Rettungskreuzer Ikarus 11 - 20: Verschollen im Nexoversum (und 9 weitere Romane). Sylke BrandtЧитать онлайн книгу.
und begann zu rennen …
Keuchend erwachte er.
Jason brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Schließlich fiel ihm ein, dass er sich in einem Hotelzimmer befand und nicht in seiner Kabine an Bord der Celestine. Er blickte auf die schmucklose Tür, hinter der Shilla ruhte.
Schlief sie wirklich? War alles in Ordnung? Er konnte sich nicht an die Einzelheiten seines Traums erinnern, aber er wusste noch, dass darin etwas mit Shilla passiert war. Scheißtraum, dachte er. Die Ereignisse der vergangenen Tage und die Sorge um den Zustand der Vizianerin hatten auch bei ihm ihre Spuren hinterlassen; er war gereizt und nervös.
Seiner Intuition folgend, schlug Jason die leichte Decke zurück und schlüpfte in die Hose, die er zuvor mit den übrigen Kleidungsstücken achtlos hatte auf den Boden fallen lassen. Lautlos öffnete er die Tür und glitt in die benachbarte Suite. Dämmriges Licht wies ihm den Weg durch die Zimmerflucht. Er schlich in die abgedunkelte Kammer und blieb neben dem breiten Bett stehen. Wenn Shilla jetzt erwachte, würde sie ihn zweifellos verspotten, aber das war Jason lieber, als aufgrund idiotischer Anstandsregeln etwas zu übersehen – beruhte es auch nur auf einer dunklen Ahnung – und Shilla zu verlieren.
Plötzlich wurde er sich bewusst, wie heftig sein Herz klopfte. Mit angehaltenem Atem beugte er sich herab.
Shilla ruhte zwischen edlen Kissen. Gespenstisch hell hob sich ihre zartblaue Haut von den dunkleren Stoffen ab. Strahlenförmig umflossen die seidigen Locken das aparte Gesicht der Vizianerin. Spitze Ohren ragten aus der üppigen Flut langer Haare. Das gleichmäßige Heben und Senken ihrer unbedeckten Brüste verriet Jason, dass sie tief und fest schlief – und ganz sicher keine Albträume hatte.
Der exotische Duft nach Vanille, Sandelholz und Patchouli, der Shilla umgab, umnebelte seine Sinne. Die erotisierende Wirkung ihrer Pheromone schien intensiver als sonst … Oder bildete er sich das nur ein? Er konnte nicht anders, als sie anzustarren. Als er merkte, dass sein Mund offen stand und ihm gleich ein Speichelfaden übers Kinn fließen würde, schloss er ihn und kam sich wie ein Trottel vor. Zögernd streckte er seine Rechte nach Shilla aus, um ihre Wange zu berühren.
Obwohl sie Monate zusammen in der Celestine auf engstem Raum verbracht hatten, war er ihr nie so nahe gewesen. Sie hatte ihn niemals aufgefordert, das Bett mit ihr zu teilen, und selbst wenn, dann wäre er der Einladung nicht nachgekommen. Seit jenem verhängnisvollen Aufenthalt auf Elysium, als er das Pech gehabt hatte, an das falsche Mädchen zu geraten, das ihm ein unangenehmes Andenken hinterlassen hatte, unter dessen Spätfolgen er immer noch litt, war er nicht mehr …
Scheiße!
Violette, fast schwarze Augen öffneten sich.
Er trat einen schnellen Schritt zurück und richtete sich auf. Seine Wangen brannten heiß. Unter ihrem durchdringenden Blick fühlte er sich wie ein ungezogener Junge, der verbotenerweise Kraki-Gelee genascht hatte.
»Jason. Was ist los?«
Wie viel von seinen Gedanken hatte sie gelesen? »Nichts … Ich wollte nur … wollte … äh …«
»Du hast dir Sorgen gemacht?«
Er nickte hastig. Sein Mund war trocken wie eine Sandwüste. Kam das auch von ihren überwältigenden Pheromonen? Die dunklen Spitzen ihrer Brüste hatten ihn zweifellos hypnotisiert. Es gelang ihm nicht, seine Augen von ihnen zu lösen. Er schluckte krampfhaft.
Shilla richtete sich etwas auf, wobei die Decke noch ein Stück tiefer rutschte. Ein hungriger Ausdruck begleitete ihr Lächeln, das die feucht schimmernden Lippen leicht teilte. »Das ist … nett von dir.«
Jason grinste verlegen und, wie er vermutete, blöde.
