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Die Rabenringe - Gabe (Band 3). Siri PettersenЧитать онлайн книгу.

Die Rabenringe - Gabe (Band 3) - Siri Pettersen


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nicht beachtete. Während er lief, war sein Blick auf einen Punkt hinter ihr gerichtet, zwischen den Steinen. Dorthin wollte er.

      Eine Bogensehne sang. Hirka öffnete den Mund, um ihn zu warnen, aber es war schon zu spät. Der Pfeil versank in seinem Rücken. Der Mann erstarrte, seine Beine gaben nach und er fiel vor ihr auf die Knie. Sie streckte sich ihm entgegen, wollte helfen, aber ihre Füße steckten im Schnee fest. Sie mühte sich, loszukommen.

      Er sah sie an. Bannte sie mit weißen Augen. Das Wilde darin war verschwunden. Der sichere Tod schien ihn zu verwundern. Er hob die Hand, kratzte mit den Klauen über ein tropfenförmiges Mal auf seiner Stirn. Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, entblößten die Eckzähne. Dann kippte er vornüber und blieb mit dem Gesicht im Schnee liegen. Ein schwarzer Pfeil ragte aus seinem Rücken. Er hatte sich durch die Jacke gebohrt. Kurz und kräftig. Es kam ihr widersinnig vor, dass etwas so Kleines eine solche Bestie fällen konnte.

      Tod. In einer Welt, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Einer Welt, die vielleicht noch nie ein Ymling oder Mensch gesehen hatte. Und Tod war das Erste, was sie sah. Was hatte er Unrechtes getan?

       Und ich? Habe ich etwas Unrechtes getan?

      War sie auch ein Ziel? Hirka befreite sich aus dem Schnee und blickte zurück. Die Steine sahen tot aus. Es war zu spät für eine Umkehr.

      Vier Gestalten kamen jetzt auf sie zu. Drei von ihnen blieben ein Stück entfernt stehen, die vierte ging geradeaus weiter. Eine Frau. War sie es, die gerufen hatte?

      Sie bewegte sich mit einer aufrechten und starken Selbstverständlichkeit. Als ob niemand sie jemals berühren könnte. Ein Umhang flatterte hinter ihr, so schwerelos, dass er mehr zu schmücken als zu wärmen schien. Ihr Leib war in Leder geschnürt. Die Stiefel reichten bis zu den Knien. Aber Oberschenkel und Arme waren nackt.

      Hirka überlief ein kalter Schauer. Sie zog ihren eigenen Umhang enger um den Körper. Was hatte sie erwartet? Dass alle gekleidet waren wie Graal bei den Menschen? Oder nackt wie die, die sie in Ymsland gesehen hatte? Sie wusste es nicht. Wusste nicht, was sie erwartet hatte.

      Sie hob das Kästchen auf, das sie in den Schnee hatte fallen lassen.

      Die Frau blieb breitbeinig vor ihr stehen. Ihre Lippen waren schwarz. Die Haare auch. Eine Flut von langen Zöpfen, die in grellem Kontrast zu dem bleichen Gesicht standen.

      Unwillkürlich machte Hirka einen Schritt zurück. Blickte zu totgeborenen Augen auf. Ein milchweißer Schleier, ohne Schattierungen. Der Blick war schwierig zu lesen, wie bei allen Blinden, die sie gesehen hatte.

       Umpiri. Sie sind Umpiri und du bist eine von ihnen.

      Die Frau legte den Kopf schräg. Beugte sich zu Hirka vor, als wollte sie ihr die Zähne in den Hals schlagen. Hirka wagte nicht, sich zu rühren. Die Totgeborene atmete durch die Nase ein, als nähme sie Witterung auf. Eine ausgesprochen tierische Handlung. Hirka hielt den Atem an. Warf einen schnellen Seitenblick zu der toten Gestalt im Schnee. Die Gefahr, das gleiche Schicksal zu erleiden, schien ihr greifbar nah. So, als wäre sie der Gnade eines wilden Tieres ausgeliefert. Naiell war auch tierisch gewesen, aber nicht auf diese Art. Vielleicht hatten er und Graal etwas von Ymlingen und Menschen angenommen.

       Sie ist ein Freund! Graal hat versprochen, dass ich einen Freund treffen werde.

      Die Frau richtete sich wieder auf. Hirka meinte, einen Anflug von Schmerz über ihr Gesicht gleiten zu sehen, aber das musste sie sich eingebildet haben. Schmerz schien diesem Geschöpf fremd zu sein.

      »Es ist also wahr …«, sagte die Frau in gebrochenem Ymsländisch. Es klang nicht wie eine Frage.

      Hirka erinnerte sich, dass die Blinden ihresgleichen am Geruch erkennen konnten, also vermutete sie, dass die Frau von ihr als Halbblut sprach, aber sie antwortete nicht. Das Gefühl, unerwünscht zu sein, war zu stark.

