guandu.«
»Wir müssen verschwinden«, sagte er knapp und schnappte sich seinen Laptop. »Jetzt sofort.«
»Was?