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Dr. Norden Staffel 8 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Dr. Norden Staffel 8 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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Lebensfreude der Ärztin war ansteckend, und für einen kurzen Augenblick gelang es ihm, der Zukunft voller Hoffnung und Optimismus entgegen zu sehen.

      *

      »Prosit Neujahr!«

      Felix Norden zuckte zusammen, als aus dem Nichts eine Flasche Sekt vor seiner Nase auftauchte.

      Um ihn herum tobte eine wilde Party. Junge Männer und Frauen hielten lachend und johlend Gläser und Flaschen hoch, um auf das neue Jahr anzustoßen. Die Stimmung war ausgelassen und die Musik laut.

      Felix wusste selbst nicht, warum er nicht mit ihnen feierte. Stattdessen stand er am Fenster und beobachtete das Feuerwerk.

      »Happy new year!«, antwortete er anstandshalber und drehte sich um auf der Suche nach der Sektflaschenbesitzerin. Sie stand neben ihm im Halbdunkel. Spaßeshalber hatte sie sich halb in einen Vorhang eingewickelt. »Trägst du immer anderer Leute Gardinen?«, fragte er und stieß mit ihr an.

      »Schick, nicht?« Sie kicherte, stellte sich als April vor und hielt den bunt gemusterten Stoff hoch. »Gefällt mir.« Vom Alkohol war ihre Stimme verwaschen.

      »Du könntest dich mit meiner Schwester zusammentun. Sie ist auch modeverrückt.« Felix hatte keine Lust, sie zu ihrem ungewöhnlichen Namen zu befragen. Stattdessen trank er einen Schluck Bier aus der Flasche und dachte an Dési. Sein Herz wurde schwer. Er wusste selbst nicht, weshalb.

      »Ist sie tot, oder warum schaust du so dumm aus der Wäsche?«, fuhr April fort.

      »Ich habt sie lang nicht gesehen. Das ist alles.« Felix hatte keine Lust auf dieses Gespräch. Genauso wenig wie auf die Party.

      »Ihr hab ein gutes Verhältnis?«

      »Keine Ahnung.« Darüber hatte sich Felix noch nie Gedanken gemacht. »Ich glaub schon. Sie gehört zu meiner Familie.«

      Das Mädchen kicherte wieder.

      »Na und? Das ist noch lange kein Garant dafür, dass man sich mag«, widersprach sie. »Ich zum Beispiel hab einen Bruder. Zu dem hab ich schon seit Jahren keinen Kontakt mehr.«

      »Bei uns ist das anders. Meine Eltern und meine vier Geschwister halten zusammen wie Pech und Schwefel.«

      »Vier Geschwister?« April rollte mit den Augen. »Deine Eltern müssen sich ja ganz schön lieb haben.« Ihre Stimme war anzüglich.

      Felix wollte ebenso frech antworten, als die Musik lauter und wilder wurde.

      Die Meute begann, hemmungslos zu tanzen. Einer seiner Freunde rempelte ihn an, grinste und wollte ihn mit sich ziehen.

      »Hey, hör auf mit dem Blödsinn!«, fuhr Felix ihn an. Gleichzeitig wunderte er sich über sich selbst. Im Normalfall war er an vorderster Front dabei. Felix Norden war als Stimmungsmacher bekannt und immer für einen Spaß zu haben. Zum Glück war sein Freund zu betrunken, um Felix‘ Worte auch nur halbwegs ernst zu nehmen. Ein paar Sekunden später hatte er sein Vorhaben schon wieder vergessen. Er hängte sich in die vorbeiziehende Polonaise ein und tanzte davon.

      April hatte die Szene mitverfolgt.

      »Bist du eigentlich immer so schlecht drauf?« Ohne Felix aus den Augen zu lassen, trank sie einen Schluck Sekt aus der Flasche.

      »Stellst du eigentlich immer so viele Fragen?« Er musterte sie. Viel war im schummrigen Licht nicht zu erkennen. Nur, dass ihre langen Haare braun sein mussten und unfrisiert waren. Die Farbe ihrer Augen konnte er nicht identifizieren. Ihr herausforderndes Blitzen schon.

      »Wer fragt, ist ein Narr für eine Minute. Wer nicht fragt, ist ein Narr sein Leben lang. Hat ein kluger Mann namens Konfuzius gesagt!«, zitierte sie und kicherte wieder. »Wow, du musst stolz auf mich sein. Hätte nicht gedacht, dass ich das um diese Uhrzeit noch hinkriege.

      »Und mit der Menge Alkohol intus«, ätzte Felix. Er dachte nicht daran, freundlich zu sein. »Du bist ein Naturtalent. Oder Alkoholikerin.«

      Schnaubend wickelte sich April aus der Gardine. Ihr Anblick ließ Felix nach Luft schnappen. Trotz der winterlichen Temperaturen draußen trug sie zu einer Folklorebluse eine ultrakurze, fransige Jeansshorts. Dazu hatte sie braune Stiefeletten kombiniert.

