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DERMALEINST, ANDERSWO UND ÜBERHAUPT. Klaus HübnerЧитать онлайн книгу.

DERMALEINST, ANDERSWO UND ÜBERHAUPT - Klaus Hübner


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Gessner, Usteri, Hirzel oder Füssli. »Wir betrachteten auch das vom Hause Escher erbaute Wasserrad.« Luzern und sein See erwecken ihre Ehrfurcht, und in Sursée nimmt die Reisende sogar an einem »Patriotenfest« teil.

      »Nun sind wir an dem Ort unserer Bestimung«, beginnt der Eintrag vom 17. Juli, in dem Lausanne ebenso prägnant beschrieben wird wie bald darauf Genf. Der Besuch in Fernay gibt Gelegenheit, ihren durchaus ambivalenten Eindruck von Voltaire näher darzulegen. Auf nach Savoyen! Schlafen wird sie in »Chaumoni« nur wenige Stunden – starke Männer tragen Sophie hinauf zum Gletscher des Montblanc: »Man lernt an Allmacht glauben, wenn man hier steht, und die Felsen sieht. Wie klein, wie niedrig scheint aller Stolz der Welt, alles, wovon wir eine grose Idee hatten.« Dramatisch verstärkt wird das beinahe zu einer Art mystischer Gotteserfahrung ausartende Naturerlebnis durch ein kräftiges Gewitter, bei dem der mutigen Reisenden dann doch »ein wenig schauerte«. Doch bald ist man wieder in der »herrlichen Landschaft« rund um den Genfer See, und über Bern gelangt Sophie nach Basel, wo Jacob Sarazin sie beherbergt. »Alle Vormittage besuchten wir Merkwürdigkeiten der Stadt, und des Nachmittags führten die freundlich edlen Sarazins uns in der schönen Nachbarschaft umher, nach Wendek zu Merians und zu Herrn Battier auf dem Schlosse Mönchenstern.« Danach aber wird Sohn Franz der »Lehre und Sorge« von Gottlieb Konrad Pfeffel und seiner Militärschule in Colmar überlassen.

      Die Schriftstellerin hat die Schweiz noch zweimal besucht. Über ihre Reise im Jahr 1789 hat sie kein Tagebuch geführt, wohl aber über ihre dritte, vom Tod ihres Franz überschattete Reise, auf der die Einundsechzigjährige massiv mit den Folgen der Revolution in Frankreich konfrontiert wird und darüber intensiv nachdenkt. Längere Zeit ist sie Gast bei Carl von Bonstetten und Charlotte von Wattenwyl: »Wie viel ist Lausanne und Nyon für mich geworden, indem ich meine Menschenkenntnis und Geistesruhe vermehrte und befestigte!« Die Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise (1793) bieten mehr philosophische Betrachtungen als konkrete Schilderungen von Land und Leuten – und sie illustrieren das Ende ihrer Aufklärungs-Zuversicht. Wie Sophie von La Roche dann über Neuenburg, Aarau und Zürich eilig zurückreist und bald wieder am Rheinfall sitzt, nun aber einsam, nachdenklich und melancholisch, liest man nicht ohne Rührung. Alt war sie geworden – die Zeit nach 1789 wurde die ihre nicht mehr.

      Sophie von La Roche: Reisetagebücher. Aufzeichnungen zur Schweiz, zu Frankreich, Holland, England und Deutschland. Ausgewählt und mit Einführungen versehen von Klaus Pott und Charlotte Nerl-Steckelberg (Bibliotheca Suevica 21). Eggingen 2006: Edition Isele. 443 S.

      Sophie von La Roche: Lesebuch. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Helga Meise unter Mitarbeit von Claudia Bamberg und Andreas Jacob. Königstein im Taunus 2005: Ulrike Helmer Verlag. 311 S.

      Armin Strohmeyr: Sophie von La Roche. Eine Biografie. Leipzig 2006: Reclam Leipzig. 303 S.

