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20.000 Meilen unterm Meer. Jules VerneЧитать онлайн книгу.

20.000 Meilen unterm Meer - Jules Verne


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Zoll dick gepanzert!“

      „Verdammt!“

      Die Jagd ging von neuem an, und der Kommandant sprach zu mir:

      „Ich gebe nicht auf und sollte die Maschine zum Teufel gehen!“

      „Ja“, erwiderte ich, „Sie haben recht!“

      Man mochte hoffen, das Tier werde ermüden; aber es verflossen Stunden ohne ein Anzeichen von Ermüdung.

      Übrigens muß man anerkennen, daß der „Abraham Lincoln“ mit unermüdlicher Ausdauer kämpfte. Aber es kam die Nacht und hüllte das unruhige Meer in Dunkel.

      So glaubte ich denn schon, unsere Expedition wäre zu Ende, und wir bekämen das Tier nicht mehr zu Gesicht. Ich irrte. Um zehn Uhr fünfzig Minuten kam die elektrische, helle Stelle wieder zum Vorschein, drei Meilen von der Fregatte, so rein und stark wie in der vorigen Nacht.

      Der Narwal schien unbeweglich. Vielleicht schlief er vor Ermüdung und wiegte sich in dien Wogen? Das wollte der Kommandant benutzen.

      Er erteilte seine Befehle. Der „Abraham Lincoln“ fuhr mit schwachem Dampf vorsichtig, um seinen Gegner nicht zu wecken. Man trifft nicht selten die Walfische auf offener See in tiefem Schlaf und greift sie dann mit Vorteil an. Ned-Land hatte manche während des Schlafes harpuniert. Der Kanadier begab sich wieder auf seinen Posten am Bugspriet.

      Die Fregatte näherte sich geräuschlos, hielt zwei Kabellängen weit von dem Tier an. Man hörte an Bord keinen Atemzug, tiefes Schweigen herrschte auf dem Verdeck. Wir befanden uns keine hundert Fuß von dem glühenden Brennpunkt, dessen Glanz zunahm und die Augen blendete.

      In dem Augenblick sah ich am Geländer des Vorderkastells Ned-Land über mir, wie er mit starker Hand die fürchterliche Harpune schwang. Kaum zwanzig Fuß von dem Tiere entfernt, schleuderte er mit kräftigem Arm seine Waffe; ich hörte laut das Anprallen derselben, als habe sie einen harten Körper getroffen.

      Die elektrische Helle erlosch plötzlich, und zwei enorme Wasserstrudel entluden, gleich einem reißenden Strom, sich auf das Verdeck der Fregatte, warf die Mannschaft zu Boden, zerriß die Bindseile.

      Ein furchtbarer Stoß schleuderte mich über die Sente ins Meer.

      Ich wurde sofort etwa zwanzig Fuß in das Meer gerissen. Als guter Schwimmer verlor ich bei dem Untertauchen nicht den Kopf. Zwei kräftige Stöße mit den Fersen brachten mich wieder an die Oberfläche.

      Sofort suchte ich die Fregatte. Hatte die Mannschaft mein Verschwinden gemerkt? Hatte der „Abraham Lincoln“ sich gedreht? Hatte der Kommandant Farragut ein Boot ins Meer gelassen? Durfte ich auf Rettung hoffen?

      Tiefes Dunkel ringsum. Ich sah im Osten eine schwarze Masse verschwinden, deren leuchtende Feuer in der Ferne verloschen. Es war die Fregatte. Jetzt hielt ich mich für verloren.

      „Zu Hilfe! Hilfe!“ schrie ich. Ich vermochte kaum mehr eine Bewegung zu machen.

      Meine Kleider hinderten mich. Sie klebten im Wasser an meinem Leibe. Ich sank unter! Die Luft ging mir aus . . .!

      „Zu Hilfe!“ Nun kam das Ende.

      Mein Mund schluckte Wasser! . . . Wasser. In den Abgrund versinkend zappelte ich . . . Plötzlich wurden meine Kleider von kräftiger Hand gefaßt, ich fühlte mich ungestüm an die Oberfläche des Meeres emporgezogen, und ich hörte, ja, ich hörte diese Worte mir ins Ohr geschrien:

      „Wenn mein Herr die große Güte haben will, sich auf meine Schultern zu stützen, wird er viel bequemer schwimmen.“

      „Du!“ gurgelte ich, „du!“

      „Ich“, Conseil sprach ruhig wie daheim, „und zu meines Herrn Befehl!“

      „Der Stoß . . . hat dich . . . zugleich mit mir . . . ins Meer geschleudert . . .?“

      „Keineswegs. Da ich in meines Herrn Dienst stehe, bin ich ihm nachgesprungen.“

      Der Brave! Aber mein Hirn arbeitete fieberhaft.

