Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther KabelЧитать онлайн книгу.
müde …
»Es wäre günstiger für Sie, wenn das Komödienspiel der besseren Einsicht wiche. Es steht fest, daß Sie der Graue sind, mithin auch der Mörder Heliantes, Ihrer Braut …«
Ich stierte ihn an, schüttelte den Kopf …
»Wie sollte das wohl möglich sein …?! Hat Heller nicht selbst gesehen, daß ich dort am Fenster fest schlief in der kritischen Zeit …?!«
»Ich wußte, daß das Ihre letzte Abwehr sein würde, Allan Dogmoore. – Wollen Sie in Begleitung Hellers für einige Minuten das Zimmer verlassen …!«
Ich erhob mich und folgte Heller. Wir standen schweigend vor meiner Tür.
Dann klopfte es von drinnen gegen die Füllung. Wohl ein Zeichen für Heller.
Der sagte: »Sehen Sie durch das Schlüsselloch …«
Ich bückte mich.
In dem Klubsessel saß ein Mensch, der einen weißen Kragen umhatte. Der rechte Arm lag halb auf der Lehne. Der Kopf war nach links gedreht, so daß man nur das Haar sah und einen hellen Schimmer der Wangen. Der Mann hatte aber offenbar einen Frack an. Das weiße Vorhemd leuchtete als schmaler Streifen.
Ich richtete mich wieder auf. Und Heller sagte nun:
»So sah ich Sie damals, Herr Doktor … Die Beleuchtung war infolge des Regens sogar noch undeutlicher.«
Dann öffnete er mir die Tür und ließ mich wieder eintreten.
Gunolt lehnte am Schreibtisch.
Ich schritt schnell auf den Klubsessel zu, faßte nach dem Kopf des Unbekannten … Der Kopf war weich und gab nach, – – ich riß daran und hielt – die Schlummerrolle in der Hand, die Heliante mir geschenkt hatte …
Meine Gedanken verwirrten sich. – Beatrix hörte ich sagen: »Verstand verlieren – – Kugel!!« – Eine wilde Heiterkeit wollte in ihr hochquellen: der Beginn des Irrsinns –! – – Ein Lachen lag mir schon auf der Zunge … Aber – – ich siegte …! Meine Willenskraft verscheuchte den Anfall; und ich lallte:
»Unbegreiflich – – unbegreiflich …!!«
Wie ein Trunkener ging ich schwankend auf Gunolt zu.
»So wahr ein Gott im Himmel lebt, so wahr ich meine Mutter liebe und verehre wie eine Heilige, ich begreife nichts von alledem – nichts – nichts!«
»Ich will Ihnen glauben, Doktor,« sagte Gunolt nach einer Weile. »Sie haben, meine ich, die Probe bestanden, denn so – so heucheln kann kein Mensch. Ich habe jetzt den Eindruck gewonnen, ebenso auch Heller, daß sie Beatrix Barks Sklave gewesen, daß sie von ihr hypnotisiert worden sind. – Besinnen Sie sich vielleicht, ob Beatrix je mit Ihnen hypnotische Experimente versucht hat?«
»Nein.«
»Natürlich sagen Sie nein. Ihr Gedächtnis ist versiegelt hierfür. Daran liegt’s.«
Ich befand mich noch immer wie im Taumel.
»Wie sind Sie mir auf die Spur gekommen, Gunolt?« fragte ich nach kurzer Pause.
»Heller hat den ersten Verdacht gegen Sie gefaßt,« meinte Gunolt. »Heller fiel heute abend ein, daß er eigentlich durch ein Schlüsselloch, in dem noch immer der Schlüssel steckte – und so hätte es doch hier sein müssen! – niemals von dem schlafenden Mann im Klubsessel so viel hätte sehen dürfen, wie er gesehen hatte. Er ging zu der Meißler, sprach mit ihr, und auch sie erklärte, daß kein Schlüssel im Schlüsselloch gesteckt hätte, als sie erst allein und dann zusammen mit Heller hindurchschaute. –
Heller hat dann den Versuch sofort wiederholt. Sie saßen da wohl gerade an Ihrem Schreibtisch, lieber Doktor. Und – diesmal steckte der Schlüssel, und Heller konnte einen weit kleineren Gesichtskreis feststellen als damals. Die Folgerung hieraus war einfach genug! Da an jenem Tag kein Schlüssel sich im Schloß befunden hatte, als die Meißler und Heller sie schlafend zu erblicken glaubten, nachher aber von Ihnen der Meißler geöffnet wurde, ohne daß Sie erst den Schlüssel in das Schloß einführten, wie ihre Wirtin mit aller Bestimmtheit behauptet hat, konnten Sie nicht die ganze Zeit über fest geschlummert haben, sondern mußten inzwischen munter geworden sein und den Schlüssel wieder in das Schloß gesteckt haben. –
Diese einfache Überlegung warf nun aber Ihr ganzes Alibi über den Haufen, wie Heller sich sofort sagte. –
