Tarzan – Band 5 – Der Schatz von Opar. Edgar Rice BurroughsЧитать онлайн книгу.
fand sich in einer geräumigen, niedrigen Kammer. Gegenüber schloss wieder eine Tür den weiteren Weg ab, aber da sie nicht verriegelt war, gab sie seinen Angriffen nach. Ein langer, dunkler Korridor zeigte sich, doch ehe er ihn weit hatte verfolgen können, versengte ihm die heruntergebrannte Kerze die Finger. Mit einem Fluch ließ er sie zu Boden fallen, wo sie noch einmal aufflammte und verlöschte.
Nun war er in völliger Dunkelheit und erneut saß ihm die drückende Angst im Nacken. Er konnte nicht ahnen, was für weitere Fallgruben und Gefahren vor ihm lagen. Aber er glaubte sicher weiter als je von der endlichen Freiheit entfernt zu sein; so niederdrückend ist die Abwesenheit von Licht in fremder Umgebung. Langsam tastete er seinen Weg entlang, fühlte mit den Händen die Wände des Ganges ab und betastete immer erst vor jedem weiteren Schritt den Boden vor sich. Wie lange er so weitergeschlichen war, wusste er nicht mehr; aber als der Tunnel gar kein Ende nehmen wollte, entschloss er sich, völlig erschöpft durch Anstrengung, Schrecken und Mangel an Schlaf, wie er war, sich niederzulegen und vor weiterem Vordringen auszuruhen.
Als er erwachte, hatte sich an der umgebenden Dunkelheit nichts geändert. Ob er einen Tag oder nur eine Sekunde geschlafen hatte, wusste er nicht. Aber die Tatsache, dass er sich erfrischt und hungrig fühlte, bekundete doch, dass er einige Zeit geschlafen haben musste.
Er begann wieder sein tastendes Vordringen, aber diesmal kam er schon nach ganz kurzer Zeit an die Mündung des Tunnels in einen Raum, zu dem aus einem Lichtschacht eine Betontreppe auf den Boden herunterführte.
Durch die Öffnung oben konnte Werper sonnenbeschienene, weinumrankte Säulen sehen. Er lauschte, aber er hörte nichts als das Sausen des Windes in den belaubten Zweigen, den heiseren Schrei der Vögel und das Schnattern von Affen.
Kühner geworden stieg er die Treppe hinauf und fand sich in einem kreisrunden Hofe. Gerade vor ihm stand ein steinerner Altar mit rostbraunen Flecken. Werper gab sich über diese Flecken zunächst keine weitere Rechenschaft – nachher wusste er ihren schlimmen Ursprung nur allzu genau.
Abgesehen von dem Treppenschacht im Boden gerade hinter dem Altar bemerkte der Belgier noch mehrere Türen, welche in gleicher Höhe wie der Hof durch dessen Umfriedigung in das Freie führten. Oben rund um den Hof herum war eine Reihe von Balkonen. Affen trieben sich in den verlassenen Ruinen herum und bunte Vögel schossen zwischen den Säulen durch und über die Galerien, aber keine Menschenseele ließ sich sehen. Werper fühlte sich erleichtert. Er seufzte, wie wenn ihm eine große Last vom Herzen gefallen wäre.
Dann schritt er auf einen der Ausgänge zu, aber mit aufgerissenen Augen voll Staunen und Entsetzen blieb er stehen, denn zu gleicher Zeit öffneten sich ein Dutzend Türen in der Mauer des Hofes und eine Horde von scheußlichen Männern stürzte sich auf ihn.
Es waren die Priester von Opar, die gleichen zottigen, plumpen, schauerlichen Männer, welche vor Jahren Jane Clayton an demselben Fleck zum Opferaltar geschleppt hatten. Ihre langen Arme, die kurzen, krummen Beine, die engstehenden boshaften Augen und die niedrigen flachen Köpfe gaben ihnen ein so tierisches Aussehen, dass ein lähmender Anfall von Furcht die angegriffenen Nerven des Belgiers befiel.
