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Die Göttinnen: Die Geschichte der Herzogin von Assy. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

Die Göttinnen: Die Geschichte der Herzogin von Assy - Heinrich Mann


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immer?« rief die Herzogin ganz erschrocken.

      »Beruhigen Sie sich, Hoheit. Sie haben gehört, was der Kardinal sagte: Alles zu seiner Zeit. Jetzt ist es nicht mehr an der Mutter, für den Unterhalt der Ihrigen zu sorgen: Lilian muß dies tun.«

      »Auf dieselbe Art?«

      »Schlimmer, finde ich. Denn eine feingeborene Frau sträubt sich auch noch in der letzten Not gegen einen Tamburini.«

      Sie ließen das Kastell und die Engelsbrücke hinter sich und rollten durch den Korso Vittorio. Zwischen dem trotzigen Cäsarengrab und den kläglichen Ruinen der unfertigen Straße tanzten in Flatterröcken über den blinkenden Fluß die späten, fleischesfrohen Genien. Aus den scharfen Schatten der Neubauten schlichen unbestimmte Gestalten, mager und faul, hinaus ins Mondlicht. Sie reichten den Dirnen, die ihnen ohne Hut, mit geöffnetem Brusttuch, schlenkernd und wiegend entgegenkamen, die weichen Verbrecherhände und gähnten.

      »Wirklich ... Tamburini?« wiederholte die Herzogin. »Er hat den Anstand, den sie in den Sakristeien lernen. Zu Hause muß er gemein sein.«

      »Er ist Sohn eines Bauern und ein Bauer mit allen bäuerlichen Eigenschaften. Die stärkste ist der Geiz. Die arme Lilian wird von ihren Sünden nicht satt.«

      »Und wozu diese Barbarei, wozu?«

      »Vor drei Jahren liebte Lilian den Prinzen Maffa. Ich sage nicht, daß sie nicht auch jetzt liebt. Er brauchte Geld. Nach einer Weile hochmütiger Koketterie hat sie bei der Nachricht von seiner Verlobung den Kopf verloren und sich ihm schriftlich angeboten. Der Brief ist im Klub des Prinzen herumgereicht worden, und die alte Cucuru hat ihre Tochter, um von der armen Jugend zu retten, was zu retten war, dem Tamburini zugeführt.«

      »Einem kleinen Priester! Wie genügsam.«

      »Auch Monsignore Burnsheimb war ein kleiner Priester, als die Fürstin ihn erhörte. Seitdem ward aus ihm ein Kardinal. Die Mutter hofft, der Purpur werde der Tochter nachfolgen in das Bett ihres Monsignore. Was wollen Sie, an so etwas glaubt man eben. Überdies ist für ein verunglücktes Mädchen das Bett eines Monsignore ein wahres Reinigungsbad. Ich weiß nicht, Frau Herzogin, ob Ihnen diese Anschauung frommer Leute bekannt ist?«

      »Ich bin glücklich über diese Anschauung, falls sie der armen kleinen Lilian zugute kommt.«

      »Oh, manche sehen ihren Fehltritt schon jetzt als gesühnt an, und in einiger Zeit könnte sie sich standesgemäß verheiraten, wenn ...«

      »Wenn sie nicht so traurig wäre, die traurige Prinzessin.«

      »Nicht bloß traurig. Zu ihrem Unglück scheint sie Wert zu legen auf Menschenwürde. Ich fürchte fast, sie lebt innerlich in Empörung!«

      »Sie weiß wenigstens, warum. Und der Kardinal? Er hat das alles geschehen lassen?«

      Ihr Wagen lenkte ein, sie befanden sich bei der Kirche Gesù. Vom Korso her bewegten sich Gruppen heimkehrender Theaterbesucher. Rauschende Frauen näherten ihre geschminkten Gesichter den Schnurrbärten von Stutzern an den Tischen vor den strahlenden Kaffeehäusern. Dem Lachen und Summen die Trottoirs entlang, dem Klappern von Geld und Kristallen, den mutlosen Rufen der Alten und der Kleinen mit Zeitungen und wächsernen Zündstäben gesellten sich ferne Orchesterklänge, als käme ein Nachtvogel herbeigeflattert zu andern.

      »Der Kardinal«, sagte die Blà, »er war immer nur ein Frauchen, wie seine Freundin sich ausdrückt. In den Duetten der beiden hat die Cucuru die Männerstimme gehabt. Jetzt ist ausgesungen, er hat sich den Vergewaltigungen durch ihr hartes Organ entzogen. Einzig seine Leidenschaft für teures altes Gerumpel war imstande, ihm dazu Kraft zu verleihen. Nun genießt er seine Selbständigkeit und gibt, mit dem Eigensinn der Schwachen, der alten Freundin nicht einmal das, was er ihr anständigerweise geben müßte.«

      »Also ein einfacher Egoist?«

      »Kein einfacher: ein feiner, der unter Umständen auch fähig wäre, Gutes zu tun, bloß aus Neugier und ohne an das Gute zu glauben. Wenn man seine weibliche Neugier kitzelte, so könnte er vielleicht sogar Teilnahme fassen für den Freiheitskampf der Völker!«

