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Und Friede auf Erden von Karl May. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Und Friede auf Erden von Karl May - Karl May


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seines Bartes herniedergleiten ließ, leuchtete aus seinen Augen ein kurzer, fast unbemerkbarer Blick zu seinem Sohne

       hinüber, den dieser mit einer leisen, zitternden Bewegung seines Fächers erwiderte. Ostasien kam dem Wunsch der

       Vereinigten Staaten jovial entgegen.

       Der Direktor überbrachte die Antwort. Mary erhob sich, wie sie nicht verbergen konnte, nur höchst ungern von ihrem

       Platze; ihr Vater aber schritt einem Sieger gleich mit ihr an meinem Tisch vorüber, den Chinesen zu, welche langsam und

       feierlich aufstanden und ohne irgend eine Bewegung der Höflichkeit ihnen stumm entgegenblickten. Der Missionar

       verbeugte sich vor ihnen und redete sie in einer Sprache an, welche er wahrscheinlich für gutes Chinesisch hielt. Sosehr

       ich aufpaßte, so verstand ich nur den Namen Waller, welcher jedenfalls der seinige war, und dann noch das Wort tschui,

       welches »sich an Jemand anschließen« bedeutet. Als er geendet hatte, schienen die Chinesen grad auch so viel oder so

       wenig verstanden zu haben, denn sie gaben zunächst keine Antwort, sondern Fu deutete an Stelle derselben auf die

       beiden Stühle, welche Vater und Tochter einnehmen sollten. Sie setzen sich, Mary in außerordentlicher Verlegenheit. Da

       die Chinesen beharrlich schwiegen und unbeweglich wie Statuen saßen, so begann der Missionar, eine zweite Rede zu

       halten, deren Wirkung keine andere als die der ersten war, denn als er mit ihr zu Ende war, fragte Fu in einem weit

       besseren als dem gewöhnlichen Canton-Englisch:

       »Bitte, mir zu sagen, in welcher Sprache Sie soeben zu uns gesprochen haben!«

       »Es ist ja chinesisch!« antwortete der Gefragte, ganz erstaunt über diesen unvermuteten Erfolg seiner

       Sprachfertigkeit. »Ich habe gehört, daß Sie Chinesen sind, und hoffe sehr, daß man mir nicht falsch berichtet hat!«

       »Ja, wir sind aus China; aber dieses Land ist ungeheuer groß. Wir haben es noch nicht in allen seinen Teilen bereist

       und sind also wohl noch nicht in der Gegend gewesen, wo man den Dialekt spricht, den Sie sich angeeignet haben. Darf

       ich fragen, in welchem Teil des Landes diese Gegend liegt?«

       Im ersten Teile dieser Rede war Fu so rücksichtsvoll gewesen, für die Unkenntnis des Amerikaners nach einem

       Grunde der Entschuldigung zu suchen. Aus seiner letzten Frage aber sprach der Schalk. Ohne dies zu bemerken,

       antwortete der Missionar:

       »Ich bin noch nicht in China gewesen und reise jetzt zum ersten Male hin.«

       »So haben Sie sich diesen Dialekt auf einer Universität der Vereinigten Staaten angeeignet?«

       »Nein, sondern auf eine viel leichtere und bequemere Art. Sie wissen wahrscheinlich wohl, daß wir Amerikaner

       praktisch sind, und es ist Ihnen auch nicht unbekannt, daß sehr viele Chinesen, fast mehr, als uns lieb ist, in unseren

       Staaten wohnen. In meinem Hause waren zwei beschäftigt, der eine als Wäscher und der andere als Barbier. Der

       Wäscher stammte aus Nord- und der Barbier aus Südchina, und da ich nicht wünschte, in Beziehung auf die Sprache

       einseitig ausgebildet zu sein, habe ich von Beiden Unterricht genommen.«

       Hierauf trat eine momentane Stille, ja, eine Mäuschenstille ein. Die Gesichtszüge der Chinesen blieben vollständig

       unbewegt; aber Mary errötete bis an die Stirn hinauf. Sie ahnte wohl, wie unsterblich sich ihr Vater soeben blamiert hatte;

       dieser aber wendete sich ganz heiter und unbefangen dem Kellner zu, welcher ihm jetzt den nach der Suppe folgenden

       Gang servierte.

