Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther KabelЧитать онлайн книгу.
wobei er sich der Vermittlung einer adligen Heiratsagentin bediente.«
Hier machte Gunolt eine kurze Pause.
»Hatte ich nun Ursache, mich auf Grund dieses Charakterbildes noch eingehender mit Blenheim zu beschäftigen? – Nein! Ich verfolgte ja eine andere Spur, die mir wichtiger und vielversprechender erschien. Trotzdem schied der Graf nie völlig für mich aus. Ich will erklären, aus welchem Grunde. Mir kam es verdächtig vor, daß er in Jeffersons leerer Wohnung sich offenbar bis gegen ein halb neun Uhr abends aufgehalten hatte, nachdem er inzwischen anscheinend nur einmal bei dem Friseur und dann bei Barks gewesen war, wo der Pförtner ihm mitteilte, weshalb das Fest nicht stattfinde. – Ich möchte betonen, er war allein in Jeffersons Wohnung, der sich keinen Diener hält. – –
Kurz – es war nicht Blenheims Charakterbild, das mich ihn als Täter stets sozusagen in Reserve halten ließ, sondern dieser Aufenthalt in Jeffersons Wohnung. Blenheim hatte nämlich gewußt, daß der Engländer draußen in Hoppegarten war und vor neun Uhr nicht zurück sein konnte …! Ich erwähne dies jetzt erst, da ich die Tatsache ebenfalls erst später erfuhr, nämlich am Morgen des Begräbnistages Heliantes durch Jefferson persönlich, der mich auf meinem Bureau aufsuchte, um sich darüber zu beschweren, daß einer meiner Agenten ihn fortgesetzt belästige. Er wisse wirklich über den Grafen nichts weiter, als er bereits angegeben habe, sagte er. – Im Laufe der Unterhaltung drehte ich dann den Spieß um und holte aus Jefferson die bereits erwähnte Tatsache heraus. Als er gegangen war, überlegte ich mir das Verhalten des Grafen. Mein Mißtrauen galt dem Besuch bei Palza und dem dem Diener erteilten Auftrag. –
Ich begab mich zu der Herrig und fragte sie, ob Graf Blenheim damals, als er den Diener mit dem Parfüm erwartete, vielleicht schon parfümiert gewesen sei, worauf die Frauen mir erwiderte: »Allerdings war er parfümiert, und zwar sehr stark. Er liebt das. Ich weiß auch, daß er stets Safranor benutzt.« – – Weshalb, fragte ich mich nun, hat Blenheim durchaus noch ein frisches Fläschchen Safranor haben wollen? Vielleicht, um es mit nach Potsdam zu nehmen, – wo er es doch aber ebenso gut erhalten konnte?! –
Der nächste Schritt war, daß einer meiner Beamten, der sich mit Blenheims Diener angefreundet hatte, sofort nach Potsdam hinaus mußte, um festzustellen, ob der Graf noch mit Safranor versehen war. –
Der Erfolg? – Blenheim besaß noch eine kaum angebrauchte Flasche davon! – – Sein Besuch bei Palza und weiter der Aufenthalt bei Jefferson wurde durch diese Kleinigkeit für mich in ein besonderes Licht gerückt. Und deshalb habe ich später, als die Hauptspur sich als falsch erwies, mich nur noch an Blenheim gehalten.
28. Kapitel
Doch Eifersucht!
»Unterdes schaffte ich Sie, gnädiges Fräulein, und unsern Doktor zunächst einmal hierher zu Professor Merkel. Hierauf begann die Arbeit gegen Blenheim. Ich habe Jefferson in seiner Wohnung besucht. Ich kam wieder auf jenen Tag zu sprechen, an dem Blenheim stundenlang allein in des Engländers elegantem Junggesellenheim gewesen war.
Jefferson ist nicht auf den Kopf gefallen.
»Was wollen Sie nur immer wieder mit dem Grafen?« meinte er sehr bald. –
Ich schenkte ihm also reinen Wein ein. – Er war ganz entsetzt:
»Herr im Himmel – wenn Sie recht hätten, – wenn Blenheim wirklich …!!«
Dann erhob er sich schnell und sagte: »Ich hole Ihnen mal meinen Ulster und Hut.«
Was er mir brachte, war ein sehr weiter, dunkelbrauner Ulster und ein grauer, breitbandiger Filzhut …!! – –
Der Mörder war gefunden. Es handelte sich nur noch um das Motiv. Vielleicht konnte mir Jefferson hierüber Aufschluß geben. – – Es war nicht viel, was ich von ihm erfuhr. Er sprach von einer erhöhten Reizbarkeit Blenheims in der letzten Zeit. Dann besann er sich darauf, daß der Graf an dem Tag, an dem er die Verlobungsanzeige Heliantes erhielt, seit unbedenklicher Zeit sich wieder einmal schwer betrunken hatte.
