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Zwischen den Rassen. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Zwischen den Rassen - Heinrich Mann


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lo­cker um­her; und sie frag­te sich mit ge­run­zel­ten Brau­en, was wer­den sol­le. Ihr Schick­sal war doch schon fer­tig ge­we­sen? Auf ein­mal be­fiel sie eine be­täu­ben­de Freu­de, eine neue ent­zücken­de Selbs­t­er­kennt­nis. »Das also bin ich!« Sooft sie konn­te, zog sie sich in ihr Schlaf­zim­mer zu­rück, »um nach mei­nem Vo­gel zu se­hen«; aber sie sah nicht mehr nach ihm, sie sah nur nach sich selbst; und des Abends ging sie frü­her hin­auf als die üb­ri­gen, um al­lein mit ih­rem Spie­gel zu sein. Er zeig­te ihr eine gold­blon­de große Haar­wel­le von nie ge­ahn­ter Weich­heit über ei­ner Stirn, de­ren Höhe nicht mehr auf­fiel, zeig­te ihr so ge­nau und zart hin­ge­zeich­ne­te Brau­en über so warm glän­zen­den Au­gen, so fein ge­füg­te Lip­pen, schmal und feuchtrot; die Wan­gen, die sie noch ein we­nig vol­ler wünsch­te, füll­ten sich ge­nau in der Li­nie, die sie wünsch­te, färb­ten sich, wie sie’s ver­langt hat­te; und war die­se weich ge­bo­ge­ne Nase je­mals häss­lich und zu groß ge­we­sen? Lola er­fuhr, sie kön­ne ein sehr da­men­haf­tes Ge­sicht an­neh­men, das sie fast selbst ver­le­gen mach­te, und, wenn sie das Haar auf­lös­te, ein ganz kind­li­ches. Beim Öff­nen der Blu­se freu­te sie sich auf die schlan­ke, wei­ße Bie­gung ih­res Hal­ses, beim Ab­le­gen des Mie­ders auf ihre Brust. Sie hät­te sich gern ganz ge­se­hen; aber Er­nes­te konn­te ein­tre­ten; und als Lola es den­noch ge­wagt und den Spie­gel auf den Fuß­bo­den ge­stellt hat­te, lag sie gleich dar­auf im rasch ver­dun­kel­ten Zim­mer mit Herz­klop­fen un­ter der De­cke, und ihr war zu­mut, als keh­re sie zu­rück von ei­nem heim­li­chen Aus­gan­ge, sie wuss­te nicht wo­hin.

      Wer war so schön und ver­moch­te so viel? Na­tür­lich: jetzt dräng­ten alle her­an, ihre Freun­din­nen zu wer­den! Lola leg­te ih­nen Prü­fun­gen auf, ließ sich einen Ge­gen­stand schen­ken, an dem der an­de­ren viel lag: nur um ihre Macht zu füh­len. Dann gab sie das Ge­schenk zu­rück und sag­te, sie kön­ne nie­man­des Freun­din sein; die Freun­din meh­re­rer am we­nigs­ten. Freund­schaft: ihr sag­te das Wort zu viel. Nach­dem die Ihren sie ver­las­sen hat­ten, konn­te ihr Freund, wenn sie einen hat­te, nur auf ei­nem an­de­ren Ster­ne le­ben, und vie­ler Schmer­zen, ei­nes Le­bens vol­ler Schmer­zen be­durf­te es si­cher­lich, bis sie zu­sam­men­tra­fen. Die Ge­füh­le die­ser Men­schen hier wa­ren zu bil­lig. Lola horch­te nicht mehr arg­wöh­nisch, ob von ihr ge­spro­chen wur­de. Häss­lich und fremd, hat­te sie die Men­schen ge­hasst. Fremd und schön, sah sie von ih­nen weg. Freun­din­nen? Die­se Ber­ta, die­se Gre­te, die sich noch ges­tern Abend um einen Pfann­ku­chen ge­strit­ten hat­ten, bis bei­de wein­ten?

      Wenn Lola jetzt an einen Auf­satz ge­hen woll­te, fand sie den fer­ti­gen Ent­wurf, von ei­ner Hand, die sie nicht kann­te, schon in ih­rem Heft lie­gen. Von der­sel­ben Hand be­kam sie Brie­fe voll schmach­ten­der Freund­schaft. An­fangs warf sie sie weg; dann spür­te sie Lust, eine Pro­be zu ma­chen. Sie tat kund, sie habe et­was Merk­wür­di­ges, und ver­sam­mel­te alle Pen­sio­nä­rin­nen um sich. Un­ver­mu­tet zog sie einen der Brie­fe her­vor, hielt ihn em­por: »Wer hat das ge­schrie­ben?« und sah da­bei fest in die Ge­sich­ter. Alle reck­ten sich neu­gie­rig, nur das der lan­gen Asta sah nicht den Brief an, son­dern Lola, und blin­zel­te be­fan­gen. Lola steck­te den Brief wie­der ein. »Dan­ke«, sag­te sie und dreh­te sich um.

      Am Nach­mit­tag lag zwi­schen ih­ren Schul­bü­chern ein neu­er Brief, dies­mal in Astas Schrift. Asta bat sie, um sechs in die Gar­ten­lau­be zu kom­men, sie wer­de al­les er­fah­ren. Lola war ent­schlos­sen, nicht hin­zu­ge­hen. Als es däm­mer­te, saß sie am Fens­ter ih­res Zim­mers. Dr­un­ten stapf­te Asta, lang und ge­bückt, in Gum­mi­schu­hen durch den Schnee. Lola sah nach­denk­lich zu. Plötz­lich nahm sie ih­ren Man­tel und stieg hin­ab.

