Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther KabelЧитать онлайн книгу.
sich noch darauf? In derselben Nacht wurde ja das Kollier gestohlen.«
Ich lächelte nicht mehr.
Und ich witterte in ihr plötzlich die Feindin, die mich verderben wollte … –
Draußen rauschte aus einer dunklen Wolke der Regen herab … –
In ihre Blicke kam etwas Ängstliches, Verwirrtes …
»Was fehlt Ihnen heute nur wieder?!« rief sie dann. »Sie – Sie haben so – so – böse Augen … Man könnte sich fürchten.«
Wir standen am breiten Fenster des Pavillons – ich sah den Regen mit einem Male dünner und dünner werden. Jetzt flog ein heller Schein über die Erde –: Die Sonne brach wieder durch die Wolken …
Und … von da ab ist Franz Orske wieder eingesperrt gewesen. –
28. März
Ich beobachte mich weiter sehr genau.
Ich weiß jetzt, ich bin Franz Orske und – Doktor Allan Dogmoore.
Wie ich dahinter gekommen bin, daß ich auch noch Allan Dogmoore heiße …?! –: Durch die Wohnung am Bahndamm im Grunewald …!
Ich bin dort wieder zweimal gewesen – ich, Franz Orske, der Einbrecher, der Dieb! Von dem Doktor mag ich nichts wissen, weiß auch so gut wie nichts von ihm. Er ist mir gleichgültig. Mehr noch, ich hasse ihn, wie ich alle und alles hasse –.
Durch seine Wohnung also. Und auch durch sie und durch die Szene im chinesischen Pavillon. Ich habe sie nämlich wieder gesehen. Im Walde –. Wir gingen spazieren. Der Wald roch nach Frühling. Ein hohler Tauwind fuhr durch die Fichtenwipfel.
Es tröpfelte auf den Schirm, unter dem wir Arm in Armen dahin-schritten.
Es regnete – die Luft war lau.
Sie lachte – die Tropfen schlugen knallend auf die straff gespannte Seide des Schirmes auf –.
Sie lachte und sagte: »Dieses Geräusch der Regentropfen erinnern mich an den Wintergarten in der Schönholzschen Villa. Damals knallten auch die Tränen des Himmels so laut auf das Glasdach, als sie den Feind der Geldprotzen markierten, Herr Doktor, und – als das kostbare Kollier verschwand.«
Aha – wieder der Schmuck!! – Meine Feindin – ich kenne dich, durchschaue dich, – Spionin.«
Wieder sagte sie dann etwas von meinen Augen –.
Dann kamen andere dazu, – ihre Eltern, ihr Bruder, ihre Schwester.
Ich entschuldigte mich mit Kopfschmerzen, floh, wollte allein sein – floh in die Wohnung Allan Dogmoores, in der ich gleich beim ersten Besuch so sonderbar gut Bescheid wußte. –
Und dieses bekannt sein mit den beiden Räumen hat mir die Gewißheit gegeben: Allan Dogmoore ist der andere Teil meines Ichs!
6. April
Wieder war ich mit ihr, der Feindin zusammen. Nur kurze Zeit.
Der Eindruck, daß sie mir nachspioniert, daß sie ahnt, wer das Kollier stahl, verstärkt sich bei mir. Wenn dieses schöne, junge Weib mir gefährlich wird, werde ich es vernichten –.
Ich sitze jetzt in meinem Zimmer bei der Kremk am Schreibtisch und beschäftige mich mit meinem Tagebuch.
Es gießt draußen. Das erste Gewitter –.
Ich habe wieder neue Beute gemacht. Auch eine neue Zerstreuung mir ersonnenen. Habe mir einen alten grauen Anzug, – ein ganzes Arbeiterkostüm bei einem Trödler letztens erstanden, schmiere mir das Gesicht an und treibe mich in Kneipen, Kellerwirtschaften, verrufenen Tanzlokal umher –.
