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DERMALEINST, ANDERSWO UND ÜBERHAUPT. Klaus HübnerЧитать онлайн книгу.

DERMALEINST, ANDERSWO UND ÜBERHAUPT - Klaus Hübner


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Gasthof »Zum Schwert«, auf Johannes Eschers Landgut bei Herrliberg, in der »Krone« zu Stäfa, am Gotthard und anderswo treiben, ist gut belegt, und Klauss erzählt es sehr anschaulich. Ende 1797 sind die beiden wieder in Weimar, und bald machen sie sich an die Vorbereitung der Kunstzeitschrift Propyläen, in der sie das umfangreiche Material ihrer italienischen Kunststudien publizistisch ausschlachten wollen – und sich dabei bald in jahrelange Querelen mit den Romantikern verstricken, deren heftigste anti-klassizistische Zornesausbrüche sich gegen Meyer richten werden. Doch Meyer bleibt, auch in den späteren Essays und Polemiken in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung oder, nach 1816, in Ueber Kunst und Alterthum, fest bei seinen Grundüberzeugungen. Herzog Carl August betraut ihn mit der Aufsicht über die künstlerische Ausgestaltung des Residenzschlosses, und Meyer hat, wie Klauss hervorhebt, einen wesentlichen und meist unterschätzten Anteil am Zustandekommen dieser architektonischen Perle. 1803 heiratet er eine Adelige, Amalie Caroline Friederike von Koppenfels. Ihre zweiundzwanzig Ehejahre müssen sehr glücklich gewesen sein, auch ohne Kinder, und wenn es Meyer weniger gut geht, hilft stets die Heimatluft Stäfas. Er ist bis zu seinem Tod ein anerkanntes Mitglied der so ehrbaren wie klatsch- und intrigenreichen Weimarer Gesellschaft, die er mit lakonischen Äußerungen, trockenen Kommentaren und treffenden Aperçus zu unterhalten und bisweilen durch Kostproben seines Heimatdialekts zu entzücken weiß – Johanna Schopenhauer und andere Zeugen berichten oft Köstliches über den drolligen Humor des »Kunschtmeyer«, den Klauss auch als Vertrauten der jungen russischen Großfürstin Maria Pawlowna porträtiert, der Enkelin der Zarin Katharina II., die seit 1804 in Weimar residiert und sich mit Meyers Hilfe den humanistischen Geist des klassischen Weimar anzueignen sucht. Für ihre drei Mädchen entsteht unter Meyers Leitung der »Prinzessinnengarten« in Jena, und auch in Weimar tut Meyer viel Gutes, in künstlerischer wie auch in sozialer Hinsicht. Nach dem Tod der geliebten Frau gönnt er sich noch eine Reise in die Heimat und eine nach Karlsbad – nach dem Hinschied Goethes aber mag er nicht mehr so recht auf dieser Welt sein, und im Prinzessinnenschlösschen zu Jena tut er, dreiundsiebzigjährig, kurz danach seinen letzten Atemzug.

      Ein erfülltes Leben, zweifellos. Und doch erinnert man sich, auch nach der Lektüre dieses verdienstvollen, eine grandiose Lebensleistung zu Recht ausführlich würdigenden Buches, an Johann Heinrich Meyer weiterhin nur in Bezug auf Goethe. »Er war die Inkarnation jener Goetheschen Idee vom Lehrer, Diener und Freund in einer Person«, meint sein Biograf, der seine in der Einleitung gemachten Versprechen fast alle einlösen kann – nur das mit dem Schweizer Kulturbotschafter wird, über das Reden im Dialekt hinaus, nicht recht deutlich. Dennoch scheint der Autor dem behaupteten Eigenwert seines Meyers nicht ganz zu trauen. Klauss endet sein detailreiches und auch sehr liebevolles Buch mit einem Satz, der seinen Protagonisten wiederum in den Schatten eines Größeren stellt, aus welchem er ihn doch eigentlich zu befreien gedachte: »Wahrscheinlich war Johann Heinrich Meyer in seiner Standhaftigkeit und Stetigkeit genau der Mensch, den der sich alle zehn Jahre wie eine Schlange häutende Dichter brauchte.«

      Jochen Klauss: Der »Kunschtmeyer«. Johann Heinrich Meyer: Freund und Orakel Goethes. Weimar 2001: Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger. 358 S.

      Weltliteratur?

