Эротические рассказы

Minarett. Leila AboulelaЧитать онлайн книгу.

Minarett - Leila  Aboulela


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sie dann berührte.

      Die Dienstboten regten sich, und aus dem hinteren Teil des Hauses hörte ich das brausende Wasser, jemand räusperte sich und nieste, Pantoffeln schlurften über den Betonboden ihrer Unterkunft. Eine Glühbirne ging an. Sie machten sich zum Gebet bereit. Sie hatten sich aus dem Schlaf gequält, um zu beten. Ich war hellwach und betete nicht.

      Vier

      Es erstaunte meine Freunde nicht mehr, dass Anwar nach den Vorlesungen auf mich wartete. Wir gingen meist zur Cafeteria der naturwissenschaftlichen Fakultät, weil uns dort weniger Leute kannten, obwohl Anwar wegen seiner politischen Aktivitäten eine vertraute Erscheinung war. Er sprach nicht oft über Politik mit mir, aber manchmal fragte er mich seltsame Dinge.

      »Wie viele Hausangestellte habt ihr?«

      Ich begann nachzuzählen, was ich noch nie getan hatte. »Die Köchin, das äthiopische Mädchen, der Boy, der Wächter und Mûssa, der Chauffeur. Das sind alle. Nein, einen Gärtner haben wir noch, aber der kommt nicht jeden Tag.«

      »Macht sechs.«

      »Ja … sechs.«

      »Und ihr seid zu viert?«

      »Wir haben aber viele Gäste«, verteidigte ich mich. Der Campus war fast leer. Es war Mittagszeit, Siestazeit, und alle schützten sich drin vor der Sonne, aber es war immerhin Winter und die Sonne erträglich. Um vier oder fünf schien sie weniger grell, und dann würde sich der Campus für die Abendvorlesungen wieder füllen.

      »Findest du es denn nicht ungerecht, dass es so krasse Unterschiede in den Lebensumständen gibt? Im Westsudan herrscht Hungersnot. Unser Land ist eines der ärmsten der Welt.«

      Ich rutschte auf meinem Stuhl herum und sagte: »Ich kann ja auch nichts machen.«

      Seine Stimme wurde etwas sanfter, und so sah er mich auch an. »Aber das stimmt nicht. Wir müssen das System verändern. Es liegt immer an den Studenten und den Arbeitern, den Wandel zu bringen.«

      Ich erzählte ihm, was ich im Time über die Iranische Revolution gelesen hatte. Es schien ihn zu belustigen, dass ich Time las. Vielleicht weil es auf Englisch geschrieben und mein Englisch sehr gut war, da ich eine Privatschule besucht hatte. Oder weil es eine amerikanische Zeitschrift war.

      Ich wollte wissen, was er von der Revolution hielt. Er dozierte eine Weile darüber und begrüsste den Sturz des Schahs, war aber gegen einen islamischen Staat. Er sagte dasselbe wie Randa – »Wir müssen vorwärtsgehen und nicht zurück« – und sprach verächtlich von den schwarzen Tschadors.

      »Dann hast du also ein sehr fortschrittliches Bild von der Rolle der Frau?« Ich lächelte erfreut über die Wendung, die das Gespräch nahm, denn jetzt konnte ich flirten und mir einmal mehr beweisen, dass ich ihm trotz meiner Herkunft gefiel.

      Anwar schrieb für eine der Studentenzeitungen, die der Front. Die handschriftlichen Ausgaben wurden allwöchentlich ans Anschlagbrett der Cafeteria geheftet. Es gab jedes Mal einen Auflauf, die Studenten drängten sich davor und stellten sich auf die Zehenspitzen, um die obersten Seiten zu lesen, und hockten sich auf die Fersen für die unteren. Nach ein, zwei Tagen, wenn der Andrang nachgelassen hatte, riskierte ich auch einen Blick. Die meisten Artikel langweilten mich, aber seine las ich immer und versuchte ernsthaft, sie zu würdigen. Meist jedoch lenkten mich die Farben der Buchstaben und die Schönheit der Handschrift von der Bedeutung der Worte ab. Die Titel prangten in grossen, fliessenden Lettern und wirkten dreidimensional in ihrem kühnen Rot mit schwarzer Schattierung. Es gab auch einige Illustrationen: ein Blatt an einem Artikelende oder eine fliegende Taube. Auch Karikaturen, Glossen und ein zynischer Witz fehlten nicht. Innerhalb der Mauern der Universität herrschte Redefreiheit. Die Mauern der Universität waren heilig, und selbst die Polizei durfte nicht hinein. Aber alle wussten, dass es Spione gab. Stolz erzählte mir Anwar, dass die Geheimpolizei eine Akte über ihn hatte.

      Wie er meinen Namen sagte. Wie er »Du lässt mich nicht kalt« sagte. Manchmal beleidigte er mich und nannte mich dumm, und manchmal brachte er mich zum Lachen.

