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Durchs wilde Kurdistan. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Durchs wilde Kurdistan - Karl May


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wen?«

      »Auf mich«

      »Ah! Fürchterlich! Weshalb?«

      »Aus Rache.«

      »Ist richtiger Arnaut! Hat getroffen?«

      »Nein.«

      »Ihn erschießen, Sir; sofort!«

      »Er ist entflohen.«

      »Well; laufen lassen! Kein Schade!«

      Damit hatte er allerdings sehr recht. Der Arnaute hatte mich nicht getroffen, warum also blutdürstig sein? Zurück kam er sicherlich nicht wieder, und ein hinterlistiger Anfall stand wohl auch nicht zu befürchten. Der Engländer brauchte nun, da er mich gefunden hatte, weder ihn noch den Dolmetscher, und so wurde auch dieser letztere abgelohnt, und zwar mit der Weisung, daß er morgen früh Spandareh verlassen und nach Mossul zurückkehren könne.

      Die übrige Zeit des Abends verbrachten wir mit den Kurden in lebhafter Unterhaltung, die mit einem Tanze schloß, der uns zu Ehren veranstaltet wurde. Man lud uns ein, in den Hof zu kommen. Dieser bildete ein Viereck, das von einem niederen Dache eingeschlossen wurde, auf dem sämtliche anwesende Männer Platz nahmen. Hier lagen, hockten und knieten sie in den malerischsten Stellungen, während sich gegen dreißig Frauen in dem Hofraume zum Tanze versammelt hatten.

      Sie bildeten einen doppelten Kreis, in dessen Mitte ein Vortänzer stand, der einen Wurfspieß schwang. Das Orchester bestand aus einer Flöte, einer Art von Geige und zwei Tamburins. Der Vortänzer gab das Zeichen zum Beginne durch einen lauten Ruf. Seine Tanzkunst bestand aus den mannigfaltigsten Arm- und Beinbewegungen, die er immer auf ein und derselben Stelle ausführte. Der Kreis der Frauen ahmte dieselben nach. Ich fand nicht, daß diesem einfachen Tanze irgend ein Gedanke, irgend eine Idee zugrunde liege; aber dennoch gewährten diese Frauen mit ihren eckigen Turbanmützen, von denen lange, über den Rücken geschlungene Schleier herabwallten, bei der ungewissen Fackelbeleuchtung einen ganz hübschen Anblick.

      Als dieser einfache Tanz beendet war, gaben die Männer ihre Zufriedenheit durch ein lautes Murmeln zu erkennen, ich aber zog ein Armband hervor und rief die Tochter des Vorstehers, die mich beim Essen bedient hatte und sich jetzt mit unter den Tänzerinnen befand, zu mir herauf. Es bestand aus gelben Glasstücken und hatte das täuschende Ansehen jenes rauchigen, halb durchsichtigen Bernsteins, der im Oriente so beliebt, gesucht und teuer ist. Bei einem deutschen Tabulettkrämer hätte ich dieses Armband mit fünfzig bis sechzig Pfennigen bezahlt; hier aber richtete ich voraussichtlich eine Freude damit an, die mir bedeutend höher angerechnet wurde.

      Das Mädchen kam herbei. Alle Männer hatten gehört, daß ich sie zu mir verlangte, und wußten, daß es sich um eine Belobigung handeln werde. Ich mußte der Höflichkeit meiner Erzieher Ehre zu machen suchen.

      »Komm herbei, du lieblichste Tochter der Kurden von Missuri! Auf deinen Wangen glänzt das Licht Schefag[36], und dein Antlitz ist lieblich wie der Kelch Sumbul[37]. Deine langen Locken duften wie der Hauch Gulilik[38], und deine Stimme klingt wie der Gesang Bulbuli[39]. Du bist das Kind der Gastfreundschaft, die Tochter eines Helden, und wirst die Braut eines weisen Kurden und eines tapferen Kriegers werden. Deine Hände und Füße haben mich erfreut, wie der Tropfen, der den Durstigen labt. Nimm dieses Bazihn[40], und denke meiner, wenn du dich damit schmückest!«

      Sie errötete vor Freude und Verlegenheit und wußte nicht, was sie antworten sollte.

      »Az khorbane ta, Hodia – ich bin dein eigen[41], o Gebieter,« lispelte sie endlich.

      Dies ist ein gebräuchlicher Gruß der kurdischen Frauen und Mädchen, einem vornehmen Manne gegenüber. Auch der Dorfälteste war so erfreut über die seiner Tochter gewordene Auszeichnung, daß er sogar die orientalische Zurückhaltung ganz vergaß und sich das Geschenk reichen ließ, um es zu betrachten.