      Goethes allzu braver Schweizer Freund

      Eine solide Biografie bringt uns Johann Heinrich Meyer näher

      Das erste umfassende biografische Porträt von Goethes fast lebenslangem Freund, dem Maler und Kunstkenner Johann Heinrich Meyer, ist eine erfreulich solide Sache, ganz im Gegensatz übrigens zu einer neuen Merck-Biografie aus dem gleichen Verlag. Sein Autor, der Germanist und Historiker Jochen Klauss, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Goethe-Nationalmuseum in Weimar und ein durch zahlreiche Goethe- und Weimar-Studien ausgewiesener Kenner der Materie, und er kann so lesbar, ja teilweise spannend schreiben, dass Übersetzungen aus dem Germanistischen ins Deutsche an keiner Stelle notwendig sind. Und flüssig, ja spannend zu schreiben ist kein geringes Kunststück bei einem so verdienten wie bedächtigen Mann wie dem »Kunschtmeyer«. Spannend ist auf jeden Fall die Epoche, die hier, manchmal ein wenig zu heimatkundlich auf Weimar fixiert, souverän vor Augen geführt wird. Klauss zitiert dabei ungewöhnlich viel, ohne dass dies den Fluss seiner biografischen Prosa groß störte, und was wirklich zu viel gewesen wäre, hat er in den umfangreichen, zur wissenschaftlichen Brauchbarkeit seines Buches ganz wesentlich beitragenden Anhang verbannt. Die Wissenschaftler dürften an dieser akkuraten Darstellung wenig auszusetzen haben und wohl hauptsächlich gerade das kritisieren, was das Buch für ein breiteres Publikum interessant macht – die beherzten Urteile des Biografen, die Farbe und Schwung in sein Werk bringen. Was dem »Kunschtmeyer« gewiss nicht schaden kann. Denn weshalb soll man sich ausgerechnet mit diesem am 16. März 1760 in Stäfa am Zürichsee geborenen und am 14. Oktober 1832 in Jena gestorbenen Künstler näher beschäftigen? Immerhin hat der Mann nicht den allerbesten Ruf, was Jochen Klauss gleich auf den ersten Seiten unter der Überschrift »Der Langweiler« aufgreift, ja aufgreifen muss, um uns dennoch für seinen Gegenstand einzunehmen. Er sieht in den teilweise gehässigen Vorurteilen gegen den »wichtigsten und verlässlichsten Freund und Berater« Goethes die Ursache dafür, dass es bislang keine umfassende Meyer-Biografie gibt, sondern nur ein paar Spezialstudien über den Maler und Kunsttheoretiker. Klauss hingegen verspricht, sich dem »Menschen« Meyer zuzuwenden, seine Rolle innerhalb der Weimarer Szene und vor allem seinen Anteil am Leben Goethes zu beleuchten und darüber hinaus den Wohltäter der Stadt Weimar sowie den Schweizer Kulturbotschafter gebührend zu würdigen. Dabei sollen, so verspricht der Autor weiter, Leben und Leistungen Meyers sachlich geschildert und individuell gewürdigt werden, damit dieser wackere Mann in Zukunft auch ohne den ständigen Seitenblick auf Goethe als bedeutende Persönlichkeit seiner Zeit gelten möge. Ein hoher Anspruch, den Klauss da in seiner Einleitung aufbaut. Ein zu hoher?

      Kenntnisreich schildert Klauss die Kindheit und Jugend Meyers in Stäfa und Zürich – und das bei dürftigster Quellenlage. 1776 jedenfalls gibt seine Mutter Dorothea Billeter den zeichenbegabten Knaben bei dem Formenschneider und Maler Johannes Koella aus Stäfa in die Lehre, 1778 wechselt er zu Johann Caspar Füssli in die Kunst- und Gelehrtenmetropole Zürich, wo der junge Mann seine entscheidende geistige Prägung erfährt. Die Abschnitte über Zürich im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts, über die Lehr- und Gesellenzeit Meyers und über sein bildungshungriges Hineinwachsen in die griechische Kunstwelt Johann Joachim Winckelmanns gehören zu den besten und instruktivsten Teilen dieser Biografie. Ihr Fazit lautet: »Meyer war ein Kind seiner Zeit; seine charakterliche Entwicklung war abgeschlossen, bevor Goethe ihm begegnete.« Bald geht es zum ersten Mal nach Italien: »Die deutsche Künstlerkolonie in Rom hatte, als Meyer und Koella 1784 zu ihr stießen, schon feste Regeln und Traditionen entwickelt, in die sich die Neuankömmlinge glücklich einfügten.« Meyer widmet sich mit unerschütterlichem Ernst seinen Kunststudien und gilt den leichtsinnig-lebenslustigen Kollegen bald als ungeselliger Eigenbrötler. Dass er jedoch als disziplinierter Autodidakt konsequent seinen künstlerischen Zielen zustrebt, »immer fest, immer sachlich« – genau das bringt ihm die Bewunderung des 1786 nach Rom gelangten Goethe ein. Klauss bezeichnet dieses Zusammentreffen, dessen in der Italienischen Reise geschilderte Umstände nebenher ein wenig korrigierend, ohne Umschweife als »Glücksfall« und »Lebenswende«, und er hat damit vollkommen recht. Denn: »Das 1787 hier beginnende innige Verhältnis – seltener Fall in Goethes Leben – sollte über vierzig Jahre lang harmonisch und ungetrübt bleiben«. Zunächst freilich hofft Meyer auf Goethes gute Beziehungen, und er hofft nicht vergebens. Der Dreißigjährige erhält ein zwar bescheidenes, aber sicheres herzoglich-weimarisches Stipendium, das ihm den weiteren Italienaufenthalt und seine Kunststudien ermöglicht und eine solide Zukunft in Thüringen eröffnet.

      Im November 1791 trifft Johann Heinrich Meyer in Weimar ein. Er wird sogleich in die Goethesche Familie aufgenommen und damit in die bessere Gesellschaft des Städtchens. Er erwirbt sich beim Umgestalten des Hauses am Frauenplan große Verdienste und ist auch später als kompetenter Bauleiter tätig. »Keine der bedeutenden klassizistischen Baumaßnahmen in Weimar wurde ohne ihn, ohne seine aktive Mitarbeit durchgeführt.« Der Hausfreund fungiert als beständiger und verlässlicher Beschützer Christianes und des kleinen August, wenn das Familienoberhaupt auf Reisen ist – und er zeichnet und malt, unter anderem das bekannte Aquarell Christiane und August. Er malt Goethe derart objektiv und naturgetreu, dass der Freund zusammenzuckt – so dick ist er und so grämlich schaut er drein? Außerdem betätigt sich Meyer als Kunstschriftsteller und wird Lehrer an der »Freien Zeichen-Akademie«, später gar ihr Direktor. Goethe schreibt am 14. September 1795 an Schiller: »Es ist ein herrlicher Mensch.« Ende 1795 geht es ein weiteres Mal nach Italien – ohne Meyer hätte Goethe seine Lebensbeschreibung Benvenuto Cellinis


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