Sie wollten die Verlobungsfeier verschlafen haben. Und doch war nun der Beweis erbracht, daß Sie inzwischen aufgewacht waren, sich bis zur Tür begeben haben mußten, hier den Schlüssel in das Schloß gesteckt hatten und dann wieder – anscheinend – eingeschlafen waren, während Ihnen doch während dieses Wachseins unbedingt hätte einfallen müssen, daß Sie das Fest versäumt hatten, zu dem Sie bereits angekleidet waren. –
Heller fand nun, als er heute abend zu der Meißler kam, diese gerade beim Bügeln Ihres Wettermantels vor. Und nachher erfuhr er auch noch von den Schlüsseln, die Sie der Meißler als deren Eigentum hatten aushändigen wollen. Das Telephon hat dann viel gearbeitet. Die Kremk wurde befragt, ob der angebliche Franz Orske noch Schlüssel des Zimmers und der Schränke und so weiter im Besitz hätte; der Obsthändler mußte nochmals den Mantel jenes Mannes beschreiben, beide wurden als Zeugen hierher befohlen; ich selbst hatte mit Heller ein langes Gespräch. – –
Ich muß nur noch erwähnen, daß ich gerade in meinen Dienstzimmer über der Übersetzung des Tagebuchs des Grauen saß, die mir soeben erst zugeschickt worden war, als Heller mich anläutete und mir die Neuigkeit mitteilte. Dieses Tagebuch, das sie natürlich auch auf höheren Befehl geschrieben haben, hatte mir verraten, wie der schlafenden Mann im Klubsessel zustande gekommen war. Noch manches andere enthält es. – Wie es zu bewerten ist, – ich meine als Produkt des verbrecherischen Hirns dieses Frau, das werden Sie sofort selbst nachprüfen können. Ich habe die Übersetzung bei mir. –
Nun noch zum Schluß meiner Ausführungen die Gründe für meine Zweifel an Ihrer vollen Verantwortlichkeit für diese Tat. Zunächst erschien es mir mehr als unwahrscheinlich, daß Sie als Franz Orske ohne jede Verkleidung aufgetreten sein sollten, wenn Sie sozusagen freiwillig diese Doppelrolle als Gelehrter und als gewerbsmäßiger Verbrecher – denn auch die Diebstähle haben Sie fraglos begangen! – gespielt haben würden. Einem Mann von Ihrer Intelligenz, der zwei Leben leben wollte, mußte man auch notwendig die Schlauheit zutrauen, sein Äußeres als Franz Orske entsprechend zu verändern. Das war jedoch nicht geschehen, wie uns hier die Kremk erklärte, der wir eine Photographie von Ihnen vorlegten. – Als die Kremk Sie auf dem Bild sofort wiedererkannte, kamen mir Bedenken, ob Sie wirklich, woran ich zuerst gedacht, mit Beatrix Bark zusammen ein abgekartetes Spiel gespielt hätten, das heißt, ob Sie lediglich aus Liebe zu Ihrer Schwägerin Ihre Braut Heliante getötet haben könnten. Dann sagte ich mir weiter, so belastende Beweisstücke wie die Schlüssel und den Wettermantel würden Sie nie in Ihrer Wohnung aufbewahrt haben! Dazu wären Sie zu schlau gewesen! Beweise Ihrer verbrecherischen Klugheit glaubte ich ja schon genügend durch die geheimnisvollen Diebstähle erhalten zu haben! –
Ferner sah ich auch ein, daß, wenn Sie freiwillig, aus sich selbst heraus, die Tat verübt hätten, Sie nie und nimmer den Wettermantel der Meißler zum Bügeln ausgehändigt und sie noch auf die Schlüssel aufmerksam gemacht hätten. – Das waren Widersprüche in Ihrem Verhalten, die auch Heller stutzig machten und die nur eine einleuchtende Erklärung fanden. In diesen Einzelheiten hatte eben die Schlauheit des Weibes, daß Ihre unbeschränkte Gebieterin war, versagt. Gerade über diese Einzelheiten hatten Sie keine eingehenden Befehle empfangen und demgemäß so gehandelt, wie der normale Doktor Allan Dogmoore gehandelt hätte, der als Verbrecher kraft Auftrags zwar Mantel und Schlüssel in dem dumpfen Gefühl, sie verstecken zu müssen, verbarg, der dann aber, unbeeinflußt durch Hypnose völlig ahnungslos war, wie schwer ihn diese Sachen belasten könnten, sie ruhig zum Vorschein brachte und sogar noch ungehalten war, weil er ja nicht wußte, wer die gestickte Reisetasche in den Koffer und den Mantel unter die schmutzige Wäsche gesteckt hatte. –
Aus diesen Gründen entschloß ich mich, Sie auf die Probe zu stellen. Ich sehe,