      »O wie herrlich, wie kostbar!« rief er aus und ließ das Armband ringsum von Hand zu Hand gehen. »Das ist Bernstein, so guter, prächtiger Bernstein, wie ihn der Sultan nicht köstlicher an seiner Pfeife trägt! Meine Tochter, dein Vater kann dir keine solche Hochzeitsgabe schenken, wie sie dir dieser Emir gegeben hat. Aus seinem Munde ertönt die Stimme der Weisheit, und von den Haaren seines Schnurrbartes träufelt die Güte. Frage ihn, ob er es dir erlaubt, ihm so zu danken, wie eine Tochter ihrem Vater dankt!«

      Sie errötete noch mehr als vorhin; aber sie fragte dennoch:

      »Erlaubst du es, Herr?«

      »Ich erlaube es.«

      Da bog sie sich zu mir, der ich auf dem Boden saß, hernieder und küßte mich auf den Mund und auf die beiden Wangen; dann aber eilte sie schnell davon.

      Ich war über diese Art, seine Dankbarkeit zu beweisen, nicht erstaunt; denn ich wußte, daß es den Mädchen der Kurden erlaubt ist, Bekannte auch mit einem Kusse zu begrüßen. Einem höher Stehenden gegenüber würde eine solche Vertraulichkeit eine Beleidigung sein, und daher hatte ich eigentlich meine Güte verdoppelt, indem ich den Kuß gestattete. Dies sprach der Vorsteher auch sofort aus.

      »Emir, deine Gnade erleuchtet mein Haus, wie das Licht der Sonne die Erde erwärmt. Du hast meine Tochter begnadigt, damit sie sich deiner erinnern möge; erlaube, daß auch ich dir ein Andenken verehre, damit du Spandareh nicht vergessen mögest!«

      Er bog sich über die Kante des Daches vor und rief das Wort »Dojan«[42] in den Hof hinab. Sogleich ertönte ein freudiges Gebell; eine Türe wurde geöffnet, und ich bemerkte, daß die unten Stehenden einem Hunde Platz machten, damit er über die Treppe herauf zu uns kommen könne. Nur einen Augenblick später stand derselbe vor dem Aeltesten und liebkosete ihn. Es war einer jener kostbaren gelbgrauen und außergewöhnlich großen und starken Windhunde, die in Indien, Persien und Turkestan bis nach Sibirien hinein Slogi genannt werden. Bei den Kurden wird diese seltene Rasse Tazi genannt. Sie ereilen die flüchtigste Gazelle; sie holen oft selbst den wilden Esel und das windschnelle Tschiggetai ein und fürchten sich vor keinem Panther und vor keinem Bären. Ich muß gestehen, daß mich der Anblick dieses Tieres mit lebhafter Bewunderung erfüllte. Er war als Hund ebenso kostbar, wie mein Rappe dieses Prädikat als Pferd verdiente.

      »Emir,« meinte der Vorsteher, »die Hunde der Missurikurden sind berühmt weit über unsere Berge hinaus. Ich habe manchen Tazi erzogen, auf den ich stolz sein konnte; keiner aber hat diesem hier geglichen. Er sei dein!«

      »Nezanum, diese Gabe ist so wertvoll, daß ich sie nicht annehmen kann,« antwortete ich ihm.

      »Willst du mich beleidigen?« fragte er sehr ernst.

      »Nein, das will ich nicht,« lenkte ich ein. »Ich wollte nur sagen, daß deine Güte größer ist als die meinige. Erlaube, daß ich den Tazi annehme, aber gestatte mir auch, dir dieses Fläschlein zu geben!«

      »Was ist es? Ein Wohlgeruch aus Persien?«

      »Nein. Es ist von mir gekauft worden beim Beith Allah in der heiligen Stadt Mekka und enthält das Wasser vom Brunnen Zem-Zem.«

      Ich machte es vom Halse los und reichte es ihm. Er war so gewaltig erstaunt, daß er vergaß, zuzugreifen. Ich legte es in seinen Schoß.

      »O Emir, was tust du!« rief er endlich entzückt. »Du bringst in mein Haus die herrlichste Gabe, welche Allah der Erde verliehen hat. Ist es dein Ernst, daß du sie mir schenkest?«

      »Nimm sie hin; ich gebe sie dir sehr gern!«

      »Gesegnet sei deine Hand, und stets weile das Glück auf deinem Pfade! Kommt her, ihr Männer, und befühlt diese Flasche, damit die Güte des großen Emir auch euch beglücken möge!«

      Die Flasche ging von Hand zu Hand. Ich hatte mit ihr die größte Freude gestiftet, die es nur geben kann. Als sich das Entzücken des Vorstehers einigermaßen gelegt hatte, wandte er sich wieder zu mir:

      »Herr, dieser Hund ist nun dein. Spucke ihm dreimal in das Maul, und


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<p>36</p>

Der Morgenröte.

<p>37</p>

Der Hyazinthe.

<p>38</p>

Der Blume.

<p>39</p>

Der Nachtigall.

<p>40</p>

Armband.

<p>41</p>

Eigentlich wörtlich: »Dein Opfer«.

<p>42</p>

Falke.

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