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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther KabelЧитать онлайн книгу.

Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel


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die wenigen Ausstattungsgegenstände, die aus Kistenbrettern roh zusammengeschlagen waren. Fischer trat vor und – wieder ließ der am Boden Liegende ein klagendes Stöhnen vernehmen. Jetzt warf er sich auf den Rücken – und Jakob Fischer schaute in das vom Fieber tief gerötete Gesicht ›Schusterkarls‹, in ein Gesicht, das von Schmerz verzerrt war und in dem die Augen in Fieberglut leuchteten.

      Der Beamte war niedergekniet. Jetzt sah er auch um die linke Schulter des anscheinend Schwerkranken einen kunstlosen Verband geschlungen, der von Blut beinahe schwarz war. Und blutig war auch das Stroh, auf dem der Verwundete lag.

      Langsam erhob sich Jakob Fischer wieder. Beinahe hätte er leise durch die Zähne gepfiffen. Das Dunkel lichtete sich – der Schuß, den er in der Nacht gehört hatte, war für den Berliner verhängnisvoll geworden, kettete ihn hier fest in dieser Falle. Denn das war ja jetzt der einzige Schlupfwinkel für die Einbrecher geworden.

      ›Schusterkarl‹ lag in starkem Fieber besinnungslos und war daher unschädlich. So machte sich Fischer denn weiter auf die Suche. Aber soviel er auch die Wände des viereckigen Raumes ableuchtete, er fand den zweiten Ausgang nicht. Aber ein solcher mußte doch vorhanden sein, mußte!

      Denn die Brüder Albrecht waren in einer so weiten Entfernung von der Kiefer aus dem Abhang hervorgebrochen, daß noch ein zweiter Gang aus der Höhle in nördliche Richtung führen mußte, nicht nur ein zweiter Ausgang nach der Schlucht hin. Als Fischer jetzt einen an der Wand mit einigen Nägeln befestigten grauen Vorhang beiseite schlug, gähnte ihm denn auch wirklich eine dunkle Öffnung entgegen. Aber er hatte keine große Lust, in dieses enge Loch hineinzukriechen. Es war ja auch zwecklos. Er wußte ja, wo dieser kunstvoll in die Erde gegrabene und nicht einmal abgestützte Gang endete, – eben dort, wo die jungen Albrecht so plötzlich erschienen waren.

      Schon wollte er daher den aus einem alten, zerlöcherten Teppich bestehenden Vorhang wieder fallen lassen, als ein seltsamer Ton, der aus der Tiefe zu kommen schien, ihn bewog, Kopf und Oberkörper in die schmale Öffnung hineinzuzwängen.

      Er lauschte. Wieder war es ihm, als erklänge da vor ihm ein unterdrücktes Stöhnen – Murmeln. Er konnte selbst nicht sagen, was es eigentlich war. Doch er besann sich nicht lange. Indem er den rechten Arm mit der Laterne vorstreckte und seinen engen Weg beleuchtete, kroch er vorwärts.

      Der Gang schien endlos lang. Er beschrieb einen kleinen Bogen und war kaum so geräumig, um die untersetzte Figur des Beamten durchzulassen. Da blinkte vor Fischer ein weißlicher Strahl auf. Er sah das Tageslicht durch einen kleinen Spalt eindringen.

      Und dann – dann fiel der Schein der Laterne auf etwas, das den Gang fast gänzlich versperrte. Fischer schaute hin – sah – sah ein paar zusammengekrümmt Beine, – sah eine menschliche Gestalt vor sich liegen, den Kopf nach der anderen Seite, so daß er das Gesicht nicht erkennen konnte.

      Als er genauer hinblickte, bemerkte er auch die Stricke, mit denen dem Unbekannten vor ihm die Füße gefesselt waren.

      Heinrich Seiler!

      Er hatte unwillkürlich laut gesprochen. Da kam in die Gestalt Leben; die Beine strecken sich, der Oberkörper suchte sich aufzurichten. Und wieder erklang das jämmerliche, halbunterdrückte Stöhnen.

      Jakob Fischers scharfes Taschenmesser glitt nur einmal über die Stricke hin. Dann fielen die Fesseln zu Boden. Und geschickt schob der Beamte sich dann weiter, so daß er auch die Hände und den Kopf erreichen konnte.

      Als er dem jetzt beinahe neben ihm Liegenden den Knebel aus dem Mund zog, da hoffte er auf einige Worte, die ihm seine Vermutung bestätigten. Aber nichts – nichts! Nur der Körper sank kraftlos nieder, die Beine streckten sich aus.

      Da beugte sich Fischer, so gut es in dem engen Gang möglich war, über die jetzt wie leblos daliegen Gestalt, drehte den Kopf so, daß das Licht das Gesicht des Unbekannten traf – und ein Seufzer der Erleichterung entrang sich Fischers Lippen. Es war wirklich Heinrich Seiler.

