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Die kleine Stadt. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Die kleine Stadt - Heinrich Mann


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Kuss ge­ge­ben: jene große Schwar­ze.«

      »Ein pracht­vol­les Weib. Die wird eine Stim­me ha­ben!« mein­te der Ad­vo­kat.

      »Ich sage euch, sie kann schrei­en! Ge­schich­ten sind heu­te in dem al­ten Kar­ren er­zählt wor­den! Ich möch­te wis­sen, ob die bei­den Non­nen sie schon kann­ten. Im­mer lau­ter ha­ben sie ge­be­tet, – und seht nur, wie sie lau­fen!«

      »Wozu müs­sen die­se hei­li­gen Un­ter­rö­cke im­mer un­ter­wegs sein?« frag­te der Ad­vo­kat. »Auf al­len Stra­ßen sieht man nur sie.«

      Pol­li raun­te:

      »Und seht euch den Al­ten an: er ist ge­schminkt!«

      Die Grup­pe der Bür­ger schiel­te zu den Ko­mö­di­an­ten hin­über. Der Ad­vo­kat fand es schwe­rer als in sei­nen Stu­den­te­nerin­ne­run­gen, mit ih­nen an­zu­knüp­fen. Der un­ter­setz­te Mann vom Bock, der ihm noch am meis­ten Ver­trau­en ein­gab, ließ den Kut­scher das Ge­päck her­ab­he­ben. Den üb­ri­gen schüt­tel­te der Baron Tor­ro­ni die Hän­de. Er ver­sprach, ih­nen sei­ne Vö­gel ins Gast­haus zu schi­cken, mach­te sei­ne ecki­gen Ka­val­le­ris­ten­ver­beu­gun­gen und brach sich einen Weg durch die Kin­der und Mäg­de, die her­um­stan­den. Wie er in sei­nen Le­der­ga­ma­schen auf sein Haus zu­ging, schlüpf­te eine schwar­ze Ge­stalt her­aus und in die Kir­che.

      Meh­re­re Ge­schäfts­leu­te stell­ten sich ein, um nach ih­ren Pa­ke­ten zu se­hen. Der Kauf­mann Man­ca­fe­de be­müh­te sich längst um die sei­nen. Trotz al­ler Spät­som­mer­hit­ze war er in sei­ner di­cken brau­nen Ja­cke. Das ge­wölb­te Auge in sei­nem al­ten Ha­sen­pro­fil such­te ängst­lich und zäh un­ter den Kör­ben dort oben.

      »Und das Pe­tro­le­um?« frag­te er ge­las­sen und rich­te­te sei­nen tro­ckenen Fin­ger auf den Kut­scher Ma­set­ti. Der tat dro­ben einen er­bos­ten Sprung. Er schrie hin­ab, für so viel Mühe sei er nicht be­zahlt; die­se Frem­den hät­ten Ge­päck für einen gan­zen Ei­sen­bahn­zug; noch ein Wa­gen kom­me mit Leu­ten und Kof­fern: dar­auf wer­de, wenn Gott es wol­le, auch das Pe­tro­le­um sein. Und durch den ab­fäl­li­gen Empfang, der ihm be­rei­tet wor­den war, noch tiefer ge­färbt als sonst, schwenk­te er die aus­ge­brei­te­ten Arme to­bend über der Men­ge, vor dem blau­en Him­mel.

      Der Kauf­mann prüf­te ihn blin­zelnd und wand­te sich an den Ta­bak­händ­ler.

      »Pol­li, dei­ne Magd ist die letz­te Nacht nicht zu Hau­se ge­we­sen.«

      Der Ta­bak­händ­ler rö­te­te sich.

      »Sagt die Evan­ge­li­na es?«

      »Ja«, er­klär­te Man­ca­fe­de mit Ruhe und Si­cher­heit.

      »Und dann sagt mei­ne Toch­ter auch, die Ko­mö­di­an­ten wer­den kom­men … Das sind sie wohl?« – und zum ers­ten Mal schi­en er sich um­zu­se­hen.

      »Mei­ne Lina weiß, dass der be­rühm­te Te­nor Gior­da­no da­bei ist.«

      Plötz­lich dreh­te der weiß an­ge­zo­ge­ne Alte sich um. Leicht und doch groß sag­te er: »Das bin ich: der Ca­va­lie­re Gior­da­no.«

      Ein Au­gen­blick, und der Ad­vo­kat war über die Hand des al­ten Sän­gers her­ge­fal­len.

      »Sie, Ca­va­lie­re! Welch Wie­der­se­hen! Sie er­in­nern sich doch un­se­rer Be­kannt­schaft in Pe­ru­gia? Be­lot­ti, Ad­vo­kat Be­lot­ti. Wir ver­kehr­ten bei­de im Café ›Zur al­ten Treu­e‹. Wir spiel­ten Do­mi­no, und ich be­sieg­te Sie im­mer, Sie zahl­ten all mei­nen Punsch … Wie, Sie wis­sens nicht mehr? Ach ja, das sind wohl drei­ßig Jah­re her, und was ha­ben Sie seit­dem er­lebt! Der Ruhm, die Frau­en, die großen Rei­sen! Das nen­ne ich Le­ben. Hier in der klei­nen Stadt: – nun, Sie wer­den uns ken­nen­ler­nen; auch wir kön­nen lus­tig sein, auch wir wis­sen die Kunst zu schät­zen. Mei­ne Freun­de wer­den glück­lich sein, Sie ken­nen­zu­ler­nen.«

      Er wink­te sie her­bei.