      »Aber die Freiheit lieben ...?«

      »Niemals. Sie wird ihm so gleichgültig bleiben wie die Frage, ob es in zwanzig Jahren noch Kirchenfürsten geben wird. Es genügt ihm, daß er selbst einer ist.«

      »Dieser alte Mann ist unheimlich eisig. Gehört er nicht zu den böhmischen Burnsheimbs?«

      »Er stammt von säbelrasselnden Draufgängern mit Stallduft, vor denen er sich verstecken mußte in seiner Zartheit und Geistigkeit. Ich kann es mir denken, als Jüngling hat er viel geheuchelt, ist scheu geworden und krankhaft eigensüchtig. Das geistliche Gewand nahm er bloß, weil das in jener Umgebung für ein Wesen wie das seinige die einzige Art war, um anerkannt zu werden. Der neue Papst hat ihn recht gern, sie helfen einander beim Dichten von lateinischen Oden auf den Segen der Taubheit oder Episteln über die Bereitung von Radichiosalat. Haben Sie bemerkt, Frau Herzogin, wie er seine Medaillen und Gemmen anschaut? Mit tief beunruhigter Liebe, nicht wahr, und fast mit Neid.«

      »Mit Neid?«

      »Weil sie ihn überleben werden.«

      Nach einer Pause setzte die Blà etwas leiser hinzu:

      »Schließlich ist er von uns allen, die heute abend beisammen waren, doch vielleicht der einzige, den man glücklich nennen kann.«

      »Sie vergessen Vinon Cucuru!« meinte die Herzogin.

      »Oh, Vinon: ein Mädel, ahnungslos und hochgemut. Bei Tische, in der Pension zu sechs Lire, wo die fürstliche Familie Cucuru der Reklame wegen für fünf Lire wohnen darf, macht sie sich lustig über die Deutschen.«

      »Aber San Bacco?«

      »Ganz glücklich ist er wahrscheinlich nur bei den parlamentarischen Duellen, von denen er allerdings jährlich zwei oder drei hat. Seine geredete Begeisterung, die Sie kennen, dient ihm nur als Ersatz für die gehauene und gestochene. Zwar liebt er die hohen Ideen und glaubt an sie, denn er ist ja Christ und Ritter. Aber sie müssen ihm auch die Berechtigung geben zu Handlungen, denen es einigermaßen an ... wie soll ich sagen, an bürgerlicher Solidität gebricht.«

      »Er ist arm. Wie lebt er eigentlich?«

      »Er lebt von Freiheit und Patriotismus. Da er sein Vermögen dem Lande geschenkt hat, so hält er jeden Landsmann für seinen Schuldner. Seit Jahren wohnt er im Hotel Roma, beim Essen umringt ihn immer ein Schwarm von Deputierten, Journalisten, Neugierigen und Leuten, die es nötig haben, sich von dem alten Kämpen ihre Vaterlandsliebe oder ihren Radikalismus bescheinigen zu lassen. Ein einziges Mal hat der Wirt es gewagt, ihm eine Rechnung zu schicken. San Bacco hat ihn rufen lassen. ›Ist das für mich?‹ hat er stirnrunzelnd gefragt. ›Wie, Sie wollen Geld haben von mir ... von mir? Verlange ich denn Geld von Ihnen dafür, daß täglich eine Menge Leute Ihr schlechtes Diner hinunterschluckt, die es nur mir zuliebe tun?‹ Und zorngerötet ist er hinausgegangen, mit Hinterlassung von fünf Lire für den Kellner.«

      Die Herzogin sagte, ohne zu lachen:

      »Seine Ehre hängt ihm von Gesinnungen ab, nicht von Handlungen. Das ist das Vorrecht einiger.«

      »Einiger ... die keine Bürger sind«, sagte die Blà.

      Die Umgebung des Forums schlief lichtlos und ohne Geräusche. Die langen Zeiten entrückten diese Steine um Welten aus dem Dasein des ehrsamen Volkes bei Wein und Morraspiel, der schleichenden Geächteten in den Neubauten, der blassen Genießer vor den Kaffeehäusern. Zuweilen wandelte über schattenhafte Tempelstufen eine hagere Säule, in Mondstrahlen gekleidet, dicht vorüber an den Wagenfenstern der Frauen. Am dunkel starrenden Mauerwall des Kolosseums, unter dem Konstantinbogen, weckten die Hufe und die Räder einen Widerhall, so mühsam, als sei er von einem längst verschollenen Echo der verspätete Rest. Dann erstieg der Weg, weiß zwischen den schwarzen Wänden von Klöstern und Zypressen, den Caelius. Die Herzogin lehnte sich tiefer zurück.

      »Und Sie selbst? Alles, was ich von Ihnen erfahre, klingt mir offen und vertraulich wie ein Selbstgespräch. Aber wie wollen Sie,


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