      Leider lachte sie nicht mehr freundlich. Er hatte es geschafft, ihr die Laune zu verderben.

      »Vielen Dank, Spaßbremse. Ich hatte mich echt drauf gefreut, dich kennenzulernen. Den großen Felix Norden!« Mit ihrer Sektflasche malte sie eine Krone in die Luft. »Aber offenbar bist du der Falsche. Ich geh mal den anderen suchen.« Im Weggehen winkte sie ihm, stolperte über eine Tasche, die mitten im Zimmer auf dem Boden lag, und tauchte kichernd in der Menge der Feiernden unter.

      Felix starrte ihr nach, bis er sie nicht mehr ausmachen konnte. Er wollte sich wieder zum Fenster umdrehen, als sein Blick auf die bunt gemusterte Gardine fiel. Unwillkürlich musste er lächeln, auch wenn es ein trauriges Lächeln war. April war ihm auf die Nerven gegangen. Trotzdem fühlte er sich ohne sie noch einsamer als zuvor. Eine Weile blieb er noch am Fenster stehen und starrte nach draußen. Das Feuerwerk war inzwischen vorbei. Nur hin und wieder leuchtete ein Spätzünder am Nachthimmel auf und verglühte. Wenn sich der Rauch verzogen hatte, schien es, als hätte es die Schönheit dort oben nie gegeben. Randvoll mit trüben Gedanken und Gefühlen trank Felix den Rest Bier aus seiner ersten und letzten Flasche und stellte sie auf die Fensterbank zu Kronkorken, Plastikbechern und Essensresten. Dann bahnte er sich einen Weg durch die feiernde Menge. Er griff nach seiner Jacke, die er wohlweislich nicht wie alle anderen aufs Bett ins Schlafzimmer geworfen, sondern ordentlich an die Garderobe gehängt hatte, und ging nach draußen. Er verabschiedete sich nicht, und niemand bemerkte seinen Aufbruch.

      »Morgen früh erinnert sich sowieso keiner mehr an irgendwas«, murmelte er, um sein schlechtes Benehmen vor sich selbst zu entschuldigen. Leise zog er die Tür hinter sich zu.

      Als er zum Parkplatz ging, knirschte der gefrorene Kies unter den Füßen. Zu seinem Bedauern lag kein Stäubchen Schnee mehr. Dabei hatte er sich so darauf gefreut.

      »Aber noch mehr auf meine Familie«, murmelte er, als er die Schlösser seines Autors aufschnappen lassen wollte. »Nanu, schon offen?« Kopfschüttelnd stieg er ein. »Es wird Zeit, dass ich ins Bett komme. Und morgen früh in einer anderen Welt – meiner Welt – wieder aufwache.« Der Gedanke an das Haus in München, die Familie, ein gemütliches Frühstück im Kreise seiner Allerliebsten wärmte sein Herz und vertrieb endlich den grimmigen Ausdruck auf seinem Gesicht. Er schaltete den Motor ein und gab Gas.

      *

      Vom Jahreswechsel bekam Dr. Daniel Norden nicht viel mit. Die Untersuchung der neuen Patientin forderte seine ganze Konzentration. Das neue Jahr war bereits eine Stunde alt, als er die vorläufigen Untersuchungsergebnisse von der Radiologie bekam. Sie bestätigten das, was er schon befürchtet hatte.

      Ricarda Lohmeier lag im Behandlungszimmer auf der Untersuchungsliege. Als er hereinkam, drehte sie den Kopf. Ein Blick in sein Gesicht genügte.

      »Es ist schlimm, nicht wahr?«

      Daniel zog sich einen Hocker heran und setzte sich zu ihr.

      »Ich habe Ihre Untersuchungsergebnisse«, begann er, um Zeit zu gewinnen.

      Aber Ricky ahnte bereits, dass sie keine Zeit mehr hatte.

      »Sagen Sie mir die Wahrheit«, verlangte sie tapfer. »Ich will alles wissen.«

      Dr. Daniel Norden war Arzt aus Leidenschaft. Sein Beruf war Berufung. Trotzdem gab es diese Momente, in denen er sich wünschte, etwas anderes gelernt zu haben. Automechaniker etwa oder Gärtner, wie er Fee gegenüber manchmal spaßeshalber behauptete. Dieser Augenblick, als er Ricarda gegenübersaß und nach Worten suchte, war einer davon.

      »Sie haben Darmkrebs in fortgeschrittenem Stadium«, kam er ihrem Wunsch schließlich nach. »Ihr Zustand ist ernst.«

      Obwohl sie so etwas gefürchtet hatte, füllten sich Ricardas Augen mit Tränen.

      »Wie ernst?«, krächzte sie und nahm dankbar das Taschentuch, das Daniel ihr reichte.

      »Die


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