      »Ich bin Skerri, aus Modrasmes Haus.«

      »Hirka«, erwiderte Hirka.

      »Hirka? Ist das deine Art, dich vorzustellen?« Die Missbilligung war unverkennbar.

      Hirka nickte.

      »Jetzt nicht mehr. Jetzt bist du Hirka, Tochter des Graal, Sohn von Raun aus Modrasmes Haus. Und du hast viel zu lernen.« Skerri deutete auf das Kästchen. »Ist das …?«

      Hirka nickte wieder. Endlich sah sie die Andeutung eines Lächelns auf Skerris Gesicht. Ein leichtes Zucken der schwarz gemalten Lippen. Naiells Herz in einem Kästchen. Das war es, was nötig war, um sie zu erfreuen? Hirka schauderte es.

      Skerri warf einen Blick zu den drei anderen. »Keskolail!«

      Hirka erkannte das Wort wieder, das sie vor wenigen Augenblicken gehört hatte. Einer von ihnen kam auf sie zu und Hirka begriff, dass es wohl sein Name war. Also hatte er auf Skerris Befehl geschossen. Warum?

      Keskolail war ein großer Mann. Deutlich mehr bekleidet, in einer schwarzen Jacke mit einem zottigen Schaffell um die Schultern. Er trug einen Bogen. Sein Haar war stahlgrau, aber er konnte unmöglich älter als vierzig sein. Obwohl … er war ein Umpiri. Er hätte auch mehrere Tausend Jahre alt sein können, nach allem, was Hirka wusste.

      Er trug das gleiche Zeichen auf der Stirn wie der Getötete. Einen grauen Tropfen. Als er den Kopf drehte, sah Hirka, dass es keine Zeichnung war. Es hatte Tiefe. Wie ein matter Edelstein. Er ging in die Hocke und zog den Pfeil aus dem Rücken des Toten. Es klang, als zerbräche etwas. Blut tropfte von der Spitze in den Schnee. Hirka starrte ihn an, aber er beachtete sie nicht. Warf nicht einmal einen Blick zu ihr oder Skerri.

      Er wischte die Pfeilspitze in einer Handvoll Schnee ab und steckte den Pfeil in einen Köcher, den er am Gürtel trug. Dann packte er den Toten im Nacken und zog ihn durch eines der klaffenden Löcher in der Wand mit sich nach draußen.

      Hirka konnte das Gefühl von Machtlosigkeit nicht abschütteln. Wo war sie hineingeraten? Sie sah Skerri an. Ihre Haut war bleich wie der Himmel, machte all das Schwarze scharf und bedrohlich. Das Haar. Die Lippen. Das Leder. Sie war schwarz und weiß. Nichts dazwischen. Sie war die einzige totgeborene Frau, die Hirka je gesehen hatte. Hirka klammerte sich an den Glauben, dass Graal sie brauchte. Er hätte sie nicht in den Tod geschickt.

      »Er war nicht auf dich aus«, sagte Skerri, während ihr Blick der makabren Spur des Toten folgte.

      »Worauf dann?«

      »Die Gabe«, erwiderte sie, als wäre das eine Selbstverständlichkeit. Sie drehte sich abrupt um. Die schwarzen Zöpfe peitschten über ihren Rücken, beschwert von Perlen an den Enden. Sie ging zu den beiden, die warteten.

      Hirka blickte zurück, aber Ymsland war weg. Alles, was sie zu sehen bekommen hatte, war eine dunkle Höhle unter Mannfalla, in die die Steine hineinragten. Und Damayanti. Die gnadenlose Tänzerin hatte sie ohne einen einzigen Blick auf die Oberfläche hierher weitergeschickt. Sie hatte die Stadt nicht sehen dürfen. Lindri nicht besucht. Sie hatte ein Versprechen zu halten und jetzt war sie hier zu Hause.

       Wo ist hier?

      Hirka folgte Skerri, mehr aus dem Gefühl heraus, es zu müssen, als dass sie es wollte. »Wo sind wir?«

      »Das ist Nifel, die zerstörte Stadt. Wir bleiben nicht hier.«

      Hirka widerstand der Versuchung zu fragen, was sie zerstört hatte. »Aber … die Welt? Wie nennt ihr …«

      »Dreysíl. Das erste Land.«

      »Ah …« Hirka schob sich ihren Beutel bequemer zurecht. Schnee war in den Saal geweht und hatte sich zu Wällen aufgetürmt. Am Ende waren die Wände eingestürzt. Zerbrochene Säulen ragten wie Knochen aus dem Schnee. Bei einer von ihnen warteten die beiden Männer. Skerri gab ihnen ein Handzeichen und sie verschwanden nach draußen, bevor Hirka sie grüßen konnte. Sie hatte nur gesehen, dass der eine ebenso leicht bekleidet war wie Skerri. Trotz des Wetters.

      »Wohin gehen wir?«

      »Ginnungad«,


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