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DERMALEINST, ANDERSWO UND ÜBERHAUPT. Klaus HübnerЧитать онлайн книгу.

DERMALEINST, ANDERSWO UND ÜBERHAUPT - Klaus Hübner


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oft waren sie vernarrt in ihre Heimat – gelegentlich einseitig und erstaunlich unkritisch. Jedenfalls interessierten sich Schweizer und Deutsche auch damals schon sehr füreinander, und wie das vor sich ging, untersuchen fünf per se interkulturell ausgerichtete kulturhistorische Beiträge, die sich auch als Beispiele verstehen lassen für moderne Probleme um Identität, Alterität und Nationalstereotyp. Simone Zurbuchen erläutert die damalige »Staatstheorie zwischen eidgenössischer Republik und preußischer Monarchie«, Markus Zenker analysiert Johann Georg Zimmermanns Werk Von der Einsamkeit (1773; 1784/85) im zeitgenössischen deutsch-schweizerischen Kontext, und York-Gothart Mix untersucht populäre Kalender wie den Hinkenden Boten oder den Rheinländischen Hausfreund auf interkulturelle Spuren. Martin Stuber erörtert den wissenschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und der Schweiz im Korrespondenznetz Albrecht von Hallers, und Yvonne Boerlin-Brodbeck schließlich geht den Beziehungen zwischen den beiden Ländern in der Kunst des 18. Jahrhunderts nach. Herausgekommen ist ein instruktives kleines Bändchen zur deutsch-schweizerischen Kulturgeschichte, das auf dem allerneuesten Stand der Forschung ist, ohne sich irgendeines hermetischen Jargons zu befleißigen – was mit ein Grund ist, weshalb die Lektüre der Aufsätze nicht nur Gewinn bringt, sondern auch Spaß macht.

      Deutsch-schweizerischer Kulturtransfer im 18. Jahrhundert. Zusammengestellt von York-Gothart Mix, Markus Zenker und Simone Zurbuchen (= Das Achtzehnte Jahrhundert. Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des Achtzehnten Jahrhunderts. Heft 26.2). Göttingen 2002: Wallstein Verlag. 126 S.

      Auf Durchreise

      War das nicht der mit der Gewaltenteilung?

      »Das Herzogtum Württemberg ist ein schönes Ding … Rundherum ein sehr schönes und gutes Land.« Das hört man gern! Am Ludwigsburger Schloss allerdings fällt auf, »dass man überall Kleines unter dem Anschein der Größe wahrnahm«. Angeber, dieser Herzog! Das »berühmte Fass« im Heidelberger Schloss – »tatsächlich ein schönes Stück«! Und dann erst Mannheim: »Die Stadt ist gegenwärtig eine der schönsten Deutschlands und sie wird noch eine der stärksten des Landes werden.« Na denn!

      Charles-Louis de Secondat Baron de la Brède et de Montesquieu (1689–1755) war ein Jurist, Rechtsphilosoph, Diplomat und Literat, der südlich von Bordeaux zu Hause war und im absolutistischen Frankreich eine bemerkenswerte politisch-literarische Karriere machte. Wer gute Französischlehrer hatte, hat mal in seine Lettres Persanes (1721) hineingeschnuppert, ein für die damalige Zeit sensationelles Werk, in dem ein persischer Reisender seinem in Isfahan gebliebenen Freund schildert, wie merkwürdig es zuweilen in Europa zugeht. Und dass das Reisen den vertrauten Blickwinkel auf die Welt erweitern und neu beleuchten kann. Reisen als Quelle der Erkenntnis! Der Urheber dieser Lettres, der später mit De l’Esprit des Lois (1748) die Fundamente des modernen Rechtsstaats legen und damit endgültig weltberühmt werden wird, macht sich im April 1728 selbst auf die Socken. Italien, Österreich, Deutschland, Holland! Literatur macht er nicht. Aber er macht sich Notizen. Die liegen jetzt, fast dreihundert Jahre danach, zum allerersten Mal auf Deutsch vor, mit ausgewählten Illustrationen, kurzen Kommentaren, kompetenter Einleitung, anregendem Nachwort und hilfreichen Registern. Gut so! Ob Montesquieus Notate wirklich »höchst lesenswert« sind, wie der Herausgeber behauptet? Na ja. Auflistungen von Poststationen oder Maßeinheiten sowie allerlei Klatsch über Personen, die heute kaum noch jemand kennt, finden sich jedenfalls reichlich. Wiederholungen ebenfalls. Aber auch Perlen: »Die Deutschen, die in ihrer Jugend sehr wenig lebhaft sind, werden im fortgeschrittenen Alter unweigerlich dicker.«

      Charles-Louis de Montesquieu: Meine Reisen in Deutschland 1728–1729. Ausgewählt, herausgegeben, kommentiert und eingeleitet von Jürgen Overhoff. Aus dem Französischen übersetzt von Hans W. Schumacher. Mit einem Nachwort von Vanessa de Senarclens. Stuttgart 2014: Cotta Verlag. 216 S.