Ehe er reagieren konnte, schossen Shillas Hände nach vorn, bekamen seinen Hosenbund zu fassen und zogen ihn mit erstaunlicher Kraft näher. Er stolperte vorwärts und fiel über die Vizianerin. Warme Arme legten sich um ihn. Zarte Finger streichelten seinen Nacken, spielten mit seinem Haar und ließen ihn wohlig schaudern.
»Shilla …«, stammelte er, »was …?«
Der leidenschaftliche Kuss erstickte jedes weitere Wort.
Jason konnte keinen klaren Gedanken fassen. Das war exakt, wovon er seit einer Ewigkeit träumte, aber er hatte nicht erwartet, dass seine geheimen Wünsche ausgerechnet hier und jetzt unmittelbar vor ihrer Erfüllung stehen würden – und obendrein zu einem Zeitpunkt, an dem sein Leiden noch nicht kuriert war. Was sollte er nur tun? Shilla würde enttäuscht sein …
Seine Hände entzogen sich der Kontrolle durch sein Gehirn und machten sich selbstständig.
Flüchtig blitzte der vage Gedanke auf, dass dieses Verhalten ungewöhnlich für Shilla war. Mit keinem Wort, mit keiner Geste hatte sie je angedeutet, dass sie Interesse an ihm hatte. Wieso ausgerechnet jetzt? Vielleicht sollte Jason besser …
Spielerisch biss sie ihm in die Unterlippe und begann, an dieser zu saugen, dann erforschte ihre flinke Zunge seinen Mund. Leidenschaft schwemmte jegliche Bedenken aus Jasons Verstand und er antwortete ihr mit demselben Verlangen, als der gesteigerte Pheromonausstoß eine heilende Konzentration erreichte …
Seine Küsse hinterließen eine feuchte Spur entlang ihres Kinns, er leckte an ihrem Hals und knabberte sanft an ihrer Schulter. Nicht nur duftete sie köstlich, sie schmeckte sogar lecker. Jason fegte die Decke zur Seite und fingerte am Verschluss seiner Hose. Musste das Mistding ausgerechnet in einem solchen Moment klemmen?
Er beschloss, jeden Zentimeter des herrlichen Körpers, der voller Versprechungen unter ihm wartete, abzulecken und dann …
Genauso überraschend, wie Shilla ihn umarmt hatte, stieß sie ihn plötzlich von sich. »Sie kommen!«
Völlig verwirrt blieb Jason einen Moment auf dem Rücken liegen und beobachtete verständnislos, wie sich Shilla hastig ankleidete.
Was war los? Warum …? Ihre Worte ergaben nicht den geringsten Sinn. Was hatte sie überhaupt gesagt?
Dann begriff er.
»Scheiße!«
Ausgerechnet jetzt! Dabei hätte es so schön werden können …
Fluchend eilte Jason in sein Zimmer, streifte sich Hemd, Jacke und Stiefel über, prüfte flüchtig das Vorhandensein aller darin verborgenen Gegenstände. Sicher würde er das eine oder andere davon gleich brauchen. Von den handlichen Mikrobomben in der Knopfleiste ging ein beruhigendes Gefühl aus.
»Wie viel Zeit haben wir?«, fragte er stumm.
»Nicht mehr viel«, empfing er die Antwort. »Sie befinden sich noch in den Aufzügen, haben aber gleich unsere Etage erreicht. Leider habe ich sie nicht früher bemerkt. Es sind zahlreiche Gäste im Hotel … die vielen fremdartigen Muster … es ist nicht leicht, etwas herauszufiltern.«
»Was wollen sie?«
»Uns möglichst unversehrt festnehmen und verhören.«
»Was hat uns verraten?«
»Das konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Die Soldaten der Sicherheit sind einfache Befehlsempfänger, die nichts Konkretes wissen. Sie sind völlig konsterniert, dass jemand die Dreistigkeit besitzt, sich als Bevollmächtige und Lakai auszugeben.«
»Wie viele?«
»Etwa zwanzig, vielleicht ein paar mehr. Sie nähern sich getrennt. Die eine Hälfte will sich an deiner, die andere an meiner Tür postieren. Sie sind überzeugt, leichtes Spiel zu haben, da sie uns ahnungslos wähnen.« Shilla erschien in Jasons Zimmer.
»Gibt es einen weiteren Ausgang aus dieser Suite?«
»Negativ. Was ist mit dem Versorgungsschacht hinter dem Speisenautomaten? Oder der Belüftung?«
»Es dauert zu lang, die Schächte freizulegen. Wenn wir Pech haben, sind sie zu eng für uns. Außerdem, wenn unsere Häscher herausfinden,