      »Nun?« frag­te sie und trat un­ver­se­hens hin­ter den Le­bens­bäu­men her­vor. Asta schnell­te von der Bank auf.

      »Ver­zeih«, stam­mel­te sie. »Ver­zeih! Ich woll­te dich nicht be­lü­gen, aber im Bei­sein der an­de­ren konn­te ich dir’s nicht sa­gen.«

      »Es tut nichts«, ent­geg­ne­te Lola. Die­ser klei­ne ma­ge­re Kopf mit dem dün­nen Haar und der Nase wie bei ei­nem To­ten­schä­del er­barm­te sie. Sie stell­te sich vor, sie hät­te ihn küs­sen sol­len, und ihr schau­der­te. Noch mehr aber fürch­te­te sie sich da­vor, die­sem We­sen weh zu tun.

      »Wer hat denn für dich ge­schrie­ben?« frag­te sie sanft. Asta schlug die Au­gen nie­der.

      »Ich habe mei­ne Brie­fe ei­nem der Dienst­mäd­chen mit­ge­ge­ben, und sie hat sie in der Stadt ab­schrei­ben las­sen.«

      Sie at­me­te be­klom­men.

      »Wie du gü­tig bist, Lola, dass du kommst. Ich ver­die­ne das nicht.«

      »Wa­rum nicht?« frag­te Lola, und fand ihre Fra­ge nicht ganz ehr­lich.

      »Weil du so schön bist und so rei­zend. Alle möch­ten dich zur Freun­din. Wie kom­me ge­ra­de ich dazu, mich dir auf­zu­drän­gen. Aber sieh, ich kann nicht an­ders. Ich weiß be­stimmt, dass kein an­de­rer Mensch mir je so na­he­ste­hen wird wie du. Ich habe dar­über nach­ge­dacht, ob ich mei­ne Mut­ter und mei­nen klei­nen Bru­der noch lieb­ha­be. Aber wenn ich an dich den­ke – und wann däch­te ich nicht an dich? – dann habe ich Mut­ter und Bru­der nicht mehr lieb. Hörst du? … nicht mehr lieb.«

      »Was willst du denn von mir?«

      »O! Lola!«

      Und Lola, die nicht ab­zu­weh­ren wag­te, fühl­te sich um­schlun­gen. Sie bog den Kopf zu­rück, um aus Astas Atem zu ent­kom­men; aber ein paar Hän­de schli­chen fie­ber­haft um ih­ren Leib, un­ter ih­rer Brust hin.

      »Fühlst du gar nicht, was ich mei­ne? Gar nicht?« Vor­wurfs­voll und fle­hend.

      »Gar nicht!« sag­te Lola mit Nach­druck; denn Angst stieg in ihr auf. Im Be­griff, sich los­zu­ma­chen, mein­te sie ein Ki­chern zu hö­ren. Der Ge­dan­ke an Lau­scher em­pör­te sie. »Ich bin nicht ge­kom­men«, dach­te sie, »die­se hier zu ver­höh­nen. Ich habe nichts mit ihr ge­mein; aber auf Sei­ten der an­de­ren ste­he ich erst recht nicht.« Sie sag­te laut, wie für Zu­hö­rer:

      »Aber dies kann ich trotz­dem tun.«

      Und rasch küss­te sie Asta auf die Wan­ge. Wie sie ging, schluchz­te es hin­ter ihr auf. Oft noch hör­te sie, wenn sie al­lein war, dies Schluch­zen und spür­te wie­der die Angst, die die fie­ber­haf­ten Hän­de je­nes Mäd­chens ihr bei­ge­bracht hat­ten. Sie be­griff nicht, warum.

      Jen­ny klär­te sie auf. Os­tern war nahe, und Jen­ny, die kon­fir­miert wer­den soll­te, ging im Voraus mit ei­nem fei­er­li­chen Ge­sicht um­her. Es war schon so rot und nur noch we­nig klei­ner als das ih­rer Mut­ter. Wie sie Lola einst im Gar­ten traf, fass­te sie sie un­ter den Arm und sag­te:

      »Lola, du bist manch­mal recht un­vor­sich­tig; ich als die äl­te­re möch­te dich war­nen. Ja, sieh mich nur an! Du kannst von Glück sa­gen, dass ich neu­lich hin­ter den Le­bens­bäu­men stand. Wenn Asta mich nicht hät­te hus­ten hö­ren, wer weiß, was sie mit dir an­ge­stellt hät­te.«

      »Du hast nicht ge­hus­tet, du hast ge­ki­chert; und Asta hat es gar nicht ge­hört.«

      »Du glaubst nicht, wie schlecht man­che Mäd­chen sind. Und die Her­ren …«

      Ein In­stinkt be­nach­rich­tig­te Lola, es kom­me et­was Pein­li­ches, und sie woll­te ein­fal­len. Aber Jen­ny war nicht auf­zu­hal­ten. Sie hat­te kei­ne Zeit zu ver­lie­ren: bald ver­ließ sie die Pen­si­on. Sie bot Lola nicht mehr an, sie mit ei­nem


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