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Zwischen den Rassen. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Zwischen den Rassen - Heinrich Mann


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Da Sil­va be­haup­te­te, er und sein Freund hät­ten eine drin­gen­de Verab­re­dung. Wa­rum er heu­te so mür­risch sei, ward er ge­fragt. Lola for­der­te ihn auf, zu ge­hen und sie zu ent­schul­di­gen. Sie saß bei Tisch ne­ben der Ge­li­da. Ein Dich­ter re­zi­tier­te. Da Sil­va ver­such­te un­ge­schickt, ihn zu kri­ti­sie­ren. Lola lä­chel­te und sprach der Ge­li­da von dem Jüng­ling, dem in sei­nen ar­beit­sa­men Näch­ten manch­mal die Phan­to­me von Frau­en über die auf­ge­schla­ge­nen Sei­ten tän­zel­ten und der sol­chen be­klom­me­nen Stolz ge­nie­ße, wenn er die Au­gen weg­wen­de. Sie sah Da Sil­va sei­ne Lip­pe kau­en und in sich ver­sin­ken. Wie alle durch­ein­an­der re­de­ten, der Nacht­wind an der Tür lau­ter mit dem Per­len­vor­hang klim­per­te und eine Glo­cke elf­mal dröhn­te, sprang Lola auf, ließ die Frei­heit le­ben – und mit dem letz­ten Ruf war sie ent­schlüpft.

      Sie be­fand sich in ei­nem Gäss­chen und sah am Ende der schma­len Häu­ser­flucht, wie durch ein Rohr, die große Ge­stalt des Ko­lum­bus von Ster­nen um­wogt. In trun­ke­ner Wal­lung er­hob sie bei­de Arme. Wie aber hin­ter ihr der Schritt, den sie er­kann­te, ver­nehm­lich ward, ver­wirr­te es sie pa­nisch, als bre­che auf ein­mal ein künst­li­cher Turm­bau in ihr zu­sam­men. Er­nüch­tert, kalt vor Furcht, ver­steck­te sie sich in ei­nem Por­tal; aber Da Sil­va fand sie. Wie un­vor­sich­tig sie sei. Ob sie glau­be, dass es den Hel­den der Nacht auf einen Mord an­kom­me. Lola, die an Da Sil­vas Sei­te wei­ter­ging, wünsch­te sich in­stän­dig, dass aus dem nächs­ten Schat­ten ein Be­frei­er sprin­ge und sie töte.

      Denn sie hat­te er­kannt: al­les war um­sonst. Be­geis­tert mein­te sie zu sein, und war nur be­rauscht ge­we­sen. Den Geist, der sie von ihm er­lö­sen soll­te: eben der Drang nach ihm hat­te ihn ihr ein­ge­ge­ben; und nie hat­te er fes­ter sei­ne Hand auf ihr ge­hal­ten, als da sie ihn tief un­ter sich glaub­te.

      Da­bei durch­ma­ßen sie den Quai.

      »Wo­hin geht’s?« dach­te Lola ver­stört und: »Wenn ich den nächs­ten Stra­ßen­rand mit dem rech­ten Fuß er­rei­che, ent­kom­me ich ihm heu­te noch. Sonst nicht. Sonst nicht.«

      Aber noch vor dem Ziel, das sie mein­te, rück­ten ihre bei­den Schat­ten nach vorn, und beim Her­auf­kom­men sei­ner brei­ten Schul­tern schloss Lola die Au­gen. Das Schwei­gen fol­ter­te sie. Wie ent­setz­lich ner­ven­stark und sei­ner si­cher er war! »Ich zäh­le bis zwan­zig, und hat er dann noch nichts ge­sagt, rufe ich um Hil­fe.«

      Gleich­wohl rausch­te der Brun­nen auf der Pla­za del Pala­cio in­mit­ten sei­nes und ih­res Schwei­gens. Hier, un­ter der grells­ten Hel­le, folg­ten sie bei­de auf ein­mal dem Zwang, ein­an­der an­zu­se­hen. Lola sah et­was düs­ter Schmach­ten­des, tie­risch Lei­den­des, das sie schreck­li­cher er­schüt­ter­te als die Sie­ger­här­te, die sie sich vor­ge­stellt hat­te. Lang­sam von ihm weg­se­hend: »Ja, das ist er. Er ist ein be­schränk­ter Ge­walt­mensch, und ich lie­be ihn mit Wi­der­wil­len, aber er ist der Ty­pus, dem ich un­ter­lie­gen soll. Die vo­ri­gen, in Pa­ris und in Rom, wa­ren vom sel­ben. Die­sel­ben zu­sam­men­tref­fen­den Brau­en, die har­te Mar­mor­far­be wie hier, wor­aus jede Wim­per, je­der Bluts­trop­fen der Lip­pen dro­hend her­vor­starrt. Wozu sich quä­len? Er liebt mich, so gut er’s ver­steht. Mit dem, was zu ihm ge­hört, lie­be auch ich ihn. Ich habe noch mehr, wo­von er nicht weiß; aber wer wird je da­von wis­sen. Wozu auf dem Un­mög­li­chen be­ste­hen, wozu so viel kämp­fen; warum nicht ein ein­zi­ges Mal ganz un­ver­nünf­tig glück­lich sein.«

