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Shinobi - Dem Untergang geweiht. Danny SeelЧитать онлайн книгу.

Shinobi - Dem Untergang geweiht - Danny Seel


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Nabari

      Totenstille hatte sich über das Dorf von Nabari gelegt und der Mond war das einzige Licht, das den Nachthimmel erleuchtete. Diese Geräuschlosigkeit wurde lediglich vom unaufhörlichen Zirpen der Zikaden unterbrochen. In wenigen Stunden würde das Morgengrauen anbrechen und Nabari wieder aufleben.

      Ein Augenpaar beobachtete die Straße. Nachdem sich die Gestalt, deren Gesicht von einem dunkelblauen Tuch verhüllt war, umgesehen hatte, lief sie langsam zum schützenden Schatten eines Gebäudes. Aufgrund des lautlosen Ganges und der angewohnten Wachsamkeit schien es ein Shinobi, ein professioneller Spion, zu sein.

      Halb hockend schlich er weiter vorwärts, wobei er sich ständig umschaute. Sobald er sich von jeglicher Abwesenheit eines Menschen vergewissert hatte, entspannte er sich ein wenig. Seine Augen huschten über einige Häuser, bis sie auf einem Gebäude hängen blieben. Auf der Hut bleibend, begab er sich in die Richtung seines Ziels.

      Auf einmal vernahm er Schritte. Blitzschnell sprang er seitwärts und ließ sich zu Boden fallen, um sich im Schatten zu verstecken. Er presste tonlos seinen Körper gegen die Wand des Gebäudes neben sich.

      Aus den Augenwinkeln erblickte er einen Mann mit einer kleinen Laterne, die nur wenig Licht spendete. Dieser ging langsamen Schrittes auf der Straße, ohne sich von irgendetwas ablenken zu lassen. Er schien nicht einmal zu ahnen, dass er beobachtet wurde, denn er wanderte selbstvergessen weiter, sodass er einige Sekunden später am anderen Ende der Straße verschwand und nun außer Sichtweite war.

      Der Shinobi wartete vorsichtshalber noch eine Minute lang, bevor er sein Versteck verließ. Langsam erhob er sich und musterte seine Umgebung zum wiederholten Male. Die Luft schien diesmal rein zu sein. Leichtfüßig erreichte er das Haus, das er die ganze Zeit im Visier behalten hatte, und umrundete das gesamte Gebäude, bis er vor der Tür stand. Er wusste, dass sie offen sein würde, denn nicht jeder Kaufmann oder gar Samurai konnte sich Schlösser leisten.

      Leise öffnete er die Schiebetür und spähte hinein. Drinnen sah er einen eher kleinen Eingangsraum. Dieser war zugleich auch das Esszimmer, denn in dessen Mitte hatte man ein Irori eingebaut, eine quadratische Öffnung im Boden, umgeben von einem Holzrahmen und mit Sand gefüllt, über welcher ein kleiner Wasserkessel von der Decke hing.

      Der Shinobi überflog flüchtig den ganzen Raum mit den Augen, bevor er sich hineinstahl. Ohne einen weiteren Gedanken an seine Umgebung zu verschwenden, schlich er an der tiefliegenden Kochstelle vorbei und begab sich zur Tür, die zum Schlafzimmer führte. Dort blieb er stehen und horchte. Er konnte männliches Schnarchen vernehmen.

      Geräuschlos zog er einen kleinen mit Öl gefüllten Behälter aus seinem Kimono heraus, bevor er umsichtig ein wenig davon unter die Tür goss. Nachdem er das Fläschchen wieder in seinen Obi verstaut hatte, begann er die Schiebetür aufzumachen.

      Es funktioniert!, lächelte er daraufhin, als kein Knarren ertönte. Er öffnete die Tür um einen Spalt und ließ seinen Blick hineinwandern.

      Am anderen Ende des Raumes konnte er die unklare Form eines Mannes ausmachen, der auf einem Futon, einer Schlafmatratze, lag und schlief. Direkt daneben lag griffbereit ein Kurzschwert.

      Sein Zielobjekt beäugend, blickte sich der Shinobi im Zimmer um. Eine hölzerne Kiste stand zu seiner Rechten, während sich daneben einige Tongefäße befanden. Außer diesen sowie einer kleinen Pflanze, die als einzige Dekoration im Hause diente, gab es kaum weitere Möbelstücke.

      Der Shinobi schluckte seine Nervosität herunter, als er begriff, dass das Schwierigste noch bevorstand. Mit außerordentlicher Vorsicht und Langsamkeit ging er einige Schritte auf den schlafenden Mann zu. Nun blieb er neben ihm stehen und versuchte herauszufinden, wie tief sein Schlaf war. Unfähig dies einzuschätzen, zögerte er einen Moment lang und fasste den Entschluss, einfach fortzufahren und seine Aufgabe so schnell wie möglich auszuführen.

