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Die kleine Stadt. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Die kleine Stadt - Heinrich Mann


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lebt ganz vom Nardini, seit dreißig Jahren bald. Jeden Sonntag nach der Messe wird dort unten in Villascura den Armen das Mehl ausgeteilt. Alba selbst tut es.“

      „Alba selbst“, wiederholte Alfò.

      „Aber als ich ihm die Liste brachte,“ sagte der Advokat mit steilem Finger, „wissen Sie wohl, was der Nardini mir geantwortet hat?“

      Alle wussten es, ließen sich aber gern zum zehnten Mal dadurch aufbringen.

      „Er hat mir geantwortet: wenn er dafür zahlen solle, dass die Komödianten fortbleiben, dann wolle er zahlen.“

      Der Apotheker schlug auf den Tisch; das Schweigen der andern war stürmisch. Da sagte der schöne Alfò, und das einfältigste Lächeln legte seine weißen Zähne frei:

      „Dennoch will ich Alba heiraten.“

      Niemand würdigte ihn einer Entgegnung.

      „Auch seinen Wasserfall“, erinnerte sich der Gevatter Achille, „hat er der Stadt ein wenig teuer verpachtet.“

      „Unsere Schuld“ — und der Gemeindesekretär hob die Schultern; „ich war gegen die Elektrizitätsanlage und bin es noch. Aber man hört nicht auf mich“, sagte er mit einem Blick auf den Advokaten, der die Arme in die Luft warf.

      „Wollen wir, ja oder nein, den Fortschritt?“ schrie er keuchend.

      „Und wem verdanken wir ihn,“ antwortete der junge Savezzo, „als einzig dem Advokaten?“

      „Ist es einer Stadt wie der unsrigen würdig,“ fragte der Advokat weiter, „die öffentlichen Plätze mit Petroleum zu erleuchten? Und wie sollen wir vor den Fremden dastehen, die uns besuchen werden, wenn unsere Theatersaison begonnen hat?“

      „Versteht sich“, machten die andern; nur der Sekretär schüttelte die zusammengelegten Hände.

      „Da haben wir's. Weil wir eine Theatersaison haben, müssen wir elektrisches Licht anlegen, und weil wir wie Venedig oder Turin das Verfassungsfest feiern, mussten wir in einem Feuerwerk fünftausend Lire abbrennen. So zieht eine Tat des Größenwahns die andere nach sich, und das Ende, das ich voraussehe, ist der Bankerott. Ah, Ihr Herren, unsern Bürgermeister, den würdigen Herrn Augusto Salvatori, der das Haus nicht mehr verlässt, trifft keine Schuld: sie trifft nur einen!“

      Und er stieß mit dem Finger nach dem Advokaten, der sich auf dem Stuhl umherwarf.

      „Wollen wir, ja oder nein, den Fortschritt?“

      Da rundete der Leutnant die Hand am Ohr:

      „Mir scheint, ich höre sie knarren.“

      Sogleich bekamen alle lauschende Mienen. Savezzo und Alfò stürzten an die Hausecke und spähten die Gasse hinab. Plötzlich schrien sie durch die gerundeten Hände:

      „He! Masetti! Langsamer!“

      Und unter wütendem Peitschenknallen hörte man die Post drunten auf der Landstraße vorbeirasseln. Indes sie den Bogen zum Tor machte, wurden Masettis phantastische Verspätungen aufgezählt; er habe keine Eile, zu seiner Frau zu kommen; — und nun er auf den Platz bog, begannen alle zu pfeifen. Die beiden Carabinieri ließen sich von ihren Pferden herab und hoben die Dreimaster, um sich die Köpfe zu trocknen. Die Diligenza fuhr mit Krachen beim Postamt vor: da zeigte sich, dass sie ganz gefüllt war. Drinnen saßen acht Personen, und eine kletterte soeben vom Bock: ein gedrungener Mann mit einem Cäsarenprofil, den der Handlungsreisende fast für einen Berufsgenossen gehalten hätte. Nur hatte er blaurasierte Wangen und Bewegungen von unbekannter Spannkraft und Form.

      Kaum dass die Pferde stillstanden, stürzten über die Füße der andern hinweg zwei Nonnen aus dem Wagen und eilten, so dass die Kreuze der Rosenkränze von ihren Hüften aufflogen, nach dem Treppenweg zum Kloster. Dann stieg ein schöner bleicher junger Mensch heraus, der unbeteiligt umher sah.