      „Und die Fregatte?“ fragte ich.

      „Die Fregatte!“ Conseil legte sich wieder auf den Rücken, „ich glaube, mein Herr wird wohl tun, nicht allzuviel auf sie zu rechnen!“

      „Weiter . . .!“

      „Hörte ich die Leute noch am Steuer rufen: Schraube und Steuer zerbrochen . . .“

      „Zerbrochen?“

      „Ja, durch den Zahn des Ungeheuers. Schlimm für uns, ‚Lincoln’ ist nicht mehr imstande, zu steuern!“

      „Dann sind wir verloren!“

      „Vielleicht.“ Conseil war seelenruhig. „Doch wir haben noch einige Stunden vor uns, und in einigen Stunden kann man viel zustande bringen!“

      Die unverwüstliche Kaltblütigkeit Conseils gab mir wieder Mut. Ich konnte wieder schwimmen; aber da meine Kleider mir anklebten wie ein bleierner Mantel, so konnte ich nur mit äußerster Mühe aushalten. Conseil bemerkte es.

      „Erlaube mir, mein Herr, einen Schnitt zu machen.“

      Und er steckte eine Messerklinge unter meine Kleider und zerschnitt sie in einem Zug von oben bis unten. Darauf riß er sie mir rasch vom Leibe, während ich für uns beide schwamm.

      Ich leistete Conseil denselben Dienst, und wir schwammen nebeneinander weiter.

      Jedoch war die Lage darum nicht minder bös. Vielleicht hatte man auf der Fregatte unser Verschwinden gar nicht bemerkt, oder sie konnten, weil ihr Steuer zerbrochen war, nicht unterm Wind zu uns zurückkommen. Man konnte also höchstens auf die Boote rechnen.

      So mußten wir uns darauf einrichten, so lange wie möglich aushalten zu können. Während der eine mit gekreuzten Händen und gestreckten Beinen unbeweglich auf dem Rücken lag, schwamm der andere und bugsierte ihn gleichzeitig vorwärts. Nach zehn Minuten löste einer den anderen ab, um unsere Kräfte zu sparen und es einige Stunden, vielleicht bis zum Tagesanbruch, auszuhalten.

      Schwache Aussicht auf Rettung! Aber wir hatten die Hoffnung und waren unser zwei. Wir mußten durchhalten!

      Der Zusammenstoß der Fregatte mit dem Tier war etwa um elf Uhr abends erfolgt. Ich rechnete also, daß wir bis zum Sonnenaufgang acht Stunden zu schwimmen hätten, was mit äußerster Anstrengung durch gegenseitige Ablösung möglich war. Das Meer war ziemlich ruhig und machte uns wenig müde.

      Gegen ein Uhr morgens fühlte ich mich äußerst erschöpft. Meine Glieder wurden unter heftigen Krämpfen steif. Conseil mußte mich stützen, unser Geschick lag allein in seiner Hand. Bald hörte ich den armen Burschen keuchen; er atmete kurz und beklommen. Ich sah ein, daß er nicht lange mehr aushalten konnte.

      „Laß mich! Laß mich!“ bat ich ihn.

      „Meinen Herrn im Stich lassen! Niemals!“ stieß er hervor. Da leuchtete der Mond ein wenig zwischen dem Gewölk hervor, und die Meeresoberfläche schimmerte in seinen Strahlen. Wieder kam Leben in uns. Ich konnte den Kopf aufrichten und umherblicken. Da, die Fregatte, etwa fünf Meilen von uns! Aber von Booten nichts! Ich wollte rufen. Aber meine geschwollenen Lippen vermochten es nicht. Ich hörte Conseil wiederholt um Hilfe rufen. Wir hielten ein wenig an und horchten. Da glaubte ich Antwort zu hören!

      „Hast du gehört?“ stammelte ich.

      „Ja! Ja!“

      Und Conseil stieß wieder verzweifelte Hilferufe aus. Es war nicht zu zweifeln, eine Menschenstimme antwortete uns!

      Conseil nahm seine äußersten Kräfte zusammen, um, auf meine Schulter gestützt, sich halb aufzurichten und umherzuschauen; dann sank er erschöpft zurück.

      „Was hast du gesehen?“

      „Ich habe gesehen . . .“ stammelte er, „ich habe gesehen . . . reden wir nicht . . . reden wir nicht . . . nehmen wir alle Kraft zusammen . . .!“ Ich war zu erschöpft, um zu fragen. Außerdem bugsierte Conseil mich fortwährend. Manchmal hob er den Kopf empor,


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