      Ich erzählte Mama von ihm. Sie sagte: »Setz deinen Ruf nicht aufs Spiel, und verschwende deine Zeit nicht mit einem, der nie ein passender Ehemann für dich sein wird.« Sie sah, dass ich nicht überzeugt war, und ihr Ton wurde schärfer: »Dein Vater würde nie einwilligen. Und mit deinem gewohnten Leben wäre es vorbei: keine Bediensteten und keine Reisen mehr. Glaub mir, du würdest dich schlecht fühlen vor deinen Freunden und der Familie. Es wäre eine solche Demütigung für dich und für uns.«

      »Okay«, sagte ich allzu laut, »okay.«

      Ihre Stimme wurde begütigend und wollte erklären. »Ich hab dich doch so erzogen, dass du in der Gesellschaft etwas gelten und einen gewissen Lebensstandard halten kannst.«

      Ich stapfte hinaus und erhaschte den Blick echter Sorge in ihren Augen. Sie hatte Angst, ich könnte ungehorsam sein und etwas Überstürztes tun. Aber der Rhythmus des Studentenlebens lullte mich ein: Ich ging Tag für Tag an die Uni, und manchmal sah ich ihn und manchmal nicht. Ich wusste nicht, ob ich in seinen Zukunftsplänen vorkam; er liess sich nichts anmerken. Und meine Träume waren von Popsongs und amerikanischen Filmen geprägt. Bis ich mir kopfschüttelnd klarmachte, dass er ja genau diese Dinge verachtete.

      Sein Englisch war gut, was Wortschatz und Grammatik betraf, aber er sprach es zugegebenermassen mit starkem Akzent. Seine Kleider waren sauber und hatten gefällige Farben – aber sie waren altmodisch, und statt Socken und Turnschuhen trug er Sandalen. Er war nicht an einer Privatschule gewesen und hatte keine Privatlehrer gehabt; er war einfach intelligent, er las und besuchte Vorträge und Debatten. Sein Vater arbeitete als technischer Leiter bei der Eisenbahn. Er hatte zwei Onkel, einer war studierter Architekt und wegen Mitgliedschaft bei der Kommunistischen Partei im Gefängnis gewesen. Er hatte fünf Geschwister: Die älteste Schwester war Polizistin, verheiratet und hatte ein Kind. Ein Bruder studierte in Moskau und einer an der Aussenstelle der Universität Kairo in Khartum. Dann kam Anwar, und zwei jüngere Schwestern besuchten noch die Grundschule. Eine der jüngeren Schwestern war krank, aber davon sprach er ungern. Seine Mutter war ausgebildete Krankenschwester, aber sie arbeitete nicht mehr. Er hatte eine Tante, die das grosse Los gezogen hatte und mit ihrem Mann nach Saudi-Arabien gegangen war. Er wohnte im Studentenheim und ging nur selten nach Hause, obwohl sein Elternhaus gleich hinter der Brücke in Sâfia lag. Er rauchte täglich, trank aber nur gelegentlich. Er rauchte bloss Zigaretten und betete nicht. Im Ramadan fastete er nie, er sah nicht ein, weshalb. Im Ausland war er noch nie gewesen, aber er hatte das Land bereist, war in Port Sudan und in den Nuba-Bergen, in al-Ubajjid und sogar in Dschuba ganz im Süden gewesen. Ich war noch nie aus Khartum herausgekommen.

      »Warum reist du nach Europa und willst dir nicht lieber dein eigenes Land ansehen? Unser Land ist doch so schön«, sagte er, entfachte ein Streichholz und zündete sich eine Zigarette an. Wenn uns niemand sah, abends, wenn die Universität schwach beleuchtet war, hielten wir Händchen oder sassen so nahe beisammen, dass unsere Arme sich berührten.

      Der Redner stand auf einer umgedrehten Plastikkiste unter einem Baum. Ein sanfter Wind blies, und die Sonne schien mild, aber ich hielt trotzdem mein Schreibheft über den Kopf und kniff die Augen zusammen. Um mich herum war ein Gedränge. Mädchen im weissen Tob waren da und auch einige wie ich, mit dem Notizheft über dem Kopf. Ein paar Jungs sassen im Gras und andere auf dem Sims, der die Wege vom Garten trennte. In der Ferne wirbelte ein Rasensprenger und warf Wasserfontänen über die Blumenbeete und das Gras. Heute funktionierte das Mikrofon, und das machte den Unterschied. Es zog mehr Menschen an, und das Echo von Anwars Stimme drang in die Cafeteria und bis in die Bibliothek.

      Er sprach unaufgeregt zuerst, beinahe kühl, und dann mit kontrollierter Leidenschaft. Er hielt sich zurück und wartete die Herausforderungen und Provokationen ab, die mit den Fragen kommen würden. Erst dann lieferte er seine besten Formulierungen, die schärfsten Argumente, den Sarkasmus und die Pointe, nach der er grinsend die Brauen hochzog, wie um zu sagen: Ich schliesse mein Plädoyer ab. Ein Witz, der den Gegner vorführte, ein guter Witz, über den die im Gras glucksten und die in den hinteren Reihen lächelten. Ich war stolz auf ihn, und ihm zuzuschauen und zuzuhören


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