      »Herr Ac­qui­sta­pace, un­ser Apo­the­ker; Herr Pol­li, mit dem Sie die Rei­se ge­macht ha­ben; Herr Can­ti­nel­li, der bra­ve An­füh­rer un­se­rer be­waff­ne­ten Macht …«

      Und um nicht sei­nen Geg­ner, den Ge­mein­dese­kre­tär, vor­stel­len zu müs­sen, griff er aus den Um­ste­hen­den einen an­de­ren her­aus.

      »Herr Chia­ra­lun­zi, höchst ge­schick­ter Schnei­der, der im Or­che­s­ter das Te­nor­horn bla­sen wird.«

      »Und wie!« me­cker­te das hä­mi­sche Stimm­chen des Bar­biers No­nog­gi.

      Aber der lan­ge stark­kno­chi­ge Schnei­der trat vor, sah sich lang­sam und ehr­lich die Frem­den an, – und dann ver­beug­te er sich mit Wucht, dass die Spit­zen sei­nes hän­gen­den, rostro­ten Schnurr­bar­tes schau­kel­ten vor dem klei­nen un­an­sehn­li­chen We­sen im schmutz­far­be­nen Man­tel. Sie stand, in­des ihre Ka­me­ra­den zu­sam­men flüs­ter­ten und lach­ten, ganz al­lein; durch die Ta­schen­wän­de sah man, dass sie Fäus­te mach­te; und ihre weit von­ein­an­der ent­fern­ten Au­gen gin­gen kalt über die wach­sen­de Men­ge, als prüf­te eine Macht die an­de­re. Beim An­blick des vor ihr ge­krümm­ten Schnei­ders be­kam sie un­ver­mu­tet ein Kin­der­lä­cheln und gab ihm eine klei­ne graue Hand.

      Da­rauf schüt­tel­te er die Rech­te des al­ten Te­nors, der über die an­de­ren Sän­ger eine Ge­bär­de be­schrieb, ohne dass er da­bei hin­sah: wie ein Fürst, der sein Ge­fol­ge vor­stellt.

      »Herr Vir­gi­nio Gad­di, Ba­ri­ton.«

      Der un­ter­setz­te Mann mit dem Cäsa­ren­pro­fil misch­te sich, eine Hand in der Ho­sen­ta­sche, un­ter die Bür­ger.

      »Fräu­lein Ita­lia Mo­le­sin, So­pran.«

      Die der­be Schwarz­haa­ri­ge lach­te mit großen Zäh­nen al­len zu und stieß da­bei ko­kett mit den Schul­tern, um den Schal zu­rück­zu­wer­fen; denn sie trug einen Schal, wie die Mas­se der Mäd­chen, und kei­nen Hut.

      »Herr Nel­lo Gen­na­ri, ly­ri­scher Te­nor.«

      Da sa­hen die Frau­en das matt­blei­che Ge­sicht des jüngs­ten Man­nes sich ih­nen zu­wen­den. Weil es ein­fach und stark ge­mei­ßelt war, er­kann­ten die am wei­tes­ten Ent­fern­ten es, reck­ten sich und sag­ten laut:

      »Oh! Ist er schön!«

      Sei­ne Au­gen dank­ten ih­nen al­len, ohne Über­ra­schung und ohne Ei­fer, mit ein we­nig schwer­mü­ti­gem Spott.

      Nun aber wen­de­te der Ca­va­lie­re Gior­da­no sich nach dem Mäd­chen um, das für sich stand, beug­te leicht vor ihr den Rumpf und sag­te mit ent­zück­ter Stim­me:

      »Und dies ist un­se­re Pri­ma­don­na as­so­luta, das Fräu­lein Flo­ra Gar­lin­da, eine Künst­le­rin von un­er­mess­li­cher Zu­kunft, die Hoff­nung der ly­ri­schen Büh­ne Ita­li­ens.«

      Dann sah er er­war­tungs­voll die Bür­ger an. Der Ad­vo­kat, der ihr am nächs­ten stand, fuhr ein we­nig zu­rück; und dann hul­dig­te er der Pri­ma­don­na umso ehr­furchts­vol­ler, je we­ni­ger er sie vor­her be­ach­tet hat­te. Er frag­te sie, ob sie schon in der Sca­la ge­sun­gen habe. Sie zuck­te die Ach­seln und krümm­te den Mund, als ver­ach­te­te sie die Sca­la. Da­rauf mach­te er einen großen Kratz­fuß.

      »Ein Fräu­lein wie Sie muss wohl Lieb­ha­ber ha­ben, so vie­le es nur


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