      Dieter Lamping rückt einiges zurecht

      Der in Mainz lehrende Komparatist Dieter Lamping ist einer der nicht eben zahlreichen Literaturwissenschaftler, die den unübersehbaren Prozess der Internationalisierung der deutschsprachigen Literatur ernst nehmen und ihn in den Kontext der europäischen Literaturgeschichte zu stellen versuchen. Kein Wunder, dass er dabei bald auf Goethe und dessen bis heute so wirkungsmächtigen Begriff der »Weltliteratur« stieß. Denn diesem Konzept ist es im Grunde zu verdanken, dass wir die Literatur nicht für wesentlich monokulturell oder gar national halten. »Weltliteratur ist eine der großen Ideen des 19. Jahrhunderts – und eine der wenigen, die die Epoche ihrer Entstehung überlebt haben«, lautet der erste Satz des Buches. Was aber meint man heute damit, wenn man, wie es in der Literaturwissenschaft ebenso wie in der Literaturkritik allenthalben geschieht, von »Weltliteratur« spricht? Welchen Nutzen, welchen Erklärungswert hat der Rekurs auf Goethes Konzept? Und ist es überhaupt ein Rekurs, oder hat die gängige Verwendung des Begriffs nur noch wenig mit dem zu tun, was der Dichterfürst am 31. Januar 1827 im Gespräch mit Eckermann äußerte? Oft genug sind Goethes Worte zitiert worden: »National-Literatur will jetzt nicht viel sagen, die Epoche der Welt-Literatur ist an der Zeit und jeder muss jetzt dazu wirken, diese Epoche zu beschleunigen.« Diesen Worten, diesem Begriff und mehr noch dessen Karriere im 19., 20. und auch 21. Jahrhundert widmet sich Lampings im besten Sinne philologische, weil weit über die Philologie hinausweisende Untersuchung: »Die Idee der Weltliteratur in ihren wichtigsten, literarhistorischen wie literaturtheoretischen, aber auch ideengeschichtlichen Aspekten mit der gebotenen Knappheit darzustellen ist das Ziel dieses Buches. Dabei versucht es, nicht nur zu fragen, wie sie verstanden wurde, von ihrem Urheber und von seinen Lesern, sondern auch, wie sie noch immer sinnvoll zu verstehen sei.«

      Naturgemäß geht es zuerst um Goethe, dessen Plädoyer für »Weltliteratur« den alten Dichter als einen weltoffenen, scharfsinnigen und der Zukunft zugewandten Beobachter seiner Epoche ausweist. Doch schon bei ihm bleibt der Begriff unscharf, und an keiner Stelle hat er systematisch entwickelt, was er eigentlich unter »Weltliteratur« verstanden wissen wollte. Als »formelhafte Aperçus« implizieren Goethes diesbezügliche Bemerkungen mehr als sie explizieren. In den drei der Einleitung folgenden Abschnitten seiner Studie stellt Lamping den Weimarer Altmeister in den Kontext der europäischen Literatur seiner Zeit und diskutiert die weitreichenden Implikationen der keineswegs nur angelesenen Internationalität des Divan-Dichters, der zwar nach heutigen Maßstäben kein weltkundiger Mann war, aber noch viel weniger ein »eingezogen lebender Mensch wie etwa Kant oder Lichtenberg«. In Goethes Werk und Wirken lässt sich, wie der höchst belesene, quellenkundige Verfasser detailliert nachweist, in vielerlei Hinsicht ein durchaus interkulturelles Interesse feststellen, auch wenn das bei Zeitgenossen wie Georg Forster, Adelbert von Chamisso oder Alexander von Humboldt ungleich stärker ausgeprägt gewesen sein mag. Unvermeidlicherweise geht es im ersten Teil des Buches auch um das von Herder, Schleiermacher und anderen entwickelte, von Lamping nicht als kontrastiv, sondern als komplementär zur »Weltliteratur« betrachtete Konzept einer »Nationalliteratur«. Abgesehen von diesem allerdings folgenreichen Scheinkonflikt zwischen Welt und Nation wurde die Idee der »Weltliteratur« niemals ausschließlich als poetische begriffen. »Vielen ihrer Anhänger galt und gilt sie auch, wenn nicht vor allem, als ein kosmopolitisches Programm, und gerade diese Verbindung hat viel zum Erfolg der Idee beigetragen.«

      Der fünfte Abschnitt der Untersuchung weist nach, dass und inwiefern Goethes Idee sozusagen in der Luft lag. Denn: »Die drei Jahrzehnte vor und nach 1800 stellen die erste europäische Epoche der neueren deutschen Literatur dar.« Besonders manifest wird das »sowohl als Übersetzung wie als Vermittlung und als Verarbeitung, als produktive Rezeption«. Kundig führt Lamping durch die ungeheure Fülle und Dichte der Bezugnahmen auf europäische Literaturen, die die deutschsprachige Literatur um 1800 aufweist und die nicht allein Themen und Motive, sondern auch Formen und Gattungen betreffen. Spätestens in der »Goethezeit« – und nicht etwa erst mit den Anfängen einer »Literatur der Migration« seit den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts – wurde Internationalität zu einem konstitutiven Moment der deutschen Literatur. Die Rede von der »Weltliteratur« allerdings folgte seit Goethes Tod vielfach einer eigenen Logik, und den diversen Bedeutungsverschiebungen dieses wandelbaren Konzepts geht der Autor detailliert nach, bis hinein in einzelne »Dialoge« von (mindestens) zwei Texten unterschiedlicher Sprachherkunft. Selbstverständlich ist »Weltliteratur als intertextuell fassbare literarische Internationalität« kein völlig neues Konzept, doch gerade in der deutschen, über lange Zeit hindurch von nationalem Denken dominierten Literaturwissenschaft und ihren akademischen Organisationsformen spielte es nur selten eine wichtige Rolle – was, betrachtet man die Germanistik auch der jüngeren Zeit, gravierende Folgen zeitigte. »In den neueren Philologien hat der Begriff der ›Weltliteratur‹ in dem Maß an Bedeutung gewonnen, in dem sich neben den einzelsprachlichen eine vergleichende Literaturwissenschaft bildete«, meint der Verfasser und unterschlägt dabei ein wenig, dass auch die seit etwa 1980 fortschreitende Entwicklung einer »Interkulturellen Germanistik« hier entschieden bewusstseinsverändernd gewirkt hat. Immerhin nimmt er die nicht-deutsche interkulturelle


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