      Sie nahm tiefe­re Züge Meer­win­des, und in­zwi­schen stie­gen sie kaum be­leuch­te­te Gas­sen hin­an, er­reich­ten einen Gar­ten­platz und tas­te­ten sich durch das ei­nes bit­ter duf­ten­den Ge­bü­sches. »Wo ist denn der Weg?« Und statt des We­ges such­ten sie ei­ner des an­de­ren Hand. Lola zuck­te zu­sam­men, als sie die ihre ge­fan­gen fühl­te; aber sie fühl­te auch, dass er in die­sem Au­gen­blick mit Zart­heit an sie den­ke; und wäh­rend des Lä­chelns, das lang­sam über ihr Ge­sicht hin­ging, war ih­r’s, als lä­che­le das gan­ze Dun­kel. Sie dach­te un­be­stimmt an weit Ver­gan­ge­nes: an ihre Kind­heit. Wie sie eine Ba­lus­tra­de tra­fen, stütz­ten sich bei­de dar­auf; ihre Un­ter­ar­me la­gen, ohne sich zu be­rüh­ren, ein­an­der so nahe, dass je­der des an­de­ren Wär­me spür­te, und drun­ten über dem nächt­li­chen Git­ter aus Mas­ten und Schlo­ten such­ten sie das Meer: lan­ge und be­klom­men von Sehn­sucht. »Der Mond muss bald auf­ge­hen.«

      Lola sag­te:

      »Da­heim auf der Gro­ßen In­sel war’s das schöns­te, wenn das Meer leuch­te­te. Ach, nun weiß ich wie­der: mein Groß­va­ter zün­de­te vie­le Pa­pi­er­röll­chen an und schoss sie in wei­ten leuch­ten­den und zi­schen­den Bo­gen über das Meer.«

      Der jun­ge Mann lach­te kind­lich und sprach von sei­ner Meer­fahrt, der­sel­ben, die einst auch Lola ge­macht hat­te. Ob sie sich nicht je­nes In­sel­kö­nigs er­in­ne­re, den man für zwei Fran­cs se­hen konn­te. Ab­wech­selnd rie­fen sie zu­rück, was ih­nen bei­den be­geg­net war; und bei je­dem Zu­sam­men­tref­fen ih­rer Er­leb­nis­se durch­rann Lola der Schau­er des Vor­her­be­stimm­ten.

      »Gleich wird der Mond auf­ge­hen«, mur­mel­te sie mit sü­ßer Angst. Je­nes Kin­der­glück auf der Gro­ßen In­sel be­weg­te sich lei­se un­ter al­len ih­ren Ein­fäl­len; und die heim­li­che Ge­wiss­heit, nie wer­de es wie­der so gut wer­den, ließ sie, sie wuss­te nicht warum, von er­lit­te­nen Schmer­zen spre­chen, von ih­rer Ein­sam­keit, von der Mü­dig­keit, die in ihr zu­neh­me. Schwe­res Drän­gen nach Ge­mein­schaft, nach Men­schen­nä­he zit­ter­te in ih­rer Stim­me und mach­te ihre Arme flug­be­reit: be­reit um einen Na­cken zu flie­gen.

      Er sah sie mehr­mals un­ru­hig von der Sei­te an.

      Plötz­lich: »Woran den­ken wir?« – mit ei­ner Be­we­gung, die er so­fort zu­rück­nahm. Aber sie war nun wie­der er­in­nert, dass er sie ha­ben wol­le und nichts wei­ter, dass sie nicht sei­ne Ge­fähr­tin sei, nur eine Ge­lieb­te, dass ir­gend­ei­ne der flüch­ti­gen Be­gier­den, in de­ren Wir­beln sie da­hin­leb­te, sie an die­se Stel­le ge­weht habe und die nächs­te sie wei­ter­trei­ben wer­de – und dass al­les dies nicht mehr sei als ein hei­ßer Wind­stoß über die nack­te Haut. Das Ent­set­zen des Ver­irrt­seins pack­te sie, und sie wag­te sich nicht zu rüh­ren.

      Er sag­te:

      »Ich habe über Sie nach­ge­dacht; ich durch­schaue Sie voll­kom­men. Neh­men Sie ge­gen Ihre Zu­stän­de dies: nie mehr als einen Trop­fen und nur wenn Sie in Ge­sell­schaft ge­hen wol­len.«

      Sei­ne Stim­me war ihr nun ver­däch­tig. Un­ter ei­nem ei­si­gen Miss­trau­en zog sie sich in­ner­lich zu­sam­men. Was hat­te die­ser Mensch mit ihr vor? »Noch nie­mand hat Gu­tes mit mir vor­ge­habt!« Er war ein Feind. »Mein Gott, in wes­sen Ge­walt bin ich ge­ra­ten!« Sie stieß zu­rück, was er ihr hin­hielt. Er be­merk­te plötz­lich ihre Ver­än­de­rung, be­reu­te un­ge­stüm, an Schwär­me­rei und Re­gun­gen der Güte eine ge­le­ge­ne Zeit ver­geu­det zu ha­ben, und tat einen har­ten Griff nach ihr. Sie wich aus, bück­te sich und ent­kam in der Fins­ter­nis der Stei­ge. Der Mond war nicht auf­ge­gan­gen.

      Sie stieß auf die Trep­pe, stürz­te vor­wärts, durch das Netz der lee­ren Gas­sen, im­mer dar­auf ge­fasst, die Schul­tern un­ter sei­ner zu­fas­sen­den Hand zu du­cken. Dr­un­ten auf dem wei­ten, grel­len Platz schi­en ihr der An­blick ei­ni­ger Bumm­ler un­be­greif­lich, ein ret­ten­des Wun­der. Al­les hat­te sich doch schon auf­ge­löst,


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