      Licht über Europa

      Vom heroischen Zeitalter der Aufklärung

      »Aufklärung. Am Anfang war das Bild: Wie morgens der Himmel aufklart und die nächtliche Dunkelheit vertrieben wird, so soll auch der menschliche Verstand erhellt werden.« So beginnt der 1943 geborene, in Hamburg lebende Germanist und Philosoph Manfred Geier sein Buch über die europäische Ideen- und Geistesgeschichte von 1689 bis 1789, die das immer noch hochaktuelle Projekt eines vernünftigen und toleranten Zusammenlebens ganz unterschiedlicher Menschen begründet und entwickelt hat. Geier weiß, dass reine Philosophie ohne Charaktere aus Fleisch und Blut schnell ermüden kann, und so erzählt er uns »Lebens- und Werkgeschichten«, die exemplarisch für die großen Gedankenentwürfe der Aufklärung stehen sollen. Zuerst geht es um die innere und äußere Biografie von John Locke, dann folgen Kapitel über den Third Earl of Shaftesbury, die französischen Aufklärer Voltaire, Diderot und Rousseau, Moses Mendelssohn, Immanuel Kant, Olympe de Gouges und Wilhelm von Humboldt. Mag man auch über diese Auswahl trefflich streiten können – der Leser gewinnt einen guten Eindruck davon, wie wegweisend das Projekt der Aufklärung war, wie es Europa geprägt hat und wie sein Licht bis heute in die ganze Welt ausstrahlt. Und keineswegs nur nebenbei erfährt er auch, wie menschlich-allzumenschlich es zuging in der Gelehrtenrepublik des 18. Jahrhunderts.

      Das anspruchsvolle Thema kann naturgemäß nicht auskommen ohne längere Zitate aus den einschlägigen Schriften, auch nicht ohne manchmal umständliche Paraphrasen des dort Dargelegten, und offenbar geht es auch nicht ohne sechsunddreißig Seiten Anmerkungen. Geier bemüht sich sehr, es immer wieder menscheln zu lassen, und zudem zieht er immer wieder erhellende Verbindungslinien zu vielen Debatten unserer Tage. Letztlich aber bleibt auch dieser höchst kompetente Fachmann ein akademischer Lehrer, und kaum jemals wurde einem deutschen Dozenten feuilletonistischer Charme oder stilistische Eleganz nachgesagt. Beides ist auch Manfred Geier nicht wirklich gegeben, und so wird die Lektüre seines verdienstvollen Bandes auf weite Strecken zu einer zähen und mühsamen Angelegenheit. Lohnend ist sie dennoch.

      Manfred Geier: Aufklärung. Das europäische Projekt. Reinbek 2012: Rowohlt Verlag. 415 S.

      Diesen Anblick, meine Kinder!

      Die Schweiz-Reisen der Sophie von La Roche

      Sophie von La Roche, die Großmutter von Clemens Brentano und dessen Geschwistern, starb am 18. Februar 1807. Die 1730 in Kaufbeuren geborene Schriftstellerin, seit ihrer Geschichte des Fräuleins von Sternheim (1771) eine Größe der deutschsprachigen Literatur, darf man getrost als eine zwar adelige, in ihrem Habitus aber doch recht bürgerliche Schwäbin des 18. Jahrhunderts bezeichnen. Wer Armin Strohmeyrs Biografie der Jugendfreundin des im nahen Biberach geborenen Christoph Martin Wieland liest, der begegnet zuallererst einer grundsoliden, ehrenwerten und tüchtigen Frau – und bald auch einer herzensguten Mutter. Sophie von La Roche war aber zudem eine ehrgeizige, fleißige und mehr als nur talentierte Verfasserin von Prosaliteratur fast aller Art. Sie gab, durchaus außergewöhnlich für ihre Zeit, die Zeitschrift Pomona für Teutschlands Töchter heraus, und sie war eine Briefstellerin von Format. Dennoch sind sie und ihre Schriften so gut wie vergessen in einer Gegenwart, die oft schon mit dem Namen Wieland nichts mehr zu verbinden weiß. Dass sich das mit dem zweihundertsten Todestag plötzlich ändert, ist trotz aller verlegerischen Bemühungen nicht sehr wahrscheinlich. Liest man aber in ihren anschaulichen, anekdotenreichen und elegant formulierten Reisetagebüchern, wird man zugeben müssen: Diese Schriftstellerin hat mehr verdient als einen Gnadenplatz in den Kellern der Literaturgeschichte.

      Das Reisen war zu ihrer Zeit beschwerlicher und anstrengender als heute. Und kostete schon damals viel Geld. Man reiste nicht zur Erholung, sondern um seine Persönlichkeit zu bilden, um Land und Leute kennenzulernen, um in der Fremde lebende Freunde oder manche im europäischen Geistesleben bekannte Figur aufzusuchen. Die Autorin musste vierundfünfzig Jahre alt werden, ehe sie am 25. Juni 1784 mit ihrem sechzehnjährigen Sohn Franz aus Speyer abreisen und wenige Tage danach bei Schaffhausen Schweizer Boden betreten konnte. Gleich hinab zum Rheinfall! Überwältigt schreibt die empfindsame Rousseau- und Haller-Leserin in ihr an die daheimgebliebenen Sprösslinge gerichtetes Tagebuch: »Diesen Anblick, meine Kinder! kan man nicht beschreiben; aber ein vorher nie bekanntes Gefühl von der Macht und Schönheit der Natur durchdringt hier die Seele.« Zürich schätzt sie aus einem anderen


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