Weiter hatte Jefferson einmal auf Blenheims Schreibtisch einen Zettel mit einem Gedicht gefunden, mit Bleistift geschrieben und vielfach verbessert, ein sehr überschwängliches Gedicht, in dem auch von einem »Zauberduft« die Rede gewesen war, den ein Liebender der Geliebten gespendet hatte und durch den dann ein bald begünstigter Nebenbuhler angelockt worden war. Der Zauberduft erinnerte mich sofort an das Asra-Parfüm Heliantes. Und nun kam durch Jefferson heraus, daß Heliante das Geheimnis der Zusammensetzung des Asra sehr wahrscheinlich durch Blenheim erfahren hatte.
Für mich stand es fest, daß der Mord jetzt seine volle Aufklärung gefunden hatte. Aber die Tat mußte dem Mörder auch bewiesen werden.
Ich ließ nun bei sämtlichen Chauffeuren nachfragen, ob einer von ihnen an jenem Tag nachmittags zwischen ein halb sechs und sieben Uhr etwa in der Gegend der Kurfürstenstraße einen Fahrgast bekommen hätte, der einen Ulster und einen grauen Filzhut oder – und dies ist wichtig – eine Mütze trug, eine Sportmütze oder dergleichen. –
Die Mütze kann deshalb in Betracht, weil Sie, lieber Doktor, doch bemerkt zu haben glaubten, daß der graue Filzhut kein Regenspuren gehabt hatte. Mithin konnte der Mörder den Filzhut erst nach der Tat aufgesetzt haben, um seine Verfolgung für alle Fälle durch diesen Wechsel der Kopfbedeckung zu erschweren.
Gleichzeitig ließ ich in sämtlichen Geschäften, die für einen solchen Einkauf in Betracht kamen, nachfragen, ob damals eine Larve mit einer Hakennase oder nur eine Pappnase am Nachmittag von einem Offizier oder einem Dienstmann verlangt worden sei. – Nach der Herkunft des neuen Dolches, mit dem der Mord verübt worden war, Ermittlungen anzustellen, hielt ich für überflüssig. –
Der betreffende Chauffeur wurde gefunden und ebenso das Geschäft, in dem ein Dienstmann für einen Offizier, der einen langen Umhang getragen, eine Pappnase gekauft hatte. Ich zeigte ihm Blenheims Photographie, die ich mir von Jefferson hatte geben lassen, und er meinte sofort: »Ja, das ist der Offizier!«
Der Chauffeur wieder gab folgendes an. –
Kurz vor ein halb sechs Uhr nachmittags habe ihn vor dem Haupteingang des Zoologischen Gartens ein Herr in Ulster und Reisemütze angerufen und sich nach der Villenkolonie Grunewald, Ecke Delbrückstraße und Bismarckallee, fahren lassen. Dort habe der Herr ihm zehn Mark gegeben und ihn beauftragt, ihm fünf leichte Zigarren einzukaufen und dann an derselben Ecke auf ihn zu warten. Er sei denn auch nach dem Kurfürstendamm gefahren, habe dort die Zigarren erstanden und sei sofort wieder zurückgekehrt. Wenige Minuten darauf sei der Herr, der unter den weiten Ulster irgendeinen Gegenstand trug – natürlich den grauen Filzhut! –, ebenfalls erschienen und habe sich nach dem Kaufhaus des Westens bringen lassen. – –
Jetzt blieb nur noch eins unklar. Woher hatte Blenheim gewußt, daß er sein Opfer in dem Pavillon um diese Zeit vorfinden würde –? Doch darüber will ich nachher sprechen. – – Nun zu dem heutigen Tage. Ich wollte Ihnen, um ganz sicher zu gehen, Ulster und Hut ganz unerwartet vorführen lassen, wozu ich Jeffersons Hilfe brauchte. –
Die Herren im Jagdwagen nahmen mich nachher mit nach der Stadt. Ich suchte sofort Blenheim auf, der soeben vom Dienst heimgekehrt war.
Ich ging ohne Umschweife auf mein Ziel los:
»Ich muß Sie ersuchen, mir einige Fragen zu beantworten, Herr Graf. Ich komme in amtlicher Eigenschaft. Zu welchem Zweck ließen sie sich letztens die Pappnase durch einen Dienstmann kaufen?« fragte ich.
»Weil ich sie brauchte!«
»Wozu?«
»Das ist meine Sache!«
»Geben Sie auch zu, Herr Graf, sich an demselben Nachmittag bei Herrn Jefferson dessen Kleider angezogen zu haben?!« sagte ich weiter und gab mir alle Mühe, ebenso gleichgültig zu tun.
»Natürlich!«
Ich glaubte wahrhaftig, mich verhört zu