Zwar wollte er mit einem Schrei in die eben erst verlassenen düsteren Gewölbe zurückfliehen, aber die schauerlichen Männer kamen ihm zuvor. Sie versperrten ihm den Weg, sie packten ihn, er warf sich auf die Knie und bettelte um sein Leben, aber sie banden ihn und warfen ihn auf den Boden im Inneren des Tempels.
Das weitere war nur eine Wiederholung von dem, was Tarzan und Jane Clayton durchgemacht hatten. Die Priesterinnen kamen mit der Hohepriesterin La an der Spitze, Werper wurde aufgehoben und auf den Altar gelegt. Als dann La das Opfermesser über ihm erhob, drang ihm der kalte Schweiß aus allen Poren. Der Todesgesang scholl marternd in seine Ohren und seine stieren Augen wanderten über die goldenen Becher, aus welchen die schauerlichen Andächtigen bald ihren unmenschlichen Durst mit seinem warmen Blut stillen würden.
Er wünschte schon, eine Ohnmacht möge ihm das Bewusstsein des endlich kommenden scharfen Dolchstiches ersparen, da scholl ihm ein fürchterliches Brüllen in die Ohren. Die Hohepriesterin ließ ihren Dolch sinken und öffnete vor Entsetzen weit die Augen. Die Priesterinnen schrien und flohen wild nach den Ausgängen, während die Priester je nach dem Grade ihres Mutes vor Grimm oder Angst brüllten. Werper reckte den Hals, um den Grund ihrer Flucht zu erkennen, und als er ihn endlich zu Gesicht bekam, überfiel auch ihn neue Furcht, denn vor seinen Augen stand ein riesiger Löwe inmitten des Tempels, und ein Opfer lag bereits zermalmt unter seinen grausamen Pranken.
Wieder brüllte der Beherrscher der Wildnis und richtete seine unheilvollen Augen auf den Altar. La taumelte vorwärts, drehte sich halb und fiel dann ohnmächtig über Werper.
Der Überfall der Araber
Sobald sich der erste Schreck über das Erdbeben gelegt hatte, hastete Basuli mit seinen Kriegern in den Stollen zurück, um nach Tarzan und zwei gleichfalls fehlenden Leuten zu sehen.
Sie fanden den Weg durch zackige und verkeilte Felsblöcke völlig versperrt. Zwei Tage lang suchten sie sich einen Weg zu ihren eingekerkerten Genossen zu bahnen, aber als sie nach heroischen Anstrengungen erst zwei Meter des verschütteten Ganges freigelegt hatten und dabei die verstümmelten Reste ihres einen Gefährten entdeckten, mussten sie notwendigerweise zur Überzeugung kommen, dass Tarzan und der zweite Waziri ebenfalls weiter zurück unter den Felsmassen begraben lagen und längst über jede menschliche Hilfe hinaus waren.
Wieder und wieder in Arbeitspausen riefen sie ihren Herrn und ihren Kameraden beim Namen. Aber keine Antwort kam, um ihre lauschenden Ohren zu belohnen. So gaben sie endlich die Suche auf. Sie warfen einen letzten wehen Blick auf das Trümmergrab ihres Herrn, dann nahmen sie die gewichtigen Goldbarren auf, die ihrer geliebten, nun so verlassenen Herrin wenn auch kein Glück, aber wenigstens Behaglichkeit verschaffen sollten und machten sich auf ihren traurigen Weg durch das öde Tal von Opar und durch die Wälder nach dem fernen Bungalow. Aber noch während ihres Rückmarsches dahin traf dies friedliche, glückliche Heim ein trauriges Geschick.
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Auf seines Leutnants Brief hin kam Achmed Zek von Norden her geritten und mit ihm kam seine Horde – teils gesetzlose Plünderer und Räuber arabischer Abkunft, teils ebenso schlimme Neger, die er auf seinen ungestraften Kreuz- und Querzügen aus den Dörfern der niedrigstehenden und unwissenden