       »Sie sind also Missionar, wie ich auf Ihrer Karte gelesen habe?« fragte Fu nach einer Weile.

       »Allerdings,« antwortete der Gefragte. »Ich hoffe, daß Sie wissen, was das heißt!«

       »Das heißt, Sie kommen zu uns, um unsere Religion zu studieren und sie dann in den Vereinigten Staaten zu

       verbreiten?«

       Da legte Waller - denn dies war allerdings der Name des Missionars - schnell das Messer und die Gabel weg, warf

       einen Blick der Ueberraschung auf den Sprecher und antwortete:

       »Ich gestehe, daß ich noch nie in meinem Leben eine so unbegreifliche Frage gehört habe! Ich bin ein Christ und

       habe also denjenigen Glauben, welcher der einzig wahre und richtige ist. Sie aber, der Sie sehr wahrscheinlich

       Confucianer sind, sollten dem Ihrigen, der ein falscher ist, entsagen und sich entschließen, ein Christ zu werden!«

       »Ich bin ja Christ,« antwortete der Chinese, indem über sein Gesicht ein ungemein höfliches, ja verbindliches Lächeln

       glitt.

       »Sie - - sind - - - Christ - - -?!« wiederholte der Amerikaner die Worte des Andern mit dem Ausdrucke des

       Erstaunens. »So sind Sie also schon bekehrt?«

       »Bekehrt? O nein! Wozu das? Eine Aenderung des Glaubens würde vollständig überflüssig sein. Wer etwas tut, was

       gar nicht nötig ist, der verdient, ein Tor genannt zu werden.«

       »Ich verstehe Sie nicht. Sie sind nicht bekehrt, also noch Confucianer, und behaupten doch, ein Christ zu sein. Wollen

       sie mir dieses Rätsel lösen!«

       »Es ist kein Rätsel, sondern eine Sache, welche in China Jedermann schon längst begriffen hat. Ich bitte Sie, mir die

       Summe des christlichen Glaubens zu nennen!«

       Mr. Waller setzte sich auf seinem Stuhle zurecht und begann zunächst, vom Sündenfalle zu sprechen. Während

       dessen brachte der Kellner den Chinesen die Suppe. Fu wies sie mit der kurzen Bemerkung zurück, daß er mit seinem

       Begleiter später oben im Zimmer speisen würde. Dann wendete er seine Aufmerksamkeit dem Yankee wieder zu. Er ließ

       ihn eine lange, lange Zeit sprechen, ohne ihn zu unterbrechen, und erst dann, als sich nach der Verheißung Abrahams

       eine Pause einstellte, sagte er:

       »Ich bat Sie nicht um eine ausführliche Geschichte, sondern um die kurze Summierung Ihres Glaubens!«

       »Aber Sie kennen doch unseren Glauben nicht; Sie würden mich also nicht verstehen, wenn ich Ihnen anstatt seiner

       ganzen Entwicklung nur eine kurze Aphorisme brächte!«

       »O bitte! Was deutlich ist, kann vielleicht auch wohl von einem Chinesen begriffen werden. Christus ist der Gründer

       Ihres Glaubens, und Petrus wurde mir als derjenige Apostel bezeichnet, welchem die größte Macht des Christentums,

       das Amt der Schlüssel, übergeben wurde; Sie werden also das, was diese Beiden sagen, anerkennen. Christus gibt uns

       die Summe im Evangelium Johannes, wo er sagt, daß das ganze Gesetz und die Propheten in dem Gebote enthalten

       seien: Liebe Gott und liebe deinen Nächsten! Und Petrus befiehlt in seinem ersten Briefe: »Fürchtet Gott; habt die Brüder

       lieb, und ehret alle Menschen!« Das ist es, was ich von Ihnen hören wollte.«

       Es war interessant, jetzt das Gesicht Wallers zu sehen. Das Erstaunen über die unerwartete Belesenheit des

       Chinesen lag nicht nur in seinen Zügen, sondern auch in seiner ganzen Haltung deutlich ausgedrückt. Er öffnete zwar den

       Mund, antwortete aber nicht. Fu tat, als ob er diesen Eindruck seiner Worte gar nicht bemerke, und fuhr fort:

       »Das war also die Summe Ihres Glaubens nach den


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