      Unruhig kniete er sich neben dem Mann hin und lehnte seinen Körper nach vorne, wobei er sich Mühe gab, das schwache Mondlicht nicht zu blockieren, das auf das Gesicht des Schlafenden fiel. Die Augen des Letzteren waren geschlossen und seine Brust hob und senkte sich regelmäßig.

      Mit Bedacht streckte der Shinobi den Arm über die schlafende Gestalt aus und ertastete langsam das Schwert, das auf der anderen Seite des Futon lag. Vor Aufregung, seinen Auftrag beinahe ausgeführt zu haben, atmete er leicht ein. Einigermaßen erleichtert begann er seinen Arm mit dem Kurzschwert zurückzuziehen.

      Plötzlich wurde sein Arm von einer Hand ergriffen. Erschrocken weiteten sich seine Augen, als er sah, wie der erst vor kurzem noch schlafende Mann ihm bedrohlich ins Gesicht starrte.

      3. Die Lehre

      Augenblicklich wollte sich der Shinobi wehren, erstarrte jedoch, sobald er den kalten Stahl eines Messers an seiner Kehle spürte. Überlegen blickte der Mann den Eindringling an.

      „Nachlässigkeit ist ein großer Feind“, wisperte er.

      Der Shinobi wagte es nicht, sich zu rühren. Bedächtig starrte ihn der Mann an, wobei seine Miene unbewegt blieb. Auf einmal grinste dieser triumphierend und senkte die Waffe.

      „Guter Versuch, Taikikun. Aber es gibt immer noch einige Kleinigkeiten, die du verbessern könntest“, lächelte er vergnügt.

      Der Shinobi zog sich das umwickelte Tuch vom Kopf. Das enttäuschte Gesicht eines neunjährigen Jungen kam zum Vorschein.

      „Onkel Yujiro, was habe ich diesmal falsch gemacht?“, fragte er etwas irritiert. Die kindliche Unschuld war noch deutlich in seiner Stimme zu hören.

      Kiyonori Yujiro, der ein Chūnin, einer der Assistenten des Jōnin, des Clan-Anführers, Momochi Tanba, war, nahm behutsam das Kurzschwert, das sein Neffe in der Hand hielt, und legte es wieder neben seinem Bett. Er setzte sich auf, bevor er antwortete.

      „Beruhige immer deinen Geist und deine Gedanken, bevor du überhaupt etwas tust, denn ich weiß, dass du gezögert hast. Das ist einer der schlimmsten Fehler, die ein Shinobi begehen kann. Befreie dich jedes Mal von der Angst, dem Zweifel und dem Zögern. Sonst wirst du noch mehr Fehler begehen und es besteht somit die Möglichkeit, dass jemand deine Anwesenheit spüren wird.“

      Verblüfft klappte Taiki die Kinnlade herunter. „Was? Meinen Sie das ernst?“

      Sein Onkel nickte. „Ich konnte deine Unentschlossenheit hautnah fühlen. Doch was mich geweckt hat, war etwas ganz anderes.“

      Der Junge warf ihm einen fragenden Blick zu. „Und was war das?“

      „Dein Atem.“

      „Mein Atem?“

      „Genau. Immer wenn du dich einer Person näherst mit der Absicht unentdeckt zu bleiben, musst du immer deinen Atem an die dieser Person angleichen. Verstanden?“

      Taiki nickte und senkte irritiert den Kopf. „Aber so werde ich nie ein richtiger Shinobi!“

      „Taikikun, wir lernen von unseren Fehlern. Glaubst du etwa, dass ich als Shinobi geboren wurde?“

      Der Junge schüttelte den Kopf. „Aber wann bin ich endlich komplett ausgebildet?“

      „Du hast erst knapp über die Hälfte deines Trainings hinter dir. Frag deinen Cousin; er wird dir mehr darüber sagen können als ich.“ Yujiro unterdrückte ein Gähnen. „Und jetzt solltest du lieber nach Hause gehen. Ich möchte noch ein paar Stunden Schlaf bekommen. Vergiss nicht zum Unterricht zu kommen.“

      Mit diesen Worten legte Kiyonori sich wider hin, ohne seinem Neffen weitere Aufmerksamkeit zu schenken. Taiki erhob sich von den Knien und verließ das Zimmer.

      * * *

      „Taikikun, wo verbleibt deine Schwester?“, fragte Yujiro, nachdem er vor seinem Neffen stehen geblieben war.

      Die Sonne war bereits am Horizont zu sehen und spendete ihrer Umgebung etwas Licht. Die Bäume, von denen sie umgeben waren, ragten hoch über die beiden.

      „Da kommt sie“, antwortete der Junge, als


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