Bewusstseinsdiamanten. Wolfgang HockЧитать онлайн книгу.
Vermittlung der Welt durch die Sinne, da die Natur nur als Schatten dieser Ideen beziehungsweise idealen Urbilder bestehe. Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) war der Auffassung, dass nichts ins Bewusstsein gelangen kann, was nicht vorher in den Sinnen war. Jeder einzelne Sinn vermittelt uns bestimmte Eigenschaften der Dinge, die erst durch den allgemeinen Sinn zum brauchbaren Abbild der Wirklichkeit zusammengefasst werden. Die Sinnesorgane stellen die Verbindung zur Welt her und beliefern so über ihre jeweiligen Rezeptoren das Gehirn mit Informationen. Diese Auffassung lag schon sehr nahe bei der heute geltenden Auffassung der Wissenschaften.
Auch machte man sich in früheren Zeiten, jenseits von Religion und Mystik, Gedanken über das, was sich mit der reinen Wahrnehmung über die Sinne nicht erklären ließ. Das buddhistische Ayatana zählte auch das Denken zu den Grundlagen geistiger Prozesse. Die Buddhisten gingen davon aus, dass man verschiedene Sinnesgegenstände, gemeint waren Wind, Feuer, Wasser, Erde und Äther, nicht gleichzeitig wahrnehmen könne. Ähnliche Ansichten hatte auch der Philosoph Roger Bacon (1214 – 1294), in dem er feststellte, dass die Natur dem bloß sinnlichen Menschen vieles verberge. Er meinte, dass in der Mathematik der Hauptschlüssel aller Wissenschaften gefunden werden kann.
In unserer Zeit erweiterte der Anthroposoph Rudolf Steiner (1861 – 1925) die bis dahin bekannten fünf Sinne auf 12 Sinne, indem er Lebens-, Bewegungs-, Gleichgewichts-, Wärme-, Sprach-, Denk- und den Ichsinn hinzunahm. Er ging von einer Entsprechung des Menschen mit dem kosmischen Leben aus und behauptete, das gesamte Seelenleben bewege sich so gleichsam zwischen den 12 Sinnen, wie sich die Sonne zwischen den 12 Sternbildern bewegt.
Die Klugheit in der Weltsicht der Weisen besteht darin, dass die Ansichten nicht als Fakten im Kopf erdacht sind, sondern in der Stille erfahren werden. Das geschieht beim Hinduismus im Yoga, beim Judentum in der Kabbala, beim Christentum in der Mystik und beim Buddhismus im ZEN. In den alten Schriften steht, dass der Mensch sich selbst durch das Auge der Erkenntnis verstehen muss. Wenn man seine wahre Natur erkenne, dann sei das die Befreiung oder Erleuchtung. Es gehe darum, die Dualität zwischen Geist und Körper zu überwinden und deren Einheit zu verstehen. Die Erleuchteten erfahren die Wirklichkeit, den Urgrund allen Seins, das wahre Wesen des Menschen und die Einheit von allem, was ist, indem sie in der Stille spüren, dass keine zweigeteilte Wirklichkeit in Himmel und Erde besteht. Alle Dinge und Erscheinungen sind miteinander verbunden. Diese Erfahrung der Verbundenheit aller Dinge sei nicht nur den Weisen vorbehalten, sondern das stehe jedem Menschen offen, wenn er konsequent daran arbeitet, weil wir alle ohne Ausnahme dazu die göttliche Befähigung haben.
Alle Menschen können mithilfe von Yoga und Meditation ihre Fähigkeit entwickeln, sich in einen solchen Bewusstseinszustand zu versetzen, der die Verbindungen zu unserem Urgrund herstellt. Man wird dabei in ein tiefes Gefühl der Liebe eintreten und die Rückwirkung spüren, die Welt um sich herum ab da ganzheitlich und in ihrer wahren Pracht zu erkennen. Genauer kann man das beschreiben, wenn man sich mit der jahrtausende alten Yogatechnik beschäftigt. Der Yogi gelangt über seine Konzentration während der Meditation zu einer tiefen Versenkung in sich selbst und dadurch in die wahre Welt des Seins. Acht Stufen führen dabei den Übenden zu einer Verbindung mit dem Göttlichen:
ein aufrichtiges und lauteres Leben führen,
die innere Angleichung seines Willens an sein Schicksal herstellen,
die vollkommene Kontrolle des Körpers praktizieren,
die Beherrschung des Atems,
die Kontrolle über alle Sinne,
das Fixieren des Denkens auf einen Punkt,
eine vom Meister vorgegebene Vorstellung zu meditieren und
die tiefste Versenkung und Vereinigung mit dem göttlichen Geist.
