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Die Göttinnen: Die Geschichte der Herzogin von Assy. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Die Göttinnen: Die Geschichte der Herzogin von Assy - Heinrich Mann


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lehnte klein, schmächtig und leicht gebeugt, im schwarzen, rot umsäumten Gewande und das rote Käppchen auf dem dünnen weißen Haar, an einem hohen roten Ledersessel. Seine weiße magere Hand ruhte ungekrümmt und lebensvoll auf der gelben Marmorplatte seines Arbeitstisches. Es erhob sich darauf zwischen gehäuften Büchern eine römische Ampel, drei bronzene Schnabelbecken an einem langen Stiel. Sie erhellte von unten das versteckte, feine Lächeln des Kardinals. Er wandte das schmale, blasse Gesicht den Damen zu, einer nach der andern, und lud mit kühler, langsamer Stimme seine Gäste ein, ihm in die Galerie zu folgen.

      Tamburini schob in der Wand eine Kulisse zurück, sie betraten die lange, ansehnlich breite Wandelhalle, die durch drei Glastüren auf den Garten hinaussah. Er drängte sich hier in der Höhe des ersten Stockwerks, eng und abgezirkelt, an den Abhang des Janiculushügels. Noch hing etwas rosiger Staub, von der Sonne zurückgelassen, in den Taxusmauern. Sie umgaben quadratisch zwei dreieckige Wasserbecken, auf deren niedrigen Einfassungen zwei Tritonen sich rekelten und zwei Faune.

      An beiden Enden der Galerie befand sich eine verschlossene Pforte, überdacht und umflutet von Vorhängen aus grünem Marmor. Aus den mächtig geschwungenen Steinwellen traten zwei weiße, nackte Figuren, ein Knabe hüben, und drüben ein Mädchen. Sie lächelten und legten einen Finger auf den Mund. Die ganze Länge des Raumes trennte sie; zaghaft setzten sie den Fuß an, als wollten sie einander entgegengehen über den spiegelnden Mosaikboden, worauf blaue Pfaue, umkränzt von Rosen, die goldigen Schweife aufrollten. Statt ihrer humpelte die Fürstin Cucuru darüber hin. Sie bot, sobald sie auf den Füßen war, einen überraschenden Anblick. Ihre lahmen Knie machten sie ungeduldig, sie bestrebte sich, ihnen vorauszueilen, mit angelnden Armen und leidenschaftlich stampfendem Krückstock. Sie beugte sich, fast zusammenbrechend unter der Last ihres Fettes, so weit nach vorn, daß der untere Teil ihres Rückens die Schultern überragte. Dadurch ward hinten das Kleid aufgerafft und enthüllte die geschwollenen Beine der Greisin. Ihr ägyptisches Profil mit platter, auf der Oberlippe fest anliegender Nase schoß vor sich her den bekümmerten Blick eines die Beute versäumenden Raubvogels. Sie blieb hinter der Gesellschaft zurück und schrie mit gieriger Lockstimme abwechselnd »Lilian!« und »Vinon!« Aber die Hilfe ihrer Töchter verbat sie sich wütend.

      Atemlos und hochrot fiel sie schließlich in einen Fauteuil bei der geöffneten Gartentür. Daneben schob der Kardinal eigenhändig einen zweiten Sitz für die Herzogin. Die Cucuru rief:

      »Nehmen Sie dreist allen Platz, Herzogin! Sie brauchen Kühlung, Sie sind zart. Ich, ich habe überhaupt keine Luft nötig, ich habe eine Gesundheit und eine Kraft! Vierundsechzig bin ich, hören Sie, vierundsechzig, und werde noch hundert werden! Mit Seiner Hilfe!«

      Sie schielte nach oben und murmelte, sich bekreuzigend, etwas Unverständliches.

      »Jaja, Anton«, so wandte sie sich noch lauter an den Kardinal, »Ihr seid natürlich recht froh, daß Ihr die da im Hause habt!«

      Und sie klopfte mit dem Horngriff ihres Stockes die Herzogin kräftig auf den Arm. Der Kardinal sagte:

      »Genießen Sie unsere Abendkühle, liebe Tochter, hier am Janiculus ist sie zuträglich, und trösten Sie sich, wenn es möglich ist, über die Bitternisse des Exils!«

      »Papperlapapp!« machte die Cucuru, »Freund, was redet Ihr vom Exil! Die Frau ist jung, sie kann tätig sein und leben, leben, leben! Geld hat sie, sie weiß kaum wieviel, und Geld, Freund Anton, ist die Hauptsache!«

      Monsignor Tamburini bestätigte dies mit einem fetten »So ist es!«. Die Contessa Blà erkundigte sich:

      »Hoheit, nehmen Sie Ihr Mißgeschick schwer?«

      »Ich weiß nicht«, erklärte lächelnd die Herzogin, »ich habe mich bisher nicht genau untersucht. Augenblicklich ist es mir gleich, der Garten duftet so frisch.«