      Eine tiefe Ohnmacht hatte den armen Jungen überkommen, und es blieb Fischer nichts anderes übrig, als den Körper hinter sich her in die Höhle zu ziehen. Ein mühsames Stück Arbeit war’s! Als er in dem großen Raum sich dann aufrichtete, fand er dort schon zwei andere Kriminalbeamte vor, die der Polizeirat, besorgt durch Fischers langes Ausbleiben, ihm nachgeschickt hatte.

      Es war nicht leicht, die beiden kraftlosen Körper an das Tageslicht zu befördern. Und Heinrich Seiler kam erst wieder zu sich, nachdem ihm der Arzt eine Ammoniakflasche unter die Nase gehalten hatte. Dagegen nahm das Fieber des Verwundeten in der frische Luft beängstigend zu. Der Arzt mahnte daher zum schleunigen Aufbruch. Und so setzte sich denn ein eigenartiger Zug nach dem Walde hin in Bewegung.

      In einem Krankenwagen der Unfallstation lag der noch immer bewußtlose Kern. Mit äußerster Vorsicht schoben die Beamten den zweirädrigen Wagen über die Heide hin. Hinterher folgte auf einer aus Ästen und Stangen provisorisch hergerichteten Bahre Heinrich Seiler, der zum Gehen noch außerstande war. Neben ihm schritten Jakob Fischer und der Polizeirat. Beide tief in Gedanken. Daß diese Razzia in der Ginsterheide so enden würde, hatten beide nicht erwartet. Nun hatte man ja den Berliner glücklich ergriffen, – aber um welchen Preis. Zwei Schwerverwundete und ein halbes Kind, dem sicher ein schweres Nervenfieber bevorstand!

      Den Schluß des Zuges machten die Brüder Albrecht, – beide gefesselt, – und der auf einer Leiter in Decken gehüllte ›Schusterkarl‹, der wild mit den Armen um sich schlug und bei jedem Stoß und jeder schnellen Bewegung seines Lagers laut aufschrie. Die Albrechts schritten mit verbissenen Gesichtern einher. Das schadenfrohe Lachen war ihnen vergangen.

      Gerade sagte Fischer zu dem Polizeirat:

      »Jetzt verstehe ich auch das hämische Grinsen der beiden Bengel! Die haben sicher den Heinrich Seiler nur deswegen in den engen Gang gebracht, damit wir ihn nicht finden sollten! Nette Früchtchen!«

      »Sie haben recht, Fischer! Sie glaubten so, ihre Rache an dem Verräter, – denn dafür halten sie den Jungen wahrscheinlich – kühlen zu können! Schrecklich, diese verkommenen Burschen! Daß sie sich am Stehlen beteiligen, – das könnte ja als Leichtsinn noch so hingehen, aber daß sie den Seiler da in dem Gang elend umkommen lassen wollten. Na, dafür wird’s auch nett tagen!« setzte der alte Herr ingrimmig hinzu. – –

      Am nächsten Morgen brachte die gelesenste Tageszeitung der Provinzialhauptstadt X. in ihrer Morgenauflage folgende Notiz:

      Gestern Nachmittag ist es unserer Kriminalpolizei endlich geglückt, jene Einbrecherbande dingfest zu machen, auf deren Konto sowohl der Einbruch in das Müllersche Uhrwarengeschäft in der Herderstraße, wie auch der in das Kontor der Firma Krüger, unserer ersten Likörfabrik, zu setzen ist. Die Festnahme erfolgte erst nach längerer Gegenwehr in der hinter dem großen Stadtwald gelegenen Ginsterheide, wohin die Einbrecher geflüchtet waren. Leider ist dieses Recontre mit den Dieben nicht ganz ohne Verwundungen auf Seiten der Polizei abgegangen. So soll der Kriminalkommissar Kern durch einen Revolverschuß schwer verletzt worden sein. Wie uns weiter bekannt ist, sind sowohl sämtliche bei dem Müllerschen Einbruch geraubten Wertsachen als auch das dem Fabrikbesitzer Krüger aus dem erbrochenen Geldschrank gestohlenen Geld in einem Versteck in der Heide aufgefunden worden. Hoffentlich ist die Verwundung des Kommissars nicht zu gefährlich, damit nicht gerade er, der hauptsächlich durch sein geschicktes Vorgehen diesen Erfolg herbeigeführt hat, als einziger so infolge seines Diensteifers zu leiden hat. –

      Der Polizeirat Scheller war’s, der Fischer mit humoristischer Betonung am anderen Vormittag diesen Bericht in seinem Arbeitszimmer vorlas.

      »Na, was sagen Sie zu diesem Machwerk – pardon Kunstwerk der Zeitungsschreiber?« meinte er dann, vergnügt schmunzelnd. »Eigentlich ist es anerkennenswert, daß der Verfasser dieser Zeilen aus dem wenigen, was er wußte, noch so viel Richtiges herausgeraten hat, nicht wahr?«

      Fischer nickte nur.

      »Hat denn keiner dieser Herren Reporter sich an Sie herangemacht?« fragte der Polizeirat nach einer Weile.

      »Gewiß! Aber bei mir ist nichts zu holen!« entgegnete der wortkarge Fischer.

      »So. Da haben Sie noch


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