Die beiden ersten Übungen finden sich in allen Religionen wieder; so etwa beim Christentum in den Zehn Geboten. Eine Erleuchtungserfahrung kann man jedoch nicht bloß durch den eigenen Willen herbeiführen. Diese kann man nur durch eigene intensive Vorbereitung erreichen. Es geht dabei um eine ganzheitliche Erfahrung, die unsere körperlichen Zentren, Geist, Herz und Bauch ansprechen und eine ganzheitliche Erfahrung vermitteln. Durch eine Erleuchtungserfahrung wird dem Meditierenden das Wesen der Natur präsent im Hier und Jetzt, weil die Entfaltung der Seele nur in der Gegenwart stattfindet.
Die meisten Menschen waren in ihrem Leben nur in den ersten Jahren, in ihrer Kindheit, richtig im Hier und Jetzt gegenwärtig. Durch eine neue Erfahrung vom Jetzt ändert sich die Persönlichkeit bei jedem Menschen tiefgreifend. Nach der Erkenntnis, dass alles miteinander verbunden ist, ändert sich radikal die eigene Lebenseinstellung, die Weltanschauung und das Selbstwertgefühl. Der derartig Erleuchtete weiß, wer er eigentlich ist und woher er kommt. Er verliert seine Angst vor dem Tod, weil er erkennt, dass Geburt und Tod nur Illusionen sind. Er fühlt sich geborgen und hat sein Ego aufgegeben. Er spürt eine liebevolle Geborgenheit. Alles Sichtbare und Erlebbare ist für ihn die Realität des Urgrundes. Er spürt, dass Gott ihn bei jeder seiner Empfindungen leicht berührt. Er erkennt sich selbst in seinen Kindern, seinen Eltern und Großeltern. Er verliert durch die Erfahrung der Verbundenheit allen Seins die Angst vor dem Alleinsein, weil Gott immer bei ihm ist. Es entfällt der Wunsch oder die Sehnsucht von einem bestimmten Partner geliebt werden zu müssen, denn man ist in der universellen Liebe eingebettet. Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft werden eins. Ansprüche reduzieren sich auf das Wesentliche.
Völliger innerer Frieden ist erst dann möglich, wenn man das Wesen sein kann, was man von seiner Bestimmung her schon ist.
4. Die Naturwissenschaften und ihre Erkenntnisgrenzen
Worin besteht unsere Realität? Was ist der Sinn des Lebens? Welches Verhältnis haben Geist und Materie? Sind wir unserem Schicksal ausgeliefert oder gestalten wir unser Leben selbst? Was bleibt von uns, wenn wir sterben? Mit diesen und weiteren Fragen wollen wir uns in den nächsten Abschnitten dieses Buches beschäftigen.
Doch zunächst einmal untersuchen wir die Frage: können wir unsere Realität denn wirklich beschreiben und welche Erkenntnisgrenzen haben unsere Wissenschaften? Die klassische Metaphysik (die Wissenschaft von den ersten Ursachen des Seins) beschäftigt sich mit solchen Fragen, warum überhaupt etwas existiert und was die erfahrbare Wirklichkeit ausmacht. Der Philosoph Immanuel Kant resümierte für seine damalige Zeit den Stand der Wissensentwicklung so, indem er sagte, dass jeder Versuch Theorien über die Wirklichkeit aufzustellen, die hinter den Dingen und Erfahrungen liegen, zum Scheitern verurteilt ist. Auch die moderne Wissenschaft spricht noch heute nur in Gleichnissen. Jetzt sind wir bei der naturwissenschaftlichen Erkenntnis viele Schritte weiter, aber kommt man bei den Grundfragen unseres Seins schon zu empirischen Beweisen oder zu glaubwürdigen Antworten? Die meisten Menschen wünschen sich Antworten auf diese Fragen, weil ihr kritischer Verstand zufrieden gestellt werden möchte.
Das heutige Wissen der Welt übersteigt jegliche Aufnahmefähigkeit des einzelnen Menschen. Immer weiter spezialisierte Wissenschaftler bearbeiten immer kleinere Felder der zunehmend komplexer werdenden Realität. Wissen wird heute immer weniger als Erkenntnisgewinn des Forschenden und immer mehr als Ware betrachtet, die vermarktet werden muss. Das verschiebt die Relationen zwischen der Grundlagenforschung und den Anwendungswissenschaften und erzeugt eine Kluft zwischen dem Forschenden und den Wirtschaftsunternehmen. Forschungsergebnisse werden eher bekannt, wenn Sie die Vermarktung fördern. Was manch ein Naturwissenschaftler selbst neu entdeckt hat, bleibt bisweilen sein Geheimnis, da er mit seiner Entdeckung nicht direkt dem Kommerz dienen kann (Forschungsinstitute brauchen für ihren Forschungsbetrieb immer viel Geld, bekommen aber zu wenig). Andere Wissenschaftler wiederum scheuen sich beim Veröffentlichen von einer neuen Theorie vor dem Hohn ihrer Wissenschaftskollegen, weil einige von denen fürchten, beim Wissensgewinn Boden zu verlieren und mehr an ihr verletztes Ego denken, als an den Wissenschaftsfortschritt.
Mitunter wird die Erforschung unbekannter Phänomene völlig hinten angestellt. Was der Naturwissenschaftler in