      Die Blà nickte und schwieg. Aber Pavic, der noch nichts gesagt hatte, ließ sich vernehmen. Die schleichende Rachsucht, die seine Begierde, der Herzogin von Assy zu Füßen zu liegen, jetzt manchmal verdrängte, stieg ihm plötzlich zu Kopf. Seine Stirn war gerötet, er sagte leidselig und dem Auge der Herzogin ausweichend:

      »Eine Unheilsbotschaft; ich weiß nicht, wie ich sie länger zurückhalten soll. Den Assyschen Besitzungen in Dalmatien droht die Konfiskation. Der Staat steht im Begriffe, sie einzuziehen. Zu dieser Stunde ist es vielleicht schon geschehen.«

      Der Kardinal fragte ruhig:

      »Sie wissen es im voraus?«

      »Hier ist der Brief meines Vertrauensmannes.«

      Pavic trat zurück, befriedigt und dennoch von Schmerz zerrissen.

      Der Kardinal las und reichte das Papier der Herzogin. Dann griff die Cucuru danach. Sie prüfte es und brach, sobald sie es für echt befunden hatte, in Gelächter aus. Vermittels ihres Stockes, den sie unablässig auf den Boden stieß, verstärkte sie ihren Lärm. Dann wurden die Augen der alten Dame wässerig und ein Stickhusten gestattete ihr nur noch leise Kreischlaute. Monsignore Tamburini maß die Herzogin von der Seite, mißtrauisch und entrüstet, wie einen zahlungsunfähig gewordenen Kunden. Sie selbst fragte plötzlich:

      »Der Staat konfisziert meine Domänen? Das soll heißen, Nikolaus nimmt sie mir weg?«

      Pavic antwortete düster:

      »Ja.«

      »Ah, Nikolaus ... und Friederike und ... Phili«, sagte sie vor sich hin. Das Vernommene erregte ihr tiefstes Staunen. Es kam ihr keineswegs wie ein Unheil zum Bewußtsein, das sie betroffen hätte; ohne an seine Folgen zu denken, sah sie nur den Akt vor Augen. Der König Nikolaus vollzog in einer Regung väterlicher Unzufriedenheit die gewichtige Urkunde. Friederike stand spitz und entschieden daneben, Phili ganz begossen. Die armen Leute! Um ihrem Gegner nahezukommen, erfanden sie nichts weiter, als ihm sein Geld zu stehlen. Auch Rustschuk wäre darauf verfallen! Plötzlich hörte sie dicht an ihrem Ohr die Contessa Blà:

      »Nicht wahr, Hoheit, die Sache hat etwas Groteskes?«

      »Etwas ... Woher wissen Sie?«

      Sie sah überrascht auf.

      »Ganz recht, ich finde dasselbe. Aber sagen Sie, woher wissen Sie?«

      »Aus den Bildnissen der dalmatinischen Herrschaften. Sie haben etwas so streng – wie soll ich sagen, so streng Bürgerliches. Sie müssen überaus sittenrein sein und werden, was sie Ihnen, Hoheit, nun zufügen, sicherlich nicht gern tun. Der König Nikolaus, wie konnten Sie ihn erzürnen, er ist so ehrwürdig.«

      »Ehrwürdig, das ist für ihn das Wort!« rief die Herzogin mit zuckendem Gesicht. Die beiden jungen Frauen begannen gleichzeitig zu lachen. Unwillkürlich reichten sie einander die Hand. Die Blà murmelte: »Natürlich, es sind Bürger ...« und zog ihr niedriges Taburett näher heran. Sie setzte sich vor die Herzogin hin, fast zu ihren Füßen.

      San Bacco lief, durch die Neuigkeit mächtig aufgerüttelt, in der Galerie hin und her. Er schleuderte, mit den Armen fuchtelnd, aus seinem gärenden Selbstgespräch zuweilen ein lautes Wort ins Freie. Endlich brach er los. Die Verruchtheit dieser elenden Tyrannen hatte also an der Knechtung des Volkes nicht mehr genug, sie erfrechten sich zu Übergriffen gegen alte, erbeingesessene Geschlechter!

      »Ein tausendjähriger Familienbesitz, wer hat denn ein Recht, ihn mir abzusprechen? Kein Staat und kein König – nur Gott!«

      Nach diesem Ausspruche ließ der Revolutionär, der diesseits und jenseits des Meeres alle angestammten Rechte gestürmt hatte, drohende Blicke unter seinen Zuhörern kreisen.

      »Ein hergelaufener Monarch, mit dem Reisesack in der Hand ins Land gekommen! Nicht einmal ein Eroberer! Aber ich werde ihn vernichten! Ich werde zu ermitteln wissen, wieviel jünger die Koburg sind als die Assy! Und das werde ich den Blättern mitteilen!«

      Pavic ward durch die Heftigkeit des andern an glückliche Tage erinnert. Es war ihm zumute, als liefe wieder das Volk von allen Seiten zusammen; es umwogte ihn keuchend, und er fühlte schon die Bretter irgendeines Weinfasses unter den Füßen. Seine Augen begannen zu glänzen, die Hände bebten, und dann redete er. Er hielt eine seiner großen Reden: niemand war


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