      „Nello!“ rief eine Frauenstimme. „Hilf mir heraus!“

      „Lass lieber mich“, sagte ein hagerer Alter, weiß angezogen und rascher als ein Jüngling; — und er streckte eine faltige Hand aus, worauf ein großer Brillant blitzte.

      Der Advokat bemerkte:

      „Aber das sind sie! Das sind die Komödianten. Ich als Vorsitzender des Komitees muss sie begrüßen.“

      Er erhob sich und schwänzelte über den Platz. Die andern folgten im Abstand.

      Aus der Post ward eine schwarze lachende Person gehoben, aber wer sie von hinten unter den Armen hielt — der Advokat musste auf halbem Wege stehen bleiben — das war, mit dem blonden Schnurrbart über dem roten Gesicht, der Baron Torroni! Er wandte sich um; aus seiner Jagdtasche sahen die Vogelschnäbel; und er setzte noch eine Frau aufs Pflaster: ein kleines unansehnliches Wesen in einem schmutzfarbenen Mantel, wie ein Sack, und die Haare voll Staub. Hinterher, mit einem ausgelassenen und dennoch bestürzten Gesicht, kam der Tabakhändler Polli.

      „He! Polli! Was ist denn mit dir geschehen?“ rief der Apotheker.

      Der Tabakhändler gesellte sich ihnen zu.

      „Ach ja, das fragt nur! Die eine hätte mir fast einen Kuss gegeben: jene große Schwarze.“

      „Ein prachtvolles Weib. Die wird eine Stimme haben!“ meinte der Advokat.

      „Ich sage euch, sie kann schreien! Geschichten sind heute in dem alten Karren erzählt worden! Ich möchte wissen, ob die beiden Nonnen sie schon kannten. Immer lauter haben sie gebetet, — und seht nur, wie sie laufen!“

      „Wozu müssen diese heiligen Unterröcke immer unterwegs sein?“ fragte der Advokat. „Auf allen Straßen sieht man nur sie.“

      Polli raunte:

      „Und seht euch den Alten an: er ist geschminkt!“

      Die Gruppe der Bürger schielte zu den Komödianten hinüber. Der Advokat fand es schwerer als in seinen Studentenerinnerungen, mit ihnen anzuknüpfen. Der untersetzte Mann vom Bock, der ihm noch am meisten Vertrauen eingab, ließ den Kutscher das Gepäck herabheben. Den übrigen schüttelte der Baron Torroni die Hände. Er versprach, ihnen seine Vögel ins Gasthaus zu schicken, machte seine eckigen Kavalleristenverbeugungen und brach sich einen Weg durch die Kinder und Mägde, die herumstanden. Wie er in seinen Ledergamaschen auf sein Haus zuging, schlüpfte eine schwarze Gestalt heraus und in die Kirche.

      Mehrere Geschäftsleute stellten sich ein, um nach ihren Paketen zu sehen. Der Kaufmann Mancafede bemühte sich längst um die seinen. Trotz aller Spätsommerhitze war er in seiner dicken braunen Jacke. Das gewölbte Auge in seinem alten Hasenprofil suchte ängstlich und zäh unter den Körben dort oben.

      „Und das Petroleum?“ fragte er gelassen und richtete seinen trockenen Finger auf den Kutscher Masetti. Der tat droben einen erbosten Sprung. Er schrie hinab, für so viel Mühe sei er nicht bezahlt; diese Fremden hätten Gepäck für einen ganzen Eisenbahnzug; noch ein Wagen komme mit Leuten und Koffern: darauf werde, wenn Gott es wolle, auch das Petroleum sein. Und durch den abfälligen Empfang, der ihm bereitet worden war, noch tiefer gefärbt als sonst, schwenkte er die ausgebreiteten Arme tobend über der Menge, vor dem blauen Himmel.

      Der Kaufmann prüfte ihn blinzelnd und wandte sich an den Tabakhändler.

      „Polli, deine Magd ist die letzte Nacht nicht zu Hause gewesen.“

      Der Tabakhändler rötete sich.

      „Sagt die Evangelina es?“

      „Ja“, erklärte Mancafede mit Ruhe und Sicherheit.

      „Und dann sagt meine Tochter auch, die Komödianten werden kommen . . . Das sind sie wohl?“ — und zum ersten Mal schien er sich umzusehen.

      „Meine Lina weiß, dass der berühmte Tenor Giordano dabei ist.“

      Plötzlich drehte der weiß angezogene Alte sich um. Leicht und doch groß sagte er: „Das bin ich: der Cavaliere Giordano.“

      Ein Augenblick, und der Advokat war über die


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