Franz Orske amüsiert sich dort königlich! –
Franz Orske – Franz Orske? Wie ich nur zu dem Namen gekommen sein mag?! – Hießen meine Eltern so –? – Bin ich nun eigentlich ein Mitglied der Familie Dogmoore oder Orske? –
2. Mai
Sie, die Feindin, heißt Heliante Bark.
Sie hat eine Schwester mit ebenso überspanntem Vornamen: Beatrix.
Aber Beatrix ist nicht meine Feindin –.
Ich möchte gern noch weiter schreiben. Aber das verfluchte Weib, die Kremk, klopft schon wieder – –.
19. Kapitel
Der Mord
25. Mai
Beatrix ist nicht meine Feindin.
Franz Orske hat ein Gastspiel bei Barks gegeben. Ich war mit Beatrix allein im Musikzimmer –.
Sie ließ mich reden, wie und was ich wollte.
Sie nahm meine Hand, gerade als gegen die Fenster eine wahre Regenflut prasselte:
»Sie Ärmster – Sie Ärmster –! Ich möchte Ihnen so gern helfen –!«
Vor meinem schrecklichen Lachen fuhr sie doch zurück.
»Ich fühle mich sehr wohl in meiner Haut, sehr wohl!« sagte ich voll höhnischen Triumphs. »Wozu bedauern Sie mich –?!«
Sie hielt meine Hand fest.
»Sie sind nicht Allan Dogmoore, nicht wahr?« fragte sie dann.
»Allan Dogmoore ist jetzt eingekerkert,« lachte ich. »Ich bin Franz Orske, der bei der Kremk wohnt. Zuweilen, – zuweilen auch anderswo.«
Dann fühlte ich plötzlich, wie in meinem Innern der merkwürdige Vorgang begann – die Umwandlung in den andern –.
Ich habe nun doch nachgegrübelt – über den Namen Franz Orske, über die Stunde meiner Geburt, – das heißt, über den Zeitpunkt, wann ich wohl zum ersten Mal auftauchte –, ich, der Dieb, der Menschenhasser –.
Bin ich ein Dogmoore oder ein Orske –?
Und wie kam ich dazu, wenn der andere von Geburt ein Dogmoore ist, nicht gerade Orske zu nennen –?!
Ich habe den Federhalter beiseite gelegt und denke nach.
Lange existiere ich noch nicht. Ich bin ein Wunderkind. Ich kam als erwachsener Mensch auf die Welt, erst vor ein paar Monaten –.
Ich besinne mich auch, wo ich geboren wurde.
Auf der Straße. – Mitten auf dem Potsdamer Platz.
Um mich her war eine dichte Menschenmauer; unter mir grauschwarzer Schneeschlamm –. Über mir ein düsterer Regenhimmel –.
Ein Schutzmann brüllte mich an:
»Nehmen Sie sich gefälligst mehr in acht, Herr! Um ein Haar wären sie tot gefahren worden! – Wie heißen Sie –? – Der Chauffeur des Autos, das Ihretwegen in den Lastwagen hineingefahren ist, verlangt ihre Feststellung.«
»Ich bin der Kunstschlosser Franz Orske und wohne Rathenower Straße Nr. 12,« erwiderte ich mit ruhiger Selbstverständlichkeit.
Der Schutzmann beleckte seinen Bleistift und schrieb Namen und Wohnung auf. –
So entstand Franz Orske.
Und Franz Orske schritt dann durch die sich schnell wieder auflösende Mauer der Gaffer, nahm ein Auto und fuhr nach der unbekannten Straße, ließ aber vor Nr. 12 den Kraftwagen halten und ging zu Fuß zu der Kremk, – denn die wohnte Nr. 12, wo an der Haustür eine Papptafel »möbl. Zimmer« hing. –
Ein Zufall, daß hier ein Zimmer frei war, ein merkwürdiger Zufall –!! –
So kam ich zu der Kremk …
9. Juni
Sie ist ermordet –.
Die Feindin